Review: Inception
16. September 2010Diese Review gibt Einblicke in den Film und sollte daher nicht gelesen werden, wenn der Film noch nicht gesehen worden ist. Die Spoiler sind zwar nur leicht und nicht plotbezogen, dennoch sei an dieser Stelle gewarnt.
Regisseur Christopher Nolan verblüffte uns im Jahre 2000 mit dem raffinierten und großartigen Film MEMENTO, ein narratives Puzzle im Rückwärtsgang, voller Verschachtelungen und parallelen Strängen. Kurz darauf begann er offensichtlich mit den ersten Entwürfen für einen weiteren Film, den man getrost auch als „Mind Fuck“ bezeichnen kann. Zehn Jahre und vier weitere fantastische Filme später ist das Werk nun vollbracht, und INCEPTION wartet darauf, vom verwöhnten Publikum begutachtet zu werden.
Worum geht es in INCEPTION – von Nolan im Vorfeld geheimnisvoll mit contemporary sci-fi action thriller ,set within the architecture of the mind‘ beschrieben – eigentlich?
Cobb (Leonardo DiCaprio) ist ein Dieb. Seine Spezialität ist die so genannte „Extraction“: er dringt in die Träume anderer ein, um ihnen Ideen und Geheimnisse zu stehlen – eine Art Wirtschaftsspionage 3.0. Der mächtige Firmenboss Saito (Ken Watanabe) möchte Cobb allerdings für einen ganz anderen Job. Nicht stehlen soll er eine Idee, sondern selbige in das Bewusstsein der Zielperson einpflanzen – „Inception“. Diese Prozedur gilt als schwierig bis unmöglich, doch Cobb ist der Meinung, den Job durchführen zu können, denn nur mit der Hilfe von Saito kann Cobb wieder in seine Heimat zurückkehren…
INCEPTION hat naturgemäß mit einigen Problemen zu kämpfen. Die Schwierigkeit eines jeden Sci-Fi-Filmes ist, dass der Zuschauer zunächst die Gesetze und wenn man so will die Physik des vorgestellten Universum kennenlernen muss, um halbwegs die Handlung mit Verständnis verfolgen zu können. Dafür nimmt sich Christopher Nolan eine gute Stunde ausführlich Zeit und führt den unwissenden Zuschauer, repräsentiert durch die Studentin Ariadne (Ellen Page), wie in einem Tutorial zu Beginn eines Computerspiels, in die Traumwelt ein. Diese Einführung ist recht dialoglastig, aber durch die beeindruckenden Geschehnisse und Effekte glücklicherweise nicht langweilig.
Sobald die Möglichkeiten des INCEPTION-Universums abgesteckt wurden, werden wir in die eigentliche Handlung, die in klassischer Heist-Movie Manier daherkommt, hineingeworfen. Cobb engagiert als Mastermind ein Spezialistenteam, u. a. die genannte Ariadne, welche als Architektin die Traumlevels erstellen soll, in welchen sie die Zielperson, Robert Fischer (Cillian Murphy), Erbe eines sterbenden Energiegiganten, bearbeiten wollen. Mit von der Partie sind Arthur (Joseph Gordon-Levitt), eine Art Mr. Wolf für alle Fälle und Hauptdarsteller in einer der coolsten Kampfszenen der neueren Filmgeschichte, der Verwandlungskünstler Eames (Tom Hardy) sowie der Apotheker und Betäubungspezialist Yusuf (Dileep Rao) und der Auftraggeber Saito persönlich.
Das Verfahren bei Extraction/Inception funktioniert wie folgt: über eine Apparatur werden der Träumer und die Träumenden gemeinsam verkabelt und gelangen dadurch in die konstruierte Welt, welche sich in einem Zwischenstadium des menschlichen Bewusstseins befindet.
Zwei „Gesetze“ der Prozedur sorgen für die nötige Würze: erstens ist es möglich, im Traum selbst die Apparatur erneut zu aktivieren, und dadurch einen Traum im Traum zu generieren (was auch immer weiter verschachtelt werden kann), und zweitens läuft die Zeit in den Traumebenen langsamer ab: je tiefer die Ebene, desto langsamer. Die beste Szene des Films spielt genau mit diesem Prinzip und ist eine meisterliche und ungemein spannende Montage, welche in der ersten Ebene nur wenige Sekunden dauert, während sich in den unteren Ebenen die Ereignisse länger ziehen und überschlagen.
