"Carlos" liegt bei dieser Veröffentlichung in zwei Fassungen vor: Einer etwa 140-minütigen Kinofassung und einem kompletten (TV-)Dreiteiler mit einer Gesamtlaufzeit von rund 5 1/2 Stunden.
Ich habe mich für die vollständige Fassung entschieden und werde diese hier bewerten, wobei die technischen Aspekte bei beiden Versionen identisch sind.
Erzählt wird die Geschichte von lich Ramírez Sánchez, der unter dem Namen Carlos zu einem der gefürchtetsten Terroristen Europas wird. Der Film umspannt dabei den Zeitraum von 1973 (sein Beitritt zur PFLP) bis zu seiner Verhaftung im Jahr 1994. Dabei beschränken sich die ersten beiden Teile ausschließlich auf die 70er-Jahre, während der dritte Teil schneller voranschreitet und den übrigen Zeitraum abdeckt.
Dadurch wirken die ersten beiden Teile häufig zu gemächlich und verstricken sich in Nebenhandlungen, während es andererseits in der Haupthandlung zu seltsamen Sprüngen kommt. Im finalen Teil schließlich wird die Handlung gerafft wiedergegeben und wirkt so deutlich dynamischer, auch ohne dass man den Eindruck hat, viel zu verpassen.
Insgesamt fällt negativ auf, dass der Film es nicht so recht schafft, einem die Motive Carlos' zu vermitteln. Offensichtlich macht er es nicht des Geldes wegen, der Grund scheint in seiner kommunistisch geprägten Erziehung zu liegen - eine Tatsache, die der Film jedoch nicht aufdeckt.
Außerdem sollte man meinen, dass ein dermaßen gesuchter Mann ständig unter Druck und auf der Flucht ist - die meiste Zeit ist dem aber nicht so (dabei helfen ihm seine zahlreichen Kontakte in die kommunistische und arabische Welt). So kann man "Carlos" auch kaum mit dem "Baader Meinhof Komplex" vergleichen, da Carlos sich eher in ruhigen Fahrwassern aufhält. Erst im letzten Teil spitzt sich die Handlung - wie bereits erwähnt - zu.
Es wäre vielleicht interessant, doch noch die komprimierte Kinofassung zu sehen und sie mit der Komplettfassung zu vergleichen.
Absolut positiv zu erwähnen sind dagegen die Darsteller, insbesondere aber nicht ausschließlich Hauptdarsteller Edgar Ramirez, der es hervorragend versteht, die Veränderung einer Person über 2 Dekaden zu portraitieren.
Fazit: Ein im Grunde interessanter Film, der mit etwas Straffung und dennoch mehr Hintergrundinformationen jedoch noch besser ausgefallen wäre.
Bild:
Ordentliche Schärfe, aber nicht auf Topniveau und leider auch nicht durchgängig. Gerade dunklere Szenen leiden etwas. Bei besagten Szenen mangelt es zudem an Durchzeichnung und häufig tendiert die Farbe eher ins Braune denn ins Schwarze. Gelegentliche Nachzieher kommen dann auch noch dazu. Analoge Defekte gibt es immhin keine. 3.5 Punkte
Ton:
Die Tonspur ist offiziell als "Französisch" angegeben. Tatsächlich stimmt das so nicht. Der Film besteht aus einem bunten Sprachmischmasch, die verwendeten Sprachen sind (in absteigender Wichtigkeit) Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Arabisch, Ungarisch, Japanisch, Russisch. Englische Stellen sind leider nicht untertitelt, für den Rest gibt es (optionale) englische Untertitel, die (man merkt es an den deutschen Szenen) nicht immer 100%ig passen. Die englischen Dialoge werden mit einer Ausnahme nur zur Verständigung von nicht-nativ-englischsprachigen Personen untereinander verwendet und dementsprechend etwas gebrochen. Man kann ihnen aber trotzdem oder gerade deswegen ganz gut folgen. Ansonsten verständigt man sich - mit Ausnahme des multilingualen Carlos - in der jeweils eigenen Sprache, was zur Authentizität beiträgt. Die Dialogwiedergabe ist sauber, Räumlichkeit kommt in begrenztem Maß und dann vor allem durch die Musik auf. Der Subwoofer wird kaum gefordert.
(Knappe) Extras gibt es nur auf der 1. Disk, zusammen mit der Kinofassung. Bisher nicht gesehen, kann ich vorerst nur den Umfang bewerten.
bewertet am 09.11.10 um 11:45