Was wurde nicht alles geschrieben in den Feuilletons der letzten Wochen über " Shortbus ", diesen vermeintlichen Zwitterstreifen zwischen Pornographie und Arthouse, über die gescheiterte Kontroverse, die er nie auslösen wollte und über den gescheiterten Spagat zwischen diesen Genres. Den einen war er zu viel Pornographie, nämlich denen, die Pornographie als Darstellung von Ejakulat definieren, unabhängig vom ästhetischen Stil, für die also auch Happiness von Solondz Pornographie ist. Den anderen war er zu wenig Pornographie, weil er es trotz der Darstellung expliziter Sexualität tatsächlich noch wagte, Probleme ausserhalb der Sexualität zu behandeln. Die einen bezeichnen ihn als ersten Arthouse-Porno und verkünden die Totgeburt dieses neuen Genres. Die anderen, etwas cinephileren, haben immerhin schon mitgekriegt, dass der Arthouse-Porno schon seit ein paar Jahren eingebürgert ist, sie werfen dem Genre vor, einen Bart zu haben und inzwischen längst überholt zu sein. Ja, was denn nun? Fangen wir doch mal ganz vorne an. Die Frage nach der Handlung, die einige Kritiker sichtlich erbost gestellt haben, ist von einer nachgerade köstlichen Lächerlichkeit. Als müsste ein Streifen, der Penise zeigt, auch tiefere Weisheiten oder eine mindestens hegelianische Moral beinhalten! " Shortbus " zeigt Sexualität nicht als Problem und schon gar nicht als Lösung, aber so ganz kommt man beim Lesen der Rezensionen nicht um den Gedanken herum, eine solche Pauschalverurteilung oder Pauschalheilung wäre dem deutschen Feuilleton am liebsten gewesen. In Wirklichkeit ist Sex wenig mehr als ein Symptom, nur traut sich John Cameron Mitchell endlich mal, das Symptom zu zeigen, ohne es gleich zu vergöttlichen oder zu verdammen. In Wirklichkeit ist " Shortbus " nichts weiter als ein durchaus gelungenes Beziehungs-Fresko der manchmal heiteren, manchmal traurigeren Art, wie es im US-Independentkino keineswegs unüblich ist. Er erzählt unterhaltsame Geschichten, wirft nachdenkliche Fragen auf und hat liebenswerte Figuren, nur dass die eben einen Penis oder eine Vagina besitzen, die man auch sieht. Was, darum ging die ganze Aufregung? Deswegen wird ihm mangelnde moralische Wertung oder fehlende Tiefe vorgeworfen? In " Shortbus " macht Sex meistens Spass, für die Figuren und für den Zuschauer. Ausdruck einer apokalyptischen Tragik oder eines allrettenden Heilsversprechens ist er nie. Natürlich ist nicht immer alles perfekt, manche haben so ihre Schwierigkeiten mit dem Orgasmus, andere mit der Treue, wieder andere haben eigentlich ganz andere Probleme, die mit Sex nun beim besten Willen nichts zu tun haben. Wie das eben so ist im Leben.
Bild und Ton sind sehr gut und überzeugen auf ganzer Linie. Das Bonusmaterial geht so um die 62 Minuten und ist ebenfalls sehenswert. " Shortbus " ist eigentlich der Name des Swinger Clubs in dem sie das Ganze hier dreht und das Cover find ich sehr genial gemacht.
bewertet am 15.01.12 um 11:23