Zu der Komplexität des Ganzen kommt noch Cobbs Vergangenheit um seine verstorbene Frau Mal (Marion Cotillard) dazu, welche in seinem Unterbewusstsein wie eine Zeitbombe tickt und dadurch in seinen Träumen an die Oberfläche durchzuschlagen droht.
Soviel als kurzer Einblick in die Handlung des Films, der zweifellos dem Zuschauer einiges abverlangt, ohne aber zu kompliziert zu sein. Ich wurde in dieser Hinsicht sogar fast enttäuscht, da der Film viel simpler konstruiert ist, als ich erwartet hatte. Den roten Faden kann man hier viel einfacher fokussieren als in MEMENTO. Dennoch ist INCEPTION raffiniert und steckt voller Details, die man im Anschluss gerne genauer ergründen möchte: der zweite Kinobesuch ist dadurch für einige schon vorprogrammiert – ich habe ihn bereits ein zweites Mal gesehen. Das Verständnis ist schon nach der ersten Sichtung da, aber die Aufmerksamkeit auf Kleinigkeiten, philosophische Aspekte, eventuelle Handlungslöcher, die ist beim zweiten Mal wesentlich höher.
Was mir an INCEPTION gefällt
Christopher Nolan liefert uns einen visuell und inhaltlich beeindruckenden und extrem spannenden Mix aus Spionagefilm, Heistmovie, Sci-Fi und Action-Thriller. Sein klarer, fast klinischer Stil, der bereits in THE DARK KNIGHT stark herauskristallisiert war, wird auf die Spitze getrieben und scheint nach wie vor stark beeinflusst zu sein von Michael Mann (HEAT). Technisch auf allerhöchstem Niveau, zeigt Nolan uns Kampfszenen in Schwerelosigkeit, denen man eine perfekte Illusion attestieren muss. Nicht nur die Choreografie und die makellosen visuellen Effekte, sondern auch die dabei zusehende Kamera (wie immer Wally Pfister), ständig in Bewegung und Rotation, machen die von mir oben genannte Szene zu einem absoluten Highlight und weiteren Meilenstein in der Geschichte des Films, so wie uns Neo und Trinity 1999 mit bisher unbekannten Bewegungen entzücken konnten. Schauspielerisch ist nichts auszusetzen, selbst Nebenrollen sind mit Hochkarätern wie Michael Caine besetzt. Leonardo DiCaprio ist überzeugend wie eh und je, Joseph Gordon-Levitt ist die Entdeckung schlechthin (er hat eine frappierende Ähnlichkeit mit Heath Ledger, und wird Gerüchten zufolge auch in Nolans drittem Batman Film den Antagonisten „The Riddler“ spielen), Tom Hardy hat einerseits britischen Charme und gleichzeitig die nötigen Fähigkeiten fürs Grobe. Ellen Page (JUNO) als Avatar des Zuschauers spielt den überzeugenden Neuling und meistert auch die emotionalen Szenen mit guter Dosis. Marion Cotillard ist bezaubernd und furchteinflößend, Ken Watanabe einfach cool, und Cillian Murphy beeindruckt mit seiner guten und teilweise rührenden Darstellung des verunsicherten Milliardärserben.
Zusätzlich zu solidem Spiel und beeindruckenden Effekten, die in gekonnten Montagen zur Geltung kommen, überzeugt mich INCEPTION auch inhaltlich. Filme dieser Kategorie treffen bei mir einen Nerv. Ich liebe THE MATRIX, THE FOUNTAIN, THE THIRTEENTH FLOOR, AVALON, DARK CITY,… – alle Filme, die mit der Frage nach der Realität spielen, manche vielleicht auf philosophisch naiverem Niveau als andere, aber allesamt interessante Filme, die uns nicht nur stupide Action liefern, sondern auch über den Filmgenuss hinaus zum Denken in anderen Kategorien als im Alltag anregen. Während bei AVATAR beeindruckende und noch nie da gewesene Effekte einen völlig banalen und herkömmlichen Plot kaschierten, wird hier eine Geschichte geliefert, die wahrscheinlich auch ohne Explosionen und Schwerelosigkeit als Low-Budget-Produktion überzeugt hätte. Das schicke Beiwerk macht aus einem sehr guten Film einfach auch noch einen kassentauglichen Blockbuster.
