Komme gerade aus dem Kino und bin mir diesmal wirklich höchst
unschlüssig was ich von dem Film halten soll. Ich empfinde ihn sehr
ambivalent und der augenblickliche Hype wegen der ethnischen
Ausrichtung des Filmes trägt leider nicht dazu bei, den Film
deshalb mehr zu mögen, eher im Gegenteil. Ich finde nicht, dass
allein die Tatsache, dass der Film eine bestimmte, bisher in
solchen Filmen eher vernachlässigte Ethnie fokusiert ein Prädikat
ist, um dessentwillen allein ein Film besser wird. Und dabei ist es
mir völlig egal um welche Ethnie es auch gehen mag. Außerdem
bekommt das beispielsweise die Serie Luke Cage um einiges besser
hin, mMn.
Aber zurück zum Film: Black Panther ist endlich mal das Stück
epische Ethno-Fantasy, das ich mir jedesmal von den Thor-Filmen
erhofft hatte! Ich wähnte mich ständig in einer Kreuzung zwischen
James Bond und Herr der Ringe. Das war wirklich gut gemacht!
Außerdem ist Wakanda wesentlich mehr stimmige, exotische und in
sich stringente Welt als es Asgard jemals gewesen ist und das
obwohl Wankanda im Gegensatz zu Asgard nicht außerirdisch
ist!
Es gibt im Film wahnsinnig gute Ideen, die ethnischen Einflüsse
sind sehr gut in das Design und die Kultur Wakandas eingeflossen,
all das ist stimmig, aber natürlich absolut Fantasy, was auch
überhaupt nicht negativ ist. Wahnsinn, was man da so als Details
entdecken kann!
Endlich auch mal nach den drei Komödien letztes Jahr ein wirklich
ernsthafter Film, mit relativ wenig, dafür aber gut dosiertem
Humor! Der Film dreht sich auch endlich einmal nicht um
Weltenzerstörung und die Rettung der Erde vor feindlichen Mächten,
sondern erzählt im Grunde eine kleine, sehr intime, persönliche
Geschichte von Schuld und Sühne.
Damit sind wir dann aber auch beim negativen Aspekt. T'Challa
bleibt als Held sehr blass, entwickelt kaum Charisma, weil er
ständig getrieben durch äußere Einflüsse reagieren muss. Er tut was
man von ihm verlangt, wovon er denkt, was getan werden muss,
gedrängt durch Familienehre, Traditionen, Sympathien zu seinen
Liebsten usw. Er kann nie wirklich eine eigenständige
Persönlichkeit entwickeln, etwas was die wirklich großen Helden des
MCU bisher aber immer ausgezeichnet haben, egal ob Tony Stark,
Thor, oder Steve Rogers. Das hat zur Folge, dass es für mich
diesmal die Nebendarsteller sind, welche den Charme des Filmes
ausmachen und da ist die allseits beklatschte Shuri nur eine von
vielen. Selbst Forest Whitakers Zuri und auch T'Challas Konkurent
M'Baku haben mehr Charmisma als der titelgebende schwarze Panther,
mMn.
OK, mag man sagen, vielleicht strahlen dann endlich mal die
Antagonisten, aber auch da ist irgendwie kein wirklicher Lichtblick
zu sehen. Dem Killmonger spendiert man zwar eine nachvollziehbare
Motivation und eine tragische Hintergrundgeschichte, aber er bleibt
im Kern Klischee. Andi Serkis' Ulysses Klaue ist da um einiges
besser gelungen, auch wenn er in vielen Szenen ins Overacting
abtriftet. Zumindest sieht man daran, dass es ihm wirklich Spaß
gemacht haben muss.
SPOILER! Inhalt
einblenden
Um so unverständlicher, dass man diese Figur
so unspektakulär hat sterben lassen. Schade!
Andere Figuren hinterließen leider auch einen etwas ambivalenten
Eindruck. Einerseits fand ich Martin Freemans Charkter in dem film
sehr gut, aber irgendwie blieb er ein Fremdkörper. Shuri, T'Challas
kleine Schwester, war auf der einen Seite die Entdeckung des
Filmes, auf der anderen Seite verhielt sie sich teilweise schlicht
dumm.
SPOILER! Inhalt
einblenden
Beispielsweise wenn sie ausgerechnet dem
CIA-Agent Ross schön alle Geheinmisse Wakandas ausplaudert, als
wäre das einfach nur Smaltalk.
Allgemein mag ich es eigentlich, wenn Filme aktuelle Themen, gerne
auch tiefgründigerer Natur, anschneiden, oder auch nur andeuten.
Ich erwarte dabei auch keinerlei Antworten zu bekommen, die
irgendwie die Probleme der Welt lösen würden. Aber ich mag es
nicht, wenn man das Gefühl nicht los wird, ein Thema nur deshalb
anzupacken, weil es gerade in aller Munde ist und daher leicht
vermarktbar von den Medien aufgenommen wird. Das ist für mich dann
wirklich Pseudotiefgang.
