Weiß-Grün-Malerei oder doch tiefgründiger als erwartet?:
Wicked“ ist ein Musical, das in vielen Passagen durchaus gut ist, aber gleichzeitig auch Schwächen zeigt, die fast schon so hanebüchen wirken wie ein Disney-Film. Besonders in der Produktion wird sehr darauf geachtet, dass man in jeder Szene einen Schwarzen, einen Asiaten und übergewichtige Menschen hat. Vor allem in den Anfangsszenen fällt dies stark auf. Hätte ja nichts dagegen, wenn man beim Casting wirklich die besten Schauspieler gefunden hätte, die für die Rollen am besten passten, aber das Publikum weiß längst, welche Spielchen Hollywood seit Jahren spielt. Und eigentlich war das gar nicht nötig, denn die Figur der Elphaba, die von Geburt an grün ist und somit anders, ausgegrenzt wird, hätte das Thema der Ausgrenzung auf eine viel tiefgründigere Art behandeln können. Doch im Film wird diese Thematik in eine multikulturelle Gesellschaft eingebaut, in der sich jeder respektiert und alle lieb zueinander sind, im Motto „alle sind gleich“. In dieser Welt von „Wicked“ bekommt man Rassismus zu sehen, was nicht gerade der Sichtweise der Woke- und Cancel-Culture-Supporter entspricht.Vor allem wenn das multikulturelle nicht funktioniert und es eben Rassismus untereinander gibt.
Was der Film seinem Publikum abverlangte:
Ich habe den Film oft mit Spike Lees „Malcolm X“ verglichen. Der Unterschied ist jedoch, dass Spike Lee nie versucht, das Publikum zu bekehren. Er stellt jedem Zuschauer die Frage: „Wie denkst du darüber? Welcher Meinung bist du?“ In „Wicked“ geht es jedoch darum, das Publikum auf Toleranz hinzuweisen und diese zu erzwingen. Obwohl der Film durchaus einige Fettnäpfchen tritt. Zum Beispiel, als Glinda ihren rothaarigen Freund bittet, mit dem schwarzen Mädchen im Rollstuhl auszugehen, anstatt mit ihr, um sie glücklich zu machen – was jedoch keine humanistische Absicht von Glinda war, sondern sie wollte einfach nicht mit rothaarigen Jungen auszugehen, sondern lieber mit einem anderen Junge.
Das menschliche Ego trifft auf Politik:
Glinda wird oft als das schöne, weiße Mädchen ohne IQ dargestellt, das bei der oberen Elite nicht gut ankommt und froh sein muss, überhaupt an der Schule akzeptiert zu werden. Nur durch die Hilfe von Elphaba schafft sie es und bekommt Aufmerksamkeit. Sie ist ein Außenseiter, der einen asiatischen Jungen mit Brille und eine übergewichtige Person als Freunde hat, und durch ihr schönes Aussehen steht Prinz Fiyero auf sie. Die Elite der Politik in Oz scheint auf einem hierarchischen System zu basieren, in dem die Tiere das größte Übel darstellen und durch Propaganda langsam ausgelöscht werden sollen. Das Volk wird instrumentalisiert, um dies zu glauben, ohne dass es wirklich radikalisiert wird. Der Zauberer von Oz ist der Mann, der die Macht hat, vieles zu entscheiden, Propaganda zu führen und Feindbilder zu erschaffen. Doch der Zauberer von Oz kann Rede halten und überzeugen, ist aber in Wirklichkeit nur ein Mann mit Macht und hat nicht einmal das Talent zu zaubern – eine subtile Anspielung auf Donald Trump.
Alter kalter Kaffee:
Der Film erzählt natürlich nichts Neues und bezieht sich wieder auf eine altbekannte Marke. Die Geschichte der bösen Hexe wird erzählt, und das finde ich gut, denn niemand wird einfach so böse geboren. Es sind immer die Umstände, die dazu führen – wie bei Malcolm X, wo es ebenfalls die Umstände waren, die ihn zu seinen extremen Reden führten, obwohl er eigentlich nicht böse war, sondern einfach von denen, die nicht seiner Meinung waren, als solcher gesehen wurde. Auch in „Wicked“ sind die „Bösen“ die Politiker, die Elite, vertreten durch den Zauberer von Oz oder die Schuldirektorin. Die sogenannte böse Hexe setzt sich für das Wohl der Tiere ein, die angeblich ausgemustert werden und immer weniger Rechte bekommen.
Die Minuten ohne Ende:
„Wicked“ wird als Kinderfilm verkauft, ist aber keiner. Man kann kein Kind fast drei Stunden lang diesen Film zumuten. Der „Zauberer von Oz“ hatte damals etwa 90 Minuten, aber heute muss alles übertrieben lang gehen, auch wenn die Filme keine wirkliche Story haben. Ich verstehe Epen wie „Ben Hur“, warum sie länger gehen, aber heutzutage weiß der Mainstream einfach nicht mehr, wie man unterhaltsame Filme für das Blockbuster-Kino macht. Heute würden auch die Ninja-Filme der 80er drei Stunden dauern, oder stellt euch vor, „Karate Tiger“ würde drei Stunden lang gehen? Das wäre absurd! Aber heutzutage werden Filme mit einer Laufzeit von mindestens 140 Minuten gedreht, sogar die banalen „Bond“-Filme dauern mittlerweile so lange.
Fazit:
„Wicked“ ist ein Musical, das schlichtweg sehr schnell vergessen wird, im Gegensatz zum „Zauberer von Oz“. Das Traurige ist noch, dass es einen zweiten Film geben wird, und dieser Film wird auf keine Weise zu einem Abschluss kommen. Auf diese Art kann Hollywood keine Klassiker schaffen, wenn in fast keinem dieser Filme ein Abschluss mehr zu finden ist. Stellt euch vor, „Ben Hur“ oder „Titanic“ hätten keinen Abschluss gefunden, und man müsste ein Jahr warten, um weiterzusehen, was passiert. Das ist ein Trend, der dem Film nichts Gutes tut. „Wicked“ hätte wirklich etwas Großes werden können, wenn es etwas Neues erschaffen hätte und sich nicht an einer altbekannten Marke bedient hätte. Wenn man die ganze Story gesehen hätte und nicht auf zwei oder gar drei Teile gesetzt hätte, wäre der Film wahrscheinlich in zwei Stunden sehr gut erzählt worden und hätte denselben Effekt erzielt. So, wie er jetzt dasteht, ist er einfach zu lang und teilweise auch langweilig. Opulente Bilder und talentierte Darsteller sind nicht zu bestreiten, und ohne Zweifel steckt viel Herz in diesem Projekt. Doch letzten Endes ist der Film nur Durchschnitt und lässt den Zuschauer eher unbefriedigt zurück.
bewertet am 07.03.25 um 09:43