The Amazing Spider-Man 3D (Blu-ray 3D) Blu-ray
ReviewAller Anfang ist schwer. Das musste auch Comicautor Stan Lee
erfahren, als er im Jahr 1962 den damaligen Publisher der Marvel
Comics Martin Goodman von seiner neuesten Idee überzeugen wollte.
Spider-Man sollte der neue Held heißen, im Teenager Alter sein und
im gleichen Maße gegen die alltäglichen Sorgen eines
Heranwachsenden, wie gegen Bösewichte kämpfen. Damals ein
verwegener Gedanke.
Denn Teenager kamen in dieser Zeit in der Regel nicht über die
Rolle eines Sidekicks hinaus. Batman hatte Robin, Captain America
hatte Bucky, der Hulk Rick Jones. Und auf einmal sollte ein
Dreikäsehoch eine eigene Serie tragen? Und überhaupt: Wer mag schon
Spinnen? Goodman war von Lees Idee überhaupt nicht begeistert. Doch
letztlich rang „The Man“ seinem Chef ein Zugeständnis ab. Im Juni
1962 sollte die 15. und letzte Ausgabe von Amazing Fantasy
erscheinen. In einer Serie, deren Schicksal bereits besiegelt war,
durfte Lee seine neue Kreation präsentieren. Mit ungeahntem Erfolg.
Die Spider-Man Ausgabe verkaufte sich wie geschnittenes Brot, die
Resonanz war überwältigend. Flugs wandelte man Amazing Fantasy in
The Amazing Spider-Man um.
Die erste Ausgabe erschien im März 1963 und entwickelte sich in der
Folge zur erfolgreichsten Serie des Marvel Verlags. Generationen
von Kindern, Jugendlichen und jung gebliebenen Erwachsenen folgten
den Abenteuern der sympathischen Spinne aus der Nachbarschaft über
die Jahrzehnte. Bis zu Beginn des neuen Jahrtausends, auch das Kino
sein Interesse an Superhelden entdeckte. Im Jahr 2000 verbuchten
die X-Men (ebenfalls aus dem Hause Marvel) einen ersten
kommerziellen und kreativen Achtungserfolg. Es zeigte sich, dass
Comicverfilmungen kein „Kinderkram“ sein mussten, wie etwa Joel
Schumachers katastrophale Batman-Lachnummern. Anspruch, verbunden
mit spektakulären Unterhaltungs- und Schauwerten, verbanden sich
auf fast natürliche Art und Weise.
40 Jahre nach dem ersten Spider-Man Comicheft brachen im Jahr 2002
in dieser Hinsicht alle Dämme. Die erste Spider-Man Verfilmung
spielte weltweit über 800 Millionen Dollar ein. Damit war nicht nur
der Wandkrabbler in aller Munde. Es etablierte sich ein völlig
neues Filmgenre. Bis zum heutigen Tag kann sich der Kinogänger vor
Superheldenverfilmungen kaum noch retten. Spider-Man schwang sich
in zwei gleichermaßen erfolgreichen Fortsetzungen durch die
Häuserschluchten von New York. Insgesamt erlöste die Trilogie
alleine an den Kinokassen fast 2,5 Milliarden Dollar. Dafür kann
man sich entweder gut die Hälfte von Lucasfilm kaufen, oder man
wartet knapp fünf Jahre und fängt einfach noch einmal von vorne an.
Dabei orientiert sich nicht nur der Titel „The Amazing Spider-Man“
wieder näher an der Comicvorlage.
Story:
Von Mitschülern drangsaliert und von den Mädchen ignoriert, verlebt
Peter Parker (A. Garfield) eine triste und einsame Schulzeit.
Emotionale Wärme erfährt er dafür in seinem Zuhause. Seit frühester
Kindheit wächst er bei Tante May (S. Field) und Onkel Ben (M.
Sheen) auf, die ihn in jeder Hinsicht liebevoll unterstützen. Doch
es lastet eine dunkle Vergangenheit auf Peters Familie, seit ihn
seine Eltern bei Onkel und Tante abgegeben haben und verschwanden.
Diese schmerzlichen Erinnerungen kommen mit voller Wucht zurück,
als Peter die alte Aktentasche seines Vaters im Keller entdeckt.
Bis zu seinem plötzlichen Verschwinden arbeitete der geniale
Biologe offenbar an einem hochbrisanten Projekt für Oscorp, einem
riesigen Technologiekonzern. Mit Geschick und Unverfrorenheit
mogelt sich Peter bei Oscorp ein, um das Geheimnis um seine Eltern
zu lüften. Leider droht seine Tarnung schneller aufzufliegen als
gedacht. Denn ausgerechnet seine Klassenkameradin Gwen Stacy (E.
Stone) arbeitet ebenfalls in ihrer Freizeit für Oscorp. Doch Gwen
hält nicht nur dicht, sie findet auch zunehmend Gefallen an ihrem
intelligenten Mitschüler. Wenig später ist die unverhoffte
Begegnung mit einer genetisch veränderten Spinne nur der Anfang
eines Abenteuers, das Peters Leben für immer verändern wird.
