Die weiten Ebenen des
Wilden Westens erstrahlen im Gold der Sonne. Betrunkene Saufbolde
purzeln von Saloon zu Saloon und der Lärm entladender Pistolen
erfüllt den Horizont.
Red Dead Redemption oder vielleicht
doch eher Grand Theft Auto IV - Action im Gewand des Wilden
Westens? Dies wäre zu erwarten, immerhin entstammt der Titel der
Entwicklerschmiede Rockstar Games. Erwartungen und Hoffnungen
dürften damit schon vorweg bestehen. Nichtsdestotrotz vermag es die
Wild-West-Action dennoch mit eigenem Flair zu überraschen. Der neue
Titel setzt sich mit der Thematik der weitläufigen Prärien und
schießwütigen Cowboys auseinander und setzt auf Atmosphäre und
Stimmung.
Story
Der Spieler schlüpft in die Rolle des John Marston, ein wortkarger
und verwegener Geselle, der im Wilden Westen auf der Suche nach
einem alten „Freund“ ist. Von der Vergangenheit als ehemaliger
Verbrecher geprägt, gilt es den Wilden Westen von ebenso wilden
Protagonisten zu säubern. Als Handlanger der Regierung heißt es den
Auftrag auszuführen oder Marston wird seine Familie nie
wiedersehen. Die Geschichte ist durch und durch abwechslungsreich
und ebenso phasenweise komisch, traurig oder dramatisch, jedoch
stets spannend.
Gameplay
Der erste Eindruck ist grundsätzlich positiv. Dieser Eindruck
verbleibt auch nach mehreren Spielstunden. Schnell wird klar, dass
der Titel sich nicht nur auf den Lorbeeren der GTA-Reihe ausruht,
sondern durch ein detailreiches und vielseitiges Gameplay
überzeugt. Allerdings wurde auf viel Bewährtes zurückgegriffen. Was
in Liberty City damals funktionierte, funktioniert im Wilden Westen
genauso gut. Viele Features wurden gerade aus GTA IV übernommen,
nur lediglich dem Spiel und der Zeit angepasst. Entsprechend darf
man als Spieler auf Pferden oder Kutschen durch die endlose
Landschaft galoppieren, anstatt mit einem Auto durch die Schluchten
New Yorks zu manövrieren. Eine gewisse Bindung zwischen Pferd und
Reiter kommt auf, sobald man die ersten Reitversuche unternimmt.
Das Feeling ist mehr als gelungen und so wird die Reise von Ort zu
Ort nicht wirklich als störend empfunden. Für Spieler mit weniger
Geduld, Zeit oder Ausdauer bleibt immer noch die Option gegen Bares
eine Art Taxi zu verwenden, in Form von zeitgemäßen
Postkutschen.
Als Open-World-Titel sind gerade Komponenten wie Details und Größe
von besonderer Bedeutung und diese sind ein großer Pluspunkt des
Spiels. Sobald der Spieler den Wilden Westen betritt und zum ersten
Mal mit seinem eigenen Pferd über die Prärie reitet, wird klar,
dass Rockstar nicht mit Größe geizt. Die Welt ist groß. Sehr groß.
Die unterschiedlichen Landschaften reichen von verschneiten Wäldern
bis trockenen Graslandschaften und dürften auch dem extremsten
Kundschafter genügend Raum zum erforschen lassen. Nun dürfte man
vermuten, dass für die Größe eine gewisse Detailarmut auftritt. Im
Gegenteil. Die Welt wirkt in ihrer Gesamtheit sehr ausgefeilt. Das
zeigt sich prinzipiell in jedem Winkel. So grasen nicht nur wilde
Pferde zwischen Kakteen und Sträuchern, sondern auch Kaninchen,
Stinktiere, Rehe und viele weitere Tiere. Sogar stolze Adler und
gierige Geier kreisen über den Protagonisten. Die Artenvielfalt der
Vegetation und der Tiere wird verknüpft mit zahlreichen
Herausforderungen. Diese reichen von der Suche nach Schätzen und
dem Ausleben des eigenen Jagdinstinkts, bis hin zu klassischen
Heldentaten.
Auch das Geld verdienen wurde ausreichend berücksichtigt. Der
Spieler erhält nicht nur wie üblich eine Belohnung in Form von Geld
für jede abgeschlossene Mission, sondern kann auch nebenbei durch
den Verkauf von gejagten Tierhäuten Geld verdienen, oder sich dem
Poker- und Black Jake-Spiel hingeben. Weitere zum Genre passende
Möglichkeiten alias Armdrücken sind ebenfalls vorhanden.
Entsprechend einer offenen Spielwelt stößt der Spieler relativ
häufig auf kleine Dramen. So braucht gelegentlich ein Sheriff die
Hilfe eines gestandenen Mannes oder eine Prostituierte schreit um
Hilfe. Solche „Zwischenfälle“ dürften für den ein oder anderen
eventuell fast schon zu häufig auftreten. Allerdings besteht immer
die Option des Nichteingreifens, ohne dafür bestraft zu werden.
