Dunkirk
Dünkirchen
... ist eine Hafenstadt im Norden Frankreichs, am Ärmelkanal der Nordsee liegend. 1940, im zweiten Weltkrieg, wurden britische als auch französiche Soldaten dort festgesetzt. 400.000 Mann, eingekesselt und von deutschen Soldaten an den Rand gedrängt. Trotzdem soll unter dieser Aussichtslosigkeit noch evakuiert werden! Die britische Armee leitet die größte Rettungaktion der Geschichte ein und greift dabei sogar auf zivile Sport- und Segelboote zurück, um von England aus, die Soldaten Dunkerques zu retten.
Wohl einer der wenigen Kriegsfilme, der es nicht nur schafft gänzlich auf feindliche (sichtbare) Soldaten zu verzichten, sondern auch mit einer Freigabe ab 12 ganz ohne durchblutende Gewaltoffensive (die meisten nennen es geforderten Realismus), die bedrückende Auswegslosigkeit, als auch rohe Überlebensbrutalität einzufordern.
Christopher Nolan legt den Fokus des fesselndes Dramas vielmehr auf Intensität! Gespickt mit traumatischen Ereignissen und einer ausgewogenen Mischung aus Action und voranschreitender Historie.
Es ist der Wahnsinn, wie sehr der Film fast einzig und allein von seiner akustischen Bandbreite lebt und darauf abzielt, diese nicht als Ergänzung, sondern als Hauptelement abzufackeln!
Der unentwegt pulsierende Score verhält sich wie ein unablassender Schwelbrand! Der von Anbeginn weg in Schach hält! Er lässt einen in eine fast aussichtlose Lage abtauchen, fördert eine sphärisch gleitende Hoffnung, schürt aber immer wieder einen Bann, der in ein düsteres Unterfangen zieht - aber nicht um zu belasten, sondern eher um ansprechend zu FORDERN!
Eine tickende Uhr, sinistres Pfeifen und schwielende Sirenenklänge dienen dazu, um nach manch gefühltem Schwebeflug, wieder anzuziehen und dann erst vollends einzuschlagen - wie die fallenden Bomben! Dann pumpt und dröhnt es, bis einem der Herzschlag HÖRBAR/FÜHLBAR im Halse steht/steckt... und der Krieg seinen Lauf nimmt, indem das auditive Dauerfeuer wieder markanten Spitzen abfeuert.
Hier besteht jedoch auch die mögliche Gefahr sich als (IMAX-betörter) Beschallungsgast aufgrund der akustischen Dauerspannung irgendwann (innerlich) auszuklinken!? Weshalb das brachiale Haupelement -so kongenial es auch ist- sogar gering in der Kritik stehen könnte... was jedoch jeder für sich selbst entscheiden muss.
Wie in diesem Posterausschnitt,
kann einem der Film (taktvoll-gezielt) um die Ohren fliegen!
Um sich weiters etwas abzuheben, greift Nolan (wie schon in "Memento") auf eine flexible Erzählstruktur zurück und lässt seine drei Hauptaugenmerke (zu Land, zu Wasser, zu Luft) zeitversetzt ablaufen. Was ein netter kleiner Kniff ist, um sich erst nach und nach verständlich zusammenzusetzen und einen Funken Anspruch zu kreieren. Hintergründige Plausibilität weicht hier aber vielmehr einem sich 'ins Geschehen fallen lassen'. Arrangiert als fesselndes, tickendes Hinsteuern auf einen kollidierenden Punkt, in dem Zeit und Ereignisse gegenwärtig ineinander verschmelzen. Andererseits verliert man durch die vorangegange Erzählstruktur aber auch Gefühl, weil die übergreifenden Reaktionen der damit Verflochtenen, in der direkten Szene ausbleiben und man dem Besucher damit mögliche Euphorie nimmt; letztlich aber Szenen aus anderer Perspektive wiederholt, um in einem Bild- und Zeit-Stakkato noch soviel wie möglich rauszuholen.
Meinte ich vorerst schon, man verzichte gleich völlig auf (kitschigen) Pathos, zieht man glücklicher Weise gegen Ende noch befriedigend nach und rundet damit erst recht gelungen ab... immerhin soll es ein Film sein der (in mehreren Facetten) bewegt und nicht nur bei einem grenzgenialen, audiovisuellen Arrangement bleiben.
Grundsätzlich hält man sich eher wortkarg und lässt Bilder (mit der verbundenen Akustik) für sich sprechen. Einige wunderbare Totalen aus der Luft, die fliegende Schräglage über die (traumhafte) blaue See hinweg, die Perspektiven über den düster-eingekesselten (vor Gischt schäumenden) Strand voller Soldaten, der Blick die Mole hinaus (Damm/Anlegesteg) oder die abenteuerliche Reise der Zivilisten über die offene See hinweg. Immer wieder Weite/Übersicht, als auch kleine bedrängte Nischen (Dorfstraßen, Verstecke, Schiffsinneres)... übertragen gesehen, eine gefangene, teils ausgelieferte Seele, im Vergleich zur erhofften Freiheit.
Ebenfalls schön zu sehen, ist der löbliche Aufwand zu analogen Effekten!
