Blog von meine wenigkeit

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Gerade gesehen: Hell

2. Oktober 2011
Tim Fehlbaum hat, so viel kann man wohl jetzt schon sagen, einen der absoluten Überraschungsfilme dieses Kinojahres  vorgelegt. Hell spielt mit Genres die bislang fest in amerikanischer Hand geglaubt wurden. Und es ist ein Spaß, ihm dabei zuzusehen. Achtung, dieser Beitrag enthält Spoiler!

Der Film beginnt völlig unvermittelt. Eine Frau, ein Mann, ein junges Mädchen in einem abgedunkelten Auto. Noch ist alles in Ordnung, Benzin im Tank, Wasser und Lebensmittel im Kofferraum, doch liegt eine unbehagliche Stimmung im Raum. Die Gruppe ist auf dem Weg in die Berge, dort, so vermuten sie, gibt Wasser und damit Leben. Das Unbehagen steigert sich in der nächsten Einstellung. Der staubige Volvo wird auf einer verlassenen Autobahn gezeigt, die eine karge, mit Tierkadavern übersäte Landschaft durchquert. Das Bild wird an dieser Stelle so gnadenlos überbelichtet, dass der Kinozuschauer unweigerlich die Augen zu kneifen muss.



Die Geschichte beginnt an einer verwüsteten Tankstelle. Während Phillip (Lars Eidinger) nach Benzin sucht, sehen sich Marie (Hannah Herzsprung) und ihre kleine Schwester Leonie(Lisa Vicari) im Inneren um. Marie entdeckt ein Nachtlager, die Stimmung nimmt sofort bedrohliche Züge. Als der zwielichtige Tom (Stipe Erceg) erscheint um die unfreiwillige Reisegruppe zu erpressen offenbart sich die eigentliche Problematik des Films. Der ärgste Feind ist nicht die brennende Sonne sondern der Mensch selbst. Nach dem Zusammenbruch sämtlicher gesellschaftlicher Strukturen ist (in den Worten des Philosophen Thomas Hobbes) der Mensch dem Menschen Wolf, es herrscht das Recht des Stärkeren. Tom schließt sich der Zweckgemeinschaft an, wird sich im weiteren Verlauf der Handlung als wichtiger Verbündeter erweisen.

Am  Rande der Berge angekommen geraten sie in einen Hinterhalt, werden mit einer neuen Gefahr konfrontiert: Eine Sippe von Einheimischen macht Jagd auf vorbei Reisende, verschleppt diese auf ihren Hof. Der Film erlebt hier einen radikalen Bruch. Vom Endzeitfilm wechselt er das Genre hin zum Kannibalenschocker. Fehlbaums cineastische Vorbilder, eindeutig in den 70er und 80er Jahren verortet, sind Filme wie „Mad Max“ oder „the Hills have Eyes“. Gekonnt spielt er mit deren Motiven, deren Look, ohne dabei aber in Klischees zu verfallen oder sich deren exploitativen Charakter zu eigen zu machen. Mit den Genres wechselt zur Mitte des Films auch dessen Farbe. Hat Fehlbaum zunächst mt starken Überbelichtungen gearbeitet, so dominieren in der zweiten Hälfte des Films die dunklen Töne. Mit dem Ausbruch aus dem Verlies der Bauern kehrt dann das Licht auf die Leinwand zurück. Inszenatorisch großartig!



Im Zentrum von „Hell“ stehen drei starke Frauenfiguren. Da ist zunächst die  Protagonistin Marie deren Gefährte Phillip sich schnell als Hasenfuß erweist. Nachdem der übermütige Tom beim Versuch scheitert, Leonie aus den Fängen der Kannibalen zu befreien  ist sie völlig auf sich allein gestellt. Sie meistert die Aufgabe. Dann ist da die Mutter der Kannibalenfamilie, grandios gespielt von Angela Winkler. Das Kalkül und die Berechnung im Vorgehen dieser Frau, die einzig das Überleben ihrer Familie im Sinn hat, dafür aber offenbar bereit ist, alles zu tun, sind schlicht erschreckend. Und schließlich ist da Leonie die von der jungen Lisa Vicari so überzeugend gespielt wird, wie man es (so ehrlich muss man sein) in Deutschland nur selten von NachwuchsdarstellerInnen sieht.

„Hell“ beginnt unvermittelt, ohne großartige Exposition. Warum die Situation ist wie sie ist, bleibt im Dunklen, lediglich das Titelblatt einer Tageszeitung deutet auf Sonnenstürme als Ursache der Katastrophe hin. Genauso unvermittelt wie er beginnt, endet der Film auch. Marie, Leonie und Tom sammeln Wasser an einer Felswand. Am Himmel sind Vögel zu sehen. Es gibt also noch Hoffnung.


Bilder: (c) ww.hell-derfilm.de

gerade gesehen: Le Havre.

24. September 2011
Die Zutaten eines Films von Aki Kaurismäki sind im Prinzip immer die selben: Melancholische Figuren, lange Blicke, Tristesse, Wenig Sprache, dafür ganz viel Ausdruck und irgendwie immer wieder das Alte Thema: Gut gegen Böse. In seinem aktuellen Film macht der Großmeister des europäischen Autorenkinos jedoch etwas anders.


Quelle: http://lehavre.pandorafilm.de


Es sind wohl die Kollateralschäden der Globalisierung: Die Menschenmassen von Flüchtlingen die sich ihren Weg nach Europa, in der Hoffnung auf ein besseres Leben bahnen, dabei aber zu Hunderten im Mittelmeer ertrinken und in südeuropäischen Flüchtlingslagern enden. In den Nachrichtensendungen und Zeitungen sind diese Schicksale lediglich Zahlen ohne Namen oder gar Biographien. Es ist Aki Kaurismäki hoch anzurechnen, diesen Menschen ein Gesicht gegeben zu haben.