Was mir an INCEPTION nicht gefällt
Ich habe tatsächlich minimale Kritikpunkte, die allerdings das Filmerlebnis nicht wirklich trügen, aber über die ich mir dennoch Gedanken mache. Zunächst einmal wäre ich froh gewesen, noch mehr zu sehen! Sprich: die Prozedur der Kreation einer Traumwelt wird ausgiebig beschrieben und gezeigt, später aber als erledigte Tatsache hingenommen, ohne weiter gefeatured zu werden. Man hat zu Beginn den Eindruck, dass es unermessliche Möglichkeiten gibt, sich auszutoben, aber dass schließlich nur ein Bruchteil verwendet wird und uns zu Gesicht kommt. Nolan spielt mit der Architektur. So kommt die unendliche Treppe M. C. Eshers zwar vor, bleibt aber einziges Paradoxon im Level und hätte eines von vielen sein können.
Außerdem leiden die zahlreichen Charaktere ein wenig darunter, dass sie sich wenig entwickeln können aufgrund limitierten Raumes, so können die Akteure ihr schauspielerisches Potential nicht voll zur Schau stellen.
Den möglichen Kritikpunkt einer zu langen Einführung möchte ich hingegen nicht unterstützen, da mir persönlich das „Tutorial“ gefallen und mich auch unterhalten und informiert hat. Grenzwertig wird es teilweise, wenn der Zuschauer im Laufe der Handlung weitere Regeln des Spiels kennenlernt, die vorher nicht bekannt waren. Dies ist allerdings die logische Konsequenz eines konstruierten Universums. Die Alternative wäre gewesen, den Film viel simpler zu machen, oder aber den Zuschauer uninformiert zu lassen, und das hätte ihn narrativ auf eine ganz andere Schiene gebracht, die vielleicht auch wie ein traumartiger Zustand gewesen wäre, jedoch das Konzept Nolans völlig auf den Kopf gestellt hätte. Seine Traumwelten sind nicht abstrakte und surreale Bilder à la David Lynch oder Terry Gilliam (es wäre sicher interessant, eine Inception-Variante dieser Regisseure zu sehen). Nolan bleibt seiner Struktur treu, auch in den Träumen. Diese wirken ebenso real wie die Realität.
Die Musik Hans Zimmers ist imposant und laut, erinnert an vielen Stellen an THE DARK KNIGHT und drückt dem Film noch einen zusätzlichen schweren Stempel auf. An einigen Stellen ist die Musik beinahe genau so laut wie der Dialog und zwingt den Zuschauer, genau hinzuhören.
INCEPTION ist ein Erlebnis und zweifellos einer der besten Filme seit langem. Er ist voll von guten und interessanten Ideen, seien es die synchronisierten Kicks, um die einzelnen Traumwelten zu durchbrechen, die unterschiedlich wahrgenommene Zeit, die verschachtelten Träume, der Limbus oder die Idee des Diebstahls oder der Einpflanzung von Ideen. Es sind nicht Ideen, die noch nie da gewesen sind oder formuliert wurden, aber es sind Konzepte und Gedankenexperimente, die Christopher Nolan zu einem funktionierenden originellen Gesamtwerk zusammengefügt hat. INCEPTION ist sein zweites eigenes Drehbuch in Alleinregie nach dem Erstlingswerk FOLLOWING aus dem Jahre 1998, dessen Protagonist übrigens auch ein Dieb names Cobb ist.
Wenn man über einen Film wie INCEPTION nachdenkt, so muss man fast zwangsläufig einen Vergleich mit THE MATRIX ziehen, selbst wenn streng genommen die Konzepte doch unterschiedlich sind. Während in INCEPTION lediglich Träume hergestellt werden, in welche einige ausgewählte Personen agieren können, wird in THE MATRIX die Realität komplett simuliert, und die gesamte Population bewegt sich in ihr. Dennoch macht der Vergleich allein wegen des philosophischen Aspektes Sinn, und vor allem hält INCEPTION diesem Vergleich stand. Für mich ist INCEPTION das, was 1999 THE MATRIX war und bei mir ausgelöst hat.
