Blog von Bollwerk94

Beitragsansicht Beitragsansicht
Anzahl pro Seite  
Sortierung: chronologisch | alphabetisch | Aufrufen | Kommentaren | Danke |

Die folgende Filmnachbesprechung enthält Hinweise auf den Inhalt des Films "Inglorious Basterds" von Quentin Tarantino.

 

Nachdem ich nun zum zweiten mal den vorletzten Tarantino Streifen "Inglorious Basterds" sah und mir meinen Blogbeitrag über "Django Unchained" noch einmal durchlas, bin ich nun quasi gezwungen noch einmal über den so vergötterten Filmemacher zu schreiben, dieses mal dient jener Kriegsfilm als Grundlage, jedoch werde ich auch den Western vergleichend heranziehen.

 

1944, eine Gruppe Söldner will in einem kleinen Pariser Kino die gesamte Führung des dritten Reichs aus dem Weg schaffen. Diese Handlung garantiert lustige und spannende Unterhaltung, auf den zweiten Blick offenbaren sich allerdings Ungereimtheiten:

 

Tarantino und die Geschichte: Was wohl jedem Deutschen, der die eigene Historie kennt, sofort auffällt, ist, wie unmöglich und an den Haaren herbeigezogen Tarantinos Plot scheint. 1944, nach gescheiterter Schlacht um England, Russland Offensive und Afrika Feldzug und der Landung der Amerikaner in Italien und der Normandie, soll Hitler und der gesamte Führungsstab der deutschen Streitkräfte in ein Kino in Paris einkehren... 1. Hitler war zu diesem Zeitpunkt schon schwer krank (Wackelhand usw.), weil er längst erkannt hat, dass der Krieg verloren war (wird heute gern als Wahnsinn dargestellt, ich glaube, dieser entwickelte sich erst durch die Ausweglosigkeit), war nur in der Wolfschanze oder auf seinem Berganwesen, besuchte nie Maybach I / Zeppelin bei Zossen, wo der Generalstab eigentlich saß, weil er dort die "Verräter" des 20. Juli saßen, was er wahrscheinlich schon witterte. 2. Paris war eine Hochburg der Resistance. 3. Kann es sich die gesamte Führung erlauben, gleichzeitig ins Kino zu gehen? 4. Wo war Himmler? 5. Göring war zu diesem Zeitpunkt, ähnlich wie Hitler, stark gezeichnet vom Krieg, morphiumabhängig... 6. Die Filmindustrie war zu diesem Zeitpunkt bereits kurz vor dem Zusammenbruch, man musste in Prag drehen, weil es über Potsdam Bomben hagelte. Übrigens hatte die SS während des Kriegs keine schwarzen Uniformen an.

 

Eine ganz schön lange Liste, die mir aus dem Stehgreif einfällt. Deutlich wird dadurch vor allem eines, Tarantino produzierte diesen Film in erster Instanz für das amerikanische Publikum, welches sich einen Rotz um die nicht-amerikanische Geschichte und Kultur kümmert. Die meisten wissen wahrscheinlich nur folgendes über die Jahre 33-45: "Hitler was a very, very bad man... and he hates the jews".

 

Über diese Meter großen klaffenden geschichtlichen Ungenauigkeiten kann man einmal hinwegsehen, wir haben es schließlich nur mit einem Unterhaltungsfilm zu tun, vielleicht war diese Realitätsferne auch Pflicht für Tarantino, gerade um den Zorn zahlreicher Historiker auf sich zu ziehen. Jedoch gibt es ein für mich viel größeres Problem:

 

Sarkasmus oder Hass?: Die Basterds sagen, sie skalpieren alle Nazis, bringen sie alle um, oder "Brandmarken" sie. Das ist typische Western-Gerechtigkeit, jedoch ist für die Tarantino Bande um B. Pitt das deutsch-sein bereits ein Todesurteil, es wird jeder der in einer deutschen Uniform steckt, dafür bestraft. Folglich haben die deutschen Soldaten, die den Basterds begegnen 2 Möglichkeiten gehabt: Sich der Wehrmacht verweigern und als Deserteur erschossen werden, oder von dieser anglo-jüdischen Vendetta-Bande gehenkt werden. Dieser unmenschliche  Grundton des Films ist für manche schwarzer Humor oder Sarkasmus, für mich ist es jedoch einfach nur das Unvermögen des Regisseurs, universellem Hass, Gewalt und Faschismus etwas anderes entgegenzusetzen, als selbiges. Tarantino, wie auch sein Lieblingsfreund R. Rodriguez, waren nie in der Lage auf irgendeine andere Weise, als per Gewalt und Hass ein Problem zu lösen. Lieber hangelt sich Herr Tarantino starrsinnig von Filmzitat zu Hommage und lässt dabei immer wieder die alte Morricone-Musik leiern und das schon seit fast 20 Jahren (Auf die Idee, einen gänzlich eigenen Soundtrack zu komponieren, kommt er natürlich nicht, wahrscheinlich aus Angst vor dem Scheitern).

