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Glaubwürdigkeit und Vorhersehbarkeit
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Gestern gab es einen Heimkinoabend und ich will euch nun nicht mit Filmkorn, Artefakte, räumliche Sounddynamik und Abkürzungen wie DTS HD-MA 5.1, PCM oder CIA langweilen. Die Filmauswahl hat mich dazu gebracht über neue Bewertungsmaßstäbe nachzudenken. Ich persönlich kann mich dem Technik-gefasel nicht so richtig was anfangen. Das sagt doch überhaupt nichts über den Film aus.
Der erste Film des Abends war The Raid. Ich hatte schon viel über den Film gelesen und die sehr guten und euphorischen Reviews haben den Film in meiner "virtuellen Wunschliste" von Platz 7,3x10^17 auf Platz 1 befördert. Ich bin kein richtiger Genre-Fan, d.h. ich bin keiner der alles von einem Genre schauen oder haben muss. Natürlich habe ich meine Präferenzen, aber welchem Genre ein Film zuzuordnen ist, hat nicht wirklich eine Relevanz. "Action" z.B. ist ein Genre (wenn man das so überhaupt als Genre kann) was i.d.R. wenig Aufmerksamkeit von mir bekommt. Und wenn dann doch mal einer dieser Filme im Heimkino landet, dann wird meine interner Algorithmus Actionfilme zu ignorieren in aller Regel bestätigt. Deswegen auch der Platz "rel." weit unten in meiner Wunschliste. The Raid ist die Ausnahme die die Regel bestätigt. Die Story ist wirklich sehr überschaubar, aber die atemberaubende Actionszenen in wahnwitzigem Tempo machen das locker wett. Ich bin kein Fan von Martial Arts, genaugenommen kann ich dem sogar nix abgewinnen. Das ist so wie das amerikanische Wrestling: Zum schenkelklopfen lächerlich. Es mag seine Anhänger haben, aber ich gehöre nicht dazu. Aber sogar ich als Martial Arts "Hasser" war von dem was hier geboten wird echt sprachlos begeistert. Ein Film aus Indonesien mit (zumindest mir und allen meinen Mit-Guckern) völlig unbekannten Schauspielern kann da punkten wo alle Hollywood-Streifen versagen: Vorhersehbarkeit und Glaubwürdigkeit.
Für keinen in unserer Runde war der Film so richtig vorhersagbar. Natürlich ist klar wohin die Reise geht, aber der ein oder andere Filmtod ist doch ziemlich überraschend und immer wenn man denkt "so, mehr Action geht ja nicht mehr" geht die Post noch ein Stückchen mehr ab. Wie kommt das? - Ich denke es liegt daran, das man bei einem Hollywood-Blockbuster mit Starbesetzung nunmal einfach Hauptcharaktere nicht vor kurz vor Schluss nicht sterben lassen darf. Das ist einfach ein Hollywood-NoGo. Das möchten die amerikanischen Filmemacher den Zuschauern einfach nicht zumuten. Jeder gute Hollywoodblockbuster braucht einen unsterblichen Helden der in die bedrohlichsten denkbare Situationen kommt, aber niemals stirbt. Das macht speziell Actionszenen in denen der Held involviert ist vorhersagbar. Und die in denen er das nicht ist, belanglos. Bei The Raid fehlte mir die Zuordnung wer der Held ist vollständig. Das liegt zum einen halt daran das man die Schauspieler allesamt nicht kennt und zum anderen das es nunmal kein Hollywoodfilm ist. Der ein oder andere "liebgewonnene Held" darf vorzeitig Duschen gehen.
