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Rund ein Jahr ist vergangen, als ich zum ersten Mal hier die Blog-Funktion nutzte, um über einen meiner Lieblingswestern zu schreiben: "Keoma", einer von vielen Italowestern, die in der Öffentlichkeit zu schnell als brutaler, billiger Einheitsbrei abgestempelt wird. Der Ruhm und die Anerkennung bekommt in diesem Genre eigentlich nur der Schöpfer Sergio Leone und manchmal auch sein härtester Konkurrent Sergio Corbucci. Dabei gibt es noch genügend geniale Western, die in den 60ern und 70ern in Italien bzw. Spanien entstanden sind.

 

Aus diesem Grunde schreibe ich nun ungefähr ein Jahr hier für meine kleine Leserschaft, um ihr dieses Genre und die Zeit näher zu bringen.

 

Doch dieser Blog besteht nicht bloß aus Selbstbeweihräucherung, sondern soll auch einen informativen Part bieten. Dieses Mal möchte ich einen unter Kennern schon längst als Kult gehandelten Film vorstellen: "Ein Dollar zwischen den Zähnen".

 

Wer nur einen kurzen Blick auf den Film wirft, der wird diesen als reine "Für eine Handvoll Dollar"-Kopie halten, jedoch steckt mehr in diesem Streifen von Luigi Vanzi aus dem Jahr 1967:

 

Tony Anthony spielt den "Stranger", den namenlosen Fremden, der in eine leere mexikanische Stadt einritt und Banditen bei einem Geldraub von amerikanischen Soldaten hilft. Er versucht sich mit den Dollars aus dem Staub zu machen, jedoch glückt dies nicht, er wird gefangen genommen und von ihnen ordentlich vermöbelt. Zum Schluss folgt dann die große Rache des Helden bzw. Antihelden.

 

Das der Plot auf diese paar Zeilen passt, liegt nicht zuletzt daran, dass neben Anthony nur Frank Wolff ("Leichen pflastern seinen Weg") als Anführer der mexikanischen Banditen mehr als ein paar kurze Szenen hat und, wie so oft, wirklich glänzt in seiner Rolle.

 

Doch was macht diesen Western so einzigartig? Seine Stimmung: So spartanisch ist kaum ein Film im Genre, wo beim Vorbild noch Joseph Egger (siehe Blog Nr. 5) als kauziger Sargmacher und Wolfgang Lukschy als Barmann die Sache etwas auflockerten, stand hier nichts als der Konflikt zwischen dem Mann mit Poncho (bzw. zwei ollen Hundedecken) und den Amigos im Vordergrund. Anders als Eastwood ist Anthony absolut skrupellos, d.h. er schießt Leuten auch mal in den Rücken, labert nicht viel herum und schreckt auch nicht davor zurück der Dame unter den Banditen das Genick zu brechen. So dreckig war Italowestern selten.

 

Die Synchronfassung steht ganz im Zeichen des Vorbildes von Leone, so bekam Anthony Klaus Kindler als Sprecher verpasst, damit die Ähnlichkeit zu Eastwood noch mal gesteigert werden kann. Frank Wolff bekommt Arnold Marquis und der einzige andere Bandit der des Öfteren Sprecheinlagen hatte, Rainer Brandt zum Sprecher.

 

Für den Amerikaner Tony Anthony war es die Rolle seines Lebens, in die er (immer in etwas abgewandelter Form) noch ein paar weitere Male zurückkehrte. Anders als Wolff, der sich 1971 das Leben nahm, fand sich der US-Amerikaner Anthony damit ab, "nur" in europäischen Produktionen mitzuwirken.

 

Nachdem er mit Vanzi zwei weitere Filme iszenierte, die heut gern zu einer inoffiziellen Tony Anthony "Stranger" Trilogie zusammengefasst werden, kooperierte er mit Regisseur Ferdinando Baldi, der sonst eigentlich solch unoriginelle nahezu - Plagiate zu Stande brachte, wie die Butch und Toby Filme (siehe Blog Nr. 2). Doch "Blindman - der Vollstrecker" (1971) war alles andere als das, im Gegenteil, er war ein gewagter Sonderling unter den Spaghettiwestern, denn er handelt von einem blinden Revolverhelden, natürlich von Anthony verkörpert. Die Idee stammt übrigens vom blinden Samurai "Zat?ichi".

 

Zum Plot: Der Blinde soll 50 Frauen zu Minenarbeitern in Texas bringen, damit diese sie heiraten können (hört sich bekloppt an, bringt aber effektiv eine Menge nackte Haut und macht ordentlich was her), diese werden aber vom Mexikaner Domingo und seiner Bande entführt, so verschlägt es den Blinden in jenes südlich der USA gelegene Land. So beginnt ein hin und her um diese 50 Frauen, bei dem die mexikanische Armee auch noch seine Finger im Spiel hat. Der Bruder von Domingo wird übrigens von Ringo Starr gespielt.

