Krampus
5. Dezember ist Krampustag! Heute!
Und einen Tag bevor der Nikolaus kommt, der Patron für Kinder, Seeleute usw., sind die Kramperl noch ohne Kontrolle, bevor sie tags darauf gezähmt unter dessen Fuchtel als Begleitung gelten. Weshalb der Krampus sozusagen die Kehrseite des Guten darstellt. Einige Jahrhunderte früher noch als religiös-pädagogische Anmaßung missbraucht um kleine Schreckgespenster (Kinder) zu erziehen, werden heutzutage artige Kinder vom Nikolo belohnt, Unartige dagegen vom Krampus gerügt – DU DU DU!!
Pertchen hingegen gehören zu den Rau(ch)nächten (21Dez. – 6Jan.), mit dessen Mythos man den Jahresabschluss und dessen dazugehörigen Licht- und Schattenseiten assoziiert; es darum geht „gesäubert“ ins neue Jahr einzutreten – darüber wacht die Percht! Tja, und der Teufel hingegen ist wohl nochmals ein eigenes Kapitel, wobei es in allem, soviele Auslegungen wie Regionen gibt.
Aber für den Film „Krampus“ eigentlich auch alles nicht so wichtig, weil sich Regisseur Michael Dougherty (Trick `r Treat - 2007) einfach nur den mitteleuropäischen Aufhänger borgt, um damit bei Ausnahmezustand und Schaumstoffschnee, einen Verwandtschaftsoverkill mitsamt Creature-Feature-Überraschungsbowle loszutreten…
Krampus
USA 2015
Max (Emjay Anthony) will noch an den Weihnachtsmann glauben, dafür setzt er sich bei boshaften Mitschülern auch gern mal verteidigend mit Fäusten ein, was wir in einem gesellschaftskritischen Intro, bezüglich Konsumrausch, niedriger Gewaltbereitschaft und Smombies auch gleich hautnah und realitätsbezogen (Black Friday) miterleben.
Kontär bezaubernd dazu kommt mit “Its Beginning to Look Like Christmas“ von Bing Crosby auch gleich jede Menge Ironie auf!
Zuhause angekommen hängt der weihnachtliche Haussegen verständlich schief, als dann auch noch die frustgeladene Verwandtschaft auftrickst und Max von seinen Cousinen (als naiver Gläubiger) vorgeführt wird, zerreißt er in Rage seinen Brief an den Weihnachtsmann und wirft ihn aus dem Fenster.
Diesen papier-zerfetzten Wünschen nimmt sich nun (laut Filmlegende) der Krampus an! Weshalb inszenierungstechnisch gleich mal die Hölle zufriert - so siehts zumindest aus! Genauer gesagt, wird die gesamte Nachbarschaft von mächtigen, dunklen Gewitterwolken und einem eisigen Schneesturm vollständig in die Knie gezwungen!
Der Krampus braucht eben ein geniales Ambiente, um mit seinen wilden und zahlreichen Begleitern sein fieses Ding durchzuziehen, was in seiner zugeschneiten Abgeschnittenheit (inkl. tagelangen Stromausfalls) den Überlebenskampf der Familie über die Festtage hinweg, gleichmal wunderbar stimmig macht!! Ein völlig verfrorener Ausnahmezustand kann beginnen!
Zwar anfänglich mit reichlich CGI Wetterkapriolen und beim Krampus noch mit animierten Bewegungen versehen, greift man später doch auf wunderbare, altmodische Effekte zurück und bietet neben wunderbaren Animatronics auch zahlreiche Puppen, Analog-Effekte und erlesenes Masken-Design. Für Aufnahmen aus nächster Nähe, darf der träge Riesen-Kramperl (im inneren) tatsächlich von einem Menschen bewegt werden. Der Krampus selbst wirkt in seiner überdimensionierten Behäbigkeit, mit Hörner, Hufbeinen und Ketten –die hier echt nicht fehlen dürfen- doch grimmig und furchterregend.