Fazit
Christopher Nolan hat bis heute sieben Filme gemacht. Kein einziger davon war schlecht, und nahezu alle waren außergewöhnlich gut. Mit INCEPTION schließt sich gewissermaßen zehn Jahre nach MEMENTO eine narrative Klammer in der Karriere dieses britischen Regietalents und wir dürfen gespannt sein, welche Richtung er nach dem dritten Batman Film (auf den wir uns zweifellos auch freuen dürfen) einschlagen wird. INCEPTION ist keine einfache Kost, aber fordert dem Zuschauer sicherlich auch nicht zuviel ab, ist also längst nicht so kompliziert, wie manche vielleicht befürchten (oder hoffen). Die Komplexität entsteht im Nachhinein, wenn man sich das Konzept durch den Kopf gehen lässt, das Ende überdenkt und ins Grübeln gerät – auch hierfür verdient der Film höchstes Lob.
Ein großartiger Film und ein Highlight in diesem Filmjahr!
INCEPTION
USA 2010
Regie: Christopher Nolan
Drehbuch: Christopher Nolan
Kamera: Wally Pfister
Schnitt: Lee Smith
148 min.
10/10
Auf meinem eigenen Blog habe ich zusätzlich zu dieser Review auch eine ausführlichere Analyse und Interpretation des Films gepostet. Der Link zum Blog ist in meinem Profil.
Review: Robin Hood
27. Mai 2010Für alle Interessenten, hier ist der ganze Artikel:
Als bekannt wurde, dass Ridley Scott (BLADE RUNNER, GLADIATOR) die Materie neu verfilmen würde, stieg bei mir die Aufregung. Als einer meiner Lieblingsregisseure, bekannt für seine großartigen Genrefilme, insbesondere natürlich seine Historienepen GLADIATOR und KINGDOM OF HEAVEN, konnte ich die Premiere kaum abwarten. Mit Oscarpreisträger Russell Crowe (gewonnen für GLADIATOR, eher verdient für THE INSIDER) in der Rolle des Outlaws konnte man an sich nicht allzuviel falsch machen – nachdem der Australier mittlerweile das fünfte Mal mit dem Briten gearbeitet und noch nie enttäuscht hatte. Die ebenfalls preisgekrönte Cate Blanchett (ELIZABETH, HEAVEN) als Lady Marion versprach auch keine Enttäuschung zu werden – gibt es einen Film, in dem sie nicht gut war??Auch die leitenden kreativen Personen beim Projekt sind alte Bekannte. Lichtsetzender Kameramann John Mathieson sowie Editor Pietro Scalia gehören mittlerweile zum Stammpersonal von Ridley Scott.
Die Handlung von ROBIN HOOD ähnelt ein klein wenig BATMAN BEGINS, man kann den Film als Prequel zur eigentlich bekannten Geschichte sehen. So wird der Zuschauer mitten in eine wirre Zeit und die Rückkehr der Kreuzfahrer um König Richard „The Lionheart“ (Danny Huston) nach England hineingeworfen. Dort lernt er gleich mehrere Personen kennen, unter anderem den verlässlichen Bogenschützen Robin Longstride (Crowe). Desillusioniert und von Schuldgefühlen seinem Gott gegenüber geplagt, zweifelt Longstride an dem himmlischen Auftrag des Kreuzzugs, und will eigentlich nur noch aus der Sache heil rauskommen. Zusammen mit ein paar weiteren Männern, darunter Little John (Kevin Durand), Will Scarlet (Scott Grimes) und Allan A‘Dayle (Alan Doyle) desertieren die Kämpfer unmittelbar nachdem der König in der Schlacht auf französischem Boden gefallen ist, und werden darauf Zeuge eines Hinterhalts und Verrats. Die Krone des Gefallenen sowie das Schwert des sterbenden Robert Loxley (Douglas Hodge) gelangen dadurch in die Hände von Longstride, der einerseits mit der Krone sein Ticket zur Überfahrt nach England erkennt, gleichzeitig dem Sterbenden aber auch den Schwur ableisten muss, dessen Schwert den Händen des Vaters zu übergeben.?Robin Longstride übernimmt den Namen des Gestorbenen und macht sich damit unbewusst mächtige Feinde am von Intrigen durchgedrungenen englischen Königshof. Auf dem Anwesen Loxleys trifft er auf die Witwe Lady Marion (Blanchett) und dem erblindeten Vater Walter Loxley (Max von Sydow). Dieser macht ihm ein interessantes Angebot…
