Herausgekommen an Tupacs 46. Geburtstag (16.06.) ist dieses Biopic,
dass ich - kaum dass ich davon mitbekommen hatte - unbedingt sehen
musste. Denn 2Pac war einer der Musiker, die mich in meiner Jugend
in den 90er Jahren am meisten beschäftigt hatte. Mein erster Song:
die Originalversion vom Song "Runin'" mit The Notorious B.I.G.,
danach habe ich mir nach und nach die Alben besorgt (ich glaube
auch mein erstes war All Eyez on Me), und mich auch intensiv mit
dem sehr kurzen Leben Tupacs auseinander gesetzt, sodass ich hier
ein bisschen Hintergrundwissen habe.
Zum Film: Dieser wird eingeleitet mit einem Reporter, der das Leben
Tupacs erzählen soll, für den Fall, das Tupac das ganze nicht mehr
überlebt; er sitzt wegen eines sexuellen Übergriffs, den Tupac
bestreitet, im Gefängnis und erlebt Polizei- und Ganggewalt, kurz
nachdem er vor seiner Verurteilung 5 mal angeschossen wurde. Ab da
lernen wir, in welchem Umfeld Tupac groß geworden ist, wie er
mehrfach umziehen musste, und von New York über Baltimore
irgendwann in Californien landete, um dort dann mit seiner Musik
Geschichte zu schreiben - all das in Rückblenden im
Reportergespräch, ehe er am Ende von Suge Knight ausgelöst wird und
für 1,4 Millionen Dollar wieder auf freien Fuß kommt und bei Death
Row Records für 3 Alben engagiert ist.
Der Film ist insgesamt recht spannend erzählt, und ist trotz seiner
unglaublichen Laufzeit von satten 140 Minuten kaum langweilig.
Allerdings kommt man sich hier und da auch ein wenig verloren vor,
wenn man nicht die Hintergründe kennt, denn sehr vieles wird sehr
schnell erzählt. Schauspielerisch hat man sich beim Cast mühe
gegeben, Menschen zu finden, die den echten Personen teilweise
erschreckend ähnlich sehen; gerade Tupac ist fast schon gruselig.
Aber auch Afeni Shakur, Suge Knight, Jada Pinkett, Snoop Dogg wow.
Auch Schauspielerisch wissen alle zu überzeugen (was u.A. von
einigen der noch lebenden Menschen die Tupac kennen, auch so
bekundet wird); ich persönlich hatte aber das Gefühl einen sehr
viel ruhigeren, und sehr viel zurückhaltenderen Tupac zu sehen, als
ich ihn bspw. von den Interviews her kenne; und so ist die Person
die wirklich stark überzeugen kann mit ihrem Auftreten und ihrer
Energie eigentlich nur die Mutter Afeni Shakur, die in Wut und
Tränen ausbricht, die High ist und einen Entzug mitmacht, die ihren
Sohn im Gefängnis besuchen muss, etc. Tupac wirkt hingegen ein
wenig blass - dieser hüpfende Energiebeutel, der auch mal in die
Kamera spuckt, oder sich komplett mit gesamten Oberkörper aus dem
Beifahrerfenster hängt um seine Mittelfinger in Kameras zu stecken,
diese Seite fehlt und wird nicht gezeigt; stattdessen haben wir
einen immer sehr ruhigen, nachdenklich aussehenden Tupac.
