Joker :Folie a' Deux

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24. Juni 2025
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Ein riskantes Experiment mit für mich überraschend starkem Ergebnis.

Als Joker 2019 erschien, war eigentlich klar: Dieser Film steht für sich. Es war keine Fortsetzung geplant, es gab keinen Cliffhanger, Joker war ein düsteres Charakterporträt mit einem klaren Punkt. Doch dann spielte er über eine Milliarde Dollar ein – und es kam, was in Hollywood oft passiert: Die Erfolgskuh musste weiter gemolken werden. Die Fans nahmen die Nachricht einer Fortsetzung enthusiastisch auf.

Fünf Jahre nach dem oscarprämierten Joker (2019) wagte Regisseur Todd Phillips einen radikalen zweiten Akt. Dabei ist Folie à Deux keine klassische Fortsetzung, sondern ein intimer Seelenspiegel zweier gebrochener Menschen. Arthur Fleck (Joaquin Phoenix), inzwischen Patient in Arkham Asylum, begegnet dort der Musiktherapie-Teilnehmerin Lee Quinzel (Lady Gaga). Zwischen ihnen entsteht keine Liebe im herkömmlichen Sinn – sondern eine fragile Verbindung im Schatten des Wahnsinns. Hierbei verschmelzen Realität und Wahn zu einem fiebrigen Musik-Drama, das den Zuschauer herausfordert.

Was bedeutet „Folie à Deux“?

Der Titel stammt aus der französischen Psychiatrie und wurde 1877 von den Ärzten Ernest-Charles Lasègue und Jules Farlet geprägt. Die wörtliche Übersetzung lautet „Geistesstörung zu zweit“, fachlich korrekt spricht man von einer „induzierten wahnhaften Störung“.

Ich muss Todd Phillips und Co. anerkennen, dass sie nicht einfach den Erfolg des ersten Films kopierten. Folie à Deux wagt etwas Neues: Die Geschichte von Arthur Fleck geht weiter – diesmal mit Musik. Die Handlung setzt zwei Jahre nach dem ersten Teil an und besitzt einen neuen erzählerischen Ansatz, mit dem Mut einer gewagten Veränderung

Arthur (Joaquin Phoenix) sitzt inzwischen im Arkham Sanatorium – medikamentös ruhiggestellt, scheinbar vom Joker befreit. In einem Musiktherapie-Kurs trifft er auf Lee Quinzel (Lady Gaga), die ihm wieder Hoffnung gibt. Doch mit Beginn des Gerichtsprozesses bricht seine dunkle Seite erneut hervor. Die Grenzen zwischen Realität und Wahnsinn verschwimmen – und vor Gericht stellt sich die Frage: Wer steht da eigentlich? Arthur oder der Joker?
 

Musik als Ausdruck des Wahnsinns
 

Folie à Deux ist kein typisches Musical – sondern ein Film, der Musik als psychischen Resonanzraum begreift. Die Songs entstehen nicht aus der Handlung heraus, sondern aus der Gefühlswelt der Figuren. Sie sind roh, direkt, und das ist wichtig zu wissen live gesungen – und manchmal so brüchig wie die Menschen, die sie performen. Phoenix und Gaga erschaffen gemeinsam emotionale Momente von seltener Intimität. Sie singen nicht, um zu glänzen – sie singen, weil Worte nicht mehr ausreichen.

Nicht im Studio produziert, sondern live am Set aufgenommen, wirkt sie roh, emotional und authentisch. Die Schauspieler trugen Ohrstücke, der Beat (Klavier) folgte ihrem Spiel. So wirken die Gesangsszenen wie organische Erweiterungen der Figuren – nicht wie Fremdkörper.

Visuell beeindruckend, thematisch konsequent
 

Die große Stärke von Folie à Deux ist die Konsequenz, mit der der Film seine Realität weiterentwickelt. Arkham wirkt trostlos, kafkaesk. Dagegen stehen bunte Bühnenbilder und surreale Traumwelten, in denen Joker und Harley sich verlieren. Diese Dualität zwischen Realität und Illusion, Wahnsinn und Verklärung, prägt den Film. Farben, Licht und Ausstattung sind grandios inszeniert und oft auch bewusst etwas überzeichnet. Man sieht, dass hier ein hohes Budget klug eingesetzt wurde.