Durch einen Softwarefehler landet ein Container, der eigentlich für London bestimmt war, im Hafen des französischen Le Havre. Die Tragik besteht besteht in seiner Fracht: Im Inneren des Containers findet sich eine Gruppe von Flüchtlingen aus Schwarzafrika. Der Kleine Junge Idrissa (Blondin Miguel) ergreift die Flucht, wird von den umstehenden Polizeibeamten nicht daran behindert. Er findet Zuflucht bei dem Schuhputzer und gescheiterten Schriftsteller Marcel Marx (Andre Wilms), der ihm schließlich mit Hilfe der Menschen in seiner Nachbarschaft hilft, nach London überzusetzen wo Idrissas Mutter lebt. Im zweiten Handlungsstrang des Films sehen wir, wie Marcels Frau Arletty (Kati Outinen) vermeintlich unheilbar an Krebs erkrankt, dies jedoch vor ihrem Mann geheim hält.


Quelle: http://lehavre.pandorafilm.de


Es ist vor allem diese zweite Handlungsebene, auf der man daran erinnert wird, dass man nach wie vor eine Kaurismäki-Film sieht. Gerade diese verdeutlicht aber auch, dass der Autorenfilmer hier etwas anders macht als in seinen anderen Filmen, nämlich ein Märchen erzählt, an dessen Ende nur ein Happy End stehen kann. Natürlich wird Arletty schließlich geheilt und natürlich schafft es auch Idrissa nach London. Der oft grausame Realismus, der für Kaurismäkis Filme sonst kennzeichnend ist, findet sich lediglich in der kargen Ausstattung der Szenerie, ansonsten beherrscht Optimismus die Handlung. Von einem einzelnen, verloren wirkenden Denunzianten abgesehen, findet sich keine wirklich bösartige Figur im ganzen Film. Der Feind hält sich in fast kafkaesker Manier diffus im Hintergrund, ohne dabei jedoch seine Bedrohlichkeit einzubüßen. Der Zusammenhalt und die Solidarität der Menschen werden aber so stark in den Mittelpunkt gerückt, dass oberflächlich aber nichts anderes als ein gutes Gefühl im Zuschauer entstehen kann.

Es ist die überraschende Heilung von Arletty, die das Happy End überzeichnet, mit der Kaurismäki sagt: Passt auf, das hier ist ein Märchen und die Realität sieht anders aus. Leider!
„Le Havre“ ist ein politisches Statement, eine Nahaufnahme von der Heimatfront der Globalisierung, eines großen Filmemachers. Und ein verdammt wichtiger Film, der jedoch, so ehrlich muss man sein, hinter Meisterwerken  wie „Lichter der Vorstadt“ zurück bleibt.
Am Anfang hatte Woody Allen (Regie und Drehbuch) nur den Titel für seinen neuen Film. „Midnight in Paris“ kann dennoch gerade durch seine  wunderschöne Geschichte überzeugen. Achtung, dieser Beitrag enthält Spoiler!

Gil (Owen Wilson) ist leidlich erfolgreicher Drehbuchautor in Hollywood. Doch er will mehr. Ein echter Schriftsteller will er sein, einen Roman schreiben, in die Fußstapfen von Ernest Hemingway treten. Doch mit der Kreativität ist es so eine Sache. Gil ist unzufrieden mit seinem Manuskript, wird von der Muse nicht geküsst. Wie passend scheint es da, dass seine Schwiegereltern in Spe ihn und seine Verlobte Inez (Rachel McAdams) an seinen Sehnsuchtsort Paris einladen. Dort angekommen treffen sie auf Inez alten Freund Paul, einem aufgeblasenen Intellektuellen der Gil zusehends in den Schatten zu stellen versucht, während Inez förmlich an seinen Lippen hängt. Eines nachts, Inez und Paul sind gerade tanzen, macht Gil einen Spaziergang als wie aus dem Nichts ein Oldtimer-Taxi vorfährt.  Dessen angetrunkene Insassen fordern ihn auf, mit ihnen auf eine Party zu kommen. Gil willigt spontan ein.


Quelle: www.sonyclassics.com/midnightinparis/


Die Fahrt mit dem Taxi stellt sich als Zeitreise zurück in die goldenen Zwanziger heraus, jene Zeit in die sich Gil ob ihrer herausragenden Künstler und Schriftsteller sehnt. Auf der Party angekommen macht er schließlich die Bekanntschaft mit seinen literarischen Idolen Ernest Hemingway (Corey Stoll) und Scott Fitzgerald (Tom Hiddleston), später Cole Porter, Pablo Picasso, dessen Muse Adriana (Marion Cotillard), Salvador Dali (grandios: Adrien Brody) und einer Vielzahl anderer Persönlichkeiten der Epoche. Gil scheint am Ziel seiner Träume angekommen, als Hemingway ihm anbietet sein Manuskript seiner Verlegerin Gertrude Stein (Kathy Bates) vorzulegen.