Bei den Begleitern hat man sich aber reichlich ausgetobt. Haben die bösen Elfen vereinzelt noch am ehesten Ähnlichkeit zum echten Krampus, liefert man mit Killerspielzeug, Schnee-Schnapoiden, einem Toy-Box-Clown und einem angriffslustigen Engel, nochmals eine schräge Mixtur aus Schreckenselementen. Kleines (animiertes) Highlight, die lebendigen Lebkuchenmännchen mit ganz ulkig-böswilligen Absichten, weshalb sie wortwörtlich als süsse Scherzkekse begeistern – und einen am Haken haben!
Grundlegender Bonus ist am Gesamten das eingeschneite Setting und der winterliche Überlebenskampf, zudem man das Feuer im Kamin stetig am Laufen halten muss um keine fies-weihnachtliche Home-Invasion zu erleben.
Das letzte nötige Quentchen an Atmosphäre wird leider durch die Überzahl an Darstellern (die Familie mit Verwandtschaft ist ganz schön üppig) und deren nervigen Radau getilgt. Das Hinauszögern von längst Erwarteten ist ebenfalls nicht gerade förderlich, als größte Frostbeule stellt sich jedoch der finale Verlauf des Drehbuchs heraus, wo man sich nur noch in wahnwitziger Ideenlosigkeit an äußerst peinlichen/unnötigen Opferungen zerklüftet - nur des Bodycount willens.
Inhaltlich wird man neben den stimmigen Horrorelementen und dazupassenden amüsanten Einlagen somit teilweise zum trashigen Weihnachtsfest. Das Produktionsdesign ist dennoch erste Sahne, und die finale Idee auch nicht so übel.
Warum der Mythos gerade in dieser US-Straße (in den Staaten) zuschlägt, und warum man sogar gleich alle Nachbarn mit-ausrangiert, darüber und noch mehr darf man sich selbstverständlich keine Gedanken machen. Da hilft auch die deutschsprachige Omi als Mythos-Verbindung nichts. Ihr erzählter, notwendiger Hintergrund kommt nämlich –obwohl man es von Anbeginn weiß- reichlich spät, ihre Schilderung wurde aber zumindest mit einer kreativen, ansehnlichen Animation unterlegt! Im O-Ton wurde die Angelegenheit mit Omis deutscher Sprache toll eingefädelt, die deutsche Synchro hingegen macht vieles mit wechselnden Dialekten (vom Schwizerdütsch bis Vorarlbergerisch) unverständlich kaputt. Außerdem wirkt es in der Synchro so, als würde die Omi peinlicherweise nicht mal vom eigenen Sohn (Adam Scott) verstanden werden, weshalb der Enkel übersetzt. Ergibt in der Synchro wenig Sinn.
Der kleine Max (Emjay Anthony aus Kiss the Cock) macht seine Sache hervorragend, David Koechner (Anchorman) hat als Onkel etwas blödsinnigen (Redneck-)Humor und Waffen im Gepäck und Großtante Dorothy (Conchata Ferrell) darf als dicke Bert(h)a amüsant das Geschütz schwingen! Toni Collette hat sich in ihrer Rolle als Mom wohl echt aufgeopfert. Die Schaupielerin Krista Stadler, als Kaminfeuer-Omi mit heißer Schokolade, hat wenigstens österreichische Wurzeln.
So gestaltet sich diese verfremdete Folklore-Abwegigkeit -fürs Unterhaltungskino natürlich absolut nebensächlich- sowohl mit hellen als auch dunklen Seiten was die Inszenierung angeht, womit ihm das Zeugs zum alljährlichen Wiederholungsritus vielleicht fehlen mag, für eine sinnentleerte Abzweigung in einen familären und meterhoch-schneeverwehten Ausnahmezustand, kann man als Creature-Feature- und Winterfan aber getrost auf Besuch kommen.
Eine Sonderedition, mit einem dieser süss-fiesen Lebkuchenmännchen und dem braunen Glöckchen mit authentischer Aufschrift „Gruss vom Krampus“ wäre noch etwas richtig Edles –solch schicke Gimmicks hätte ich gern-, ob der Film aber überhaupt eine Sonderedition wert wär, ist eine andere Frage... bzw. hat die sich jeder selbst zu beantworten.
