Michael Mann-Filme sind immer eine Sache für sich, meist eine harte Nuss: Film einlegen und einen netten Kino-Abend genießen funktioniert bei seinen Produktionen in fast allen Fällen nicht. Michael Mann Filme sind sperrig, immer auch ein wenig langatmig (im positiven Sinne), es sind filigrane Psychostudien und Snapshots, die den aktuellen Zustand der urbanen Zivilisation packend abfotografieren und die psychische Beschaffenheit der Helden, die entsozialisiert unweigerlich aufeinanderprallen, mit dem Elektronenmikroskop untersuchen. Das war schon in Heat der Fall und ist in Collateral (USA 2004, Regie und Produktion: Michael Mann) nicht anders. Wichtig für alle Michael Mann Fans: "Heat" und "Collateral" bilden eine erzählerische Einheit: Collateral beginnt am Endpunkt von Heat – dem internationalen Flughafen von L.A. und endet an der Metrostation, an der Heat beginnt. In beiden Streifen gibt es neben der vorzüglichen Darsteller-Riege einen weiteren Hauptdarsteller: den Moloch Großstadt. Heat zeigt die Abartigkeit der urbanen Welt L.A.'s bei Tage (zumindest heften sich die taghellen Szenen des bürgerkriegartigen Straßenkampfes in der Erinnerung des Zuschauers fest), Collateral hingegen zeigt uns L.A. bei Nacht, in schillernden, farblich beeindruckenden Szenen, wie so wohl bislang noch nie abgedreht worden sind. Collateral könnte man beinahe als Kampf der Titanen bezeichnen, Tom Cruise als seelenloser Profikiller Vincent und Jamie Foxx als Taxifahrer Max Durocher prallen per Zufall aufeinander und entwickeln eine intensive Beziehung zu einander, die die beiden fest aneinander kettet. Tom Cruise und Jamie Foxx liefern eine sensationell herausragende Leistung ab, die Dialoge zwischen den beiden sind tiefschürfend, (pseudo-) psychlogisch (Vincent) und immens spannend. Sicherlich ist Collateral ein stark dialogorientierter Streifen, der für den Zuschauer anstrengend sein kann, trotzallem gelingt es Michael Mann mit Bravour, eine in sich geschlossene Handlung mit vielen überraschenden Wendungen auf den Weg zu bringen, in die sich die atemberaubenden verstörenden Actionszenen organisch einbetten. Mit der Figur der Annie Farrel, packend mit enormem Tiefgang von der hinreißenden Jada Pinkett Smith dargestellt, schnürt Michael Mann den alles verbindenden roten Faden um die Story von Stuart Beattie (Drehbuch).
Collateral ist eine Ausnahmeproduktion, vielleicht sogar das beste Werk von Michael Mann. Der Streifen ist immens faszinierend, verstörend, die Farben der Großstadt L.A. von in der Form noch nie gesehenen Schönheit. Collateral sei Euch wärmstens empfohlen und sollte in keinem gut sortierten Blu-ray-Regal fehlen.
Video: Michael Mann hat den Streifen weitestgehend mit einer Kombination von Digitalkameras und herkömmlichen Panavision-Kameras mit 35-mm-Filmmaterial gedreht. Als Digitalvideotechnik kam das Thomson VIPER FilmStream Kamerasystem zum Einsatz. Dieses Verfahren sorgt für eine lebensechte vertraut wirkende Produktion, die digitalen hochauflösenden Shots von L.A. bei Nacht werden immens detailreich und leuchtend wiedergegeben, allerdings kommt es technikbedingt und natürlich auch aus dramaturgischen Gründen in den dunklen Szenen zu deutlichem Bildrauschen, leichten Nachzieheffekten, einige Szenen wirken dadurch auch etwas weich. Trotz allem bewegt sich die Bildqualität auf überaus hohem Niveau mit Tendenz zum Referenzstatus: von den genannten Einschränkungen abgesehen, ist das Bild sehr plastisch mit hervorragender Konturenschärfe und großem Detailreichtum.
Audio: Die deutsche DD 5.1 Tonspur gehört zu den besten Ihrer Zunft: insbesondere der erstklasige Soundtrack mit Songs von Audioslave, Miles Davis, Paul Oakenfield und Groove Armada besitzt eine großartige Dynamik, bei den Actionsequenzen werden die Surroundbosxen gekonnt in Szene gesetzt. Die Dialoge sind perfekt abgemischt und jederzeit bestens verständlich, der Sound löst sich perfekt von den Boxen und flutet den gesamten Hörraum. Die englische DTS HD MA Tonspur bringt deutlich mehr Dynamik und eine filigranere Detaildarstellung.
bewertet am 03.06.10 um 15:54