Lediglich die mögliche Belohnung oder der Ruhm dürfte dem Spieler
entgehen.
Weiterhin sollte erwähnt werden, dass man sich im Sinne eines
Rollenspiels bei der Bevölkerung beliebt oder unbeliebt machen
kann. D.h. die Wahl zwischen Bandit oder Held verbleibt beim
Spieler. Diese hat Auswirkungen auf die direkte Umwelt. So tritt
die Bevölkerung einem ruhmreichen Helden entsprechend anders
gegenüber als einen mordenden Banditen. Größere Folgen auf den
Handlungsverlauf hat das Verhalten des Spielers allerdings nicht.
Grund zur Kritik ist an dieser Stelle angebracht. Ein John Marston
als wilder Bandit, der dem Volk das fürchten lehrt, passt nicht zur
eigentlichen Handlung. Inwiefern in diesem Fall ein solches
Gut-Böse-System überhaupt sinnvoll ist, darf man an dieser Stelle
hinterfragen.
Steuerung
Die Steuerung ist nicht besonders evolutionär, jedoch gänzlich
solide und kann für gut befunden werden. Man findet sich recht
schnell ins Spiel ein. Wenn man mit der Steuerung der GTA-Reihe
vertraut ist, so dürfte man auch bei Red Dead Redemption keine
größeren Probleme haben. Auch das zur Thematik so wichtige
„Ballern“ kommt nicht zu kurz und wurde gut umgesetzt. Dabei gibt
es Unterschiede zwischen den Schwierigkeitsstufen. Wobei die Option
zur Umstellung auf komplett manuelles Zielen zu jeder Zeit besteht.
Problematisch wird die Steuerung leider in rasanten Gefechten oder
unerwarteten Übergriffen. Auch nach mehrmaligem spielen kommt es
hin und wieder vor, dass man entweder die falsche Waffe zückt, da
man mit dem durchaus nicht ganz so leicht zu händelnden
Waffenwahlsystem nicht zu recht kommt, oder die falschen Personen
ins Jenseits befördert. An dieser Stelle besteht
Verbesserungsbedarf, da gerade die rasanten Abschnitte des Spiels,
die schön in Szene gesetzt werden, oftmals untergehen. Allgemein
zeigt sich hier eine Schwäche der Steuerung, gekoppelt mit dem
Umfeld des Spielers. Zückt man unbeabsichtigt eine Waffe in einem
falschen Moment, kann dies schnell zu einem Fahndungslevel führen
oder in einer wilden Schießerei ausarten. Neben dem automatischen
oder manuellen Zielen gibt es noch das Dead-Eye-Feature. Dieses
sorgt zudem dafür, dass der Spieler bei verlangsamter Zeit
genüsslich eine ganze Horde von Banditen gleichzeitig anvisieren
kann. Sicherlich trägt dies nicht unbedingt zum Schwierigkeitsgrad
bei, ist jedoch oftmals ein interessantes und unterhaltsames
Feature.
Missionen
Die Missionen sind um es einfach zu sagen: gelungen. Nicht mehr und
nicht weniger. Man kennt das Prinzip bereits aus der GTA-Reihe.
Auch hier wird auf eine Palette mit vielfältigen Missions-Typen
zurückgegriffen. Langeweile kommt ganz sicher nicht auf und viel
mehr darf man auch nicht erwarten. Auch in Red Dead Redemption wird
man des Öfteren mit typischen Missionen konfrontiert. Diese sind
allerdings schön verpackt und somit problemlos spielbar. Gerade die
ausnahmslos perfekt inszenierten Charaktere reizen an dieser Stelle
eine Menge heraus. Neben den Hauptmissionen die den
Haupthandlungsstrang verfolgen, sind natürlich noch einige
Nebenaufgaben vorhanden, so wie es sich auch für einen
Open-World-Titel gehört. Diese lassen sich leicht auf der Minimap
erspähen. Auch sonstige Auftragsgeber werden mit einem Kürzel auf
der Minimap markiert und lassen sich problemlos finden. Sollte man
beim ersten Versuch nicht direkt eine Mission erfolgreich
abschließen können, bietet Rockstar erfreulicherweise
Rücksetzpunkte an. Mit ihnen kann man eine Mission erneut angehen,
ohne eine lange Anreise und ohne lange Zwischensequenzen.
Umfang
Als erfahrener und zügiger Konsolenfreund dürfte man das Spiel in
ca. 15-20 Stunden abgeschlossen haben und sich über den Abspann
erfreuen. Die Gesamtspieldauer ist jedoch stark vom Spielertyp
abhängig. Wenn man es möchte, kann man auch deutlich mehr Zeit im
Wilden Westen verbringen. Zahlreiche Nebenquest, Herausforderungen
und Schätze sind jedenfalls vorhanden. Letztendlich gilt es auch
noch im Mehrspielermodus seine Fähigkeiten unter Beweis zu
stellen.