Je öfter er seine Reise in die Vergangenheit gemacht hat, desto deutlicher erscheint ihm die Enge seiner Situation. Seine Träume und Wünsche werden von Inez als naive Spinnereien abgetan, seine erzkonservativen Schwiegereltern scheinen einer anderen Welt anzugehören und sein Lebensweg zeigt schlicht in eine andere Richtung. Dass die Flucht in die Zwanziger nicht die Lösung seiner Probleme sein kann, wird ihm jedoch klar als er gemeinsam mit Adriana, diesmal mit Hilfe einer Kutsche, an deren Sehnsuchtsort, das Paris der belle Epoque entflieht. Dort wiederum treffen sie wiederum auf Künstler, die lieber in der Renaissance gelebt hätten. Ihm wird klar, dass scheinbar jede Epoche im Glanze einer vermeintlich größeren Vergangenheit bescheiden und trist wirkt. Zurück in der Gegenwart beendet er seine Beziehung zu Inez und verwirklicht seinen Traum, ein neues Leben in Paris zu beginnen.


Quelle: www.sonyclassics.com/midnightinparis/


Der Film ist deutlich leichter, beschwingter als die letzten Woody Allen-Filme. Witz reiht sich an Witz, ohne dabei in Klamauk umzukippen. Dass die Hauptfiguren dabei weitestgehend denen aus anderen Filmen des Altmeisters ähneln ist so erwartbar wie  beruhigend, denn kaum ein Regisseur ist in der Lage, skurile Persönlichkeiten in ein Beziehungsgeflecht einzufügen, wie es Allen ist. Und von solchen wimmelt es in diesem Film. Der verwirrte Dali, der unentwegt von einem Rhinozeros schwadroniert, der chauvinistische Hemingway für den wahre Männlichkeit über allem steht oder die sprunghafte Zelda Fitzgerald (Alison Pill). So viele spannende Figuren, bis in die kleinste Nebenrolle grandios besetzt und überragend gespielt (in dem Starensemble nicht zu unterschlagen: Carla Bruni), ohne dass von der eigentlichen Geschichte abgelenkt würde, sieht man leider viel zu selten. Woody Allen spielt hier seine gesamte Routine aus.

Die zentrale Botschaft des Films ist einfach: Früher war eben doch nicht alles besser, träumen muss aber erlaubt sein. „Midnight in Paris“ ist eine wunderbare Sommerkomödie und der witzigste Film von Woody Allen seit langem. Unbedingt ins Kino gehen!
Mit Green Lantern schickt Warner in diesem Kinosommer die Nr. 3 seiner Superheldenriege ins Rennen um die Gunst des Publikums. Davon, dass der Film bei den Kritikern durchgefallen ist, sollte man sich nicht den Spaß verderben lassen. Den vermittelt der Film nämlich in jeder Minute. Achtung: Dieser Beitrag enthält Spoiler!

Es ist das alte Lied: Einige Leitmedien veröffentlichen ihre Rezensionen zu einem Film und geben damit den Kurs fast sämtlicher folgender Besprechungen vor. Im Falle von Green Lantern waren diese ersten Kritiken vernichtend und so überrascht es kaum, dass dem Film bis heute kaum eine faire Bewertung zu Teil wurde. Die hätte er jedoch verdient, denn Green Lantern ist eine grundsolide Comicverfilmung, die viele andere Vertreter ihres Genres locker in die Tasche steckt. Dass es natürlich auch viele bessere Genrefilme gibt steht fraglos auch außer Frage.

Hintergrund
Dass Medium Superheldencomic hat an Strahlkraft verloren. Nicht nur Hierzulande, sondern auch im Mutterland der Helden, in Amerika, gelten 100.000 verkaufte Exemplare eine Buches bereits als großer Erfolg. Im ewigen Konkurrenzkampf hat der altehrwürdige DC-Verlag (fame of Batman; Superman; Wonder Woman) gegenüber dem Marvel-Verlag (fame of X-Men; Spidey, Avengers) weit an Boden verloren. Ein ähnliches Bild findet sich im Filmbereich: Während Marvelverfilmungen wie Iron Man oder Spiderman regelmäßig ein Millionenpublikum ansprechen, muss man im Bereich der DC-Verfilmungen, abgesehen vom Batman-Franchise, schon lange suchen.

Quelle: the Source (http://dcu.blog.dccomics.com/)

Beim Blick auf die Verkaufszahlen seiner Comicbücher wird schnell klar, weshalb Warner Brothers seine Hoffnungen in eine Verfilmung von Green Lantern gesetzt hat. Der Titel hat sich in den letzten Jahren zum absoluten Topseller gemausert, knackt regelmäßig die magische 100.00er-Marke, verkauft im Schnitt fast doppelt so viele Hefte wie das vermeintliche Aushängeschild Superman. Was liegt da näher, als diesen Helden ins Kino einzuführen, jetzt  wo Christopher Nolans Batmansaga sich dem Ende zuneigt?

Dass dieses Unterfangen keineswegs ein leichtes wird, liegt dabei im Wesen des Stoffes begründet. Anders als Superman oder Batman verfügt Green Lantern über keine einheitliche, kohärente Geschichte. Das Franchise erlebte eine Vielzahl von Brüchen und Weiterentwicklungen, es entstand ein ungeheurer Rattenschwanz an intergalaktischen Verwicklungen. Und genau das ist es, was den Einstieg bei Green Lantern so erschwert. Man muss einen ungeheuren mytholgischen Ballast als gegeben hinnehmen. Wer dazu nicht bereit oder in der Lage ist, kann an den Abenteuern dieses Helden freilich keinen Spaß haben. Wer jedoch bereit ist, die Existenz der Wächter des Universums anzunehmen und auch mit deren interstellar operierender Polizeieinheit, dem Green Lantern Corps keine weitereichenden Probleme hat, dem eröffnet sich eine phantastische neue Welt, die mit der keines anderen Superhelden vergleichbar ist.