Auch in Sachen Glaubwürdigkeit ist für mich wenig auszusetzen. Erstmal muss ich klarstellen was ich mit Glaubwürdigkeit meine. Für mich ist es wichtig wie Glaubwürdig die Handlung innerhalb des "Filmuniversums" ist. Innerhalb des "Filmuniversums" gelten ja eigene Regeln, und für mich ist es für die Glaubwürdigkeit wichtig das man die Handlungen der Charaktere innerhalb ihres Universums nachvollziehen kann. Für viele ist die Glaubwürdigkeit wie realistisch ein Film ist, das ist mir völlig egal, denn ich bin bereit mich für 2 Stunden gedanklich in eine Welt zu versetzen die ihre eigene Naturgesetze hat. Diese Welt muss halt nur konsistent und in sich logisch sein. Wer das nicht kann wird gewisse Probleme mit dem Film haben, denn die Jungens stecken hier Sachen weg … mein lieber Scholli. Deswegen denke ich ist der Begriff "Nachvollziehbarkeit" besser als "Glaubwürdigkeit". Und diese ist wirklich sehr hoch. Bei im Grunde allen "klassischen" Actionfilmen habe ich den gewissen "Häh?"-Effekt. Also eine Szene wo irgendjemand (meistens ein Böser) sich total bescheuert anstellt und so quasi dem Held aus der Patsche hilft. Das ist hier erfreulich schwach ausgeprägt (und führt zu erhöhtem versterben vermeintlicher Hauptcharakteren). Ich habe mir leider nur die "normale" Edition geholt, wo das "Making of …" nicht enthalten ist. Das könnte höchst interessant sein. Manche Stunts schmerzen echt nur vom Zuschauen.
Da fragt man sich wie lange an manchen Szenen gedreht wurde bis die so im Kasten waren. Sicher Tage oder gar Wochen. Wahnsinnsteil und wer härterer Action nicht völlig abgeneigt ist, für den ist es einfach Pflicht diesen Film zu schauen. Aber bitte, sorgt dafür das die Kinder nicht im Hause sind, am besten nicht in der Stadt.
Da fragt man sich wie lange an manchen Szenen gedreht wurde bis die so im Kasten waren. Sicher Tage oder gar Wochen. Wahnsinnsteil und wer härterer Action nicht völlig abgeneigt ist, für den ist es einfach Pflicht diesen Film zu schauen. Aber bitte, sorgt dafür das die Kinder nicht im Hause sind, am besten nicht in der Stadt.
Nach diesem Höchst-Tempo-Streifen wurde Tron: Legacy auf die Leinwand gezaubert. Und dieser ist quasi das Gegenteil von The Raid in Bezug auf Vorhersagbarkeit und Nachvollziehbarkeit. Kein richtig schlechter Film, aber unteres Mittelmass für meinen Geschmack. Das "Filmuniversum" ist an sich sehr willkürlich. Es wird immer so verbogen wie es gerade die vorhersagbare Story erfordert (wobei es schwer vorhersagbar ist was verbogen wird). Die Handlungen sind aufgrund der sporadisch ändernden "Naturgesetze" schwer nachvollziehbar. Und das hinterlässt bei mir den schalen Geschmack der Beliebigkeit und das ist total unspannend zu schauen. Das einzige was mir bei Tron gut gefallen hat ist Olivia Wilde, die zwar nur eine wichtigere Nebenrolle spielt, aber das tut sie besser als die Hauptrollen.
Als letzter Film stand The Wrestler und Memento zur Auswahl. The Wrestler ist es geworden. Ich mag kein Wrestling das sind für mich lächerliche Showkämpfe. Ich mag Mickey Rourke nicht. Aber ich bin durchaus beeindruckt von dem Film. Erstaunlich gelungene Charakerzeichnung. Ruhig, überzeugen, realistisch (meiner Meinung nach) und bedrückend inszeniert. Richtig gute Schauspielerei (ja, auch Mickey Rourke) und wenig aber realistische Action (wenn man das überhaupt so bezeichnen kann). Als unterstützendes Stilmittel wird oft die "Wackelkamera" und ein künstlich verrauschtes Bild eingesetzt. Beides hätte für meinen Geschmack zwar etwas dezenter ausfallen können, aber es erfüllt durchaus seinen Zweck. Sehr gut gefallen hat mir der realistische, nicht beschönigte Ton. Bei Schlägereien wird ja gerne der Ton so abgemischt das jeder Schlag mit einem "Wumm" und "Kawumm" begleitet wird. Wenn jemand auf den Boden fällt gibt es ein lautes, hallendes "Kabummmmmm". Das empfinde ich in Actionkrachern durchaus als angebracht, wäre in einem Film der ein realistisches Bild zeichnen will aber völlig unangebracht. Der extrem natürliche Ton ist zwar für den bassverwöhnten Kinogänger ungewöhnlich, aber dadurch auch sehr ausdrucksstark.