 

Erstaunlich ist, dass dies niemanden hierzulande in Kopfschüttelstürme versetzte, wahrscheinlich, weil für die jüdisch dominierte Filmlandschaft Hollywoods andere Maßstäbe gelten, als für die europäische...

 

Wenn man nun den Vergleich mit "Django Unchained" sucht, wird deutlich, es ist genau das selbe: Jude gegen Hitler, oder "Neger" gegen Sklaventreiber... so wirkt sein Schaffen fast schon pubertär, da es sich nie in Richtung intelligenter Filme weiterentwickelt hat, eher in Richtung Roland Emmerich. Die Unterdrückten hauen den Bösen kräftig in den Arsch. Leider stellt sich in seinen Filmen auch nie die Frage, wer hier der böse ist, selbst bei Krieg der Sterne war diese Frage nicht so eindeutig zu beantworten, denn man weiß bei einem Hitler-Film / Blaxploitationsfilm bereits vorher wie er endet. Denkt mal an "Reservoir Dogs", da hing man ewig in den Seilen, warsich nie ganz sicher.

 

Und zuletzt Tarantino und die Gewohnheit: Nicht nur, dass immer wieder ähnliche Themen mit ähnlicher alter Musik gepaart werden, nein, auch Schauspieler und Humor werden immer wieder verwurstet.


Der große Star, der einzig wirklich geniale Teil von "Inglorious Basterds", Christoph Waltz, der im doch sehr umfangreichen Anti Nazi Epos immer wieder die richtigen Nadelstiche setzt, aber auch den anderen Schauspielern Raum gibt, sich zu entfalten, wird mit seiner trockenen und unberechenbaren Art von Tarantino für den Django Verschnitt einfach mit dem Nudelholz so platt gewaltz (haha, welch geniales Wortspiel...), das er die gesamte erste Hälfte für jede gute Szene eingesetzt wird, nach dem Motto: Story...Pointe Waltz...Story...Pointe Waltz...Django...Pointe Waltz... .

 

Was folgt als nächstes Herr Tarantino? Ein besoffener Waltz, der die Prohibition nieder ballert? Waltz gegen die Marsmenschen? Waltz als US-Präsident gegen Al-Kaida? Gucken wir uns einfach bei italienischen Filmen der 60er und 70er um, dort ist Tarantino bisher immer fündig geworden und musste aufgrund der winzigen Bekanntheit in den USA nichtmal den Titel des Streifens ändern, oder nur marginal. Zwiebel-Waltz räumt auf, Banana Waltz oder Vier Waltzen für ein Halleluja (mit einer Vierfachrolle!) wären toll.

 

Sarkasmus beiseite, dem Film hätte ein wirklich bitterböses Ende verdammt gut getan, es sind zwar alle Nazis Tod, aber dieser Zustand ist im Endeffekt nur ein extrem aufgeblähtes Wiederkäuen des Inhalts zahlreicher Filme, wie Indy und co., sowie der Realität. Viel interessanter wäre ein Sterben aller, außer Hitler, und ein Aufeinandertreffen mit Landa danach.

 

Bitte, lieber Quentin Tarantino, du hast fast alles durchgeleiert, was Morricone und co. halbwegs hörbares komponiert haben, bitte denk Dir etwas neues aus. Bitte, mach wieder einen Film, bei dem ich nicht schon nach 5 min weiß, dass er damit endet, dass der schwarze alle weißen weghaut, bitte versuch dich endlich wieder an etwas gänzlich neuem, nicht dem neu gestalten alten Stoffes, sonst wird sich dein Publikum wohl endgültig auf ein halb besoffenes, pubertäres und minderjähriges Niveau einschrumpfen!

 

Schlussendlich scheint, wenn es um Filme mit Nationalsozialisten geht, hüben wie drüben, nach interessantem Anfang, irgendwann eine Macht einzuziehen, die diese Filme - statt zu einem ultimativ zynischen Endsiegszenario - zu einem konventionellen "Wir haben die Nazis besiegt" Thema führt (siehe auch "Iron Sky").

Damit alle Tarantino Fans beruhigt sind, ich halte diesen Film keinesfalls für schlecht, allein wegen Waltz, des Filmes der in jenem Kino läuft und dem zwar vorausschaubaren, aber launigen Plot, lohnt sich das ganze bereits, allerdings stört mich der Status der beiden letzten Streifen von ihm als Meisterwerke einfach, weil sie keine echten Überraschungen bieten.

Top Angebote

Bollwerk94
Aktivität
Forenbeiträge151
Kommentare122
Blogbeiträge30
Clubposts11
Bewertungen13
avatar-img
Mein Avatar

Kommentare

von dezetha 
am Hallo, "Zwei …
von dezetha 
am Hallo, hier 'ne kleine …
von tantron 
am Hallo, für diesen …
am Schöner Blog, ruhig …
am Schöner Blog das Spiel …

Blogs von Freunden

movienator
docharry2005
FAssY
Der Blog von Bollwerk94 wurde 19.746x besucht.