Weniger cool fand ich, als jemand, der sich mit diesem Thema wie
gesagt intensiver auseinander gesetzt hat, wie viel zur Person
Tupacs ausgelassen, bzw. sehr stark vereinfacht wurde; von
einfacheren Sachen wie seine ungeheure vielseitige Persönlichkeit,
bis hin zu so Dingen, wie seine Paranoia die er nach seinem
Gefängnisaufenthalt hatte - so ist er nurnoch in Schutzweste heraus
gegangen und hat immer eine Pistole mit sich geführt - einzige
Ausnahme war der Boxkampf wo er auf Anraten von Suge Knight die
Schutzweste der Hitze wegen ausgezogen haben soll. Viele andere
Dinge, wie bspw. seinen Bodyguard, den er 24/7 hatte, werden in
einem Nebensatz erwähnt. Auch auf seine anfänglich sehr politische
Songphase wird wenig eingegangen (die ersten zwei Alben), auf seine
Gesellschaftskritik, auf seine Kapitalismuskritik, etc. Und auch
auf seine stark philosophische Phase nach dem Gefängnisaufenthalt -
seiner Umbenennung in Makaveli; inklusive seiner danach
eintretenden Besessenheit so viel wie möglich im Leben noch zu
schaffen (er soll über Tage hinweg von morgens bis Abends im
Tonstudio gewesen sein getrieben vom Schaffensdrang, dem Gedanken
nurnoch wenig Zeit zu haben, und einem ehrgeizigen Perfektionismus)
- all das fehlt. Am Ende wird es sogar so hingestellt, als wenn
Tupac ernsthaft bei Death Row East mitmachen wollte, dabei hat er
zusammen mit den Outlawz schon Alben aufgenommen und geplant unter
dem neuen Künstlernamen Makaveli und dem eigenen Label Makaveli
Records fortan seine eigene Musik zu produzieren. Es wird also
schon zum Teil arg die Wahrheit gedreht - dass dies zu dramatischen
Zwecken an einigen Stellen - einfach um in wenigen Szenen die
Wichtigkeit bestimmter Personen zum Ausdruck zu bringen, gemacht
wird, okey (Jada Pinkett hat sich ja negativ zum Film geäußert,
weil Dinge in deren tiefer Freundschaft einfach ausgedacht wurden
und im Film gezeigt worden sind, die so nie stattgefunden haben,
was sie persönlich sehr verärgert hat, ich aber aus filmtechnischen
und dramaturgischen Gesichtspunkten verzeihe - hätte es die Szenen
nicht gegeben hätten wir in der einen Szenen die wir in seiner
Theaterzeit überhaupt sehen niemals auch nur ansatzweise erahnen
können, was Jada und Tupac für eine besondere Freundschaft
verbunden hat). Aber essentielle Dinge, inklusive zum Teil auch
unschöne Wahrheiten komplett wegzulassen... Schade. Von den vielen
Kämpfen, die er mit dem juristischen System hatte, und die ihm das
Gefühl gegeben haben, der Staat hätte es besonders auf ihn
abgesehen, weil er der schwarzen Bevölkerung mobilisiert, wird auch
nicht tiefer eingegangen (es gibt ja ganze
FBI-Verschwörungstheorien, die soweit gehen, dass auch die Frau,
welche wegen den sexuellen Übergriffen zur Polizei gegangen ist,
eine FBI-Agentin gewesen sein soll bzw. vom FBI eingeschleußt
worden sein soll).
Auch hatte ich das Gefühl, dass die Musik insgesamt nur recht
Beiläufig thematisiert wird. Wir wissen am Ende des Films nicht,
wieviele Alben er aufgenommen hat, welche Bedeutung diese Alben
hatten, wie sie sich unterschieden hatten, welchen Impact diese
Alben auf die damalige Rapszene hatten, etc. Bei anderen
Hiphop-Szenen fand ich, war die Balance zwischen Leben und
Musikschaffen immer recht gut; hier haben wir, wenn ich mich recht
entsinne gerade mal 3 Liveauftritte, die wir zu sehen bekommen
(einen, wo er noch Hintergrundsänger war, dann seinen ersten
Liveauftritt als ägyptischer Kaiser und am Ende ein Konzert direkt
nach seinem Gefängnisaufenthalt - eines der berühmtesten Konzerte,
meine ich). Dazu zwei male Szenen im Studio, fertig. Die gesamte
restliche Laufzeit des Films spielt eigentlich nicht wirklich im
Musikbuissiness, sondern erzählt über sein Leben drumherum, wobei
auch das alles irgendwie im "Twitterstil" passiert:
Eastcost-Westcost-Fehde? Eine Szenen wo Tupac im Gefängnis eine
Erleuchtung hat, dann die Konzertszene, plus das Bild im
Time-Magazin, das Biggi verärgert wegwirft: Fertig.