Wer leichtes, unterhaltsames Popcorn-Kino mit coolen One-Linern und permanentem Witz à la PRINCE OF THIEVES erwartet hat, der wird von Scotts ROBIN HOOD wahrscheinlich zunächst ziemlich erschlagen. Der Zuschauer wird hier von historischen Hintergrundinformationen, zahlreichen Charakteren und regelmäßigen Locationwechseln auf Trab gehalten. Es dauert eine Weile, bis wir uns über die einzelnen Handlungsstränge und Charaktere im Klaren sind und das Große Ganze erkennen können. Ridley Scott zeigt uns eine dunkle, dreckige und harte Welt. Russell Crowes Hände sind schmutzig und bandagiert. Die Männer haben Narben im Gesicht und schlechte Zähne (übrigens ein Detail, welches unter anderem einen guten historischen Film ausmacht und sich massiv von Trash wie KING ARTHUR unterscheidet. Dabei geht Ridley Scott aus (kommerziell) verständlichen Gründen nicht auf die ganz extreme Schiene wie etwa Aronofsky in THE FOUNTAIN, wo wir einen richtig verwahrlosten Hugh Jackman sehen können). Man kann den Gestank in vielen Szenen förmlich riechen, wenn man die dicht gedrängten schweissnassen Soldaten oder den tiefen Matsch betrachtet. Ständig hört und sieht man Fliegen. Mäuse huschen über die Esstische. Diese Bereitschaft, eine vergangene Zeit nicht einfach zu glorifizieren, sondern die teils katastrophalen hygienischen Zustände in den Bildern festzuhalten, verdient eine gewisse Bewunderung. Insgesamt ist die komplette Ausstattung des Films extrem gut gelungen. Die mittelalterlichen Bauten, seien es kleine Hütten in den Dörfern oder große düstere Burgen, wirken ungemein realistisch und authentisch. Man hat an vielen Stellen des Films das Gefühl, eine Zeitreise zu machen. Sowohl die nebligen Wälder, als auch die weiten Landschaftsaufnahmen Englands bieten eine prachtvolle Kulisse.
Die Handlung springt also hin und her zwischen der Geschichte um Longstride und seinen Männern, die aus den Wirren des Krieges plötzlich in eine ganz andere, nicht weniger bedrohliche Situation im eigenen Land, geraten, und Handlungsstränge am Hof, wo der neu gekrönte König John (Oscar Isaac) zusammen mit seinem finsteren Ränke schmiedenden Berater Godfrey (Mark Strong) damit loslegt, die Bevölkerung Englands über Steuererhöhungen ausbluten zu lassen. Gleichzeitig sehen wir, wie der Komplott in Frankreich geplant wird und wie aufgrund der Tyrannei Johns die Lords sich zusammenschließen und alles auf einen fatalen Bürgerkrieg hinausläuft.?Der Humor kommt dennoch nicht zu kurz. Es gibt immer wieder Momente der Leichtigkeit, besonders im Verhältnis zwischen Robin und seinen Begleitern. Die Beziehung zwischen Robin und Marion, die ja nun für niemanden wirklich eine Überraschung sein sollte, baut sich langsam und vorsichtig auf – ohne dass der Film zur kitschigen Romanze wird, was auch der tadellosen Leistungen der beiden Hauptdarsteller zu verdanken ist.
