Der Italowestern-Blog by Bollwerk94 - 4. Die letzte Rechnung zahlst du selbst
Die Italiener haben zu den Amerikanern eine ganz besondere Beziehung. Dies ist wohl auf das letzte Jahrhundert zurückzuführen. Eine gewaltige Anzahl an "Spaghettis" suchte mit wegen Mussolini, dem ersten oder zweiten Weltkrieg, der Mafia usw. das Weite und fand in den Vereinigten Staaten eine neue Heimat. Viele gingen als junge Männer in die USA und holten die ganze Familie nach. Auch die Bekanntheit ihrer Küche bekam in den Staaten einen wirklichen Aufschwung und ist bis heute weltweit beliebt. Doch sie brachten nicht nur gute Seiten mit in die neue Welt. Die Mafia hat Einzug in den Metropolen des Landes gehalten und Al Capone ist bis heute eine Berühmtheit als Mafiaboss in Chicago. Später konnte die US-Regierung jedoch noch einen Vorteil daraus schlagen, denn man schloss ein Abkommen mit der Mafia, junge Italiener zogen mit der blau weißen Flagge in den Krieg um das eigene Land von Mussolini zu befreien. Sizilien konnte relativ problemlos eingenommen werden. Nach dem Krieg blieb die Sache ähnlich. Italien war (anders als Deutschland) nicht an alle Siegermächte, sondern nur an die USA gebunden.
Auch der Italowestern ist Ausdruck dieser Abhängigkeit Italiens vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch anders als der klassische Western, haben die Filme von Leone und co. nicht den Pathos und Patriotismus. Es werden keine Indianer mehr zur Strecke gebracht, sondern meist mexikanische Banditen. Als Mitte der 60er scheinbar jeder italienische Film ein Western wurde, hat dieses Subgenre aber schon ein wirkliches Eigenleben entwickelt. Viele hatten einen leichten Hauch von Trash, die Musik war nicht orchestral sondern auch schon mal gesungen und alles wirkte eher spartanisch.
Doch es gab auch Italowestern, die nicht dem neuen Stil folgten, manche wollten amerikanischer sein. Einer dieser "Edel-Western" ohne viel Blut und Fäuste, dafür aber mit einer etwas peinlichen Liebesgeschichte ist "Die letzte Rechnung zahlst du selbst" mit Lee van Cleef (Für ein paar Dollar mehr), Antonio Sabàto (Drei ausgekochte Halunken), Lionel Stander (Hügel der blutigen Stiefel) und Bud Spencer.
Drei Halunken, angeführt von Cudlip (Lee van Cleef), berauben den neuen in der Stadt Silver Canyon namens Novak, dieser weiß aber nichts davon. So langsam entwickelt sich die Geschichte dahin, dass Cudlip vom Gauner zum Sheriff wird. Die Geschichte bietet keine interessanten Einfälle und zieht sich sehr langsam hin. Man hätte den Plot wohl anstatt in 110 Minuten auch in 80 erzählen können, ohne größere Verluste. In der deutschen Version wurde schon versucht den Film etwas zu straffen, so wurde er stark geschnitten (was ich hier sogar als vorteilhaft erachte).
Leider mangelt es auch den Charakteren an Gesicht. Lee van Cleef spielt eine typische Western-Rolle, ohne besonders zu glänzen. Die Rolle des Novak bleibt einem so gut wie gar nicht in Erinnerung und auch die Frauenrollen sind viel zu übertrieben und nervig sowie viel zu klischeehaft harmlos dargestellt. Im echten Italowestern gibt's meist nur Huren oder weibliche Companeros, die hauen dann aber auch mal so richtig mit auf den Putz.
Auch Bud Spencer macht keine gute Figur (diesmal ohne Bart, den ließ er sich für "Gott vergibt, Django nie" wachsen, weil er dachte, dies wäre seine letzte Filmrolle, kam der Sauerkohl wieder ab). Seine Figur wirkt steif und inhaltslos. Buddy ist definitiv nicht der richtige, um einen Firmenboss zu spielen, schließlich war er kein gelernter Schauspieler, was ihm hier noch sehr stark anzusehen ist. Das einzige, was diesen Film in Erinnerung hält, ist wirklich der ungewohnte Anblick, Bud Spencer ohne Bart zu sehen.
Doch woran liegt es denn nun, dass der Film in meinen Augen so bescheiden abschneidet? Ich glaube, der Italowestern ist einfacher gestrickt, als sein Vorbild aus den Staaten. Der alte Western brauchte bessere Schauspieler, da die Geschichten mehr auf Gefühl aufbauten. Dies gelang den Italienern in diesem Film nicht, er war zu einfach gestrickt, aber dafür war die Handlung viel zu träge. (Und wenn ich hier noch ein Bild vom Bösewicht hochladen würde, dann glauben hier manche dieser Film gehört zu der Art, die ich im 2. und 3. Teil des Blogs beschrieben hab...)
Was den Italowestern doch eigentlich auszeichnete, war Kompromisslosigkeit, gepaart mit Unkorrektheit. Was ich meine, sieht man in solch legendären Filmen wie "Django". Zuerst verteidigt dieser sich Heldenhaft mit seinem Gewehr, dann will er sich mit dem Geld der Mexikaner aus dem Staub machen. Eine andere wunderbar Unkorrekte Szene ist die aus "Zwei glorreiche Halunken", in der Joe (C. Eastwood) Tuco (E. Wallach) auffordert sich auf das Kreuz auf dem Grab zu stellen, mit der Schlinge um den Hals. Diese Verdorbenheit, die absolut neu war anno 1966, war absolut genial. So kamen immer mehr Antihelden dieser Art, wie Sabata, Sartana....
Wer soll nun "Die letzte Rechnung zahlst du selbst" gucken? Italowestern-Fans fehlt das Blut und der Sarkasmus, US-Western-Freunden mangelt es an Pathos und tollen Charakteren. Ich glaube ein ebenbürtiger Gegenspieler (z.B. Eli Wallach, Jack Palance...) hätte van Cleef und dem Film wirklich gut getan. Für einen verregneten Nachmittag ist der Streifen durchaus anschaubar, die DVD ist die Anschaffung aber definitiv nicht wert, vor allem, da die extra Szenen mit Originalton den Film in keinster Weise bereichern, sondern träger machen.
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Kommentare
Nichts desto trotz hat mir der Film halbwegs gefallen, nicht zuletzte weil ich Lee van Cleef gerne sehe - aber ganz allgemein ist der Film... ich weiß nicht... wie Du schon gesagt hast: Kann man gucken. Aber muß man nicht!