Her
Story 9
Bild 9
Ton 8
Extras 5
Geamt 7
Regisseur Spike Jonze ist bekannt für eigenwillige Filme wie Being
John Malkovich, Adaption oder Wo die Wilden Kerle Wohnen. In diese
Riege reiht sich auch sein neuestes, oscarprämiertes Werk Her mit
Joaquin Phoenix ein. Warner Bros. hat uns für das Review die
deutsche Blu-ray zur Verfügung gestellt, so dass wir uns
hemmungslos in die ungewöhnliche Liebesgeschichte fallen lassen
können.
Story
Theodore Twombly (J. Phoenix) steht kurz vor der Scheidung von
seiner Frau Catherine (R. Mara). Völlig im Gegensatz zu seinem
eigenen, frustrierenden Liebesleben verfasst er für eine Firma
romantische Liebesbriefe im Namen anderer. Doch auch für Theodore
erscheint ein Lichtblick, als er sich auf seinen Computer ein
neuartiges Betriebssystem namens Samantha (S. Johansson) aufspielt.
Die künstliche Intelligenz versteht Theodore besser als jeder
andere und eine ungewöhnliche Beziehung entsteht.
Her ist in erster Linie ein Liebesfilm. So sind die Sci-Fi-Elemente
um die künstliche Intelligenz Samantha sehr dezent und gar nicht so
realitätsfremd, wenn man an Sprachsteuerungen wie Apples Siri in
Kombination mit Supercomputern wie IBMs Watson denkt. Nicht umsonst
hat Warner Bros. jedoch den Untertitel „A Spike Jonze Love Story“
hinzugefügt. Jonze nutzt seinen individuellen, schrägen Stil und
verleiht Her damit eine unverwechselbare Note. Die Interaktionen
zwischen Theodore und dem Betriebssystem wirken anfangs noch
schräg. Sowohl auf Theodore selbst, als auch den Zuschauer. Doch
die Vertrautheit zwischen den beiden, frei von Geheimnissen oder
Ängsten (zumindest anfangs), zieht einen schnell in seinen Bann. Zu
nachvollziehbar ist, warum sich Theodore zu dem charmanten OS
hingezogen fühlt. Es verurteilt ihn nicht, hört ihm zu, ist
humorvoll und versteht ihn schlichtweg. Da ist kein Körper
notwendig, um rasch eine intime Atmosphäre zu erzeugen. Allerdings
liegt in dieser Intimität auch der Schwachpunkt von Her. Jonze
zieht die Liebesgeschichte auch auf eine sexuelle Ebene und eine
pikante Szene kratzt an der Grenze zur Albernheit. Andererseits
zeigt Jonze dadurch wiederum, dass die Beziehung zwischen Theodore
und Samantha keineswegs rein unschuldiger, geistiger Natur ist. Es
handelt sich eben um eine Liebesaffäre, die sich in körperlichen
Begehrlichkeiten niederschlägt. Jonze überlässt es dabei dem
Zuschauer zu urteilen, ob Theodore dadurch zu einem Fetisch-Freak
oder zu einem romantischen Träumer wird, der sich für Liebe in
ungewöhnlichen Formen öffnet.
Auch wenn sich der Film stark auf Joaquin Phoenix sowie (im
Originalton) Scarlett Johanssons Stimme konzentriert, sind die
Nebenrollen prominent besetzt. Amy Adams (Man of Steel) agiert als
Theodores beste Freundin – eine nerdige Spieleentwicklerin. Rooney
Mara (Verblendung) mimt Theodores Exfrau, während Olivia Wilde (Dr.
House) einen kurzen Auftritt als gescheitertes Date erhält. Selbst
Chris Pratt (Guardians of the Galaxy) bleibt mit seinem kurzen
Auftritt als romantisch veranlagter Rezeptionist im Gedächtnis.
Selbiges gilt im Übrigen auch für den visuell verträumten Stil,
der, gekoppelt mit dem Soundtrack der kanadischen Band Arcade Fire,
die melancholische Grundstimmung über die gesamte Spieldauer
intensiviert. Bleibt zu sagen, dass Her ein typischer Jonze-Film
ist, zugleich aber persönlicher wirkt als all seine bisherigen
Werke. Wer ein Herz für ungewöhnliche Liebesgeschichten hat, sollte
hier unbedingt einen Blick riskieren.