The Raid: 9/10 (Vorhersagbarkeit: 4/10, Nachvollziehbarkeit: 8/10)
Tron: Legacy: 5/10 (Vorhersagbarkeit: 9/10, Nachvollziehbarkeit: 3/10)
The Wrestler: 7/10 (Vorhersagbarkeit: 2/10, Nachvollziehbarkeit: 10/10)
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Tron Legacy ist ein Nobrainer wie viele andere Action- oder SciFi-Filme auch. Da gibts dann so "Perlen" wie Transformers 1-3 oder Battleship, die m.E.!! weder optisch herausragen, noch inhaltlich etwas besonderes darstellen und dann gibt es Filme die optisch so gut sind, dass ich davon total mitgerissen werde und die doch dünne (z.B. Avatar, Total Recall 2012) bzw. gar nicht vorhandene (z.B. Tron Legacy) Story sehr gut überspielen können.
Insofern kann ich jetzt zwar grundsätlich deine Sichtweise der "Nachvollziehbarkeit" verstehen, komme aber trotzdem zu einem anderen Ergebnis als du. ;-P
"the raid" hast mir jetzt doch schmackhaft gemacht, ich wollte ihn eigentlich ignorieren.
das mit dem bild zu "the wrestler" kann ich auch bestätigen, ausserdem frag ich mich immer wieder warum arronofsky - dessen filme toller charaktertobak oder hervorragend tiefgründig sind - immer wieder diese miese bildqualität als stilmittel oder auch zufällig anwendet/kreiert. in "black swan" nervte mich auch wieder dieses nervige gewackel !
der film selber hat mir trotz der guten charakterzeichnung nicht so gut zugesagt, wie andere seiner werke. dennoch war er wirklich sehr authentisch und real !
"Tron-Legacy" sehe ich wie du !
und "Memento" ist einer meiner lieblings-kopf-zerknirscher Filme. einfach geniale inszenierung !
... wenn ich aber nun einen schritt weiter gehe, nervt mich mittlerweile diese BEWUSSTE provokante abänderung, damit es ja nicht nach hollywood wirkt. wobei dann bewusst einfach etwas spontanes, schräges, unnatürlich oder überraschendes eingebaut wird ...
mittlerweile müssen scheinbar die filmemacher, um am ball zu bleiben einfach nur dem NEUEN Trend folgen und etwas einbauen das den alten klischees fern bleibt ... wobei das nicht-klischee drehen, nun das neue klischee wird *ggg*
als filmseher kommt mir das so vor ...
1: hollywood lieben
2: hollywood verachten
3: indie werden (oder o-ton seher ;)
4: alle einteilungen erneut vergessen und bei null anfangen
5: filme sehen !
? kann man das so empfinden, ich tu es auf jeden fall !
ansonsten find ich deine 3 reviews hier echt geil, du hast damit grad so einiges auf den punkt gebracht, was darüber hinaus allgemein etwas rund ums thema filme, konkretisiert hat ... echt KLASSE !
somit auch deine individuelle note, die ich sehr erfrischend finde, aufgedrückt hast ... echt toll !
das mit den eigenen naturgesetzen innerhalb diesen phantastischen universum sehe ich nämlich genauso ...
und die kriterien für vorhersehbarkeit und der realistik innerhalb dessen, sind verständlich und gut anzuwenden. DANKE