Erschütternde Wahrheit
Im Rahmen des diesjährigen Review Contest 2017 habe ich unter anderem dieses Review verfasst. Ich möchte hiermit aber auch hier im Blogbereich, meinen Filmbericht, natürlich etwas für den Blog aufbereitet, vorstellen.
Der Film ist hochinteressant und zeigt einmal wieder, wie der Amerikaner denkt.
Dieser Film, der einen wahren Hintergrund besitzt zeigt auf, wie schwierig es ist an einer Lobby vorbei Aufklärung zu betreiben. Es geht hierbei um die sogenannte chronische traumatische Enzephelopathie (CTE). Sie tritt meist bei Menschen auf, die häufigen Schlägen auf den Kopf ausgesetzt sind und ruft Symptome wie Depression, Demenz, und Verhaltensveränderungen hervor. Erstmals wurde sie bei Boxer diagnostiziert aber auch in anderen Sportarten wird der Körper und hier der Kopf oft an seine Grenzen gebracht. Die sich hieraus ergebenen Probleme werden jedoch von der NFL in Amerika einfach ignoriert.
Nach dem Motto. Was nichts sein kann, das nicht sein darf. Sicher ist die NFL eine der wohl mächtigsten Organisationen Amerikas und Football ist der beleibteste Sport der Amerikaner, denn hiermit werden in jedem Jahr Milliarden an Dollar verdient, wer dieses System stört, der muss sich wirklich auf was gefasst machen.
So erging es auch dem Pathologen und Neurowissenschaftler Dr. Bennet Omalu.
Der aus Nigeria stammende forensische Pathologe arbeitet mit einem US-Visum ausgestattet in Pennsylvania. Bereits in der Eröffnungsszene in einem Gerichtssaal zeigt sich seine Beharrlichkeit und es wird klar, dass wir es hier mit einem besonderen Menschen zu tun haben, der sich ganz der Wissenschaft verschrieben hat und durchaus genug Selbstvertrauen besitzt auch ein schon abgeschlossenes Verfahren wieder aufzurollen.
Bei der Autopsie eines der größten ehemaligen Stars der NFL Michael Webster,
der sein Leben im Film in einem Auto fristete macht Dr. Bennet Omalu eine schockierende Entdeckung:
Er diagnostiziert erstmals bei einem Profi-Spieler des American Footballs die chronische traumatische Enzephelopathie (CTE). Sie ruft Symptome wie Depression, Demenz, und Verhaltensveränderungen hervor. Michael Webster leidet bereits seit geraumer Zeit unter massiven Symptomen und sein Arzt kann sich nicht erklären wovon diese Ausfälle kommen. Nach seinem Tod und der Diagnose will der brillante Arzt, der auch durch die Untersuchungen anderer Ex-Sportler wie DSave Duerson und Andre Waters bekräftigt wird, nicht schweigen und der Öffentlichkeit stattdessen vor den gesundheitlichen Risiken des Sports warnen. Unterstützt wird Dr. Bennet von seinem Kollegen Dr. Julian Bailes-
doch er macht sich mächtige Feinde bei der NFL, angeführt von Roger Goodell. Die Organisation streitet die Verantwortung für die folgenschweren Kopfverletzungen ab und setzt Dr. Bennet Omalu zusehends unter Druck,
unter dem auch seine Frau Prema zu leiden hat.