Phoenix & Gaga – ein starkes Duo

Joaquin Phoenix spielt Arthur erneut mit intensiver Körperlichkeit, aber auch mit mehr Fragilität. Er zeigt Wahnsinn, aber auch Sehnsucht nach Verständnis. Lady Gaga ist mehr als nur ein sogenannter Sidekick, sie spielt und singt mit emotionaler Präzision. Ihre Harley Quinn ist keine Comicfigur, sondern eine gebrochene Seele. Das passt perfekt in diese Welt.

Hintergründe zur Produktion

Schon bevor Joker 2019 zum Milliardenerfolg wurde, gab es Ideen für eine Fortsetzung. Phillips und Phoenix dachten sogar über eine Bühnenversion nach. Doch mit COVID verschwand die Idee – geblieben ist Phoenix’ Wunsch, dass Arthur über Musik einen Ausdruck findet. Diese Idee floss schließlich ins Drehbuch ein.

Schwächen ja – aber kein Scheitern

Folie à Deux hat nicht die erzählerische Wucht und Geschlossenheit des ersten Teils. Teil 1 war eine Abwärtsspirale und ja eigentlich zu Ende erzählt. Hier den Faden wieder aufzunehmen und weiter zu spinnen war nicht einfach, wollte man denn wirklich einen 2. Teil dem Publikum präsentieren. Teil 2 will mehr – Liebe, Wahnsinn, Gesellschaftskritik, Musik. Nicht alles sitzt perfekt, manches wirkt konstruiert oder etwas zu lang. Aber: Diese Ecken gehören zum Risiko, das der Film bewusst eingeht.

Technik: Bild & Ton

Bildqualität:

Die normale Blu-Ray Disc bietet bereits ein top Bild, mit hervorragende Schärfe, fein abgestimmte Kontraste und eine bemerkenswerte Farbdramaturgie. Die düsteren Arkham-Sequenzen sind detailreich und tief, während die traumartigen Bühnenmomente durch bereits ohne 4K regelrecht leuchten. Schwarzwerte sind satt, die Farbverläufe wirken natürlich.

Tonqualität:

Der Dolby-Atmos-Mix ist feinfühlig, nie auf Effekthascherei ausgelegt. Besonders in den Gesangsszenen zeigt sich das Klangdesign von seiner emotionalsten Seite: Stimmen klingen direkt und verletzlich, die Instrumentierung bleibt oft reduziert – was der inneren Spannung zugutekommt.

Bonusmaterial:

Die Extras sind nicht bloß Werbe-Featurettes, sondern bieten echten Mehrwert:
Ein 45-minütiges Making-of mit Set-Einblicken, Interviews und einem Feature über den Gesang am Set zur Musikproduktion. iEin stimmiges Paket für alle, die mehr über die künstlerischen Entscheidungen hinter dem Film erfahren wollen.
Fazit:
Joker: Folie à Deux ist kein Blockbuster, der gefallen will, er ist kein reines Musical, kein Fanservice. Aber er hat Mut, Haltung und Stil. Er will fordern – und dafür schenkt er dem Zuschauer ein Kinoerlebnis voller Schmerz, Sehnsucht und musikalischer Melancholie. Phoenix brilliert als gebrochener Mann, Lady Gaga beweist schauspielerische Tiefe. Der Film geht ein Risiko ein – künstlerisch, emotional, erzählerisch. Und genau das überzeugt mich.
Es ist keine Geschichte über zwei Wahnsinnige.
Es ist die Geschichte zweier Menschen, die einfach nur gesehen werden wollen und sich im Spiegel des anderen verlieren.

Bewertung:
Film: 3,7 / 5
Bild: 4 / 5
Ton: 4 / 5
alt textIn diesem Sinne!
Eure Charlys Tante
 

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