Story
Der Film erzählt schlicht die Origin, also die Entstehungsgeschichte des Titelhelden: Die angesehene Green Lantern Abin Sur wird im Kampf gegen seinen Erzfeind Parallax schwer verwundet und muss auf der Erde notlanden. Im Sterben liegend gibt Abin Sur die Waffe der Green Lantern, den grünen Ring, an den Testpiloten Hal Jordan (Ryan Reynolds) weiter. Dieser wird in der Folge von anderen erfahrenen Mitgliedern des Corps in die Funktionsweisen des Rings eingewiesen und auf seine kommenden Aufgaben vorbereitet. Eine erste Bewährungsprobe wartet auf ihn, als das Wesen Parallax die Erde angreift.


Quelle: the Source (http://dcu.blog.dccomics.com/)

Natürlich passt die Rahmenhandlung im Wesentlichen in die Schablone, die das Genre Superheldenfilm vorgibt. Und natürlich wir dem Zuschauer nebenbei auch Hal Jordans  Prvatleben näher gebracht, samt aller zwischenmenschlicher Probleme, Selbstzweifel und Unsicherheiten. Wenn man aber bedenkt, dass hier hier fünf Jahrzehnte Comicgeschichte verarbeitet wurden, muss man anerkennen dass dieses Experiment durchaus gelungen ist.
Es ist nun einmal die Aufgabe des Films, eine Figur einzuführen, deren Geschichte noch nicht in dem Maße zum Allgemeinwissen gehört, wie die Hintergrundgeschichten von Spidey oder Superman. Der Zuschauer dürfte nach diesem Film bereit sein, tiefer in die Geschichte des grünen Helden einzutauchen. Wohlweislich unter dem Vorbehalt, er hat sich auf das Gesehene und Gelernte eingelassenen.

Umsetzung

Als Hauptproblem des Films sehe ich ein etwas ungünstiges Timing: Nach einem kurzen, wenn auch actionreichen Beginn, nimmt der Streifen eher gemächlich Fahrt auf, hat insbesondere in dieser Phase einige Längen. Direkt Langeweile kommt zwar nicht auf, doch wünscht man sich hier streckenweise doch ein höheres Tempo. Zum Ende hin wird das Tempo dann deutlich erhöht was dazu führt, dass vor allem der Endkampf zwischen Jordan und Parallax irgendwie an Brisanz verliert, da er schlicht zu kurz ist. Gerade hier hätte ich mir etwas mehr erhofft.

Optisch kann der Film auf ganzer Linie überzeugen und gerade an dieser Stelle kann ich viele Kritiken nicht verstehen. Wer für Science Fiction etwas übrig hat, wird von Oa, den Heimatplaneten der Wächter begeistert sein. Neben dem allgemeinen Setdesign sehen auch die Aliens sehr gut aus. Wer in den letzten Jahren hin und wieder einen Blick in die Green Lantern Corps-Comicbücher geworfen hat, wird einige alte Bekannte wiederfinden, auch wenn diese natürlich nur als 'Statisten' am Rande rumstehen. Wirkliche Screentime bekommen nur die prominenten Corpsmitglieder Sinestro, Tomar-re und Kilowog. Hier zeigt die Tricktechnik eindrucksvoll was sie kann. Dass die Ausserirdischen dabei „unnatürlich“ aussehen, wie es vielfach kritisiert wurde, liegt dabei in der Natur der Sache. Hals Ringkreationen sehen ebenfalls fantastisch aus, hier hätte man den Autoren jedoch etwas mehr Kreativität gewünscht. Vielfach sind mir die Ideen da einfach zu konventionell, da hat im Laufe der Jahre im Comic mehr gesehen.
 
Was die schauspielerische Leistung angeht so kann man Reynolds getrost als Idealbesetzung bezeichnen. Dem sieht man die Spielfreude und den Spaß an der Figur in jeder Szene an. Ganz anders Blake Lively in der Rolle von Jordans Love-Interest Carol Ferris, die vollkommen austauschbar ist. Man kann nicht sagen, dass sie wirklich schlecht spielt, aber gut ist halt auch etwas anderes.

Quelle: the Source (http://dcu.blog.dccomics.com/)

Fazit
Nein, Green Lantern ist absolut kein Meisterwerk. Aber es ist grundsolide SciFi-Superheldenunterhaltung die sich vor Filmen wie X-Men Origins: Wolverine oder Fanatstic Four nicht verstecken braucht. Für die Tiefe, die die Comicvorlage zweifellos bereits hält, können dann die Fortsetzungen sorgen. Der Anfang ist gemacht.

Achtung, dieser Beitrag enthält Spoiler!

Es ist ein Jammer: Da hat Sidney Prescott (Neve Campell) ihre blutgetränkte Vergangenheit endlich hinter sich gelassen und ist erfolgreich mit einem Selbsthilferatgeber („Zurück ins Licht“),  da muss sie zu einem Promotiontermin nach Woodsboro. Ausgerechnet dahin also, wo die ganze Misere los ging. Rein zufällig steht auch gerade der Jahrestag der Morde an, deren Zeugen wir im ersten Teil von Wes Cravens Filmreihe wurden und so wird schnell deutlich: Sidneys Sterne stehen mal wieder eher schlecht.  Unterdessen leidet die ehemalige Katastrophenreporterin Gale  Weathers (Courtney Cox) unter einer Schreibblockade, weshalb es ihr gerade recht kommt, dass ein neuer Ghostface-Killer seiner Profession nachgeht. Mit von der Partie ist natürlich auch wieder Dewey, der sympathisch-unbeholfene MoBro aus den letzten drei Episoden, dem es inzwischen sogar gelungen ist, Sheriff zu werden. Zum weiteren Fortgang der Geschichte muss kaum noch etwas gesagt werden: Die Kids des Ortes werden der Reihe nach abgemurkst und wer am Ende übrig bleibt, bekommt ernste Probleme das plausibel zu erklären, ohne sich dabei verdächtig zu machen. So weit also nichts Neues.