An sich ein interessantes Gedankenspiel: Ein Land, welches mitten
in der dritten Welt liegt, hätte die Möglichkeit durch schier
phantastische Ressourcen zu Helfen. Wie geht man damit um? Igelt
man sich ein und überlässt die anderen ihrem Schicksal? Hilft man
aus moralisch humanitären Gründen bis zur Selbstaufgabe? Geht man
dabei so weit das Wohl des eigenen Volkes, eventuell auch die
Identität und Existenz aufs Spiel zu setzen? Oder Wählt man einen
noch sehr viel radikaleren Weg? Oder irgendwas dazwischen?
Genau das ist neben dem eigentlichen, sehr persönlichen und
intiemen Plot die Frage in Black Panther. Natürlich spielt man
damit auf die Flüchtlingskriese, die Sorgen der dritten Welt und
die Unterdrückung der Afroamerikaner an. Damit liegt der Film voll
im Trend der aktuellen Debatten.
SPOILER! Inhalt
einblenden
Un dich fand es genial, dass am Ende Wakanda
quasi im reichen Westen, also der USA, mit Entwicklungshilfe
anfängt.
SPOILER! Inhalt
einblenden
Schön auch, dass im Laufe des Films viele
Meinungen, was die Lösung des Problems angeht, gezeigt werden.
T'Challa will den Status Quo halten. Seine Exfreundin will allen am
liebsten helfen, auch wenn dies das Ende Wakandas bedeuten könnte.
Allerdings ist ihr dann Tradition und ihre kulturelle Identität
doch irgendwann sehr wichtig, nämlich dann als jemand dem Wakanda
unrecht tat eindringt und alles radikal ändern möchte. Der wiederum
ist verständlicherweise derart desillussioniert, dass er die
Unterdrücker mit den eigenen Waffen schlagen möchte. Spannende
Positionen, die Menschen gegeneinander aufhetzen, die sich
eigentlich lieben. An sich sehr gut eingefangen. Fast schlüssiger
als die Motivationen die im Civil War die Marvel-Helden entzweiten.
Schade nur wie man das ganze dann auflöst.
Was ist schlecht daran, wenn Wakanda quasi zur Metapher für
aktuelle Probleme der Welt herhält? An sich nichts, aber man muss
das alles irgendwie auch wieder auflösen, eine Antwort geben, die
es eigentlich nicht wirklich gibt und zwar so, dass Wakanda und
T'Challa zwar für alle positiv besetzt bleiben, aber trotzdem auch
so erhalten bleiben wie zuvor. Man darf schließlich nichts wirklich
ändern.
SPOILER! Inhalt
einblenden
Das hat sich nämlich bisher nur Thor 3 gewagt
und das mit einer Radikalität, die ich erstaunlich fand.
Die Auflösung ist für meine Begriffe dann auch nicht wirklich gut
gelungen. Man macht es sich halt einfach und besinnt sich flux
darauf, dass man ja nur ein Unterhaltungsfilm ist. Hätte man die
Thematik nur angeschnitten und lediglich die verschiedenen
Meinungsansätze gezeigt, von humanitär bis radikal, wäre das mMn
besser gewesen als eine Auflösung zu erzwingen, die man nicht
wirklich geben kann.
SPOILER! Inhalt
einblenden
Disney-Like mit jeder Menge Zuckerguss.
Wakanda macht dann auch nichts wirklich neues, bahnbrechendes. Man
kommt schlicht zu den gleichen Lösungen wie der Westen seit
Jahrzehnten auch, ohne das es viel gebracht hätte. Man leistet
Entwicklunghilfe, tauscht Technologien aus und hält schöne Reden
vor der UN. Alle haben sich wieder lieb, Happy End. Und der böse
Antagonist, der ohne mit der Wimper zu zucken skrupellos agiert,
mordet und am ganzen Körper Narben als Trophäen für Tötungen hat,
ist am Ende nur der arme Junge, der nur den schönen Sonnenuntergang
sehen wollte.
Was bleibt ist ein etwas anderer Marvel-Film, der endlich mal in
Richtung epische Fantasy geht und es versteht das exotische Setting
erfrischent einzuarbeiten. Ein fader Beigeschmack bleibt, weil man
versucht durch mMn Oberflächlichkeiten Meinungsgruppen für sich zu
gewinnen, die dem ganzen eine tiefgreifendere Bedeutung geben, als
überhaupt Substanz dafür da ist. Black Panther ist für mich
genausowenig die Befreiung der Black Community, wie Wonder Woman
die Fackel der Emanzipation ist. Das geben reine Unterhaltungsfilme
dann doch nicht wirklich her.
Black Panther gelingt es, die deutlich vorhandene Marvel-Schablone
geschickt zu kaschieren, ist aber deshalb mMn nicht automatisch der
beste Marvel-Film bisher. Dafür gibt er für mich einfach viel zu
viel vor zu sein, als er leisten kann.
Ich gebe 7 von 10 Vibranium-Ketten
Herzliche Grüße
Arieve
______________________________________