Story 7/10
Bildqualität 7/10
Tonqualität 9/10
Ausstattung 6/10
Vielen Kritikern wird bereits schlecht, wenn sie nur den Namen Uwe
Boll lesen. Auch Kinogänger und Zu-Hause-Gucker rümpfen oftmals die
Nase, wenn ein neuer Film des Niederreihnischen Doktors der
Literaturwissenschaften auf den Spielplänen erscheint. Zugegeben:
Doktor Boll schaffte es, mit seinen zahlreichen
Computerspielverfilmungen, einen Bock nach dem anderen zu schießen,
und dabei scheinbar willkürlich namhafte Schauspieler zu verheizen.
Als Beispiel seien an dieser Stelle Sir Ben Kingsley („BloodRayne“)
und Jason Statham („Schwerter des Königs“) genannt. Die
Computerspiele hat der Mann fürs Grobe inzwischen hinter sich
gelassen, und wendete sich in der jüngeren Vergangenheit Themen wie
dem Krieg („Tunnel Rats“), dem Holocaust („Ausschwitz“) und dem
Boxsport zu („Max Schmeling – Eine deutsche Legende“). Letzteres
ist indessen eines von Bolls Steckenpferden, da er selbst auf eine
Karriere als Amateurboxer zurückblicken kann. Nun präsentiert Uwe
Boll einen Film über den Finanzskandal, womit er ein heikles Thema
anpackt, dessen Auswirkungen nach wie vor die Welt beeinflussen.
Die Frage ist nur, ob Boll diesem Thema die nötige Ernsthaftigkeit
entgegenbringen kann, oder ob alles letztendlich geschmacklos
überzeichnet und dramaturgisch fragwürdig ist, wie bei seinen
üblichen, äußerst kontroversen Titeln der letzten Zeit.
Story
Der Wachmann und Durchschnittsbürger Jim (D. Purcell) hat alles
verloren! Seine Frau Rosi beging Suizid, da die Krankenversicherung
die kostspieligen Behandlungen ihrer schweren Krankheit nicht mehr
übernehmen wollte, und seine Ersparnisse sind, dank eines unfähigen
Finanzberaters, ebenfalls futsch. Nun sinnt Jim auf Rache an denen,
die er für seine aussichtslose Situation verantwortlich macht: Die
skrupellosen Investmentbanker, die nur auf ihr eigenes Wohlergehen
erpicht sind, und sich einen Dreck um Leute, wie ihn scheren.
Mit der großen Finanzkrise und den daraus resultierenden Problemen,
packt Uwe Boll ein heikles Thema an, aber das ist für ihn ja nichts
Neues. Bereits mit seinem zweiten Film „Barschel – Mord in Genf?“
wagte Boll sich an vermeintlich politische Themen, und auch das
Thema „Amoklauf“ wurde in seinem gleichnamigen Film von 1993, und
zuletzt in dem ausgesprochen blutigen und hitzig diskutierten Film
„Rampage“ von 2009 aufgegriffen.
Hauptdarsteller Dominic Purcell macht seinen Job ausgesprochen gut.
Zwar kauft man ihm den verzweifelten Ehemann und vom Finanzsystem
gebeutelten Durchschnittsbürger nicht so ganz ab, aber in der
zweiten Hälfte des Films gibt er den emotionslosen Rächer absolut
überzeugend. An seiner Seite spielt Edward Furlong, der schon
häufiger mit Boll zusammenarbeitete und irgendwie nie, nicht einmal
in einer Opferrolle, aus seiner Rolle als schmuddeliger Unsympath
herauskommt. Auch Eric Roberts, der in gefühlten hundert Filmen pro
Jahr stets die gleiche Performance abliefert, spielt hier genauso,
wie man es von ihm erwartet. Leider haben, mit Ausnahme von
Purcell, alle Darsteller zu wenig Leinwandzweit, um ihren
Charakteren die Tiefe zu verleihen, die sie gebraucht hätten.