Großartige Neuigkeiten braucht der Film jedoch auch nicht um zu funktionieren. Craven und Drehbuchautor Kevin Williamson kochen einfach wieder nach den Rezepten des ersten Scream, verpassen diesen lediglich ein zeitgenössisches Aroma und machen damit alles richtig. War es damals schön, einen Horrorfilm zu sehen, der mit einem Augenzwinkern das eigene Genre zum Thema macht, ist es heute geradezu spannend, zu betrachten wie die neueren Entwicklungen der Horrorszene von zwei Altmeistern des Faches durch den Reißwolf gezogen werden. So werden die Opening-Killings hier wunderbar in eine Film-im-Film-im-Film-Sequenz verpackt, bei der in wenigen Minuten sowohl die Torture-Porn-Welle der letzten Jahre, als auch Endlosfortsetzungen (Stap 7, damit das eigene Franchise) durch den Kakao gezogen werden. So werden den Figuren des ersten Teils hier durchweg jüngere Nachfolger zur Seite gestellt und damit der Eindruck erweckt, die alten Darsteller sind lediglich für längere Cameoauftritte dabei. Spätestens als diese jungen Helden dann aber nacheinander das Zeitliche segnen wird klar: Das hier ist kein Reboot.

Craven und Williamson erweisen dem Zeitgeist hier durchaus ihre Referenz, indem der Bodycount  zumindest gefühlt deutlich höher liegt, als in den Vorgängern.  Dennoch liegt die Stärke des Films unbestritten auf der Metaebene. Scream 4 macht vieles richtig und trifft meines Erachtens nach durchaus einen Nerv. Einen Fehler sollten die Macher der Reihe jedoch nicht machen: noch weitere Fortsetzungen. Der mangelnde Erfolg an den amerikanischen Kinokassen, könnte dem Franchise also dahingehend durchaus zugute kommen, es nicht zum Abziehbild seiner eigenen Kritik zu machen. Scream 4 dürfte insbesondere den Freunden des ersten Teils gefallen (da würde ich dem Beitrag von DrMZxx), dagegen bei den Anhängern von 'modernen' Filmen, bei den der Härtegrad über allem steht, eher ein Stirnrunzeln hervorrufen.
Was wurde über diesen Film nicht alles geschrieben. Ganze 18 Minuten fehlen, das Ganze sieht aus wie ein Computerspiel, es gibt keine Story, keine Substanz, der Film lebt einzig von Action und leicht bekleideten Mädchen. Dieser Beitrag soll eine Lanze für den Film brechen. Achtung, SPOILER!

Eines vorweg: Ich halte Zack Snyders neuen Film für einen ganz großen Wurf, dessen  Komplexität von der übergroßen Mehrheit seiner bisherigen Kritikern nicht erkannt wurde. Das sagt jedoch mehr über die Kritiker aus, als über den Film. Wie jeder gute Film funktioniert auch Sucker Punch auf mehreren Ebenen. Natürlich kann man den als Film reines Fantasy-Action-Spektakel sehen. Man kann sich aber auch den gesellschaftspolitischen Aussagen des Films und seinen popkulurellen Anspielungen öffnen. Im Folgenden möchte ich die Handlungsstränge skizzieren und in ihrer Symbolik interpretieren. Dabei wird deutlich werden, dass Snyder ein durchaus ambitioniertes Projekt vorgelegt hat und es ihm, entgegen der herrschenden Kritikermeinung, durchaus gelungen ist, Fantasy- und reale Ebene zu verknüpfen und daraus eine starke Gesellschaftskritik zu formulieren.

I. reale Ebene – Ausgangslage

Die vordergründige, auf der realen Ebene angesiedelte Geschichte lässt sich tatsächlich schnell zusammenfassen. Babydoll lebt nach dem Tod ihrer Mutter allein mit ihrer kleinen Schwester mit ihrem gewalttätigen, pädophilen Stiefvater zusammen. Als dieser sich an der kleinen Schwester vergehen will, schießt Babydoll auf ihn, trifft jedoch versehentlich ihre Schwester. Der Stiefvater nutzt diesen Vorfall um sie in eine Nervenheilanstalt einzuliefern, sie dort durch eine Lobotomie zum Schweigen zu bringen und deshalb an das Erbe der Mutter zu kommen. In der Anstalt, in der Missbrauch sichtlich an der Tagesordnung ist, herrscht der korrupte Pfleger Blue, der die Unterschrift der Chefärztin fälscht und im Auftrag des Stiefvaters binnen fünf Tagen die 'Behandlung' Babydoll veranlasst. Die Chefärztin Vera Gortzki arbeitet mit einer Methode, nach der die Patientinnen durch Tanz und Schauspiel ihre Traumata aufarbeiten sollen. Diese Methode öffnet Babydoll die erste Phantasiebene.