Eigene Betrachtung:
Der Regisseur Peter Landesman ist bei uns noch ein relativ unbeschriebenes Blatt, jedoch ist er ein hervorragender Journalist, wie man in den Extras erfahren konnte und zudem auch der verantwortliche Drehbuchautor. Will Smith war sofort begeistert von dem Stoff und sah hierin auch eine Möglichkeit, die Problematik in einem Film an die Öffentlichkeit zu bringen und mit Ridley Scott als Produzent ist auch noch ein Schwergewicht mit an Bord um Türen zu öffnen. So wurde hier ein Film geschaffen, der einen mit Unverständnis bezüglich der Realitätsverweigerung der Amerikaner zurücklässt, wenn man es wagt ihrem geliebten Football entgegen zu treten. Er zeigt die unfassbare Arroganz und Ignoranz der NFL im Hinblick auf die Gesundheit ihrer Spieler. Die Gesundheitsgefahr wird einfach negiert. An entscheidenden Entscheidungsschnittstellen sitzen Leute die einfach nach Gutsherrenart Entscheidungen treffen. Anstatt mit dem Pathologen zusammen zu arbeiten und das Problem gemeinsam anzugehen, wirft man ihm Stümperei vor und bezichtigt ihn der Lüge, er solle Widerrufen und so seine Reputation verlieren, ihm der doch nur der Wissenschaft verantwortlich ist und den Menschen helfen möchte, wie er sagte. Eine unsagbare Beleidigung für den stolzen Pathologen aus Nigeria, der sich nicht unter kriegen lassen will und sich gegen die übermächtige NFL stellt. Landesman hat es hier vermieden ein reißerisches Filmspektakel aus den Erkenntnissen zu machen, sondern deckt mit viel Feingefühl auf, was dort im Hintergrund alles so passiert und wie weit der Arm der NFL reicht, eingebettet in eine Story, die auch Platz für Menschlichkeit lässt. Für die NFL stehen jedoch nur Zahlen, Geld und Macht im Vordergrund. Der einzelne Spieler ist hier Nebensache. Im Film fällt ein entscheidender Satz. „Wenn nur 10 % der Eltern sich gegen Football entscheiden und ihren Kinder aus gesundheitlichen Gründen von diesem Sport fern halten, dann sei der Sport am Ende“. Jährlich schaffen es 15 von 100.000 Talenten in die 32 Mannschaften der nationalen Liga, dort ausgestattet mit einem Millionenvertrag werden sie taub gemacht gegen die Gefahren, denen sie ausgesetzt sind.
Will Smith (Men in Black) hat nach einigen Filmflops, in diesem Film wieder zu seiner besonderen Stärke des dramatischen Schauspiels ohne besonderes Overacting zurückgefunden und für mich seit langem seine beste Leistung gebracht. Ohne Arroganz und Selbstdarstellung aber mit einem guten Schuss an Selbstvertrauen wird die Figur des Dr. Bennet Omalu (den er persönlich kennen lernte) von ihm herausgearbeitet, sodass man ihm diese Rolle sofort abnimmt. Seine Filmpartnerin Prema (Gugu Mbatha-Raw; Die Erfindung der Wahrheit) ist ebenfalls ein Ruhepool im Film und spielt ihren Part als Ehefrau von Dr. Bennet sehr souverän. David Bowditch Morse als Michael Webster, der eher als Nebendarsteller bekannt sein dürfte und in vielen Filmen mitgespielt hat, legt hier ebenfalls als dem von der Krankheit gezeichneten initialen Figur eine grandiose Performance hin, so dass einem schon etwas unwohl auf seinem Sessel wird.
Dem Film wurde nachgesagt, das er sich nicht genau an die Fakten halte, denn neben Dr. Bennet Omalu gibt es auch noch andere die sich dem Thema angenommen hatten, wie z.B. Ann McKee, die im Film keinerlei Erwähnung findet und doch schon 187 Footballer-Gehirne in den letzten Jahren untersucht hat und in 152 Fällen CTE festgestellt hat. Erschreckende 80 Prozent. Das mag sein, man muss hier aber bedenken, dass es ein Film ist und natürlich eine gewisse Dramaturgie haben muss, damit er beim Publikum auch funktioniert, daher hat man sich auf die Grundaussage konzentriert und nur eine Linie verfolgt. Übrigens, die NFL sagt: "Wir konzentrieren uns nicht auf einen Film, wir konzentrieren uns darauf, Fortschritte zu machen." Diese Aussage ist schon bemerkenswert.
Bild:
Das Bild ist auf der Höhe der Zeit und durchaus als scharf zu betrachten. Die Farben sind neutral und ohne wesentliche erkennbare Stilmittel sehr real angelegt. Die Kontraste sind hervorragend und der Schwarzwert ist tadellos. Ein Filmkorn ist nicht erkennbar. Das Bild ist ruhig und unaufgeregt gestaltet.
