Komme gerade aus dem Kino und verstehe die ganzen negativen
Kritiken absolut nicht. Haben die alle einen völlig anderen Film
gesehen? Sind Geschmäcker darart unterscheidlich? Anscheinend
schon...
Kurz zu meinem Hintergrund:
Ich habe in meinem Leben einen einzigen Batman-Comic gelesen und
das war ein Heft irgendwann in den 80ern. Ansonsten war ich zwar
Comic-Leser, aber nichts mit Superhelden. Superman kenne ich aus
den Filmen, die ich irgedwann mal als Kind gesehen habe und an die
ich mich nicht wirklich erinnern kann. Dann war da noch diese Serie
"Lois & Clark" die ich ganz witzig fand, aber Superman war mir
trotzdem immer etwas zu langweilig. Batman fand ich immer cooler,
ohne ihn wirklich zu kennen. Die alten Filme (ab "Batman hält die
Welt in Atem") fand ich durch die Bank weg zu bunt und zu albern
für die Gothik-Atmosphäre (in der Tradition der alten Klassiker aus
dem 19. Jhd.) für die Batman bei mir schon immer stand. Ab Nolans
DK-Trilogie hatte mich das Comic-Genre filmisch aber eingefangen.
Ich mag Marvel, auch wenn die Filme bis auf ein paar mehr Fun als
anspruchsvoll sind. "Superman Returns" fand ich stink langweilig,
aber MOS hat mich dann wiederum gepackt. Endlich mal ein Superman
mit einem realistischeren Ansatz war seinen Charakter, Beweggründe
und "Innenleben" angeht. Also war ich trotz der teilweise
katastrophalen Kritiken gespannt auf BvS und bin ehrlich gesagt
begeistert.
Vorab gesagt gebe ich dem Film 8,5/10, denn er hat seine Schwächen
und kommt für mich nicht ganz an Nolans Filme heran. Trotzdem finde
ich ihn sehr gut, unterhaltsam und auch ich als Comic-Nichtkenner
konnte gut folgen.
Episodenhaft? Nein, eher mehrere Handlungsfäden, -perspektiven und
-orte die verwoben werden, wie in einem guten Roman. Letztlich wird
alles mehr oder weniger zusammengeführt, wobei (ähnlich MOS)
einiges zum nächsten Film führt, was dort sicherlich erklärt wird.
Aber die Handlung ist trotzdem in sich geschlossen und das auch in
befriedigender Weise, wie ich finde.
Zu düster? Düster ja, aber das habe ich erwartet, aber nicht zu
düster. Absolut nicht! Es gab sogar mehr Witz als bei MOS und das
waren für mich allesamt gute Pointen.
Lex Luther schlecht? Bitte? BITTE? OK, gnadenloses Overakting, aber
genial gemacht. Der Mann ist so ein komplexer Charakter, da hat man
jede Menge herauslesen können aus seinen Reaktionen, seinen
Formulierungen, seinem Handeln. Wir haben nie wirklich seine
Beweggründe sehen können, aber man konnte trotzdem so viel
herauslesen. Ich bin gespannt wann wir mehr von Lex Luthers
Hintergründen erfahren. Ich fand Eisenberg in der Rolle
genial!
Batman ein Killer und Massenmörder? Welchen Film haben die Leute
bitte gesehen? Grimmig ja, Zornig auch, desillusioniert, zynisch,
verbittert und traumatisiert, aber mehr auch nicht. Ich habe selten
einen tiefgründigeren Batman-Charakter gesehen als hier. Eigentlich
mag ich Ben Affleck nicht, aber er hat mir einen für mich
realistischen, traumatisierten Kämpfer gezeigt. Das Trauma war
jederzeit greifbar, anders als Tony Stark in IM3. Und witzigerweise
hat sich das sehr deutlich in der "Martha"-Szene gezeigt, die hier
einige so verspotten. Für mich war das absolut stimmig"
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Und Batman ist danach keinesfalls der "best
Buddy" von Supes. Er merkt nur sehr schnell danach, dass er
manipuliert wurde und das gefällt ihm begreiflicherweise so
überhaupt nicht. Das "Martha"-Ding war imho sehr stimmig und
nachvollziehbar eingebaut und dieste nur dazu, dass Batman endlich
mal innehält und zuhört.
Superman, WonderWoman, Alfred und Perry White waren sehr gut
gespielt und hatten ihre Szenen. Hat mir ausnehmend gut
gefallen!
Lois Lane war lediglich "Prinzessin in Nöten"? OK, sie wurde
zweimal von Superman gerettet, aber sie war immer noch die toughe
Journalistin.
