Kate Winslet - Die Fotografin



Die Fotografin – ein Film, der bleibt
Vor einiger Zeit stieß ich zufällig auf den Trailer zu Die Fotografin. Ich fragte mich: Wer ist diese Lee Miller? Dann verlor ich den Film zunächst wieder aus den Augen. Einer meiner Söhne ist Geschichtslehrer und beschäftigt sich intensiv mit dem Holocaust. Jedes Jahr reist er mit einer Gruppe Geschichtsinteressierter seiner Schule nach Krakau, um von dort aus nach Auschwitz zu fahren – ein Ort, an dem über eine Million Menschen auf grausamste Weise ermordet wurden. Diese Reisen sind für alle Beteiligten immer wieder extrem belastend. Und doch sind sie notwendig. Die Welt darf nicht vergessen. Jeder antisemitische Gedanke muss im Keim erstickt werden – unabhängig davon, gegen welche Menschengruppe er sich richtet. Ein Mensch ist ein Mensch. Punkt.
Lee Miller, Kriegsfotografin, hielt gemeinsam mit anderen das Grauen des Zweiten Weltkriegs in Bildern fest. Ihre Fotos sind bleibende Zeugnisse menschlicher Abgründe – ein Spiegel, der uns zeigt, wozu Menschen fähig sind, wenn sie sich hinter Gesetzen, Ideologien oder der Masse verstecken.
Die Fotografin hat mich tief beeindruckt. Der Film verzichtet auf reißerische Inszenierung – zurecht, denn das Thema verlangt Respekt und Zurückhaltung.
Ich habe den Film spätabends über Amazon Prime gesehen, mit leiser Lautstärke – zwei Enkel schlafen zu der Zeit im Haus, und Kopfhörer wollte ich nicht benutzen. Eine technische Bewertung von Bild und Ton erspare ich mir daher.
Der Einstieg fiel mir zunächst etwas schwer. Der Film beginnt chronologisch, zeigt zuerst Lees Modelkarriere und ihre Beziehung zu Roland Penrose. Vielleicht hätte Regisseurin Ellen Kuras diesen Teil etwas kürzer halten können. Andererseits war es ihr wohl wichtig, den Wandel der glamourösen Mode-Ikone zur kompromisslosen Kriegsfotografin herauszuarbeiten. Dafür ist die Gesamtlaufzeit allerdings fast ein wenig knapp geraten. Gerade für die intensiveren Passagen hätte ich mir mehr Raum gewünscht – aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Trotz mancher Kürzung bleibt ein klares Bild davon, wer Lee Miller war.
Mit Die Fotografin hat Ellen Kuras in ihrem Regiedebüt ein leidenschaftlich inszeniertes Porträt geschaffen, das weit über ein klassisches Biopic hinausgeht. Der Film ging mir immer tiefer unter die Haut, je länger ich ihn sah. Kate Winslet verkörpert Lee Miller nicht nur großartig als Schauspielerin, sondern war auch als Produzentin maßgeblich an der Entstehung des Films beteiligt – sogar aus eigener Tasche finanzierte sie Teile der Produktion. Ihr persönliches Engagement, ihr Durchhaltevermögen trotz einer Verletzung am Set – all das spiegelt die Entschlossenheit der porträtierten Frau wider. Eine Parallele, die den Film noch authentischer macht.
Inhaltlich beginnt der Film mit einem Interview: Lee Miller blickt zurück – auf ein Leben zwischen Kunst, Krieg und inneren Narben. Als Model berühmt geworden, wird sie während des Zweiten Weltkriegs zur Fotografin an der Front. Für die britische Vogue dokumentiert sie das Grauen des Krieges – von zerstörten Städten über tote Soldaten bis hin zur Befreiung der Konzentrationslager. Ihre Bilder verändern den Blick auf den Krieg nachhaltig.
Kuras wählt eine klassische Erzählstruktur, die von einem Interviewrahmen zusammengehalten wird. Diese Klarheit gibt der Figur Raum, sich zu entfalten. Im Fokus steht stets Lees Perspektive – ihr innerer Konflikt zwischen persönlichem Glück und beruflichem Pflichtgefühl. Besonders bewegend ist ihre Emanzipation: vom musealen Model zur eigenständigen Kriegsberichterstatterin, die sich in einer männerdominierten Welt behauptet.
Neben der bewegenden Biografie bringt Die Fotografin auch starke feministische Untertöne mit. Immer wieder zeigt der Film, wie Frauen – an der Front wie im zivilen Leben – an den Rand gedrängt werden. Diese Wut ist spürbar, aber sie wird nie laut oder belehrend. Stattdessen entsteht ein zutiefst menschliches Porträt einer Frau, die hinsah, wo andere wegsahen.
Ich bin froh, dass ich mich in mein Kellerkino begeben habe. Es sind genau diese Filme, die mir zeigen, wie wertvoll dieser Rückzugsort ist – auch wenn ich heute nicht mehr so oft Zeit finde, ihn zu nutzen.
Fazit:
Die Fotografin ist für mich ein eindringliches Biopic, ein feministisches Statement und ein bedeutender Beitrag zur filmischen Auseinandersetzung mit dem Zweiten Weltkrieg – intensiv, emotional, absolut sehenswert.
Ich habe den Film meinem Sohn für den Geschichtsunterricht in der 10. Klasse empfohlen.
Filmwertung: 4 von 5
In diesem Sinne,
Eure
Charlys Tante
Aus der gleichen Kategorie : Zombies unter Kannibalen - Mediabook Close Up #48 [ab 18]
Top Angebote

Mein Avatar
Kommentare