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Als bekennender Serientäter schaue ich amerikanische Serie rauf und runter. In den letzten Wochen habe ich festgestellt, dass der Britische Serienmarkt auch einen Blick wert ist. Daran gemessen verstärkte sich bei mir der Eindruck, dass wir Deutschen dort hinterherhinken. Wie sieht die deutsche Serienwelt tatsächlich aus?
 
Um mal eine Diskussionsgrundlage zu schaffen, habe ich mir die Preisträger des Deutschen Fernsehpreises in der Kategorie "Beste Serie" angeschaut. Diese waren in den letzten Jahren:
 
  • 2012: Der letzte Bulle
  • 2011: Weissensee
  • 2010: Danni Lowinski
  • 2009: Der Lehrer
  • 2008: Doctors Diary
  • 2007: Kriminaldauerdienst
  • 2006: Türkisch für Anfänger
  • 2005: Abschnitt 40
  • 2004: Abschnitt 40
  • 2003: Abschnitt 40
  • 2002: Edel und Starck
  • 2001: Der Ermittler
  • 2000: Ritas Welt
  • 1999: Doppelter Einsatz
 
Was fällt mir als erstes auf? Weissensee, Der Lehrer, Kriminaldauerdienst, Abschnitt 40 und Ritas Welt habe ich noch nie in meinem Leben gesehen.
Was fällt als zweites auf? Der Letzte Bulle, Danni Lowinski, Kriminaldauerdienst, Abschnitt 40, Der Ermittler und Doppelter Einsatz sind allesamt Kriminalsendungen. Immerhin 8 von 14.
 
Im Großen und Ganzen gibt diese Liste einen ziemlich genauen Überblick, was im deutschen Fernsehen an Serien läuft und lief. Natürlich sind sehr gute Serien wie Pastewka oder Berlin, Berlin nicht aufgeführt, aber ein Schnitt liegt vor. Die Serien "Der letzte Bulle" und "Edel und Starck" habe ich sehr gerne gesehen. Was diese beiden Serien hervorgehoben hat, sind auf der einen Seite die Hauptdarsteller - beide Male überzeichnet, beide Male sympathisch - und die Handlungen abseits des Hauptplots. Warum kann man diese Serien trotzdem nicht in den internationalen Serienolymp aufnehmen? Ich glaube, dass solche Serien zu belanglos sind. Edel und Starck, Danny L., Doctors Diary... was geschieht denn da? - Irgendwie nichts. Natürlich darf man das jetzt nicht mit einem Game of Thrones oder Prison Break vergleichen. Aber wenn ich Serien wie One Tree Hill, Skins (schaue ich derzeit und war irgendwie der Auslöser dieser Überlegungen) oder Vergleichbares betrachte, stelle ich fest, dass teilweise die Drehbücher deutlich besser sind, teilweise aber auch die gesamte Umsetzung auf einem ganz anderen Level sind. Unter Umsetzung verstehe ich Darsteller, Kamera, Drehorte - einfach die gesamten Produktionsbedingungen.
 
Woran liegt das also?
1. Möglichkeit: Darsteller
In Deutschland werden recht viele TV-Spielfilme gedreht. Dadurch entsteht eine Hierarchie der Wertigkeit in Deutschland die so aussieht: Hollywood-Filme - US-Serie/dt. TV-Filme - dt. Serien. Es ist für einen dt. Schauspieler viel schwerer in internationale Produktionen zu gelangen, da diese stark von US-Darstellern dominiert werden. Würde dies aber nicht bedeuten, dass bei gleichem Talent mehr deutsche Schauspieler im Seriensegment bleiben müssten? Oder greifen die TV-Filme mögliche deutsche Serientalente ab? Ist der amerikanische Trend, dass talentierte Schauspieler in großen Serien bleiben nicht auf Deutschland übertragbar? Oder bringt Deutschland einfach nicht diese Masse/Klasse an Schauspielern zu Tage? Oder liegt es überhaupt nicht an den Darstellern?
 
2. Möglichkeit: Produktionsbedingungen
Ich will diesen Punkt mal ganz weit fassen: Über Drehbuch, Produktionskosten, Kameraführung und Beleuchtung ist hier alles gemeint. Was unterscheidet eine gute Serie von der mexikanische Soap mit gelblichem Bild?
Das fängt also bei der Idee an. Welches Thema soll eine Serie haben? Wie soll sich die Handlung entwickeln?
Hm, ja da muss man sagen, dass der deutsche Fernsehmarkt sich offensichtlich sehr am Tatort orientiert. Ein zünftiger Ermittler scheint noch immer das A und O einer jeden TV-Serie zu sein. Nebenhandlungen müssen nicht unbedingt vorkommen. Daneben liegt man in Deutschland mit Krankenhäusern auch immer gut. Aber muss ja nicht immer Zombie sein. Wenn dem Setting eine gescheite Handlung folgt, dann ist auch Kriminal okay. Hier muss ich den Letzten Bullen zitieren, denn dieser bringt frischen Wind in das angestaubte Kriminalgenre. Zum Einen ist die Ausgangslage des aus dem Koma erwachten Polizisten frisch. Zum Anderen sind die Nebenstränge der Handlung im Privatbereich solide und liebenswert umgesetzt.
 
Weiter geht es dann damit, wie die Handlung präsentiert wird. Schauplätze, Casting... Und schließlich der filmerische Prozess. Wie sehen deutsche Serien heute aus? Es gibt in Deutschland Blockbusterserien mit Kinoformat. - Nein! Doch! Aber die drehen sich dann um Krupps, Zeppeline oder DDR-Flucht. Interessiert wenig Menschen unter 50 Jahren, sehen aber filmerisch top aus. Dann gibt es Serien, die sehen ordentlich aus. Und eine Menge, die bleiben auf Soap Niveau (z.B. Doctors Diary). hier könnte man in meinen Augen eine Menge machen. Eine Möglichkeit wäre die Förderungsgelder in zeitgemäße Themen fließen zu lassen (mal ganz ehrlich: wie unsexy klingt "Die Krupps - eine deutsche Geschichte"?). Eine andere einfach mal einen TV-Spielfilm über eine Frau, die irgendwas verliert und sich dann in irgendwen verliebt und dann irgendwas macht, nicht zu produzieren und eine TV-Serien mit einem ganz anderen Inhalt ins Leben zu rufen. Oder aber eine TV-Serie, in der das echte Krankenhauspersonal die Besetzung zu sein scheint und die Zivis die Kameramänner, erst gar nicht zu drehen.
 
Zusammengefasst komme ich zu dem Ergebnis: Es gibt einige Serien in Deutschland, die sind sehenswert. Es gibt eine Menge Schrott. Es gibt keine Serie, die internationalem Vergleich standhält - keinen Exportschlager. Aber ich glaube nicht, dass die deutschen Schauspieler schlechter sind. Was ich glaube ist, dass in Deutschland zu viele Mittel in schlechte Filme und uninteressante Serien fließen. Ein Produzent, der sich zum Vorsatz macht, eine Miniserie (6-8 Folgen) in Deutschland mit guten Darstellern und gescheitem Skript zu drehen, dem muss man mal Gelder geben.
 
Wie seht ihr das? Ist die deutschen Serielandschaft noch zu retten? Muss sie gar nicht gerettet werden?
 
VG, Christian

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