Wo wir grade bei den Darstellern sind: Russell Crowe ist ein wirklich guter Robin Hood. Dass er historische Führungspersönlichkeiten mit Kraft und Autorität, aber auch viel Gefühl spielen kann, hat er bereits in GLADIATOR und MASTER AND COMMANDER bewiesen, und auch in ROBIN HOOD spielt er den zunächst einfachen Mann, der über sich hinauswachsen wird, in gewohnter Stärke. Er überzeugt auch in den ruhigen Momenten. Die Chemie zwischen ihm und Cate Blanchett passt. Cate Blanchett ist großartig wie immer. SIe verkörpert die mittelalterliche Frau mit überzeugender Präsenz. Max von Sydow (SHUTTER ISLAND) spielt ihren alternden und erblindeten Schwiegervater und ist ein Highlight des Films, ebenso wie der fantastische William Hurt (A.I., GORKY PARK) in der Rolle des William Marshal. Hurt hat mich mit am meisten beeindruckt. Er hat nicht viele Szenen, und die meisten sind nur kurz mit wenig Dialog, doch er schafft es mit seiner Darstellung einen bleibenden Eindruck seiner Figur zu hinterlassen. Selten hat der Spruch „weniger ist mehr“ so gut gepasst wie auf William Hurt in ROBIN HOOD.?Mark Strong und Oscar Isaac (beide in BODY OF LIES) spielen die Hauptantagonisten in ROBIN HOOD. Sie sind gut und spielen böse – für meinen Geschmack aber zu eindimensional böse. Während man argumentieren könnte, dass John einfach nur dumm ist und deshalb nicht versteht, dass seine Handlungen nicht produktiv sind, stellt Godfrey eine Art Mastermind im Hintergrund dar und erscheint mir in vielen Szenen als zu unnötig böse und irrational. War Alan Rickman in der Verfilmung von 1991 noch eine rein böse überzeichnete Karikatur des psychopathischen Sheriff von Nottingham, so hätte in Scotts Film eine etwas komplexere Charakterdarstellung eher zum Gesamtbild gepasst und nicht ganz in Schwarz-Weiss-Kategorien gehalten sein müssen.?Die Actionszenen sind von Scott (und Mathieson und Scalia) gewohnt aufwendig und gekonnt in Szene gesetzt – wenn auch leider erstaunlich unblutig und kaum brutal. Ein bisschen mehr BRAVEHEART hätte mir in den Schlachten besser gefallen.
Fazit
Alles in allem ist ROBIN HOOD ein guter bis sehr guter Film – allerdings kein Ausnahmefilm und nicht der beste von Ridley Scott. Doch es lohnt sich, Scotts Vision des Mittelalters, die wir bereits in KINGDOM OF HEAVEN bestaunen konnten, auf der großen Leinwand zu betrachten. Gelungener und spannender Film, der viel Authentizität in grandiosen Bildern versprüht und mit vielen großartigen Darstellern aufwartet, aber in manchen Momenten gerade bei den Bösewichten etwas ins Eindimensionale abrutscht.
ROBIN HOOD (2010, Ridley Scott), 140 min.
8/10
Review: THE WILD BUNCH
27. April 2010"Was ONCE UPON A TIME IN THE WEST für den Italowestern ist, das ist THE WILD BUNCH vermutlich für den amerikanischen Western: ein Abgesang. Hier werden alte Männer, die aus einer anderen Zeit stammen, mit der Moderne konfrontiert, mit Technologie, mit Zivilisation, und alte Methoden oder Lebensweisen sind immer schwerer umzusetzen.
Eine Bande Outlaws, geführt von dem alten Haudegen Pike Bishop (William Holden), sieht sich auf dem absteigenden Ast - die Überfälle werden schwerer, sie werden in Fallen gelockt und gejagt vom Gesetz und von Kopfgeldjägern, engagiert durch die immer mächtiger werdenden Eisenbahnbetreiber. Der letzte Überfall geht schief, Beute wird auch nicht gemacht, stattdessen gibt es ein Massaker in der Stadt, und die angeschlagene Truppe flieht Richtung Mexiko und den dort stattfindenden Revolutionskämpfen, wo sie mit einem der Warlords einen weiteren Coup plant – gleichzeitig sind ihnen die Kopfgeldjäger eng auf den Fersen. Sie werden geleitet von dem ehemaligen Bandenmitglied Deke Thornton (Robert Ryan), und er kennt seine früheren Waffenbrüder und deren Denkweise…
In sporadischen Rückblicken lernen wir die Hintergrundgeschichte von Bishop und Thornton kennen.
Schließlich kulminiert die Geschichte in einem Blutbad. Es ist das Jahr 1913, der erste Weltkrieg steht an, und alte Revolverhelden und Postkutschenräuber müssen Automobilen und Maschinengewehren weichen.
