The Captive

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31. März 2016


             

Es gibt Filme, die machen es einem nicht einfach ein Review zu verfassen. The Captive ist so ein Film, man fagt sich, ob der Film hier hineinpasst oder vielleicht doch besser nur einen meiner normalen Bewertungen erhalten sollte.
Ich habe mich dann dafür entschieden, denn The Captive ist einfach anders.

Zunächst einmal hat dieser Film einen großartigen Cast aufzuweisen, der schon einmal großes Interesse aufkommen lässt, dann besitzt er eine Story, die eigentlich niemanden kalt lassen kann.

Der Film beginnt schon etwas skuriel. Wir befinden uns im Jahre 2012, Mika der Entführer starrt aus dem Fenster in eine Winterlandschaft, es ertönt klassische Musik. Langsam geht er von Stockwerk zu Stockwerk, bis er endlich unten angekommen eine versteckte Türe , die mit einen Zahlenschloß gesichert ist, öffnet. Die Tür geht auf und man findet sich in einem sauber eingerichteten Raum wieder. In diesem Raum sitzt eine junge Frau Cassandra, die an einem Klavier ein Lied spielt. Im Bildschirm hinter ihr sieht man wie eine Frau ein Zimmer reinigt, so fängt der Film an und man befindet sich schon da, wo man meistens bei einem solchen Film erst weiter zum Ende hin angekommen ist. Wir schreiben das Jahr 2012.

Wir sind im Jahr 2005, nur ein kurzer Moment der Unachtsamkeit. Matthew hält nachdem er seine Tochter vom Schlittschuhlaufen abgeholt hat an um etwas Kuchen zu besorgen. Als er aus dem Laden kommt, ist seine Tochter verschwunden. Verwirrt läuft er umher, das unfassbare verstehen zu wollen. Wie betäubt macht er sich auf den Weg zur Polizei.

Jeder der ein Kind hat, kann verstehen was Eltern durchmachen müssen, wenn urplötzlich ihr Kind nicht mehr da ist. Wenn es entführt wurde, fragt man sich, was ist mit meinem Kind geschehen. Die Eltern gehen dann durch Extreme von Gefühlen und man fragt sich unweigerlich, warum?

In dem Film Capitive geht es genau darum. Warum?

Die Tochter von Matthew wurde aus seinem Auto heraus entführt. Sie ist einfach weg. Es gibt eigentlich nichts, was auf eine Entführung hin deutet.

Ein Ermittler Team verfolgt unter anderem auch den Gedanken, der Vater könnte etwas mit dem Verschwinden der Tochter zu tun haben.

In der Folge fängt es zudem in der Ehe an zu grießeln, denn die Ehefrau gibt allein ihrem Mann die Schuld.

Der Film verlässt im weiteren Verlauf immer wieder die Zeitlinie und springt scheinbar willkürlich vor und zurück. Auch mich hat das zunächst eher verwirrt als unterstützt und ich fragte mich, wieso geht der Regisseur einen so beschwerlichen Weg in der Story Entwicklung? Wieso entwickelt er die Geschichte nicht gradlinig und verändert so oft die Perspektive. Es ist ein schwieriges Thema, Kindesentführung ist wohl in den meisten Fällen sexuell motiviert.
Insgesamt fordert Egoyan den Betrachter hierdurch auf wach zu bleiben, er soll sich hineinfühlen in die schwere Situation der Eltern, er soll aber auch die Aufgabe der Ermittler nachvollziehen, die im Rahmen ihrer Ermittlungen auch Irrwege bestreiten.
Der Zuschauer ist indes immer schon einen Schritt weiter und bekommt durch die Zeitsprünge immer wieder einen Brocken im Puzzle zugeworfen. Diese Vorgehensweise muss nicht jedem gefallen und ehrlich gesagt hatte sie mir zunächst auch nicht gefallen. Der Zuschauer wird gezwungen die Entführung und die Auswirkungen die davon ausgehen aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen und die Opfer auch als mögliche Täter zu sehen, wenn einer der Ermittler den Vater einfach so verdächtigt, seine Tochter womöglich verkauft zu haben.
Ein Vater, der schon einmal wegen Gewalt vorbelastet ist, der Schulden hat und sein Kind verkauft haben könnte um Schulden zu begleichen, obwohl der Vater scheinbar massiv leidet, der Ermittler muss “objektiv” bleiben und Fakten analysieren und bewerten. Nichts scheint bei solchen Verbrechen unmöglich zu sein. Nichts ist tabu. Die Eltern kommen hierbei an ihre Grenzen und fühlen sich gegängelt und beginnen damit, dem Ermittler irgendwann nicht mehr zu vertrauen und ihn als Gegner zu sehen. Die Mutter ist erstarrt in ihrer Trauer und unfähig logisch zu handeln. Der Zuschauer wird zornig, da er mehr weiß als die Ermittler. Der Regisseur mutet hierbei dem Zuschauer einiges zu und beschreitet diesen Weg konsequent.


                                         Die Tochter

                                       Die Vermisste                                              

                                          Der Ermittler

                                              Die Ermittlerin

                                                 Die Mutter

                                                 Das Pulver

                                                 Der Täter

                                           Die Verzweiflung

                                           Die Tramperien

                                                Die Kamera

                        Das Stockholm Syndrom                
               Die Eltern                
                                                 Der Raum

Eigene Sicht:
Dieser Film ist schwer zu bewerten, denn er erzeugt auf Grund der Thematik eine große Erwartungshaltung. Hat man Prisoners noch im Kopf, dann sieht man hier einen ganz anderen Film. Nicht alle sind stark und können selbst für sich den Kampf aufnehmen.

