Filmemacher Tom Tykwer scheint sich nahezu nach unverfilmbaren
Büchern zu sehnen. Nachdem er bereits 2006 Das Parfum – Die
Geschichte eines Mörders eindrucksvoll in Szene setzte wagte er
sich zusammen mit den Wachowski Geschwistern mit
Cloud
Atlas (deutscher Buchtitel „Der Wolkenatlas“) von David
Mitchell an den nächsten schwierigen Stoff heran und stellte
zugleich bei einem Budget von über 100 Millionen US-Dollar die
bislang teuerste deutsche Produktion auf die Beine.
Story
1849: Der junge amerikanische Anwalt Adam Ewing (J. Sturgess) lernt
auf einer Pazifikreise die grausige Fratze des Sklavenhandels
kennen. 1936: Der aufstrebende Komponist Robert Frobisher (B.
Wishaw) kreiert zusammen mit einem alternden Virtuosen ein
gemeinsames Kunstwerk und kämpft gleichzeitig um seine Reputation.
1973: Die investigative und rechtschaffene Journalistin Luisa Rey
(H. Berry) kommt einem ungeheuren Komplott der Atom-Mafia auf die
Schliche. 2012: Der alternde Verleger Timothy Cavendish (J.
Broadbent) findet sich plötzlich in einem tyrannischen Altersheim
wieder. 2144: Die weibliche geklonte Bedienung Sonmi~451 (D. Bae)
wird zum Kopf einer revolutionären Untergrundorganisation. 2346:
Nach der Apokalypse muss sich der Eingeborene Zachary (T. Hanks)
einer neuen Zukunft stellen.
Leider sollte sich
Cloud Atlas als Flop
herausstellen, denn nicht einmal 130 Millionen US-Dollar wurden an
den Kinokassen wieder eingespielt, was aber bei dem komplexen Stoff
und der überlangen Spielzeit von 173 Minuten auch nicht weiter
verwundert, wenngleich es die Massen scharenweise in Richtung
Mittelerde zog. Wo aber die Geschichte mit den Hobbits, Orks und
Ringen stark in Richtung Popcorn Kino tendiert, fordern Tom Tykwer
und die beiden Wachowskis den Zuschauer umso mehr. Alleine schon
die Tatsache, dass im Vergleich zur Romanvorlage die
Erzählkonstruktion komplett neu aufgebaut wurde, macht dies die
Leinwand Adaption obendrein auch für die Leser des Buches wieder
interessant. Das Glas wurde in seiner Originalform zerbrochen und
wie ein Mosaik neu zusammengesetzt, was vor allem die
Betrachtungsweise in ein neues Licht rückt. So wird die Erzählfolge
nicht plump von der Vorlage übernommen, sondern interpretiert
zugleich die Zusammenhänge der einzelnen Verbindungen. Wichtig
dabei: nicht jede Aktion muss die Reaktion im gleichen Zeitalter
erfahren. Auswirkungen sind jederzeit, nie oder erst bedeutend
später möglich. Das mag nun vielleicht kompliziert klingen, ist es
aber letztendlich weitaus weniger als man denkt, denn das Regie
Trio hat sich regelrecht die Köpfe darüber zerbrochen, alles
entsprechend visuell umzusetzen. Herausgekommen ist ein
ambivalentes Werk, das sowohl Bestandteile eines Dramas, Science
Fiction, Action, Thriller, Mystery und Komödien Elemente enthält
und bewusst Grenzen überschreitet und neu auslotet.
Nicht unbedeutenden Anteil zum Gelingen des gigantischen Projekts,
das bereits 2009 mit der Vorproduktion begann, haben die
prominenten Darsteller. Dank dem Mitwirken von Tom Hanks, Halle
Berry, Jim Broadbent , Hugo Weaving, Jim Sturgess, Ben Whishaw (der
bereits zum dritten Mal mit Tom Tykwer zusammenarbeitet), James
D’Arcy und Susan Sarandon, die jeweils bis zu sechs verschiedene
Personen verkörpern, wurde der Film erst zu dem, was er ist. Deren
außerordentlich authentisches, aber je Figur differenziertes
Schauspiel ist es, welche die kleinen Glasstückchen zu dem oben
erwähnten farbenfrohen Mosaik zusammensetzen und halten. Somit wird
erst dadurch die Kernaussage visuell nachvollziehbar.
Hochachtung gebührt in diesem Zusammenhang insbesondere der Maske,
welche die einzelnen Darsteller auf nahezu verblüffende Weise so
geschminkt haben, dass es oftmals einen zweiten Blick bedarf, um
beispielsweise Halle Barry als Eingeborenenfrau oder als
hellhäutige Jocasta Ayrs zu erkennen. Doch wird noch mehr für das
Auge geboten, denn die beiden Kameramänner Frank Griebe
(langjähriger Weggefährte vom Lola rennt Regisseur) und der 3-fach
Oscar ausgezeichnete John Toll (
Braveheart) haben atemberaubende
Panoramen, herausragende Blickwinkel und atmosphärische Szenerien
eingefangen und präsentieren dem Zuschauer nicht alltägliche
visuelle Kost. Da ist es fast schon eine Schande, dass dieser Film
bei den Oscars komplett leer ausgegangen ist und obendrein an den
Kinokassen floppte. Nichtsdestotrotz gebührt Tom Tykwer sowie Lana
und Andy Wachoswki Dank dafür, dass sie mit diesem Wissen im Voraus
sich dennoch diesem gigantischen Projekt gestellt und einen
qualitativ herausragenden Film auf die Beine gestellt haben.
