Two-Lane Blacktop vs. Wild Drivers
Hier handelt es sich erstmal in meiner "Original vs. Remake" Vergleichsreihe um zwei Titel, die nicht in dieser Verbindung stehen. Da die beiden Filme aber so einige Ähnlichkeiten aufweisen, bietet sich eine solche Gegenüberstellung perfekt an.
Wodurch es zu einem besserem Verständnis kommt, als wenn ich die Titel in einzelnen Reviews betrachten würde.
moviescreenshots.blogspot.com / moviepilot.de
"Two-Lane Blacktop" - bei uns "Asphaltrennen" genannt - ist ein Film aus 1971. Regie führte Monte Hellman.
"Wild Drivers" der Original unter dem Titel "Return to Macon County" bekannt ist, stammt aus dem Jahre 1975 und wurde von Richard Compton inszeniert.
Der Film ist, die aus selber Regie entstandene Fortsetzung von "Macon County Line" aus 1974.
imdb.com / cinema.de
In beiden US-Filmen fahren die Protagonisten (Jugendliche) durch die amerikanischen Staaten und sind auf dem Weg zu einem Rennen.
Klingt nach wenig, ist aber "vorrangig" mal der "vorüberfahrende Anhaltspunkt" ...
- In Two-Lane Blacktop ist das entfernte Ziel Washington DC und bei Wild Drivers geht der Trip nach Kalifornien. Beides sind Ziele einer längeren Reise zu einem größeren Beschleunigungsrennen (Drag-Race), wobei zwischendurch auch weitere Rennen gefahren werden.
- In beiden Titeln wird ein umgebauter und aufgemotzter Chevy gefahren! Es wird zwar bei beiden großen Wert darauf gelegt, was unter der Haube steckt aber bei der restlichen Ausstattung des Fahrzeuges schneidet Two-Lane B. nochmals um vieles karger ab. In WD hat das Auto schon noch ne fetzige gelbe Lackierung, nebst Lachgaseinspritzung.
- Wild Drivers spielt in den 50ern. Die Zeit der Rock N’Roll Musik, Milchbars und manch halbstarker Rowdies. Asphaltrennen spielt in den 70ern während der Zeit des Vietnamkriegs, den Hippiebewegungen und dem Niedergang der Route 66.
- Two-Lane Blacktop ist - wie schon ihr Auto - ziemlich minimalistisch ausgestattet und konzentriert sich nur auf das Wesentliche. Schon bei den Namen der Darsteller ist erkennbar worauf der Fokus liegt. Hier heißen die Protagonisten nur "Der Fahrer, der Mechaniker, der GTO und das Mädchen"
In Wild Drivers tragen sie normale Namen – Bo, Harley und Junell.
- In beiden Filmen sind es stets 3 Jugendliche welche diesen Road-Trip antreten. Ursprünglich stets 2 Typen, aber in beiden Filmen gesellt sich ein Mädchen hinzu. In Two-Lane B. gabeln sie eine Tramperin auf und in Wild Drivers nehmen sie eine in Not geratene Kellnerin mit.
(Two-Lane Blacktop - archetypeme.com)
- Der Bekannheitsgrad der Darsteller in Asphaltrennen ist sehr gering. So wie die Geschichte schon mitten aus dem Alltag gegriffen ist, waren auch die Darsteller noch unverbraucht und frische Gesichter im Schauspielermilieu. Hier gaben die drei Jugendlichen (James Taylor, Dennis Wilson, Laurie Bird) ihr Filmdebüt ab. Dafür war die männliche Besetzung schon in der Musikbranche bekannt. Dennis Wilson (Mechaniker) war Mitbegründer und Schlagzeuger bei den Beach Boys und James Taylor (Fahrer) war Singer/Songwriter, der später auch mit einigen sehr bekannten Musikern zusammenarbeitete (Carol King, Neil Young, Mark Knopfler). Warren Oats als GTO und Harry Dean Stanton in einer Nebenrolle als Anhalter, sind die einzigen eher bekannten Akteure hier.