Das ist andererseits aber auch schwierig - der Film hätte locker
noch drei male solang sein können. Nichts desto trotz - die
Energie, mit der ich Tupac vor mir sehe, wurde im Film nicht
wirklich eingefangen, obwohl die Performance und schauspielerische
Leistung ziemlich in Ordnung ist. Und was mir auch positiv
aufgefallen ist, ist das viele seiner Interviews, bzw. Zitate aus
denen wortwörtlich wiedergegeben worden sind - oft zwar in anderen
Kontexten - aber immerhin. Auch auf seine Filmkarriere wird
eingegangen (auch wenn auch das wieder recht beiläufig passiert -
plötzlich steht er vor einer Kamera und es wird eine Szene gezeigt
- wie er dazu gekommen ist, etc. all das wird ausgelassen - es ist
halt irgendwie eine Collage aus wichtigen Ereignissen die in
einzelnen Szenen aneinander gereiht wird); man kann dem Film also
nicht vorwerfen dass er das Leben Tupacs insgesamt sehr verkürzt
hat, nein - aber es ist einfach ein Mamutprojekt, alles auf die
Leinwand zu bringen.
Von der filmischen Umsetzung war es ansonsten recht anständig. Hier
und da ist der Film irgendwie langatmig - ein bisschen mehr
Spannung im klassischen Sinne von Filmdramaturgie hätte sicherlich
gut getan - mit einem 8 Mile ist das meiner Meinung nach garnicht
zu vergleichen - eher mit einer Dokumentation Tupacs Lebens - aber
da sollte man dann lieber zu einer der vielen schon vorhandenen
Dokus zurückgreifen. Aber das Erzähltempo ist ansonsten angenehm,
die Bilder und Kameraarbeit gut gemacht. Trotzdem hat es mich hier
und da wieder gewundert, warum man nicht auf typische, aber sehr
starke Mechanismen zurück greift - der Abspann bspw. - so viele
Biopics tun in den Abspann echte Fotos, oder Interviews, etc. Auch
das fehlt hier komplett - wir kriegen ein winziges Zitat und dann
einen einzigen Textfluss. Wie viel dramatischer und ergreifender
hätte dieser Film enden können, hätte man bspw. dieses Interview
von Afeni Shakur reingegeben:
[url]https://youtu.be/rWTF72Lu1CQ?t=5m10s[/url]
Oder andere Menschen, die über Tupac reden, und die so stark
wiedergeben was für eine Präsenz Tupac hatte. Hier z.B. G
Shock:
https://youtu.be/13BF889fAs4
Hier verschenkt man riesiges Potential, das mit so einfachen
mitteln noch mal kräftig Emotionen und Aufwind am Ende geschafft
hätte. Oder - was man auch häufig nutzt: Bilder von Trauermärschen,
die verschiedenen Tupac-Monumente, die nach seinem Tod geschaffen
worden sind, etc. pp. Stattdessen eben nur ein Zitat und eine
schwarze Karte mit den Alben und Songs... Schade.
Was sollte so ein Biopic schaffen, wenn es sowieso utopisch ist,
dass man das komplette Leben eines so ereignisreichen Menschen in 2
Std. erzählen kann? Ich finde ein gewisses Interesse schaffen - und
das gelingt dem Film tatsächlich. Nicht wirklich bei mir - ich
finde da andere Dokus sehr viel gelungener. Aber meine Freundin,
die mit im Kino war obwohl sie mit Tupac absolut garnichts am Hut
hat, und weder irgendwas über ihn vorher wusste, noch etwas mit der
Musik anfangen kann, sagte mir nach dem Kinogang: "Jetzt hab ich
Lust mich mal ein bisschen intensiver mit Tupac zu beschäftigen" -
ich wollte schon Songs rausschreiben, aber sie meinte: "Nein, die
Musik mag ich weiterhin nicht, aber so zu seinem Leben und seinen
Ansichten, das klang ziemlich interessant".
Und das ist doch wenigstens ein gutes Ergebnis, dass ein Biopic
erreichen kann?
Von mir gibt es daher noch: 6/10 Punkte.
PS: Eine Sache die ich noch positiv erwähnen sollte: Die
Musikauswahl 2Pacs und die Stellen wo diese wie eingespielt wurden,
fand ich wiederum sehr gut. Gerade Dear Mama nach dem
Gefängnisbesuch ist einer der wenigen stark rührenden und
emotionalsten Szenen, von denen der Film so bitter mehr nötig
gehabt hätte.
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