Zugabe: Eigentlich wollte sich Max als jährliche Weihnachtszeremonie „Charlie Brown“ ansehen, da dies durch die familäre Zerüttung jedoch nichts wurde, hab mir zumindest ich nach „Krampus“ noch die Weihnachtsepisoden der „Charlie Brown und Snoopy Show“ gegönnt.
Es war mir, wie immer, eine Freude!
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Kommentare
Boa, ich kann mich da noch an Schulzeiten erinnern wo wir am 5ten "Kramperlstampern" also "Krampus verjagen" gingen. Tatsächlich haben die natürlich uns gejagt, über den ganzen Marktplatz hinweg, und boa hatten wir Schiss!! Aber es machte irgendwo/-wo auch immer Spaß - ein unsinniger Reiz eben. *gg*
Solang es für alle ein Spass bleibt is ja auch alles ok, da sich bei sowas aber leider auch immer mal Idioten unter Masken mischen um zu übertreiben, macht so einen Brauch dann natürlich auch wieder zunichte. Also gut wenn der Krampus unterm Niko gezähmt is! ;)
Beim Krampusumzug hingegen freute ich mich als Kind immer auf das lecker Manner-Stollwerk das man verteilte - das kann ich mir heute aber auch so kaufen, ohne eins mit der Rute zu bekommen. *hahaha* also schade muss einem darum nicht sein. ;)
Heute is es schön zuzusehen, wenn die kleinen Kids mit dem Nikolo eine Parkrunde mit der Kutsche drehen. So sollten Bräuche sein.
"Der kleine Lord" is herzig und das gerade erschienene Doppelpack zu "Das Wunder von Manhattan" hab ich nun auch gleich in die Sammlung aufgenommen. Danke.
Stimmt das Ende war Na ja halt.... ;-) Aber das Krampus-Design fand ich ziemlich gelungen und auch etwas gruselig. Meine Schwester meinte nur "Cool, sieht schnuckelig aus".. Tja, ob das ein Kompliment an die Filmemacher war... Wobei ich zur Ehrenrettung meiner Schwester sagen muss sie mag nun mal Horror - und Gruselfilme und hat da wohl doch etwas mehr erwartet.
Die Einleitung ist super - find ich sehr interessant. Beschäftige mich auch gern mit solchen Dingen, aber bei uns in der Region hat man solche Bräuche nun nicht. Da kommt der Nikolaus - sowie heute halt - und fertig. Der Krampus hat hier noch nicht Einzug gehalten - irgendwie schade ;-)
Dann stöbere ich ma bei Gelegnheit durch deine Christmas Übersicht. Aber solche Klassiker wie z.B. "Das Wunder von Manhatten", oder auch "Der kleine Lord" gehören einfach zur Sammlung. Sehr schöne Filme.
SPOILER: Mein größter Schmerzpunkt war die Absurdität gen Ende als man sich zum Schneepflug aufmachte und jeder plötzlich ohne jeden Sinn oder ERFORDERNIS zurückbleibt, sich opfert, als ob sie echt geglaubt hätten eins ihrer Kinder könnte einen Schneepflug fahren.... SPOILER-ENDE *hahah* ich guckte mit einem Kumpel und unsere Reaktionen ging von Wtf-Blicken über ins Trashgelächter. Amüsant hanebüchen. Nur um ein Bsp. zu nennen.
Das CGI war mir auch zuviel, gerade zu Beginn sehr überzogen künstlich, danach aber alles schick gemacht. Die Brutalität hielt sich tatsächlich im unterhaltsamen Rahmen.
Solch Mythen und Bräuche find ich total interessant, weshalb ich mich etwas eingelesen und mir sogar ein Buch über Weihnachtsriten aus der Region zugelegt hab. Wenns hierfür auch nicht wirklich Relevanz hat, doch eine angemessene Einleitung darstellt. :)
Vielen Dank für deinen tollen Kommentar, etwaige Tipps findet man eventuell schon in meiner bisherigen Christmas-Übersicht; je nach Genre-Vorlieben. Manch Klassiker sind echt erhaben. :) Danke.
Die Geschichte bzw. den Mythos um den "guten" Krampus find ich übrigens äußerst interessant und informativ!
Vielen Dank für deinen Beitrag!