Nick Nolte (Fahrer) und Don Johnson (Mechaniker) aus Wild Drivers, hatten zwar auch nicht viel, aber zumindest schon ein klein wenig Schauspielerfahrung aufzuweisen. Und wenn nicht da, sind sie zumindest heute allseits bekannt.
- In Wild Drivers kommen abwechselnd auch noch andere Mädchen für eine bestimmte Zeit hinzu. Wobei hier die Protagonisten diesen einiges mehr abgewinnen können. In Two-L. steht eindeutig die Karre im Vordergrund wodurch mit dem anderen Geschlecht nicht wirklich umgegangen zu werden weiß.
- Two L. ist in seiner Aufmachung bei weitem steriler, ruhiger und kühler inszeniert. Besonders durch das wortkarge Verhältnis der Protagonisten, wobei hier mehr der Bann des Fahrens nach vorne tritt. In Wild Drivers haben sich Nick Nolte und Don Johnson mehr zu erzählen und agieren in verbaler Form ganz üblich miteinander.
- In beiden Filmen werden Gesetze überschritten. Und das nicht nur in den Geschwindigkeitsbeschränkungen die gebrochen werden. Wobei Wild Drivers hier eindeutig schwerer ins Gewicht fällt. Durch eine schlagfertige Ausseinandersetzung mit einem Polizisten, werden sie hier fortan vom Gesetz gejagt und sind somit auf der Flucht. Hinzu gesellt sich noch eine Jugendbande die es auf sie abgesehen hat.
In Two-L.B. gibt es als größte Konkurrenz nur den G.T.O.! Den Fahrer eines Pontiac GTO, dem sie auf ihrer Reise immer wieder begegnen. Wodurch sie folglich eine Wette abschließen, dass jener, der als erster das Ziel Washington DC erreicht – eine Art Langzeitrennen – den Wagen des anderen gewinnt.
Hier liegt neben dem erreichen ihrer Zielorte, ein Teil der Story. Wobei sich bei Wild Drivers eher die Flucht vor den Behörden in den Vordergrund drängt. Grundsätzlich sind diese Geschichten aber nur Aufhänger und können nicht wirklich als Story gesehen werden. Ich finde diese hat keiner der Filme … weil diese Dinge einfach passieren. Der Film, der Alltag und das Leben auf der Straße - incl. seiner Protagonisten - "passiert"!
- In beiden Filmen bekommt man das Röhren oder Gluckern der Motoren zu hören. Wild Drivers mischt dazu noch einen tollen Rock N'Roll Soundtrack hinzu, wobei sich Two-Lane B. mehr auf den Sound der Motoren konzentriert.
- [SPOILER] Beiden Filme enden ... irgendwie offen.
Wild Drivers sogar mittig im eigentlichen Ziel mit noch weniger als zu Beginn. Wobei ich fand, das Thema Loslassen erhält hier einen Stellenwert.
Bei Two-Lane B. verliert sich irgendwie … ?
(Ich wollte das fast so stehen lassen, weil dieses Fragezeichen das Ende noch unterstreicht. Man kann zwar manches hineininterpretieren aber grundsätzlich findet der Film sein Ende weil die Filmrolle "verbrennt". Man könnte auch sagen sie "verheizt sich", wobei man diese Ausdrücke auch auf ein Rennen übertragen kann - jemanden verheizen!?)
Es sind Filme die gewiss nur ein sehr geringes Puplikum ansprechen. Der Gehalt dieser minimalistischen Road-Movies entfaltet sich oft erst nach dem Sehen, wenn man darüber nachdenkt oder beginnt, dieses Freiheitsgefühl einmal zu hinterfragen …
Auf der Suche nach sich Selbst im Einklang mit der Entdeckung von Langeweile, Einöde und Einfachheit - in einer unbekannten Besonderheit.
Einem "ZUHAUSE SEIN" fernab irgendwelcher gängigen Konventionen und Fixpunkten.
Dem Leben auf der Straße und dem Vertrauen in das Leben selbst. Was die Gesellschaft von damals bestimmt auch oft als Naivität gewertet hat.
