Ich habe gestern Abend
13 Hours gesehen und möchte auch
eine kurze Einschätzung abgeben. Da zum Thema "Story" schon alles
gesagt wurde, koche ich das nachfolgend nicht erneut auf.
Trotz der (mehr oder weniger) bekannten Vorgänge in Bengasi im
September 2012 unterhielt mich der Film über die gesamte Laufzeit
sehr gut. Im Gegensatz zu manch anderem war mir die Einführung
nicht zu lang. Vielmehr finde ich, dass es gut gelungen ist, die
Spannung gezielt aufzubauen und v.a. die vollkommen unklare Lage
vor Ort in der post-Gaddafi Ära glaubhaft darzustellen. Als
geringfügig nervig entpuppte sich allerdings die Charakterzeichnung
von Beginn an: das Bild des
tough guy mit weichem Kern ist
mittlerweile dermaßen ausgelutscht, dass es mir zum Halse
heraushängt! Das kam zwar alles andere als unerwartet, aber in
seiner Konsequenz war es dann doch eher anstrengend und m.E. zu
dick aufgetragen.
Weiterhin störten mich die flapsigen Kommentare zwischen den
Operators während der Feuergefechte mit den Angreifern und
die pseudo-tiefgründigen Dialoge in der längeren Kampfunterbrechung
vor dem Finale. Gerade Ersteres kann ich mir bei echten Profis kaum
vorstellen - dies ist wohl schlicht ein Zugeständnis an das
Publikum. Für Letzteres gilt wohl auch wieder: Es ist ein Michael
Bay Film, da muss man mit solch pathetischen Szenen einfach
rechnen. Das Problem ist nur, dass einfach nichts davon hängen
bleibt. Man hätte den Schauspielern genauso gut andere Worte in den
Mund legen können - es hätte keinen Unterschied gemacht, in seiner
Belanglosigkeit. Vielleicht wäre eine Diskussion über das Ergebnis
des letzten Baseballspiels zwischen den Lieblingsmannschaften der
Protagonisten an dieser Stelle sogar glaubhafter gewesen.
Es fehlte einfach das gewisse Etwas, um den Figuren einen
überzeugenden Standpunkt und Tiefe zu verschaffen oder ihnen zu
mehr Glaubwürdigkeit zu verhelfen. Zwar gibt es Momente der
Reflexion und des Innehaltens, aber diese kranken eben an der
bereits beschriebenen stereotypen "Sinngebung" Bay'scher Prägung.
Daraus ergibt sich das Problem, dass es einerseits keinen echten
Sympathieträger gibt und es andererseits irgendwann relativ
irrelevant erscheint, welcher
Secret Soldier nun was tut,
denkt oder fühlt - es sind quasi reine Abziehbilder, einer gleicht
dem anderen. Das einzige Distinktionsmerkmal stellt die Größe des
Kalibers ihrer jeweiligen Waffe dar.
Das klingt jetzt alles unheimlich negativ und vielleicht nach einem
üblen Verriss sowie einer ganz miesen Bewertung - ist aber gar
nicht so gemeint. Denn abgesehen von den (nicht ganz
überraschenden) Schwächen in der Zeichnung der handelnden Akteure
liefert Michael Bay mit
13 Hours einen wirklich packenden,
überdurchschnittlichen Actionfilm zu einem hochaktuellen und nach
wie vor brisanten Thema ab. Die Actionszenen sind klasse und nicht
zimperlich inszeniert sowie auch bemerkenswert gut vertont. Obwohl
ich keinerlei Audio-Hardware besitze, beeindrucken die Soundeffekte
sogar über die TV-Lautsprecher. Auf einer entsprechenden Anlage
dürfte der Film noch einmal deutlich dazugewinnen. Lobend möchte
ich an dieser Stelle auch die Abstimmung erwähnen: Anders als bei
vielen Filmen zuvor, in denen zwischen lauten (Action) und leisen
(Dialoge) Passagen extreme Unterschiede bestehen und immer per
Fernbedienung die Lautstärke nachjustiert werden muss, macht
13
Hours hier alles richtig. Und trotzdem hört sich der
Gefechtslärm nicht "läppsch" an. Vorbildlich!
Das größte Verdienst des Films ist jedoch die glaubhafte
Darstellung der Konfusion während der namensgebenden 13 Stunden.
Die konstante Unklarheit über "Freund oder Feind" trägt viel zur
insgesamt hohen Spannung bei. Gleichermaßen beeindruckend ist es
gelungen, das allgemein-latente Bedrohungsgefühl in Libyen und die
enorme Herausforderung, die Unversehrtheit des Botschaftspersonals
und der Geheimdienstmitarbeiter gewährleisten zu müssen,
einzufangen. Allein der
Versuch, sich diesen Albtraum
vorzustellen - Gewährung der Sicherheit in einer vom Bürgerkrieg
gezeichneten Stadt, die von einer unüberschaubaren Anzahl lokaler
Milizen mit unklaren Loyalitäten und enthemmter Gewalt kontrolliert
wird - macht schwindelig.
Ein letzter Punkt zum Schluss: der Patriotismus. Natürlich spielt
dieser in dem Film eine prägnante Rolle. Allein wie häufig die
US-Fahne in verschiedenen Stufen physischer Integrität im Film
dargestellt wird und wie darüber sinniert wird, was es heißt,
Amerikaner zu sein, dürfte für den ein oder anderen Stirnrunzler
sorgen. Allerdings zeigt der Film damit auch, welche Bedeutung die
Bengasi-Attacke für das kollektive Gedächtnis der Amerikaner hat
(nicht zuletzt im bzw. für den aktuellen
Präsidentschaftswahlkampf). Generell würde ich sogar soweit gehen
und behaupten, dass der
13 Hours in erster Linie für das
amerikanische Publikum gedreht wurde.
Ich selbst habe kein Problem mit dieser Zurschaustellung der
Vaterlandsliebe und einem damit verknüpften Pflichtgefühl.
Gleichzeitig kann ich jedoch verstehen, dass diese unvermeidlichen
Elemente in einem Bay-Film dem ein oder anderen sauer aufstoßen.
Hier zeigt sich einmal mehr der erhebliche kulturelle Unterschied
in der Betrachtung kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen
Deutschen/Europäern und US-Amerikanern.
Alles in allem ist
13 Hours - The Secret Soldiers of
Benghazi ein sehenswerter Film. Man kann vielleicht sogar (im
positiven Sinne) behaupten, der Film sei
unpolitisch, weil
er weitgehend darauf verzichtet, den größeren politischen Rahmen zu
erurieren und folgerichtig auch nicht
eine(n) Schuldige(n)
ausmacht. Eine gewissen Toleranz vorausgesetzt, bietet der Film
spannende Unterhaltung für knapp zweieinhalb Stunden. Aufgrund der
klischeehaften Zeichnung der Charaktere und des vollkommenen
Ausblendens der Gegenseite gibt es von mir jedoch Abzüge und damit
ein Endresultat in Höhe von
7/10
Punkten.
Gruß,
Joh
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