Die erste Stunde bleibt der Film relativ ruhig. Das Abrutschen des
Hauptdarstellers wird spannend gezeigt, wobei die Tragik der
Situation im Mittelpunkt steht, und es keinerlei Action zu
bestaunen gibt. Wenn Bolls Wutbürger dann am Ende des Films gegen
die vermeintlich Bösen ins Feld zieht, geht’s allerdings gut zur
Sache, wobei die Action handwerklich gut inszeniert wurde,
allerdings aufgrund des niedrigen Budgets nicht ganz so überzeugen
kann, wie in vergleichbaren Titeln. Das Thema Finanzkriese wird von
Boll allerdings nur oberflächlich beleuchtet und geht zu wenig in
die Tiefe. Statt Gründen liefert er lediglich ein klares
Gut/Böse-Filmchen ab, das ein tragisches Einzelschicksal
präsentiert und am Ende mit einem mehr als Fragwürdigen
Schlussfazit aufwartet. Nichtsdestotrotz ist der Film alles in
allem gut gemacht, und vor allem in Hinsicht auf frühere Arbeiten
des „Kult“-Regisseurs definitiv einen Blick wert.
Bildqualität
Das Bild ist überwiegend gewollt matt gehalten. Blasse, kalte, aber
dennoch weitestgehend natürliche Farben vermitteln das Gefühl,
welches den Protagonisten Jim während des gesamten Films umgibt.
Dazu ist das Bild, gerade in Nahaufnahmen knackig scharf,
schwächelt allerdings in Halbtotalen, woran auch das stellenweise
ungünstig fokussierte Ausgangsmaterial schuld ist. Der Schwarzwert
ist hervorragend und es gibt keinerlei Filmfehler, Störungen oder
sonstige Faktoren, die das filmkornfreie Bild trüben.
Tonqualität
Auch tontechnisch ist der Film durchaus gelungen, bietet fast
permanent irgendwelche Hintergrund- und Umgebungsgeräusche und
einen perfekten Einklang von Sound, Musik und Dialogen. Die Dialoge
sind stets klar verständlich und gehen auch im großen Showdown,
wenn der Subwoofer und die Bässe zeigen, was sie drauf haben, nicht
unter.
Ausstattung
- Audiokommentar Deutsch
- Audiokommentar Englisch
- Trailershow
Wie bei Bollwerken üblich, gibt der Regisseur in Form eines seiner
typischen Audiokommentare seinen Senf zu dem, was er seinem
Publikum präsentiert – und zwar sowohl in Deutsch als auch in dem,
was Boll für Englisch hält.
Wie immer bekommt der geneigte Zuschauer hier allerhand Anekdoten
von den Dreharbeiten, die Intentionen des Regisseurs und einiges
aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz aus früheren Produktionen
zu hören. Das ist nicht nur besonders interessant, sondern darüber
hinaus auch ausgesprochen witzig. Definitiv eine Bereicherung!
Dabei sind zwar beide Kommentare unterschiedlich, im Kern
wiederholt sich allerdings das eine oder andere.
Fazit
Das neueste Werk von Uwe Boll zeigt sich in technisch einwandfreiem
Gewand. Gerade der Ton mit seinen zahlreichen Highlights kann voll
und ganz überzeugen. Das Bild bleibt gewollt trüb und farblos,
verfügt teilweise über eine sehr gute Schärfe und einen
hervorragenden Schwarzwert. Als Boni gibt es die üblichen
Audiokommentare von Boll in Deutsch und Englisch.
Der Film ist ein gut gemachter Wutbürger-Abriss mit aktuellem
Bezug. Im zweiten Teil präsentiert Boll einen nachvollziehbaren
Amoklauf, der alleine dadurch getrübt wird, dass hier alles viel zu
oberflächlich betrachtet und wenig hinterfragt wird. Spaß, wenn man
den Begriff bei einem solchen Thema benutzen will, macht der Film
dennoch. Handwerklich gut, darstellerisch durchwachsen – aber
verglichen mit anderen Boll-Werken ein echtes Highlight. (ms)