Schwierigkeitsgrad
Ein etwas größerer Kritikpunkt dürfte die Schwierigkeit sein.
Rockstar überlässt es zwar dem Spieler über die Schwierigkeit zu
entscheiden. Wenn man allerdings ehrlich ist: Schwer ist was
anderes. Sterben kann man zwar schon, aber eher durch
Unachtsamkeit. Die Missionen sind allesamt mehr als machbar und
dürften gerne schwerer sein. Vorteil ist hierbei sicherlich, dass
so schnell kein Frust aufkommt. Eine mehr oder weniger entspannte
Reise in den Wilden Westen dürfte also gewahrt bleiben.
Grafik
Rockstar Games verwendet für Red Dead Redemption die RAGE-Engine.
Diese ist die gleiche, die auch schon bei GTA IV zum Einsatz kam.
Grundsätzlich sieht die Grafik des Spiels gerade bei
Sonnenuntergängen oder dem Ritt durch die Prärie wirklich gut aus
und lässt nur wenig Raum für Kritik. Auffällig ist jedoch leider,
dass hin und wieder eher detailarme matschige Texturen auftreten.
Auch Gesichtstexturen wirken öfters nicht unbedingt ausgereift.
Potential nach Oben wäre sicherlich drin gewesen. Ein Grafikwunder
wie Uncharted darf man also nicht erwarten, sollte bei einem
Open-World-Titel aber auch nicht zwingend notwendig sein. Spaß
macht die optische Erscheinung allemal.
Sound
Der Sound und der Soundtrack sind genau auf die Atmosphäre des
Spiels abgestimmt. Bei den gewählten Titeln kann man eigentlich
nicht meckern. Die meisten Songs bestehen aus stimmungsvollen
Gitarrenriffs. Hin und wieder kommt eine Trompete zum Einsatz oder
Trommeln. Letztendlich passen diese aber stets zur Handlung und
versprühen ein echtes Western-Feeling. Die Soundkulisse überzeugt
ebenfalls. Die so wichtigen Effekte bei wildem Kugelhagel wurden
sehr gut gewählt und der Klang einer schießwütigen Pistole beim
Ritt durch enge Schluchten wurde gerade zu perfekt umgesetzt.
Atmosphäre
Zwar bedarf es an dieser Stelle eigentlich keine weiteren Worte
mehr, dennoch sollte man nochmal auf die wahre Stärke des Spiels
eingehen: Atmosphäre, und das in voller Pracht. Eine besondere
Detailverliebtheit. Die kleinen Details die das Spielen so
besonders machen und gleichzeitig für Realität sorgen. Man spürt
durchweg die Mühe, die die Entwickler sich gegeben haben. Wenn sich
der sichtlich angetrunkene Protagonist vom Tresen torkelt, wenn die
Zeitung von den neusten Geschehnissen berichtet, wenn Geier um die
Überbleibsel vergangener Gefechte kreisen, dann kann man sich dem
Spiel nur noch schwer entziehen. Sobald ein solches Spiel auch bei
genauer Betrachtung und Beobachtung sämtlicher Details bestehen
kann, ist es mehr als lobenswert.
Fazit
Die Sache ist rund. Zwar mit einigen wenigen Ecken, aber es rollt.
Das „Feeling“ stimmt und die Story fesselt, während die zahlreichen
Herausforderungen eine lange Spielzeit erlauben. Problematisch ist
der Wiederspielwert. Dieser ist leider nicht unbedingt vorhanden.
Des Weiteren kommt es im Verlauf der Handlung zu kleinen
langatmigen Abschnitten. Jedoch fallen die negativen Kritikpunkte
im Vergleich zu den positiven Aspekten nicht sonderlich ins
Gewicht. Sofern man eine gewisse Vorliebe für den Wilden Westen hat
oder die GTA-Reihe bereits genossen hat, sollte man sich diesen
Titel nicht entgehen lassen. Die Atmosphäre ist auf jeden Fall
meisterlich. Bereuen wird man einen Kauf mit Sicherheit
nicht.
STORY & ATMOSPHÄRE – 10/10
GAMEPLAY & STEUERUNG –
9/10
UMFANG & SCHWIERIGKEIT –
8/10
GRAFIK – 8/10
SOUND – 10/10
FAZIT –
9/10
Ps: Feedback ist herzlichst willkommen!
Die Bilder die für dieses
Review benutzt worden sind, sind Eigentum von Rockstar Games. The
Pictures used for this review are property of Rockstar Games. "Red
Dead Redemption" is a registered trademark of Rockstar Games. All
rights reserved.
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