Ton:
Der Ton liegt in 5.1 HD Master in Deutsch vor und ist eigentlich in einem solchen von Dialogen geprägten Film eher als nicht so wichtig anzusehen. Dennoch ist der Surroundsound ein prägendes Element und bringt sich in den für die Dramaturgie wichtigen Momenten sicher und ohne tonalen Pathos ein. Alle Lautsprecher bekommen auch etwas zu tun, ohne sich aber besonders in den Vordergrund zu spielen. Der Sub hat auch so seine Momente, jedoch wird es hier auch nicht übertrieben, was für einen solchen Film auch eher hinderlich wäre.
Ansichtssache:
Film: 8 von 10 (vielleicht in einigen Punkten doch etwas plakativ und nicht tiefgründig genug)
Bild: 9 von 10 (keine wesentlichen Fehler erkennbar)
Ton: 8 von 10 (für einen Dialoglastigen Film sehr gut)
Fazit:
Der Film ist ein gutes Beispiel dafür, das uramerikanische Themen auch einmal ohne den plakativen Pathos des Amerikanismus aufbereitet werden und dieser Film bietet sich zudem auch nicht dafür an, sondern zeigt auf, wie Uneinig man sich in der Frage über der nach amerikanischem Empfinden „Größten Sportart aller Zeiten“ ist und mit welchen Mitteln hier gekämpft wird um diesen Kontaktsport als harmlos darzustellen. Das ist zum einen erschreckend, zum anderen aber auch entlarvend, denn der Mensch braucht scheinbar immer noch die Helden auf dem Grün an denen er sich am Wochenende hochziehen kann, ein Sport der Familien zusammen hält, ein Sport der aber auch echte Familientragödien auslöst und der auch dazu verdammt ist mit der Zeit zu gehen und die Regeln anzupassen, sodass keine Menschen zu Schaden kommen. Man betrachte nur die Formel 1, in der es bis in die 90er Jahre hinein noch Tote Rennfahrer zu verzeichnen gab und heute nach vielen Regeländerungen ist der Sport immer noch da. Insoweit ein sehenswerter Film.
In diesem Sinne
Eure
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Kommentare
Darum ging es mir aber nicht. Sondern nur darum, dass die moralische Bewertung eben nicht nur für diesen Sport gilt. Es ist einfach ein Wahnsinnsbusiness und da kann man keine Störungen brauchen.
Der Umgang mit der Dopingthematik im Fußball ist da auch ein trauriges Kapitel. Auch da finden wir Äußerungen von allen möglichen Offiziellen.
Oder der Druck der auf die Spieler ausgeübt wird (gerade jetzt wo sich der Suizid von Robert Enke wieder jährt, sind mir die damals geäußerten Lippenbekenntisse wieder sehr präsent geworden. Geändert hat sich natürlich nichts.)
Gibt da eine Doku, die ich ganz interessant finde (die NFL ist auch Thema, aber auch andere Profisportarten). https://www.youtube.com/watch?v=QiP_kyOQIPk
Das hat weniger mit dem Amerikaner zu tun, als mehr mit der Kohle die da verdient wird. In der NFL hat man immerhin in soweit dazu gelernt, als dass das Regelwerk verschärft wurde in der Hinsicht, dass bei einem Zusammenprall Helm auf Helm, die Spieler vom Feld und untersucht werden müssen.
Was ist im Fußball passiert, seit Christoph Kramer 2014 orientierungslos über den Platz lief? So ziemlich genau gar nichts.
Profisport ist eine Riesenindustrie und da schaut man eben genauso ungern auf die Arbeitsbedingungen und -Belastungen wie in anderen Industrien auch.
Möglicherweise wäre es hier besser gewesen, auf die echten Charaktere zu verzichten und dafür einen ausgewogeneren Film zu drehen. Aber dann hätten sich auf dem Heimatmarkt wahrscheinlich erst Recht keiner dafür interessiert.