Dieser Film ist unbestritten ein Teil Geschichte der Vereinigten Staaten und zeigt die Beharrlichkeit und „Bauernschläue“ eines Präsidenten, der zu Beginn seiner zweiten Amtszeit versucht ein sehr schwieriges Thema anzugehen. Der Bürgerkrieg wütet schon seit einigen Jahren und scheint nicht enden zu wollen. Die Nordstaatler und die Südstaatler…. aber die Geschichte kennt ja nun jeder. Genau in dieser Phase versucht Abraham Lincoln nach einer Parlamentswahl, nach der 64 Parlamentarier (Demokraten) abgewählt wurden und sich somit beruflich in einigen Monaten neu orientieren müssen seinen 13. Zusatz zur US Verfassung zur Abstimmung zu bringen, indem die Sklaverei abgeschafft werden soll. Ein genialer aber auch gefährlicher Schachzug, denn hierzu werden eine gewisse Anzahl Stimmen aus dem fremden Lager benötigt. Genau dieser Weg dorthin wird hier behandelt.
Steven Spielberg hat hier ein dichtes Kammerspiel inszeniert, das einen trotz der behutsamen Weise und schon fast vorsichtigen und entspannend ruhigen Kameraführung unweigerlich gefangen nimmt. Man nimmt diesem Menschen (Daniel Day-Lewis), der sich übrigens auf dem Set nur mit Mister Präsident ansprechen lies, sofort die Rolle des 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten ab, mit einer sehr subtilen und fast hypnotischen Art schafft er es den Zuschauer mit sich auf diese Reise zu nehemen. Die geniale Kameraführung (Steven Spielberg sagt hierzu . Ich wollte nicht durch schnelle Schnitte und Wechsel diese genialen Momente der Dialoge zunichte machen. Ich wollte dme Betrachter Zeit geben sich damit zu beschäftigen) und das teilweise zum Scherenschnitt neigende Bild tut da sein Übriges. Es zeigt sich welch genialer Rhetoriker Abraham Lincoln gewesen ist, der mit wenigen Worten sehr viel Auszusagen verstand, aber auch manchmal Stirnrunzeln bei seinen Vertrauten hervorgerufen haben muss, die ihm in seiner Einfachheit der Worte nicht folgen konnten. Diesen Film sollte man auch unbedingt einmal in Englisch sehen und hören.
Die Nebenrollen mit Sally Field ( die übrigens für diese Rolle 11 kg zulegen musste um die Ehefrau wahrheitsgetreu spielen zu können) und Tommy Lee Jones um hier nur die wichtigsten zu nennen sind ebenfalls mit fantastischen Schauspielern besetzt, sodass man teilweise schon zweimal hinschauen muss um diese auch zu erkennen.
Nach der Abstimmung geht Tommy Lee Jones mit dem Abstimmungsergebnis nach Hause und trifft dort eine Frau, die seine Haushälterin zu sein scheint, hier wird einem so manches schlagartig klar.
Dieser Film ist eine Verbeugung vor dem Menschen Abraham Lincoln, der aus einfachen Verhältnissen kommend, den Weg nach Oben schaffte und für seine Ideale einstand, aber dennoch auch harte aber gerechte Entscheidungen treffen musste. „Mir liegt doch nicht daran jemanden aufzuhängen nur weil er Angst hat" und somit unterzeichnet er eine Begnadigung eines 16. jährigen Soldaten, der sein Pferd verletzte um nicht in die Schlacht zu müssen. Das kann als Metapher dafür stehen, mit welchem Menschen wir es hier zu tun haben. Sein jüngster Sohn ist ständig um ihn herum zu finden und wird von ihm behütet und mit einer sehr väterlichen Art behandelt, wo hingegen er seinem ältesten Sohn eine gewisse Härte entgegenbringt und ihn somit vor sich selbst zu schützen versucht. Das zeigt aber auch den Zwiespalt in dem sich die Figur Lincoln befand. Ob das alles historisch überliefert ist? Spielberg recherchierte über 10 Jahre. Als weiterer Anhaltspunkt für das Drehbuch gilt das Buch-Team of Rivals -The Political Genius of Abraham Lincoln- aus dem Jahre 2005.