 

Doch die Story ist es nicht, die einen an diesem Streifen fasziniert, sondern, wie der Blinde all diese brenzligen Situationen meistert. Er wirkt auf der einen Seite nicht so lässig wie die sonstigen Rächer, doch gerade dann schafft der Film einen mitzureißen, da man so etwas vorher noch nicht zu Gesicht bekam. Dies fasziniert von der ersten Minute an. Dazu kommen die "bösen", die in diesem Streifen gut miteinander harmonieren, und jede Menge klassische Gewalt. Zwar sind manche Szenen etwas unlogisch, aber darüber sieht man gern hinweg.



Als einziges Manko könnte man anführen, dass man von einem Film, in welchem 1/4 der Beatles mitwirkt, einen interessanteren Soundtrack erwartet, was man bekommt ist die Standardmusik, wie man sie in jedem 0815 George Hilton Ulk-Streifen hört.

 Ringo

Zur (meistens) glaubhaften Darstellung des Blinden durch Tony Anthony kommt, dass Baldi anscheinend mehr Budget zur Verfügung hatte als sonst, so konnten verschiedene teils großräumige Kulissen geschaffen werden. Die gnadenlose Gewalt - auch gegenüber Frauen, wurde übrigens von "Ein Dollar zwischen den Zähnen" übernommen. Für mich ist "Blindman" eine wahrhafte Italoperle, die man gesehen haben sollte!

 

Die deutsche Synchronfassung kann auch diesmal überzeugen, obwohl mit Rolf Schult nicht unbedingt ein erste Wahl Sprecher (für meinen Geschmack) den Part des Blinden übernahm.

 

Beflügelt von dieser Glanzleistung, versuchten Baldi und Anthony ihr Glück mit anderen merkwürdigen Westernvariationen, wie einem Fantasy-Spaghettiwestern-Mix oder einem 3D-Western... die Resultate waren allerdings erwartungsgemäß durchwachsen. Jedoch muss unbedingt gesagt werden, wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

 

Zum Schluss: Viele gute Themen wurden schon abgegrast, einige wirklich tolle Filme schon genannt. Aber ich habe Sicherheitsmaßnahmen getroffen, um auch das nächste Jahr mit Blogs zu guten und manchmal auch schlechten Italowestern zu füllen, so hab ich angefangen über Militärfilme zu schreiben und auch in Zukunft will ich mich immer wieder vom Kern entfernen, aber werde immer wieder zu ihm zurückkehren. Viele Themen stehen noch auf meiner Liste: Klaus Kinskis Werk, die Sartana-Reihe, die "Sergio Sollima Trilogie", weitere Django-Knaller und viel anderes. Vielleicht auch über die weiteren Filme mit Tony Anthony, wer weiß...

 

Zur Einstimmung auf das zweite Jahr, hier ein ultimatives Video, welches jedem Lust auf ein paar blutige Dollars, harte Fäuste und blaue Bohnen machen sollte: Viel Spaß und vielen Dank an die Leser und die Ersteller dieses genialen Clips:

 



Die Quellen der Bilder sind die jeweiligen DVD/Blu-Ray/VHS-Veröffentlichungen oder 
TV-Mitschnitte


Lang lang ist's her, als ich das letzte Mal meinen Blog befeuerte, nun geht es aber weiter:

 

Hier in Deutschland war ein grundsätzlicher Bestandteil des Italowestern seine teils sinnlose Betitelung. Aus "The good, the bad and the ugly" wurden "Zwei glorreiche Halunken" usw. Dabei war es irgendwann gar nicht mehr so leicht, zwischen guten Western von Leone, Corbucci etc. und eher "mülligen" Kandidaten anhand des Titels zu unterscheiden.

 

Die Filme mit Django im Titel waren wohl der extremste Fall von verfälschten Titeln.

 

Das beste Beispiel für den Irrsinn, der sich durch das ganze Genre zog, war wohl "Gott vergibt - Django nie", der erste Film mit Terence Hill und Bud Spencer als Duo. In der deutschen Urfassung war Hill Django. "Dio perdona ... io no" ist übrigens der italienische Titel - zu deutsch: "Gott vergibt... ich nicht". Ursprünglich sollte er "Der Hund, die Katze und der Fuchs" in Italien heißen, als Anspielung auf oben genannten Leone-Streifen.

Im Zuge des Spencer/Hill Booms in den 70ern wurde der Titel immer weiter verfremdet. Zunächst wurden beide gleichgesetzt ("Gott vergibt - wir beide nie") und später, als er auf lustig umsynchronisiert wurde (was nicht wirklich gelang), taufte man ihn "Zwei vom Affen gebissen" und Hill hieß nun übrigens Joe, wie in den Halleluja Streifen, wo er international eigentlich "Trinity" heißt. Den Originaltitel erhielt der Film übrigens nie in Deutschland.

 

... kompliziert, kompliziert...