II. Phantasieebene
In dieser Phantasiewelt verwandelt sich die Anstalt in einen obskuren Nachtklub, die Patientinnen werden zu Burlesquetänzerinnen, die Ärztin zur Tanzlehrerin und der korrupte Pfleger zum Klubbesitzer. Hier findet die erste Stufe der Entfremdung der Frauen von ihrer patriachalen Umwelt statt: Während die Mädchen ihren Peinigern in der Anstalt wehrlos ausgeliefert waren, nehmen sie hier trotz der Beibehaltung ihrer sexuellen 'Funktion' eine eigene Machtposition ein. Sie sind jetzt für die Stimulation, nicht die Befriedigung zuständig. Als Tänzerinnen werden sie aktiv in der Ausgestaltung ihrer Shows und entfernen sich dabei sichtlich von ihrer reinen Opferrolle. Für Babydoll öffnen sich in den Tänzen neue Welten in denen sie sich gänzlich von der männlichen Dominanz frei macht.

III. Erster Tanz

In ihrem ersten Tanz findet sich Babydoll im antiken China wider. Ein Mentor erklärt ihr, dass sie sich wehren muss um aus der Gefangenschaft auszubrechen. Um dieses Ziel zu erreichen muss sie vier Gegenstände finden, die ihr auf ihrem Weg helfen werden. Anschließend muss sie sich, gewissermaßen als Bewährungsprobe, dreier überlebensgroßer Terrakottakrieger erwehren. Natürlich kann man diese Szene in ihrer gesamten Actionlastigkeit für sich stehen lassen. Tatsächlich bekommen wir hier auch einen ersten tolle Kampf zu sehen, einer der Krieger ist gar mit einem Maschinengewehr bewaffnet.
Spannend ist darüber hinaus aber zu betrachten, weshalb Snyder hier drei Terrakottakrieger aufstellt und keine x-beliebigen Riesen. Die Terrakottaarmee wurde vom ersten chinesischen Kaiser Shihuangdi aufgestellt um sein Mausoleum zu bewachen und so seine Herrschaft über seinen Tod hinaus sicherstellen sollte, anders gesagt das Patriarchat zu verweigen. Shihuangdi selbst zeichnete sich durch seine selbst für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Gewaltherrschaft aus. Zur Erreichung seiner Ziele schreckte er nicht mal davor zurück, seine eigene Mutter zu töten. Parallelen zur Geschichte Babydolls rein zufällig? - Sicher nicht.

IV. Zweiter Tanz
In ihrem zweiten Tanz findet sich Babydoll, fortan unterstützt durch vier andere Mädchen aus der Anstalt, im ersten Weltkrieg wider. Erneut eine hervorragende Actionszene, darüber hinaus aber auch der Auftakt zu einem Parforceritt durch die popkulturelle Geschichte des 20. Jahrhunderts: Wenn der Mentor hier erklärt, die deutschen Soldaten seien eigentlich längst tot, lediglich Zombies, dann erleben wir hier nichts weniger als ein Update von Bert BrechtsLegende vom toten Soldaten“ (1919). In dieser wurde kritisiert, wie selbst schwerst verwundete Soldaten für kriegsverwendungsfähig erklärt und in frische Uniformen gekleidet zurück an die Front geschickt wurden. Im Film geht die totale Mobilmachung noch einen Schritt weiter. Dass hier fünf junge Mädchen die Schlacht entscheiden stellt die Männerwelt des Krieges vollkommen auf den Kopf.

V. Dritter Tanz
Im Dritten Tanz steckt Snyder dem alten Tolkien (HdR: 1935 – 50er Jahre) die Zunge raus in dem er die Schlacht um Helms Klamm mit umgekehrten Vorzeichen inszeniert. Diesmal sind Menschen die Belagerer, Orks die belagerten. Die Mädchen dringen in die Festung ein, erschlagen einen Drachen und stehlen das begehrte Artefakt. Wie viele Frauen haben bei Tolkien an der Schlacht um Helms Klamm teilgenommen? - Richtig, keine. Wieder brechen die Mädchen in eine Männerwelt ein und stellen diese auf den Kopf.

VI. Vierter Tanz

Im Vierten Tanz erleben wir die Mädchen in einer SciFi-Welt. Im Hintergrund ist die Silhouette einer Metropole zu erkennen, die sicher nicht zufällig an das LA aus einem großen Klassiker der Filmgeschichte (1982) erinnert. Das von den Mädchen gesuchte Artefakt ist hier ein Messer. Die Luft wird jedoch immer dünner, der Fluchtplan droht zu Scheitern als eines der Mädchen stirbt, die anderen bewegen sich zunehmend auf des Messers Schneide (engl: Blade Runner!). Achja, wieder toller Kampf und das Eindringen in eine Männerwelt.

VII. Phantasiebene
Durch den Tod mehrerer Mitstreiterinnen werden die verbliebenen Mädchen endgültig zurück auf die mittlere Ebene gerissen. Babydoll hat jedoch eine Entwicklung durchgemacht und sie traut sich nun, Blue direkt entgegen zu treten und ihn anzugreifen. Sie entreißt ihm schließlich den Schlüssel zur Freiheit und verhilft ihrer letzten Freundin zur Flucht aus der Anstalt. Dass mit dem Schlüssel das vierte Artefakt bereits eine Ebene tiefer erlangt wird, zeigt dass die Bewußtseinswerdung der Mädchen bereits deutlich vorangschritten ist.