SPOILER! Inhalt
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Dass sie in Afrika in die Falle gelockt wurde,
dafür kann sie nichts. Beim zweiten mal bringt sie sich zwar selbst
in Gefahr, aber sie schaltet schnell, versucht den Speer zu holen
und da passiert eben das Missgeschick. Finde ich jetzt eher
realistisch als, wenn immer alles funktioniert hätte.
Der Film hatte keine Story? Kann ich nicht sagen. Er hatte für mich
sogar eine sehr intelligente. Zwar hat er keine dieser
intelligenten Subebenen wie bei den Nolan-Filmen, aber zum einen
hat er mich sehr gut unterhalten und zum anderen thematisiert er
eine ganze Menge tiefgründiger Themen. Er reißt sie nicht nur kurz
an, er zeigt sie fast schon mataphorisch. Vielleicht beantwortet er
die moralisch/ethischen Fragen nicht für jeden befriedigend genug,
aber das will er auch nicht. Vielleicht auch weil es auf viele der
Fragen nicht DIE EINE richtige Antwort gibt. Dafür regt er sehr
deutlich zum Nachdenken darüber an und das imho richtig gut. Ohne
zu deutlichem Holzhammer und Zeigefinger und all das.
Daneben war er für mich auch noch ein unterhaltsames Stück
Blockbusterkino, wie ich das mag. Und ich freu mich jetzt schon auf
die Langfassung.
Die Traumsequenzen und Cameos waren stimmig und klar erkenn- und
verstehbar eingearbeitet. Einzig die Vision, die Batman am Computer
hat kann ich nicht so recht zuordnen, aber es wird immerhin
deutlich, dass sie für "später", sprich in einem zukünftigen Film
wichtig werden wird.
Und ehrlich gesagt ist BvS endlich, ENDLICH, mal ein Film, der
nicht alles und jedes groß und breit erklärt. Man bekommt nur das
an Rückblenden gezeigt, was unbedingt nötig ist, die Motivation der
Figuren zu verstehen. Ansonsten handeln sie innerhalb ihres
Kontextes nachvollziehbar und stimmig. Hatte keinen einzigen
Facepalm-Moment und das kommt nicht wirklich oft vor. Vieles ergibt
sich aus dem Kontext und das meine ich jetzt nicht unbedingt aus
dem gesprochenen, sondern aus Verhalten, Modulation, Gesten und
Mimik. Neben der wirklich umwerfenden Bildsprache natürlich.
Logiklöcher? Ja, die gibt es wirklich, aber nicht mehr und nocht
größer als bei anderen guten Filmen auch. Es gibt jede Menge Filme,
bei denen die Logiklöcher so riesig sind, dass sie mich aus dem
Film werfen, hier nicht. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass
der extended Cut, oder ein späterer Film noch einiges mehr
aufklärt.
Die Action usw. war auch OK, wie einer guten Comicverfilmung eben
gebührt. Der Film nimmt sich sehr viel Zeit für die Charaktere und
das gelingt ihm ausgezeichnet. Die Action und Klopperei ist dann
eine Zugabe, die sein muss und auch gut gemacht ist. Aber an sich
ist es ein Film über den Charakter von Batman und Superman, der
sehr vieles an diesen Charakteren sehr gut beleuchtet,
nachvollziehbar und erlebbar macht. Insofern folgt der Film für
mich etwas dem realistischeren Ansatz von Nolan.
Ich weiß natürlich, dass jede Menge User hier vieles völlig anders
sehen, aber für mich hat BvS sehr gut funktioniert und er war für
mich weder flach, noch mies, noch pseudointelligent.
Viele stickmatisieren Filme mit dem Todschagargument sie hatten
angeblich einen Pseudotiefgang, indem um des effektes Willen mit
philosophischen Phrasen und Anspielungen auf Religion, Philosophie
und Wasweißich um sich geworfen wird angeblich um dumme Zuschauer
zu fangen, weil sie sich dann intelligenter fühlen würden und dem
Film eine Tiefe zusprechen, den er angeblich nicht hat. Sowas mag
es geben, aber oftmals frage ich mich warum die Leute, die solche
Argumente ins Feld führen, den für mich deutlich erkennbaren roten
Faden der vorhandenen Metaebene nicht erkennen, oder nicht
verstehen, dass manche Filme eine hintergründige Hauptthematik
haben, die viele dazu bringt sich über tiefgründiges Gedanken zu
machen und miteinander über diese Dinge zu diskutieren, als eine
Kommunikation anregt.
BvS ist für mich solch ein Film, der das schafft, was ihn von
üblichen Fun-Blockbustern deutlich abhebt. wie gesagt, für mich
zumindest und anscheinend für viele andere auch.
Herzliche Grüße
Arieve
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