Schauspieltechnisch ist man von wirklich gut spielenden Jung-Akteuren (frische Mimen die man nun noch öfter sehen wird), bis hin zum Kult-Gesicht (Kenneth Branagh, Mark Rylance, Tom Hardy, Cillian Murphy), außerordentlich brillant aufgestellt. Man gibt sich vorwiegend als Ensemble und lässt niemanden wirklich einen roten Faden übernehmen, sondern teilt sich die Wirkungsbreite untereinander auf. Gefühlt, übernimmt der 97' geborene Brite Fionn Whitehead als Tommy die vorderste Front: Wirkt im Anlitz wie der junge Eastwood und zieht völlig souverän ein beachtliches Filmdebüt durch. Nolan exponiert seinen Ausdruck und lässt ihn damit großteils einfach nur gekonnt WIRKEN.
Im Schauspiel selbst kann man teilweise gar nicht so auftrumpfen, denn wie Nolan seine Schauplätze in die Elemente Erde, Wasser und Luft aufteilt, so teilt er auch die Schwerpunkte seines Dramas, gleichermaßen in Bild, Musik und Akteure... was den Darstellern sicht- und hörbar ihren eigentlich regulären Daseinsrang abläuft. Jeder ist nur ein Teilelement, in der Mühle dieser Kriegsmaschinerie und nicht der Held der sich offenkundig präsentiert; eher der, der es im beiläufigen Ablauf werden kann/muss.
Dabei fordert man weniger sich die Seele aus dem Leib zu spielen, man positioniert vielmehr und lässt Posen/Momente auf einen wirken. So kann man Tom Hardy auch größtenteils (wieder mal) hinter einer Maske verstecken oder Kenneth Branagh gar mit Tränen in den Augen in die Weite starren lassen. Was jedoch nicht heißt, dass es nicht die gewünschte Wirkung erziehlt, im Gegenteil, das TUT ES!
Mit einer unglaublichen Akustik, ein wahres stimmungsbetörendes Highlight! Nicht nur aus diesem Kinojahr, sondern vermutlich jetzt schon, ein genannter Vertreter auf Listen mit den bemerkenswertesten Kriegsfilmen aller Zeiten.
Da es mir einfach nicht mehr aus dem Sinn und aus den Ohren geht... hier noch der Score aus den Endcredits, der mir ein mehr als wunderbares Geleit hinaus gab. Besonders der Beginn hat es mir angetan, weil er sich vom Rest des Scores abhebt und einen ENDLICH AUFATMEN lässt. [Das geht bis 2:18, dann beginnt mit dem erneuten Ticken der Uhr, nochmals ein kleines gelungenes Intermezzo aus dem Grundton dieses Krieges.] https://www.youtube.com/watch?v=7RC9Ak9gz7s
Der Drang ihn nochmals zu sehen, steigt jetzt schon.
Bilder: https://www.warnerbros.com/dunkirk
Copyright: Warner Bros
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Kommentare
Und: Hallo Sebastian!!!
Machte schon mächtig Spaß und ist eine tolle Inszenierungen und kostet etwa 20 Kinogänge.
Ich bin gespannt auf den Film. In der kommenden Woche könnte es klappen.
Ich DANK dir ganz herzig für das Lob und ja, das mit dem "schwelen" ist echt markant (für mich). Es lockt mich tatsächlich ihn nochmals zu sehen; wären jetzt nicht einige Titel die ich ebenso noch sehen möchte.
Hatte auch die Möglichkeit ihn in gediegener Höhe, Breite und Weite (inkl. Körperakustik *gg*) im IMAX zu sehen, wobei die 70mm Analogvariante wohl nochmals eigene Reize hätte.
Dir auf jeden Fall viel Filmgenuss, wann und wo auch immer. :) Und DANKE.
Was den Film angeht, so steht dieser hier natürlich (Tolan-Fan halt) auf der "Agenda" und stellt schon jetzt einen Pflichtkauf dar. Allerdings gilt es, dass audiovisuelle Erlebnis voll auszukosten, weshalb ich plane, nem Hamburger-IMAX-Kino nen Besuch abzustatten. Meine Vorfreude wurde durch Deinen Blog jedenfalls enorm forciert! DANKE dafür ! Chapeau !
Zweifel müssen aber nicht sein, es verschmilzt schon, der Score ist aber (für mich, und aufgrund der Wortkargheit des Films) einfach ein so massives Element hier, dass er erst recht bannen lässt!
Ich kann mir eben gut vorstellen, dass es Leute gibt, denen das auf Dauer zu mühselig (oder zu strapazierend) wird. [Vermutlich auch gewollt.] Wobei Zimmer mit der Dauersphäre aber nicht in irgend einen Radau oder nerviges Unterfangen ausartet, die markante Musik sitzt schon richtig pointiert.
Gute Unterhaltung, falls du es demnächst doch noch schaffst. :)
Alleine wegen Zimmer ist der Film ein Must see. Obwohl, dass was Du schreibst mich etwas zweifeln lässt. Zimmer sollte immer so ergänzen, das der Film und der Score miteinander verwachsen. Das kann er so wie kein anderer. Es darf aber nicht sein, das der Soundtrack das Bild vollkommen überlagert. Ich hoffe dass ist nicht der Fall und der der Film mich mitreißen kann. Ich werde dann hoffentlich berichten.
Der Trailer der ersten großen Verfilmung (1958):
https://www.youtube.com/watch?v=W0dZJUoI7AQ
Und hier Ausschnitte des französischen Films von 1964 (mit Belmondo), kombiniert mit dem Trailer-Sound des neuen Nolan-Werkes... spannend:
https://www.youtube.com/watch?v=7PPw7S4IuIg
Und stimmt, seine Titel sind schon Pflichtsichtungen. :D
Der Score von Hans Zimmer ist wieder meisterhaft.