Eine interessante Diskussion, wenn auch nicht neu. Genau das
Gleiche sagten die Produzenten, Regiesseure, Schauspieler über die
Branche als der Tonfilm den Stummfilm ablösen sollte:
Der Hintergrund: Zu Stummfilmzeiten musste alles im Film durch
Mimik und Gestik erklärt werden. Es gab zwar Texttafeln, die
zwischen die Szenen geschnitten wurden mit Erklärungen, wer was zu
wem sagt und wer was denkt oder fühlt, aber der FIlm fließt einfach
besser, je weniger solcher Tafeln eingebaut waren. Also hing es am
Können des Schauspielers so auszusehen und zu wirken, dass der
Zuschauer auch ohne erklärende Texttafel sofort wußte, worum es
ging und was los war.
Die Schauspieler mußten in der Lage sein, alleine durch Pantomime
überzeugen zu können. Durch den Tonfilm fiel das weg. Jetzt konnte
sich so mancher mittelmäßige Schauspieler auch durch Geplauder aus
der Schlinge quatschen. Und die guten Schauspieler der
Stummfilmtage waren oft (welch Überraschung) Schauspieler, die auch
in ihrem restlichen reallife stumm waren und sich auch im Alltag
stumm durchs Leben pantomimen mußten. Manch großer Stummfilmstar
hatte auch eine krächzige Stimme, oder lispelte, oder hatte sonst
einen Fehler, der ihn für den Tonfilm disqualifizierte.
Die mußten alle gehen, als der Tonfilm kam. Somit gingen viele gute
Schauspieler verloren.
Und heute sind wir noch einen Schritt weiter, weil heutzutage noch
viel intensivere Stilmittel eingesetzt werden, um die
schauspielerische Performance zu verstärken. Die Rede ist vom
Schnitt. Dem Wechselspiel von Groß- und Nahaufnahme im Verhältnis
zu Totale und Halbtotale. Die Rede ist von Handkamera, vom
exzessiven Einsatz von Zoom (in allen möglichen Geschwindigkeiten),
von einer Kamerakreisfahrt rund um den Schauspieler herum, von
Videoclipartigen überschnellen Schnitten, von Timeslice (das Bild
ist eingefroren, aber die Kamera fährt um Objekte herum ->
Matrix) usw.
Das sind alles Mittel, die aus einem flachen Schauspiel ein gutes
machen. Lass diese ganzen Stilmittel weg, filme die Schauspieler
theaterlike aus großer Entfernung (so wie Du sie in einem
Theaterstück aus großer Entfernung zur Bühne sehen würdest) und Du
siehst gleich, ob sie gut sind oder nicht.
Ich finde, es gibt auch heute noch gute Schauspieler. Sie drohen
nur unter zu gehen in der Masse derer, die nur durch gekonnte
Schnitt und Inszenierung gut wirken.
BTW: Wer hat nochmal dieses geniale Emotionchart von Steven Seagal
gepostet? Das war herrlich. So eins kann man von vielen
zeitgenössischen Schauspielern anfertigen.