gerade gesehen: Le Havre.

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24. September 2011
Die Zutaten eines Films von Aki Kaurismäki sind im Prinzip immer die selben: Melancholische Figuren, lange Blicke, Tristesse, Wenig Sprache, dafür ganz viel Ausdruck und irgendwie immer wieder das Alte Thema: Gut gegen Böse. In seinem aktuellen Film macht der Großmeister des europäischen Autorenkinos jedoch etwas anders.


Quelle: http://lehavre.pandorafilm.de


Es sind wohl die Kollateralschäden der Globalisierung: Die Menschenmassen von Flüchtlingen die sich ihren Weg nach Europa, in der Hoffnung auf ein besseres Leben bahnen, dabei aber zu Hunderten im Mittelmeer ertrinken und in südeuropäischen Flüchtlingslagern enden. In den Nachrichtensendungen und Zeitungen sind diese Schicksale lediglich Zahlen ohne Namen oder gar Biographien. Es ist Aki Kaurismäki hoch anzurechnen, diesen Menschen ein Gesicht gegeben zu haben.

Durch einen Softwarefehler landet ein Container, der eigentlich für London bestimmt war, im Hafen des französischen Le Havre. Die Tragik besteht besteht in seiner Fracht: Im Inneren des Containers findet sich eine Gruppe von Flüchtlingen aus Schwarzafrika. Der Kleine Junge Idrissa (Blondin Miguel) ergreift die Flucht, wird von den umstehenden Polizeibeamten nicht daran behindert. Er findet Zuflucht bei dem Schuhputzer und gescheiterten Schriftsteller Marcel Marx (Andre Wilms), der ihm schließlich mit Hilfe der Menschen in seiner Nachbarschaft hilft, nach London überzusetzen wo Idrissas Mutter lebt. Im zweiten Handlungsstrang des Films sehen wir, wie Marcels Frau Arletty (Kati Outinen) vermeintlich unheilbar an Krebs erkrankt, dies jedoch vor ihrem Mann geheim hält.


Quelle: http://lehavre.pandorafilm.de


Es ist vor allem diese zweite Handlungsebene, auf der man daran erinnert wird, dass man nach wie vor eine Kaurismäki-Film sieht. Gerade diese verdeutlicht aber auch, dass der Autorenfilmer hier etwas anders macht als in seinen anderen Filmen, nämlich ein Märchen erzählt, an dessen Ende nur ein Happy End stehen kann. Natürlich wird Arletty schließlich geheilt und natürlich schafft es auch Idrissa nach London. Der oft grausame Realismus, der für Kaurismäkis Filme sonst kennzeichnend ist, findet sich lediglich in der kargen Ausstattung der Szenerie, ansonsten beherrscht Optimismus die Handlung. Von einem einzelnen, verloren wirkenden Denunzianten abgesehen, findet sich keine wirklich bösartige Figur im ganzen Film. Der Feind hält sich in fast kafkaesker Manier diffus im Hintergrund, ohne dabei jedoch seine Bedrohlichkeit einzubüßen. Der Zusammenhalt und die Solidarität der Menschen werden aber so stark in den Mittelpunkt gerückt, dass oberflächlich aber nichts anderes als ein gutes Gefühl im Zuschauer entstehen kann.

Es ist die überraschende Heilung von Arletty, die das Happy End überzeichnet, mit der Kaurismäki sagt: Passt auf, das hier ist ein Märchen und die Realität sieht anders aus. Leider!
„Le Havre“ ist ein politisches Statement, eine Nahaufnahme von der Heimatfront der Globalisierung, eines großen Filmemachers. Und ein verdammt wichtiger Film, der jedoch, so ehrlich muss man sein, hinter Meisterwerken  wie „Lichter der Vorstadt“ zurück bleibt.
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