 

Merkwürdigerweise scheint diese Machenschaft auf magische Weise mit italienischen Western einher zu gehen. Mit "Doc West" kam letztes Jahr ein neuer Terence Hill Western auf den DVD/Blu-Ray Markt, den man in Deutschland mit dem vollkommen unsinnigen Untertitel "Nobody ist zurück" vermarktete.

 

Eigentlich sollte dieser Blog einzig von Django-Western handeln, die durch die Anwesenheit von Franco Nero zu einem Django wurden, also zurück zum Thema:

 

1966 kam der originale Django von Corbucci in die Kinos und entwickelte sich in Deutschland schnell zum großen Erfolg. Da man hier verpasste, den Franco Nero Western "Texas addio" (Texas Adios) vor Django zu synchronisieren (der Film kam in Italien vor Django ins Kino), machte man hier erstmals vom Namen der Figur Gebrauch, obwohl der Film nicht davon handelt. "Django 2" oder "Django, der Rächer" waren die Titel für diesen Streifen, der erstmals den Anspruch erhebt, der echte Nachfolger der Klassikers zu sein.  Diesem folgte rasch "Django (3) - Sein Gesangbuch war der Colt".

 

Beide Titel waren sich in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich: nicht nur, dass beide Male (und im Original) Nero von Gert Günther Hoffmann gesprochen wurde und die Synchronfassung von Karlheinz Brunnemann stammte, auch die Story hatte starke Parallelen.

 

Im "Rächer" begleitete ihn sein kleiner Bruder nach Mexiko, wo er den Mörder ihres Vaters rächen will. Dort warten jede Menge bleihaltige Schießereien und Ärger mit dem (natürlich) sehr einflussreichen Mörder auf sie.

 

Im dritten Teil kommt Django in seine alte Heimatstadt, wo sein stets trunkener Bruder (George Hilton, sehr gute Rolle) und seine Stiefmutter nicht mehr auf dem alten Hof, sondern in einer ollen Absteige wohnen. Sein Bruder will ihn sofort wieder wegschicken, denn es geht etwas vor in der Familie Scott, der quasi die ganze Stadt gehört.

 

Nicht nur, dass beide Male der Bruder eine Schlüsselfigur ist, es gibt auch familiäre Verstrickungen um Väter...

Zwar sind beide Titel bei weitem nicht so gut inszeniert und designt wie der "echte", wirken ein wenig unoriginell und vorhersehbar, jedoch hält vor allem Nero als falscher Django die Filme auf Kurs, was sich in den folgenden Jahren mit immer schlechteren Schauspielern noch ändern sollte. Auch die Ballereien und vor allem ein sehr gut choreografierter Peitschenkampf im "Gesangbuch" waren wieder einmal erstklassig.

 

Der dritte fälschlicherweise als Django betitelte Streifen mit Nero ist "Mit Django kam der Tod" (1968), der im doppelten Sinne eine Mogelpackung war, denn es ist nicht einmal ein richtiger Western, er spielt eigentlich auch nicht in Mexiko, sondern in Spanien und ist eigentlich eine Abwandlung des französischen Opernstückes Carmen, aber das kümmerte damals wohl niemanden

 

Django - diesmal Offizier beim Militär verliebt sich in die Zigeunerin Conchita/Carmen (Tina Aumont), die er in den Bau bringen soll, doch die entkommt. Nun wird er degradiert und muss sie wieder einfangen. Die Themen Liebe und Eifersucht, die Django fast in den Wahnsinn treiben, sind absolut untypisch für einen Italowestern und dadurch ist der Film auch interessant, wenngleich ich ihn nicht zu den besten zähle. Man darf sich übrigens auf Klaus Kinski als Gatten von Conchita freuen, dessen Rolle allerdings zu kurz geraten ist, anders als Nero kann er nicht zeigen, was er kann.

 

Da Brunnemann und Brandt wieder mal die Synchronfassung erstellten, wurde dieser Film auf Django umgetauft und in einer nicht ganz so extremen Form wie sonst, mit den Kalauern "bereichert". Wer den Film originalgetreu und trotzdem deutsch erleben möchte, der greife auch zur DVD, denn dort ist ebenfalls die DEFA Fassung mit an Bord. Einen richtigen Vorwurf möchte ich dem Schnodder-Duo aus Berlin dennoch nicht machen, denn der Film selbst ist in gewisser Weise ein falscher Fünfziger, denn er will ein spanischer Film mit romantischem Grundton sein, obwohl alles aussieht wie immer und auch viele der bekannten Drehorte genutzt wurden.

 

Fazit: Zwei ordentlich bleihaltige Filme mit sehr guter Synchronisierung und ein gefühlsduseliger Romanzen-Western der gar keiner ist. Es ist also noch Platz nach Oben.

 

Die Quellen der Bilder sind die jeweiligen DVD/Blu-Ray/VHS-Veröffentlichungen oder TV-Mitschnitte und alle wurden von mir erstellt.

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