Bildqualität
Jonze hat für Her ganz bewusst einen recht entsättigten Look mit
gemäßigten Kontrasten gewählt. Das passt zu vielen Bildern, die
Joaquin Phoenix in langsamen Nahaufnahmen vor von Sonnenlicht
überfluteten Fenstergalerien zeigen. In jenen Close-Ups erkennt man
jede Pore in der Haut des Schauspielers und die verzwirbelten Haare
in dessen 1970er-Schnurrbart. Generell ist die Durchzeichnung
hervorragend und der Detailgrad sowohl in den zahlreichen
Innenaufnahmen in Theodores Wohnung, als auch auf den Straßen
enorm. So sind es lediglich die bewusst gewählten Stilmittel,
welche dem Bild ein wenig die Plastizität rauben und für eine
beabsichtigt nüchterne Optik sorgen. Im Kontext des Films
funktioniert dies hervorragend, so dass Her visuell auf ganzer
Linie überzeugt.
Tonqualität
Auch bei der akustischen Untermalung bevorzugt Jonze für Her einen
ganz besonderen Stil. So werden viele Szenen allein von der
Musikuntermalung durch die Band Arcade Fire getragen. Das Gros des
Films stellt Umgebungsgeräusche deswegen sehr in den Hintergrund,
was die innere Einsamkeit Theodores genau so betont wie die
Melancholie seiner fast schon sterilen Wohnung. Auch die Dialoge
sind durch die zurückgenommenen Umgebungsgeräusche noch präsenter,
was speziell auf die deutsche Tonspur zutrifft. Hier werden die
Synchronsprecher fast etwas zu stark in den Vordergrund gerückt.
Der englische Originalton hat das Verhältnis in der Abmischung
etwas besser im Griff. Trotzdem trägt auch die deutsche Spur alles
Nötige zur elegischen Atmosphäre des Films bei.
Ausstattung
Hinter der kuriosen Bezeichnung „Das titellose Rick Howard Projekt“
verbergen sich 24 Minuten Einblicke hinter die Kulissen von Her. Im
Gegensatz zu traditionellen Making-Ofs handelt es sich aber eher um
unkommentierte, fast schon künstlerische Fragmente aus der
Produktion. „Liebe im modernen Zeitalter“ ist in seinen 15 Minuten
Spielzeit gar nicht so speziell auf den Film bezogen, sondern
stellt durch Interviews mit verschiedenen Autoren einen Bezug zu
Liebe im modernen IT-Zeitalter her. Schließlich folgt „Wie teilt
man sein Leben mit jemandem“, ein vierminütiger Beitrag mit
Ausschnitten aus dem Film, die sich auf die romantische,
titelgebende Frage beziehen. Alle Extras liegen in HD vor.
Fazit
Technisch hat Warner bei Her alles richtig gemacht. Die
Bildqualität wird dem verträumt-melancholischen Werk absolut
gerecht und erinnert teilweise an die lichtdurchfluteten Werbespots
des IT-Unternehmens Apple. Auch der Ton geht eigenwillig vor, denn
oft gewähren Jonze und sein Team dem Soundtrack die komplette
Bühne, um alleine für Stimmung zu sorgen. Das Extramaterial dürfte
dagegen etwas umfangreicher sein, ist dafür aber sehr kunstvoll und
passend zum schrägen Charakter des Films zusammengestellt. Zu Recht
hat Her einen Oscar für das beste Original-Drehbuch erhalten. Die
ungewöhnliche Liebesgeschichte mit dezenten Sci-Fi-Elementen ist in
Zeiten von Smartwatches, Sprachsteuerungen und Supercomputern näher
an der Realität, als mancher vielleicht annimmt. Genau so
einfühlsam wie die besten Liebesfilme erzählt Her eine
melancholische Geschichte vom Erwachen eines einsamen Mannes, der
sich in einen ganz besonderen Partner verliebt. Lediglich die
sexuellen Elemente bewegen sich ziemlich nahe an der Grenze zur
Albernheit und sind als Schwäche des Streifens einzuordnen.
Ansonsten ist Her nicht nur für IT-Nerds und Romantiker ein echter
Geheimtipp. (anw)
Kaufempfehlung
8 von 10
Die Kaufempfehlung der Her Blu-ray wird anhand der technischen
Bewertung und unter Berücksichtigung der Story berechnet.
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