Steven Spielberg wollte ursprünglich eine Biografie Abraham Lincolns drehen, hat sich dann aber letztendlich auf die letzten 4 Monate beschränkt, das war eine gute Idee, konnte hierdurch die Figur doch wesentlich besser poträtiert werden.
Lincoln wird hier als ein einfacher Mann des Volkes ikonisiert, der auch einmal einen neuen Holzscheit in den Kamin legt oder sich an der Front zeigt und mit dem Einfachen Soldaten einen längeren Dialog führt, der aber auch niemals im Repräsentantenhaus auftritt, sondern alles hinter den Kulissen einfädelt und das Gesetz dehnt und verbiegt, so wie er es zu brauchen glaubt um sein Ziel zu erreichen.
In Interpretation des ersten Euklidschen Axioms, indem alles Dinge die dem selben gleich sind, die sind auch einander gleich, findet Lincoln die Begründung fpür die Gleichheit der Menschen. Genial!
Hier wird in vielen kleinen Wortspielen, die wahre Gesinnung von Lincoln ausgearbeitet, die in das amerikanische Volk einegmeiselt zu sein scheint, so wie in seinem Monument in Washington.
Das alles ist ganz großes Kino und für jeden Geschichtsinteressierten ein Must see.
Bild:
Das Bild passt sich der Zeit an, jedoch ohne zu sehr auf Alt getrimmt zu werden. Braune Töne stehen zwar auch hier im Vordergrund, sodass der Sepiacharakter unübersehbar ist.
Die Kontraste sind sehr hart und es werden auch im Dunkeln einige Details verschluckt. Das trägt aber der Realstimmung des Filmes bei und wirkt nicht aufgesetzt sondern trägt die sehr stimmige Inszenierung. Dadurch, dass der Film fast kein Filmkorn besitzt glaubt man sich teilweise innerhalb der Szenerie zu befinden. In einem abgedunkelten Raum auf großer Leinwand ist das Bild echt klasse und das trotz des sehr dunklen Bildes und der entsättigten Farben. Die Schärfe stimmt zudem und jede Falte ist in den strukturierten Gesichtern zu erkennen.
Ton:
Der Ton ist geprägt durch geschliffene Dialoge, denen man schon konzentriert folgen sollte um auch alles zu erfassen. Es werden jedoch trotzdem alle Kanäle bedient und somit ergibt sich ein real wirkender Surroundton, der zwar sehr unspektakulär daher kommt, jedoch zum Film passt, alles andere wäre too much gewesen. Einen tragenden Filmscore findet man hier übrigens nicht, jedoch wunderschöne melancholisch wirkende Orchesterstücke des Chicago Symphonieorchester, die es schaffen eine Wärme in den Film hieneinzutragen, das man sich wohlig zurücklehnt und diesem wunderbaren unaufgeregten und historisch weitreichenden Ereignis beiwohnen kann.
Extras:
Diese bringen einem die Beweggründe sowie die Figur des Abraham Lincoln noch ein Stück näher. Auch erfährt man, dass die Uhrengeräusche die man im Film vernehmen kann ausschliesslich Original Uhren von Abraham Lincoln gewesen waren. Soviel Authentik und Akribie in solch einen Film zu stecken ist schon großartig.
Fazit:
Ein Film der aufzeigt, das man auch mit wenig Krach und Bumm ein Meisterwerk in Szene setzen kann, wo die Schauspieler auch noch Schlange stehen. Für solche Filme ist das Kino gemacht. Aber auch diesen Film habe ich leider im Kino verpasst.
bewertet am 30.06.13 um 16:54