"Collateral" ist entweder ein äußers überragender Actionthriller oder ein Meisterwerk eines psychologischen Dramas. Das mag nach dem Geschmack des Zuschauers gehen. Für mich ist er beides. Michael Mann hat es geschafft das fantastische Drehbuch Stuart Beatties brilliant umzusetzen. Die Geschichte beginnt gewöhnlich, nimmt aber schnell an Fahrt auf. Eine tödliche Fahrt.
Es gibt unzählige Besonderheiten, die man über "Collateral" aufzählen kann. Einerseits ist die Beziehung der Hauptprotagonisten, denen von Tom Cruise und Jamie Foxx Leben eingehaucht wird, in der Verbindung mit dem Zeitformat spannend. Die Geschichte umspannt einzig und allein eine Nacht von 18 Uhr abends bis ca. 2 Uhr am nächsten Morgen. Keine Rückblenden, Zeitsprünge - man befindet sich stets unmittelbar im Moment an Ort und Stelle.
Was mich zum nächsten Punkt bringt: Michael Mann und seine Crew haben es geschafft, perfekte Drehorte in Los Angeles zu finden. Stets sieht man die sehenswerte Skyline im Hintergrund - auch wenn es die noch zu düsterste Nebengasse ist. Auch eine Innenszenen ist überragend inszeniert, in der man nur die Sillhoueten der Charaktere sieht und im Hintergrund die nächtlichen Lichter von Downtown Los Angeles. Hier hat er sich sogar mit dem Secret Service anlegen müssen, um drehen zu dürfen. Die Aufnahmen im Film sprechen Bände.
Und Bände ist das Stichwort: Mann hat beschlossen andere Wege zu gehen als seine Kollegen und drehte 85 Prozent des Films in High Definition. Einige der Schauspieler wie Jamie Foxx mag das gestört haben, da hier nun die Drehphasen am Stück erheblich länger waren. Der Zuschauer profitiert aber extrem von dieser Technik. Noch so schlecht ausgeleuchtete Szenen sehen super aus. Man erkennt in Außenaufnahmen jedes noch so weit enfternte Gebäude, Pflanzen oder auch die teilweise einsame und triste Weite der L.A.-Umgebung. Natürlich gibt es wie in "Miami Vice" wieder Szenen, die viel Filmkorn beinhalten. Dies ist aber ein bewährtes Stilmittel von Michael Mann und kann der (eben geschilderten brillianten) technischen Arbeit nicht zugeschoben werden. Man muss aber auch erwähnen, dass diese Szenen nicht Überhand nehmen.
Michael Mann-typisch baut sich die Story immer weiter auf und aus. Die Charaktere entwickeln sich teilweise, das Selbige tut aber auch der Zuschauer. Da der Film direkt in einer Alltagssituation beginnt, weiß man zu Beginn noch nichts über die Charaktere. Wie genau deren Geschichte, Verhaltensweisen und Hintergründe herausgearbeitet wurden, zeigt sich spätestens im sehr zu empfehlenden Audiokommentar. Auf die Charaktere und Handlung gehe ich nicht näher ein, da der geneigte Leser ja noch etwas vom Film haben und Michael Manns "Collateral" in seiner ganzen Pracht erleben soll.
Achja: Damit Statham-Fans, wozu ich mich auch zähle, nicht enttäuscht werden muss ich noch erwähnen, dass er nur in der Eröffnungssequenz einen witzigen Gastauftritt hat. Aber ich muss sagen, dass er auch an keiner Stelle fehlt.
Zur Technik: Für mich ist diese Scheibe eine Referenzdisk. Das Bild bietet Schärfe, Schwarzwert, Kontrast, aber auch Filmkorn auf hohem Niveau an. Über Letzteres hab ich ja bereits oben schon meine Wertung verloren. Auch der (englische DTS HD MA-)Sound klingt druckvoll und klar aufgelöst aus den Boxen.
Das Bonusmaterial wird hier auf bluray-disc.de leider sehr unvollständig aufgeführt. Enthalten sind ein Audiokommentar von Michael Mann, das Making of, Speziallieferung-Featurette, Entfernte Szenen mit Michael Manns Kommentar, Filmen am Set: Annies Office, Tom Cruise & Jamie Foxx Proben und Visuelle Effekte: MTA Zug allessamt in Standard Definition sowie den Teaser- und Kinotrailer in HD.
Das alles ist sehr aufschlussreich und bietet zwar nicht enorme Laufspielzeit, aber quasi das gesamte Hintergrundwissen zum Film. Denn Michael Mann hat sich dem Drehbuch augenblicklich nicht wegen den tiefen Charakterstudien oder der spannenden Handlung wegen angenommen. In seiner Familiengeschichte ist das Taxifahren tief verwurzelt. Das gepaart mit seiner Liebe zu Los Angeles (Das Drehbuch war ursprünglich für eine New Yorker Russenmafia-Geschichte entworfen.) hat ihn wohl dazu getrieben. ;-)
bewertet am 11.08.10 um 07:21