Die Thematik um die Entführung eines Kindes ist immer wieder eine echte Herausforderung für jeden Filmemacher. Eigentlich gibt es nichts wirklich Neues mehr in diesem Genre denkt man. Bei The Captive ist es jedoch etwas anders. Ein Review direkt im Anschluß an den Film zu machen ist schwer, denn man muss alles einmal etwas setzen lassen und verstehen, was der Regisseur eigentlich erzählen wollte. Der Film entzieht sich bewusst den einschlägigen Genremustern
wie Drama und Suspens, die er zwar beschwört, nutzt diese aber nicht im Film effektiv um eine besondere Spannung aufzubauen. Wobei der Film trotz der eigentlichen Spannungsarmut trotzdem fesselt, ohne das man es jetzt wirklich erklären kann. Es stellen sich dem Zuschauer immer wieder Fragen, die dann im Film auch selbst gestellt werden. Trotz der eher kompliziert aufgebauten Storyline ist der Film dennoch skuriel fesselnd obwohl man schon sehr früh weiß, was sich abgespielt hat. Man kennt den Täter, es bleiben aber zunächst die Motive unklar. Der Film entblättert sich langsam ähnlich einem Detektivroman, der immer wieder die Vergangenheit zitiert und so zum Umdenken auffordert. Die Ermittler selbst gefangen in ihrer persönlichen Vergangenheit stellen für den Regisseur auch einen Spielball dar, der den Zuschauer zur Anteilnahme für die Eltern motiviert und zeigt wie lange es dauern kann, bis ein solcher Fall gelöst ist. Hier liegt in der Schnittfolge jedoch ein Haken, denn es sind einfach zuviele Rückblenden, die der Zuschauer vorgesetzt bekommt. Der Täter besitzt eine extrem subtil perverse Ader und kostet das auf eine ganz eigene Art aus, wobei der Täter sehr leibevoll mit seinem Opfer umzugehen scheint und das Kind, jetzt Frau auf seine besondere perverse Art missbraucht. Der Täter ergötzt sich am Leid der Eltern und beobachtet sie dabei.
Seit dem Fall Kampusch denkt man die Niederungen menschlicher Abgründe zu kennen. Dieser Film macht  indes wirklich betroffen, da man eigentlich keine Chance hat sich dem Wahnsinn zu entziehen. Es kann jeden treffen, der ein Kind hat. Es hat den Anschein, als wolle der Regisseur den Film im Kopf des Zuschauers verankern, egal ob positiv oder negativ. Das Urteil scheint ihm hierbei egal zu sein. Er wusste genau was er tat.


Bild:
Das Bild ist durchgängig auf gutem HD Niveau und wirkt trotzdem filmisch und erzeugt einen guten Kinolook, es ist nicht zu scharf und besitzt ein leichtes Korn, die Farbpalette ist eher kalt und bildet somit  Gefühlslage bildlich gut ab, in der sich der Film gerade befindet. Die Farbpalette unterstützt somit auch latent die Stimmung im Film.

Ton:
Der Ton ist bei einem solchen Film auch grundsätzlich wichtig, jedoch spielt er sich nicht besonders in den Vordergrund. Es werden alle Lautsprecher situativ unterstützt und der Bass hat auch seinen dramaturgischen Einsatzpunkt ohne jedoch die Szenerie zu bestimmen. Dialoge sind sauber und exakt im Raum verortet. Hitchcock lässt grüßen.


Ansichtssache:
Film: 3,3 von 5 ( wegen der teilweise etwas übertriebenen Zeitsprünge)

Bild: 4 von 5 ( nach der reinen HD Lehre)

Ton: 4 von 5 ( dem Film angepasster nie nervender überdramatisierender Ton mit Hitchcock Anleihen.)

Fazit:
Kein Film für alle, jedoch ein Film für alle,  die sich in einen Film hineindenken möchten. Die eine Story einmal anders erleben möchten und sich frei machen können von alten Storylinestrukturen.

In diesem Sinne
Eure C.T.
alias Blu-ray Charly


 
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Grundsätzlich ist wohl immer irgendwie Winter, sodass es vielleicht auch Jahrestage der Entführung sein können, fällt mir gerades ein.
Der Film ist natürlich schon sehr speziell.
Charlys Tante
01.04.2016 um 12:19
#2
Kampusch und auch Fritzl, derbe menschliche Abgründe, die sogar in einem fiktiven Film noch harter Tobak sind - wie ich finde! Deshalb wag ich mich da nur ganz selten/bis nie ran.

Deine Kritik zieht aber geniale Schlüsse zu Zeitsprüngen und Inszenierungstil, weckt mitsamt den Bildern zu Ermittlerin Rosario Dawson, Stockholm Syndrom und dem Raum, definitiv Interesse!! Meine Frage noch: Ist es auch ein Schnee-/Winterfilm oder isser nur gelegentlich WEIß?

DANKE für die tollen Eindrücke, sowohl textlich als auch visuell!
MoeMents
31.03.2016 um 19:55
#1

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