VIII. reale Ebene – Konsequenzen

Und diese Flucht findet dann tatsächlich auf der realen Ebene statt. Babydoll opfert sich selbst, ist in ihrem Selbstbewußtsein inzwischen jedoch so gestärkt, dass sie einem Wächter vollkommen  unbewaffnet gegenüber tritt. Statt Schwertern oder Gewehren tut es jetzt auch ein kräftiger Tritt in die Familienjuwelen...
Am Ende gibt es dennoch kein Happy End. Babydoll bleibt in der Anstalt und wird letztlich tatsächlich durch die Lobotomie ihres Willens beraubt. Ihrer Gefährtin gelingt jedoch die Flucht. Ein letztes mal tritt der Mentor auf, es kommt zu einer letzten Rollenverkehrung: Der Mentor verhilft dem Mädchen zu Flucht. Was Snyder uns damit sagt, ist dass wir zurück in der Realität sind und in der herrscht nachwievor das Patriarchat.


Sucker Punch ist nichts geringeres als eine Dekonstruktion der patriarchal-determinierten Popkultur des 20. Jahrhunderts. Gleichzeit ist es die Konstruktion einer gendermainstreamigen Popkultur des21. Jahrhunderts. Sucker Punch ist ein ganz Großer Wurf!

Snyder hat seinen Film mit Zitaten und Anspielungen absolut vollgestopft. Ich habe mich hier lediglich auf die großen Strukturen bezogen, im Kleinen findet sich genug Material um noch fünf Blogbeiträge von diesem Umfang zu verfassen. Dasselbe gilt für die grandiose Musik, die die Handlung phantatstisch trägt und es sicher verdient hat, gesondert besprochen zu werden. Dafür muss ich aber zuerst die BD sehen. Auf die freue ich mich jetzt schon!

8th Wonderland

28. März 2011
Dieses Gedankenspiel gab es sicher schon an jedem politischen Stammtisch, zumindest solchen mit weltverbesserischen Anliegen: Infizieren wir nahe Angehörige von Staatenlenkern und Konzernchefs mit den schrecklichsten Krankheiten der Welt. Sicher wäre schon in Kürze ein Heilmittel gegen diese Geißeln der Menschheit gefunden. Während es an den Stammtischen bei der Idee bleibt, wurde diese (neben anderen) in dem französischen Film 8th Wonderland tatsächlich umgesetzt.

Studenten der Sozialwissenschaften oder des Öffentlichen Rechts lernen bereits im ersten Semester die Drei-Elemente-Lehre Georg Jellineks. Demnach besteht ein Staat aus Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt. Ist diese Theorie heute wirklich noch aktuell? - Der Film 8th Wonderland (F, 2008) spielt mit der Vision eines virtuellen, nur im Internet existenten Staat, der rasch an macht und Einfluss gewinnt und zunehmend die Machtakteure der wirklichen Welt herausfordert.

Das virtuelle Wunderland verschreibt sich einer besseren Welt. Es ist streng basisdemokratisch orientiert. Es ist 'colourblind', d.h in ihm spielen Ethnien oder Rassen keine Rolle, seine Bürger stammen von überall auf der Welt. Wöchentlich wird über praktische Aktionen abgestimmt. Diese reagieren auf weltpolitische Ereignisse und sehen sich (natürlich) normativ stets auf der richtigen Seite. So werden dann im Vatikan Kondomautomaten aufgestellt oder Fußballprofis entführt um sie in chinesischen Sweatshops zum nähen von Sportschuhen zu zwingen. Durch diese Aktionen zieht das Wunderland immer mehr Aufmerksamkeit auf sich und provoziert Widerstände. Im Inneren nimmt die Radikalität erheblich zu. „Sollen wir den Präsidenten erschießen? Voten Sie jetzt mit JA oder NEIN!“ - Eine knappe Mehrheit ist dafür, kurz darauf ist der spanische Präsident tot.

Nicolas Alberny
und Jean Mach erzählen in 8th Wonderland die alte Geschichte der Transformation des Idealisten zum Terroristen. Doch sie stellen dabei wichtige Fragen. Fragen nach der Bedeutung alter Machtstrukturen, Fragen nach der Schnittstelle von virtueller und realer Welt, Fragen nach dem Preis, den wir für die Erschaffung einer besseren Welt zu zahlen bereit sind. Die Filmemacher überheben sich hier stellenweise an ihrem ausgesprochen schweren Thema. Dennoch haben sie einen äußerst sehenswerten Film gemacht. Einen Film in den Zeiten der Wikileaks-Affäre bedrückend aktuell erscheint.

8th Wonderland ist heute auf DVD erschienen. Eine Auswertung BD scheint derzeit leider nicht geplant.

Trailer:

Der historische Film hat es nicht leicht. Auf der einen Seite muss er den Kinobesuchern einen unterhaltsamen Abend ermöglichen, auf der anderen Seite sieht er sich der ständigen Gefahr ausgesetzt, von spitzfindigen Historikern filetiert zu werden. Die Krux: Ist es überhaupt möglich, einen Publikumsfilm zu drehen, ohne dabei seine historische Vorlage unterkomplex darzustellen?

 

Eines vorweg: The King's Speech ist kein politischer Film. Und er will es auch gar nicht sein. Dennoch entstammen seine Protagonisten der politischen Sphäre und so ist es kaum verwunderlich, dass sich der Film auch einer historischen Überprüfung standhalten muss. So war es im Vorfeld der diesjährigen Oscar-Verleihung der amerikanische Publizist und Historiker Christopher Hitchens, der sich im Kulturmagazin Slate kritisch über den Umgang mit den historischen Vorbildern auseinandersetzte und damit für Aufsehen sorgte. Seine Kritik: Tom Hoopers preisgekrönter Film strotzt nur so vor Geschichtsfälschungen.

