Teuerste Serie aller Zeiten mit 100 Millionen Dollar Produktionskosten, gestemmt von vier TV-Sendern (HBO, BBC, RAI, EOS), 3000 Statisten, das größte Filmset in der Geschichte der römischen Cinecittà Studios - das sind Daten, mit denen sich wunderbar angeben lässt. Tatsächlich ist das gewagte Experiment, den Flair von Ridley Scotts GLADIATOR fünf Jahre später wiederzubeleben, vorwiegend gelungen und in USA, Großbritannien und zuletzt auch im deutschsprachigen Raum erfolgreich aufgenommen worden. Einen Vergleich mit der visuellen und erzählerischen Wucht von Scotts Epos anzustellen wäre der falsche Ansatz. Vielmehr handelt es sich bei ROM um den Transfer der klassischen Soap-Opera amerikanischen Zuschnitts - wie DALLAS oder DYNASTY - zu den Anfängen des römischen Imperiums. Da es sich beim federführend produzierenden US-Sender HBO um eine privat finanzierte Sendeanstalt handelt, konnten die Macher indes im Gegensatz zu ihren keimfreien Vorbildern die Sau rauslassen, was die Darstellung von Sex und Gewalt angeht. Prüde Gemüter mögen sich daran stoßen, dass die der Oberschicht angehörenden Damen der Epoche als intrigant und äußerst promiskuitiv porträtiert werden. Zum teils düster-dreckigen, brutalen Ambiente des glaubwürdig rekonstruierten Stadtlebens in Rom passen diese zum damaligen Alltag genauso wie Essen und Kämpfen gehörenden, nur allzu menschlichen Gelüste wiederum perfekt. Polly Walker als stets rollig anmutende Atia sticht dabei aus dem Ensemble zeigefreudiger Aktricen heraus.
Die dem breiten Publikum bislang überwiegend unbekannten Hauptdarsteller verkörpern ihre Rollen überzeugend und leidenschaftlich. Kevin McKidd als zentraler Charakter und Identifikationsfigur des Zuschauers interpretiert Lucius Vorenus konzentriert und manchmal fast zu ernst als zwischen Familie und Politik hin- und hergerissener Offizier, der durch Schicksals Fügung von Cäsar in die Senatorenrunde aufgenommen wird. Den intellektuell schlichter gestrickten Gegenpart gibt Ray Stevenson als Titus Pullo, der als grober Klotz mit gutem Kern der eigentliche Sympathieträger der Show ist. Sind Vergleiche mit Russell Crowes Maximus gar nicht so abwegig, so darf Stevenson in der vorletzten Episode der 1. Season mit vollem Engagement eine Light-Version des Gladiatorenkampfes abliefern, die in ihrer blutspritzenden, einem Splatterfilm zur Ehre gereichenden Detailfreudigkeit das Original sogar zu übertreffen vermag.
Wer mit jeder der kurzweiligen 24 Folgen eine Geschichtsstunde erwartet, geht ohnehin mit völlig falschen Voraussetzungen an diese Ausnahmeserie heran. Nur wer frische Erinnerungen an seinen letzten Geschichts- oder Lateinunterricht hat, wird die historischen Ungenauigkeiten und großzügig genommenen Freiheiten bei der Darstellung überlieferter Personen wahrnehmen. Alle anderen, die sich bereitwillig auf die reizvolle Zeitreise einlassen, bekommen ein TV-Konventionen sprengendes Spektakel für alle Sinne geboten.
Die Blu-ray bietet eine deutlich sichtbare Steigerung zur bisherigen DVD-Ausgabe. Erst jetzt offenbart sich die Detailfülle der zu großen Teilen real errichteten Kulissen oder auch der Kostüme. Bei Massenszenen wie Soldatenaufmarsch oder dem Gladiatorenkampf Ende der 1. Season lässt das Bild erst richtig die Muskeln spielen. Der Ton braucht sich ebenfalls hinter gleichgearteten Kinoproduktionen nicht zu verstecken, wenngleich wie so oft der Orignalton die Nase vorn hat in Sachen Dynamik und Räumlichkeit. So kostspielig der Tausch auch sein mag - als Fan der Serie kommt man um diese an TV-Verhältnissen gemessen hervorragende Umsetzung nicht herum. Getestet wurde übrigens die rund 20 Euronen günstigere UK-Version (ohne Flatschen, mit deutscher Synchro und UNCUT).
bewertet am 05.12.09 um 13:30