Two-Lane B. avancierte in bestimmten Kreisen zum absoluten Kultfilm, selbst wenn man die Rezensionen zur DVD auf Amazon liest, wird der Film trotz seiner oberflächlich betrachteten Belanglosigkeit, wahrlich sehr gehuldigt.
Auf Blu-Ray gibts hier nur englischsprachige Importe.
Von Wild Drivers hatte ich bis vor kurzem noch nie was gehört.
Dieser erschien noch nicht mal auf DVD.
Für weitere schnelle Road-Movies vom heißen Asphalt, empfehle ich euch nun noch meinen älteren Blog über "Klassiker von der Straße" - wo ich grundsätzlich Titel aus den 70ern in den Fokus nahm!
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Kommentare
@Joker: musste den wolga erstmal googlen, sieht stellenweise wirklich ähnlich aus.
aber von irgendwo muss man ja verschiedenste formen zusammenschustern. stellenweise haben zwei geniale köpfe auch idente ideen, und das völlig unabhängig voneinander. aber die russen und die amis waren ja schon öfter mal im wettstreit *g*
@Cineast: viele dank für das lob. manchmal wundert man sich echt, wieviel zeit für einen blog vergeht. ist meist aufwendiger als man in (s)einer tollen idee vermutet :D
Beim Lesen dieses wieder einmal hervorragenden Blogs bekommt man richtig Lust, Deinem Double-Feature beizuwohnen - und da ich beide Filme vor gefühlten Äonen zuletzt gesehen habe, werde ich das mal in die Tat umsetzen :-).
Wirklich ein umfassender, top recherchierter Blog, dem man die Arbeitsintensität, die hier beinhaltet ist, zu jeder Zeit ansieht - DANKE!
Aber mir ist jetzt gerade etwas aufgefallen! Der Cevrolet One-Fifty ähnelt sehr dem Wolga GAS M-21! Wer hat da wohl von wem geklaut? ;)
danach muss man fast einige nebenstraßen oder feldwege durchforsten, um sie mal zu Gesicht zu bekommen.
für die meisten sind sie dann auch eine Enttäuschung ...
und bei ganzen wenigen rufen sie etwas (nachträglich) hervor.
bei mir zumindest, irgendwie hat das belanglose aber doch spezielle gefühl für eine gewisse zeit und einer bestimmten subkultur, doch eine eigene Stimmung hinterlassen.
@Joe: kann ich irgendwo verstehen, aber könnte ICH keineswegs. da würde mir definitiv was entgehen.
@Kodijak: danke danke, freut mich echt.
falls du zufällig IRGENDWANN mal dazu kommst, wäre ich echt neugierig ob du davon enttäuscht bist oder dem auch etwas "ungewisses" abgewinnen kannst? :)
ich wäre jetzt SEHR neugierig auf den ersten teil "macon county line" ob dieser auch in diese minimalistische richtung steuert oder doch eher die jagd der prozinzbullen gegen unerwünschte jugendliche (unschuld) im vordergrund steht? die story hört sich zumindest straffer und ernster an!
ich DANKE euch allen für eure Kommentare!
Ganz genau meine Art von Film! Auf sowas steh ich!
Dann noch diese tollten Bilder dazu (schwer genial)
Du bringst das Gefühl der Filme richtig gut rüber...die will ich sehen!
Ich konnte früher diese, sicherlich von "Easy Rider" geprägten Filme dieser Zeit (Fluchtpunkt San Francisco und Co) überhaupt nicht ausstehen (Gähn, langweilig, belanglos)
da gings mir wie "Joe" auch.
Aber jetzt finde ich diese Filme einfach nur schön, die 70er Kulisse ist einfach nur edel. (siehe die genialen Fotos)
Belanglos, oder langweilig empfinde ich die Storys auch nicht mehr. Gerade in unseren heutigen Zeiten, genieße ich diese Filme.
Danke für das vergleichende Review!
Einen fetten Retrogruß von Mir!