 

Im Zentrum der Kritik steht die Darstellung von Edward VIII. (Guy Pearce), dem Amtsvorgänger des Protagonisten Georg VI. (Colin Firth). Dieser wird im Film als politisch-schwierig dargestellt, weil er mit einer bürgerlichen und zudem geschiedenen Amerikanerin, Wallis Simpson (Eve Best) liiert ist. So weit, so richtig, doch war Edward noch aus anderem Grund politisch untragbar: Er hegte eine eigenartige Faszination für den Nationalsozialismus. Diese reichte gar so weit, dass Edward noch ein Anhänger einer ruhigen Gangart gegenüber Nazi-Deutschlands war, als dieses längst Polen angegriffen hatte. Im Film wird diese Haltung allenfalls leicht angedeutet, dass England einen mit Hitler sympathisierenden König hatte, passt laut Hitchens schließlich nicht in das Programm des Films, das die Geschichte der englischen Krone in einem besseren Lichte erscheinen lassen will und sie deshalb in den Reihen der antifaschistischen Front stellt. So wolle man im Vorfeld der in diesem Jahr anstehenden Hochzeit im Königshaus, von der damals folgenreichen Appeasement-Politik der Krone ablenken und nachträglich einen Mythos erschaffen.

 

In eine ähnliche Kerbe schlägt Isaac Chotiner im Politikmagazin The New Republic. Dieser kritisiert die Darstellung von Winston Churchill (Timothy Spall), im Film ein Unterstützer des späteren George VI.. Für Historiker dürfte dies eine „echte Neuigkeit“ sein schreibt Chotiner, denn tatsächlich war Churchill ein treuer Anhänger von Edwards.

 

Es stellt sich die Frage, weshalb der Film diese historischen Tatsachen übergeht. Will er seine Zuschauer nicht mit den politischen Verstrickungen der Zeit belasten? Will er, wie Hitchens vermutet, ein gutes Klima für das englische Königshaus schaffen? Oder hat vielleicht Chotiner recht, der vermutet man wolle schlicht die Zustimmung der Windsor-Fans und Anglophilen (und damit deren Besuch im Kino)? Meines Erachtens nach sind diese Überlegungen etwas weit hergeholt. Etwas mehr Genauigkeit im Umgang mit historischen Fakten wäre aber wünschenswert. Leider hält die Filmgeschichte schon mehr als genug Beispiele bereit, bei denen die vernachlässigt wurde.

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Über kaum einen Film wird derzeit so viel geredet, wie über Darren Aronofskys Psychothriller „Black Swan“. Daran, dass der Oskar für die weibliche Hauptrolle in diesem Jahr an Natalie Portman gehen muss, kann kaum jemand zweifeln, der diesen Film gesehen hat. Das Drehbuch macht dabei Anleihen einen Roman aus den 80er Jahren – ein Vergleich.


Über die Handlung von „Black Swan“ muss kaum noch ein Wort verloren werden: Die talentierte Ballerina Nina Sayers erhält unerwartet, wenn auch erhofft, ihre erste große Hauptrolle und droht an dieser sowohl physisch, als auch psychisch zu zerbrechen.


In der Charakterzeichnung macht Aronofsky deutliche Anleihen an Elfriede Jelineks Romanfigur der „Klavierspielerin“ (1983; verfilmt durch Michael Haneke 2001): Beide Protagonistinnen widmen ihr Leben voll und ganz der Kunst, sehen sich dabei jedoch auf unterschiedliche Art und Weise mit der Option des Scheiterns konfrontiert. Während die Zeit für Ballerina Nina langsam knapp zu werden scheint, endlich eine Hauptrolle zu tanzen, ist die etwa zehn Jahre ältere Klavierspielerin Erika bereits gescheitert, ist keine berühmte Musikerin geworden, muss statt dessen am Wiener Konservatorium unterrichten. Beide Frauen werden als ausgesprochen frigide dargestellt. Ein Leben außerhalb der Kunst scheint für sie bisher nicht existiert zu haben. Gerade die Konfrontation mit dem hereinbrechenden Leben in den bisher geordneten Alltag führt nun zu Eskalation. Erika beginnt eine Affäre mit ihrem wesentlich jüngeren Schüler Klemmer, Nina lässt sich durch ihre Kollegin und Kontrahentin Lily aus der Umklammerung durch ihre Mutter heraus reissen.


Interessant sind die Disziplinierungsinstanzen, die die Protagonistinnen zu dem machen, was sie sind. Da wäre in beiden Geschichten zunächst die Figur der Mutter, die ihre Tochter unter Druck setzt, die Karriere zu machen, die ihnen selbst vorenthalten blieb. Im Falle der Ballerina wird die Tochter gar für das Scheitern ihrer Mutter verantwortlich gemacht. Zum zweiten ist da das selbstverleugnende Wesen der Frauen selbst. Um ihr Ziel zu erreichen, werden Grenzen ausgelotet die schließlich gar zu patholgischen Störungen führen. Nina wird so immer häufiger von Halluzinationen geplagt, Erika flüchtet sich in Voyeurismus und unerfüllbare sexuelle Phantasien.


Der dritten Disziplinierungsinstanz schließlich bedient sich nur Aronofsky und übt damit nicht gerade leise Kritik an der neoliberalen Leistungsgesellschaft unserer Tage: Es ist die der Konkurrenz im Nacken. Wenn kleinste Schwächen dazu führen, dass die eigene Position von anderen ausgefüllt werden, wird Perfektion zum Maßstab. Nina erlebt diesen Prozess im Zeitraffer: Zu Beginn sieht sie sich in der Postion, die gealterte Ballerina Beth zu ersetzen, am Ende droht Lily sie selbst zu verdrängen. Es ist wohl diese extreme Form der Beschleunigung, die Aronofskys Film diese Drastik verleiht.

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