Anmerkung: In vereinzelten Szenen werden vor allem
gegen Ende des Filmes explizite Gewaltdarstellungen gezeigt, die
nur bedingt für Zuschauer ab 12 Jahren (so die Altersfreigabe für
diesen Film) geeignet sind.
Bildqualität
Codec: MPEG-4/AVC, Auflösung 1920x1080p, Ansichtsverhältnis
2,40:1
Für einen derartig herausragenden Film benötigt es einen
gebührenden Transfer, wie er bei dieser Blu-ray vorhanden ist.
Gedreht mit 35mm Kameras ist das Filmkorn nur sehr fein und lässt
eine großartige Schärfe mit herausragender Detailzeichnung zu.
Diese offenbart eine Menge Feinheiten wie beispielsweise der Sand
am Strand oder die Haut vom Ziegenhirte Zachary. Weiche
Darstellungen sind nur selten und minimal vorhanden. Häufig macht
sich eine gute Plastizität bemerkbar. Die Farben sind bei sehr gut
eingestelltem Kontrast kräftig aber dennoch natürlich. Der
Schwarzwert ist schön satt mit einer nahezu herausragenden
Durchzeichnung. Als einziges wirkliches Manko sind lediglich einige
schwache Kompressionsspuren sowie minimales Flackern in einigen
dunklen Szenen zu verzeichnen. Abgesehen davon verfehlt das Bild
nur knapp die Referenzmarke, dürfte aber wohl keinen Zuschauer
unglücklich zurücklassen.
Tonqualität
Deutsch DTS-HD Master Audio 5.1, Englisch DTS-HD Master Audio
5.1
Beim Ton fällt die Qualität erfreulicherweise nicht ab. Sowohl in
Deutsch als auch in Englisch liegt dieser verlustfrei in DTS-HD
Master Audio 5.1 und garantiert eine herausragende Klangkulisse.
Die Surroundeffekte sind nahezu durchgehend präsent und beziehen
sämtliche Lautsprecher nicht nur bei der Musik, sondern gleichfalls
bei Hintergrundgeräuschen und Effekten hervorragend bei
hervorragender Direktionalität mit in das Geschehen ein. Die
Abmischung ist natürlich und klar ausgefallen. Vor allem in den
letzten beiden Epochen macht sich ein kräftiger Bass bemerkbar, der
in den vorigen Zeitaltern noch etwas zurückhaltend agierte. An der
Dynamik gibt es nichts auszusetzen, wobei ebenfalls die Dialoge
jederzeit klar und deutlich zu verstehen sind. Zur Höchstpunktzahl
fehlt zwar noch ein kleines bisschen Präzision und durchgehend
kräftigere Bässe, aber das ist bereits Jammern auf hohem Niveau.
Nicht unerwähnt bleiben sollte der herausragende Score von Tom
Tykwer, Johnny Klimek und Reinhold Heil, welcher grandios zu jeder
Epoche angepasst wurde.
Ausstattung
Soweit, so gut. Die hohe Messlatte fällt beim Bonusmaterial, da
dies nicht sonderlich umfangreich ausgefallen ist. Immerhin liegen
alle Extras in HD vor. Lediglich ein 4-teiliges Making of (Deutsch
untertitelt oder sogar mit deutschem Kommentar), ein Featurette zur
Europapremiere in Berlin sowie der Original Kinotrailer und der
Extended Trailer sind neben einer Trailershow enthalten. Das ist in
der Hinsicht besonders ärgerlich, da sowohl die UK- als auch die
US-Fassung weitere Featurettes enthalten. Wirklich sehr schade! Ein
Wendecover ist vorhanden.
Fazit
Sowohl in optischer als auch akustischer Hinsicht gibt es bei
diesem Blu-ray Transfer kaum etwas zu beanstanden. Das Bild
überwiegt mit einem hervorragend hohen Detailgrad und natürlichen
sowie kräftigen Farben, die nur durch minimale Beeinträchtigungen
gestört werden. Der Ton erweist sich als dynamisch und ausgewogen
abgemischt, bei dem es ebenso wenig an vielseitigen
Surroundeffekten mangelt. Lediglich das Bonusmaterial ist bei
weitem nicht so umfangreich wie der UK- bzw. US-Version
ausgefallen. Letztendlich ist
Cloud Atlas keine in
sechs Episoden unterteilte Geschichte, sondern eine
zusammenhängende Handlung mit viel Interpretationsfreiraum. Dies
entspricht schließlich der Kernaussage des Filmes: Alles ist
miteinander verbunden. Tom Tykwer sowie Lana und Andy Wachoswki
haben tatsächlich das Kunststück geschafft und den vielschichtigen
Roman von David Mitchell absolut überzeugend auf die Leinwand
gebannt. Um sämtliche Facetten vollständig zu begreifen und alle
Zusammenhänge zu erkennen bedarf es aber mehr als nur einen
Durchgang. Deswegen sollte man nicht nach dem ersten Mal Anschauen
die Flinte ins Korn werfen. Für Fans von anspruchsvoller Kost ein
Pflichtkauf! (sah)
Story 10
Bildqualität 9
Tonqualität 9
Ausstattung 3
Gesamt * 7
Kaufempfehlung 8 von 10
Testgeräte
TV: Toshiba 47Z3030D
Player: Sony BDP-S790
AV-Receiver: Denon AVR-1312
Lautsprecher: Front: Dali Zensor 5 + Dali Vocal / Rear: Dali Zensor
1