Im Hause Marvel war man der Überzeugung, dass es bereits fünf Jahre
nach dem letzten, nun muss man ja sagen „klassischen“, Spider-Man
Film an der Zeit ist, dem Franchise einen Neustart zu gönnen.
The Amazing Spider-Man ist also ein Reboot und
keine Fortsetzung der ersten drei Teile. Über Sinn oder Unsinn
dieses Vorgangs mögen sich Filmhistoriker die Köpfe heißreden. Fakt
ist, dass jeder, der sich auch nur ansatzweise für
Comicverfilmungen interessiert, die Vorgänger noch sehr gut in
Erinnerung haben dürfte. Daher werden natürlich zwangsläufig
Vergleiche angestellt. Sowohl vor als auch hinter der Kamera wurden
neue Talente verpflichtet. Sam Raimis Regiestuhl erbt der noch
relativ unbekannte Marc Webb. Abgesehen von seinem Nachnamen, ist
es nicht viel, was Webb für den Job qualifiziert. Seine immerhin
überaus gelungene romantische Komödie „(500) Days of Summer“ dürfte
ihn auf den Posten eines Blockbuster Regisseurs nur bedingt
vorbereitet haben. Auch vor der Kamera finden sich viele neue
Gesichter. Den Titelheld verkörpert jetzt Andrew Garfield, der in
„The Social Network“ positiv aufgefallen ist. Er legt Peter weniger
schusselig und verschmitzt an als Tobey Maguire. Eher als
schwermütigen Einzelgänger, der sich auch ohne Superkräfte schon
für Schwächere einsetzt. Ähnlich wie in den Vorgängern, wird Peters
Leben von zwei einschneidenden Ereignissen bestimmt.
Zum einen natürlich vom Biss der Spinne, der ihm die bekannten
Superkräfte verleiht. Zum anderen natürlich von Onkel Bens Tod, an
dem Peter aufgrund der Verkettung unglücklicher Umstände einmal
mehr indirekt beteiligt ist. Besonders diese Tragödie beeinflusst
seinen moralischen Kompass und trägt letztlich entscheidend zu
seiner Adoleszenz bei. Sein Love Interest wird von Emma Stone
verkörpert, vielleicht eine der talentiertesten jungen
Schauspielerinnen Hollywoods. Ihre Rolle Gwen Stacy ersetzt Mary
Jane Watson. Die Chemie zwischen Garfield und Stone stimmt von der
ersten Sekunde an. Die Funken zwischen den beiden Jungstars sprühen
an allen Ecken und Enden. Da verwundert es nicht, dass sich ihre
Romanze auch nach Drehschluss fortsetzt. Spideys Gegenspieler ist
der furchterregende „Lizard“. Und wieder einmal ist es ein
überambitionierter Wissenschaftler, der weder seine eigenen
Grenzen, noch die Grenzen seiner Erfindung kennt. Immerhin werden
Dr. Connors Motivationen hinreichend ausgearbeitet, um sich einem
fatalen Selbstversuch zu unterziehen. Wer die Vorgänger gesehen
hat, wird die Parallelen zu Dr. Octavius und dem Grünen Kobold
schnell erkennen, die in ähnlicher Weise Opfer ihrer eigenen
Ambitionen wurden. Hier hätten sich die Drehbuchautoren sicher
einen originelleren Ansatz ausdenken können, halten sich im Grunde
aber wiederum recht genau an die Comicvorlage. Denn der Lizard
gehört schon seit 1963 zu den Erzfeinden Spider-Mans. Darüber
hinaus wird einigen Experten aufgefallen sein, dass Dr. Connors
ebenfalls kurz in der klassischen Trilogie erscheint.
Auf jeden Fall sorgen die Konfrontationen zwischen den Beiden für
überaus spektakuläre Kampfszenen, die so vor zehn Jahren noch nicht
möglich gewesen wären. Dabei gehen computeranimierte Sequenzen
nahtlos in Live-Action-Szenen über. In dieser Hinsicht demonstriert
der Film, was heutzutage machbar ist. Doch ganz in der Tradition
seiner Vorgänger stehen die Charaktere und ihre Beziehungen
zueinander im Mittelpunkt der Geschichte. Dadurch hält die Story
einem direkten Vergleich mit Spider-Man 1 und 2 absolut stand. Was
fehlt ist natürlich der Reiz des Neuen, der den ersten Teil aus dem
Jahr 2002 zu einem kleinen Meilenstein der Filmgeschichte erhebt.
The Amazing Spider-Man ist ein deutlich
überdurchschnittlicher Superheldenfilm mit charakterlicher Tiefe
und immensem materiellen Aufwand.
Bildqualität 2D:
-
Videocodec MPEG-4 AVC, Ansichtsverhältnis 2,35:1, Auflösung
1080p
-
Film wurde auf digitalen Kameras in 4K gedreht
-
überragende Schärfe und Detailzeichnung sowohl in Nahaufnahmen
als auch im Bildhintergrund
-
kein Filmkorn erkennbar
-
reduzierte Helligkeit und Farbintensität durch bewussten
Filtereinsatz
-
dennoch nahezu perfekter Schwarzwert, der in den zahlreichen
dunklen Szenen immer Transparent bleibt und keine Details
unterschlägt
-
durch den Filtereinsatz leicht reduzierter Kontrast und nur
wenig Plastizität
Der Bildtransfer überzeugt in nahezu allen wichtigen Punkten. Es
sind keine echten Mängel erkennbar. Der bewusste Filtereinsatz
dunkelt das Bild künstlich ab und zieht einige kleine, aber
verschmerzbare Nebenwirkungen nach sich.
