Wohin dieser Film führt, ist jedem Zuschauer bekannt. Osama bin Laden wird von einer amerikanischen Spezialeinheit auf seinem Anwesen in Pakistan erschossen. Worum es in "Zero Dark Thirty" aber eigentlich geht ist etwas anderes. Im Mittelpunkt stehen die zehn Jahre langwieriger Ermittlungsarbeit, die letztendlich zur Tötung des Terroristenführers geführt haben.
Man sagt gerne "Nichts ist so spannend wie das Leben selbst." und tatsächlich trifft das auch in diesem Fall zu. Der Fakt, dass es sich nicht um eine fiktive Storyline handelt, sondern die ganze Thematik und auch viele enthaltene Elemente der Realität entstammen, verleiht dem Film eine ganz eigene Wirkung. Natürlich bleibt der Film für den Betrachter ein Film, denn es handelt sich nicht um eine Dokumentation. Gerade deshalb ertappt man sich aber immer wieder bei dem Gedanken, dass das Gesehene tatsächlich passiert ist. Mitunter führt dies auch zum einem Zwiespalt zwischen Unterhaltung und Betroffenheit, vor allem dann wenn in recht drastischen Bildern von Folter und Verhören erzählt wird. Und natürlich darf man sich die Frage stellen ob eine Thematik wie diese, mit der viele tragische Schicksale verknüpft sind zu einem Hollywood-Spektakel verarbeitet werden muss. Ob man auf diesem Weg das Bewusstsein von Menschen, die Politik normalerweise nicht erreicht, für die Geschehnisse in der Welt schärfen und Aufklärungsarbeit leisten kann, oder ob es lediglich um die Inszenierung einer Heldengeschichte und das Glorifizieren der eigenen Macht geht. Glücklicherweise ist "Zero Dark Thirty" keiner dieser vor Patriotismus triefender Action-Streifen und vermutlich wäre eine solche Umsetzung auch gar nicht möglich gewesen. Denn dass der Weg, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 begann kein makelloser Siegeszug war ist hinlänglich bekannt.
Viel mehr stehen die einzelnen Personen, die an der Operation beteiligt waren, deren Gefühlslage, Ängste, Zweifel und Hoffnungen im Mittelpunkt. Über Jahre hinweg versuchen sie bruchstückhafte Informationen von Gefangenen, die unter anderem als Kuriere für das Terrornetzwerk gearbeitet haben, zu einem großen Ganzen zusammenzusetzen und so Aufschluss darüber zu erhalten wo sich bin Laden und seine Vertrauten aufhalten und was ihre nächsten Schritte sind. Um entsprechende Aussagen zu bekommen wird in den Verhören, die eines der zentralen Elemente des Films darstellen, auch auf Methoden zurückgegriffen, von denen man zwar vielleicht gehört hat, die aber auf der Leinwand nochmal eine ganz andere Art von Brutalität entwickeln. Ebenso geht es aber auch um die Analyse und Verknüpfung von Videoschnipseln, Dokumenten mit verschiedenen Theorien über den Verbleib diverser gesuchter Männer und deren Beziehungen zu Osama bin Laden. Bindeglied zwischen den Handlungssträngen ist dabei die CIA-Analystin Maya, die, gespielt von Jessica Chastain, die Ermittlungen aus dem Hintergrund überwacht und lenkt. Chastain erhielt für diese Rolle einen Golden Globe als beste Hauptdarstellerin in einem Drama.
Den Abschluss des Films bildet dann der finale Zugriff auf den Gebäudekomplex in dem bin Laden vermutet und auch gefunden wird. Dieser ist, so scheint es zumindest, minutiös dem echten Einsatz nachempfunden und stellt den Ablauf der Operation, sofern man das beurteilen kann, sehr realistisch dar - kein hitziges Feuergefecht mit Rambo-Attitüde, sondern vielmehr eine hoch professionelle und taktisch geprägte Aktion.
Was nun von der Handlung genau dokumentiert und was frei interpretiert ist vermag ich nicht zu sagen. Das Gesamtkonstrukt aber vermittelt einem nicht eine weitere Heldensaga, sondern gewährt, ohne zu glorifizieren, einen Einblick in den Alltag von Geheimdiensten und Soldaten, die fernab der Heimat für ihr Land im Einsatz sind. Dieser Aspekt der Realitätsnähe ist es auch, der die Attraktivität des Filmes ausmacht. Die Brisanz des Inhaltes tut ihr Übriges zu einem Kinoabend, der neben reichlich Gesprächsstoff trotzdem auch für Unterhaltung sorgt.
bewertet am 05.06.13 um 17:28