Bildqualität 3D:
-
Videocodec MVC, Ansichtsverhältnis 2,35:1, Auflösung
1080p
-
keine Fehler, die auf die 3D-Technik zurück zu führen
sind
-
die künstliche Abdunkelung des Bilds bleibt auch hier erhalten
und wirkt sich deutlich negativ auf das 3D-Erlebnis aus
-
Details gehen teils großflächig in dunklen Bildbereichen
unter
-
durchgängig nur mittelmäßige Staffelung der
Tiefenebenen
-
teilweise fehlt ein Eindruck von Räumlichkeit sogar
völlig
-
genau ein Pop-Out im ganzen Film
Obwohl der Film mit 3D-Kameras gedreht wurde, liegt hier ein
absolut enttäuschendes Ergebnis vor. Die 3D-Version bietet keinen
nennenswerten Mehrwert und ist somit verzichtbar.
Tonqualität:
-
Technik: Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1
-
dynamisch
-
brachial in Actionszenen
-
Subwoofer wird an den entscheidenden Stellen präzise
gefordert
-
realistisch aufgebaute Stereobühne
-
Surroundkanäle werden durchgängig angesprochen
-
die Effekte sind gleichermaßen räumlich wie fein
differenziert
-
Dialoge sind jederzeit klar verständlich
-
das komplette tonale Spektrum wird lebensecht abgebildet
Die Tonspur ist in jeder Hinsicht referenzwürdig. So muss HD-Ton
klingen.
Ausstattung:
-
Audiokommentar mit Marc Webb und den Produzenten Avi Arad und
Matt Tolmach
-
interaktive 3D-Filmschule mit Marc Webb (ca. 6 Min.,
3D)
-
berühmte Personen und digitale Umgebungen (ca. 3 Min.,
3D)
-
die Neugeburt des Amazing Spider-Man (ca. 110 Min.)
-
11 Deleted Scenes (ca. 17 Min.)
-
Prävisualisierung (ca. 39 Min.)
-
Kunstgalerie der Produktion
-
Bild-Entwicklungs-Filmspulen – Entstehung einer CG-Szene (12
Min.)
-
Stuntproben (ca. 12 Min.)
-
Die Entwicklung des Videospiels (ca. 3 Min.)
Das Bonusmaterial lässt so gut wie keine Frage unbeantwortet. Vor
allem das knapp 2-stündige Making-Of sollten sich Fans auf keinen
Fall entgehen lassen. Hier wird nahezu die komplette
Produktionsphase des Films abgedeckt, vom Casting bis zur Filmmusik
und dem Schnitt. Die Extras liegen komplett in HD vor, teilweise
sogar in 3D.
Fazit:
Fast wäre man geneigt, die technische Umsetzung dieser Blu-ray mit
dem Referenzsiegel zu adeln. Wenn da nicht die 3D-Version des Films
wäre. Für einen aktuellen Blockbuster, der auch noch mit 3D-Kameras
gedreht wurde, ist das Ergebnis fast schon erschreckend schwach.
Wer sich an die 2D-Fassung hält, wird hingegen mit einem nahezu
perfekten Bild belohnt. Die deutsche Tonspur legt sogar noch einen
drauf und ist über jeden Zweifel erhaben. Die Extras sind dermaßen
umfangreich und informativ, dass man sich alleine damit einen
Nachmittag beschäftigen kann.
Spider-Man bleibt ein beispielloser Zuschauermagnet. Auch das
Reboot war im Kino dermaßen erfolgreich, dass weitere Fortsetzungen
nur eine Frage der Zeit sein dürften. Die Story von
The
Amazing Spider-Man liefert dafür jedenfalls genügend
Vorlagen. Auch wenn die Faszination des Neuen fehlt, schließt diese
Neuinterpretation qualitativ in jeder Hinsicht an die besten
Momente der klassischen Trilogie an und sollte Fans von
Superheldenverfilmungen nicht enttäuschen.
Kurzbewertungen:
Story: 8/10
Bild 2D: 9/10
Bild 3D: 5/10
Ton: 10/10
Extras: 9/10
Gesamt*: 8/10
* In der Gesamt-Bewertung wird die
Story nicht berücksichtigt.Kaufempfehlung: 9/10
Die Kaufempfehlung der The Amazing
Spider-Man Blu-ray wird anhand der technischen Bewertung und unter
Berücksichtigung der Story berechnet.Testgeräte:
TV: Panasonic TX-P55VT50E (55“) (kalibriert)
BDP: Panasonic DMP-BDT500
AVR: Pioneer SC-LX81
Boxen: B&W 803S (Main), Teufel M-500 (Surround)