Als THE WILD BUNCH ins Kino kam, galt er als der bis dato brutalste Film der Geschichte und wurde in eine kontroverse Reihe gestellt mit BONNIE AND CLYDE sowie THE DIRTY DOZEN, und selbst heute noch ist der Film aufgrund seiner expliziten und blutigen Gewaltdarstellung nichts für Zartbesaitete. Es wäre allerdings schade, beschränkte man dieses Werk von Sam Peckinpah auf Gewalt und Schießerei. Natürlich ist Gewalt ein wesentliches Element dieses Spätwesterns, doch gerade der enorm hohe Body Count dient hier eher als Stilmittel. Die Sinnlosigkeit des Todes vieler Namenlosen (gleich zu Beginn des Films und besonders in der letzten Szene) deutet auch auf den Zeitenwechsel an. Die alte Welt der Revolverhelden wird verlassen, und die neue moderne Welt, in der selbst das Töten in anderen, noch nie dagewesenen Größenordnungen geschehen wird, bricht heran. Für Pike Bishop und seine Männer ist kein Platz mehr in der neuen Welt. Sie gehen unter, und mit ihnen der Wilde Westen.
THE WILD BUNCH ist ein pessimistischer Film, eingefangen in wunderschönen Farben und Landschaften (Kamera: Lucien Ballard). Der Director‘s Cut geht 145 Minuten und wurde überwiegend um ruhige Szenen ergänzt – in erster Linie Rückblicke. Damit scheint der Film auch eine andere Wirkung zu haben als die kurz nach der Premiere gekürzte Fassung, die sehr auf die Gewalt beschränkt worden ist. Es ist daher empfehlenswert, sich den ursprünglichen Director‘s Cut des Re-Releases anzusehen, da zu vermuten ist, dass die Intention von Peckinpah hier am besten rüber kommt.
Die Actionszenen sind meisterlich inszeniert. Zum ersten Mal spritzte Blut bei Einschüssen und sahen Verletzungen echt aus; die Stunts von Mensch und Pferd sind spektakulär und man kann über den logistischen Aufwand nur staunen. Im Gegensatz zu den Low-Budget Italowestern wurde hier natürlich auch mit anderen Geschützen aufgefahren. Der Überfall auf die Eisenbahn ist in allen Belangen eine grandiose Szene.
William Holden ist großartig als Anführer einer aussterbenden Art, und auch sein Verfolger Robert Ryan überzeugt mit seiner Peformance als müder Ex-Krimineller, der zwischen die Fronten gerät. Ausstattung und Dimension der Statisten macht THE WILD BUNCH zu einem epischen Werk. Das Thema des Niedergangs des Wilden Westens ist im finalen Himmelfahrtskommando treffend umgesetzt und macht THE WILD BUNCH damit zu einem Klassiker des amerikanischen Films. Sam Peckinpahs Werk war für zwei Oscars nominiert: beste Musik sowie bestes Orginaldrehbuch."
THE WILD BUNCH (1969, Sam Peckinpah), 145 min. (Director‘s Cut)
9/10
Die anderen Western Reviews sowie Besprechungen zu allen mögichen anderen Filmen gibts auf meinem Blog - Link im Profil. ;)
Review: Inglourious Basterds
17. März 2010"Es gibt ein paar Regisseure, die mit ihren Filmen eine komplett eigene Parallelwelt zeigen, die nach eigenen Gesetzen und Logiken funtioniert. Wes Anderson (THE DARJEELING LIMITED) ist einer von ihnen. Quentin Tarantino ist ein weiterer dieser Regisseure, und seine Filme tragen seine unnachahmliche Handschrift. Kaum irgendeinem Genre zuzuordnen, sind Tarantinos Werke eine Kombination aus Komödie, Exploitation, Western, Eastern usw.
Tarantino zitiert seine Vorbilder und Lieblingsfilme – er ist das Paradebeispiel eines Filmwahnsinnigen, der so viel Zelluloid inhaliert und gut sortiert in seinem Kopf abgespeichert hat, dass er stets auf Abruf das Bild, die Einstellung, das Detail, welches er braucht, zur Hand hat. Dabei sind das keine plumpen Kopierversuche – Tarantino verneigt sich in seinen Hommagen bei seinen persönlichen Idolen, und wandelt und konvertiert sie in seine eigene Welt.
Nur so ein Regisseur ist in der Lage, einen Film wie INGLOURIOUS BASTERDS zu machen. Und vermutlich kann es sich auch nur ein Quentin Tarantino erlauben, die Geschichte dermaßen zu ignorieren und umzuschreiben, und Unterhaltungskino im zweiten Weltkrieg zu produzieren.
Viel wurde über INGLOURIOUS BASTERDS geredet und geschrieben. Einig sind sich fast alle, dass Christoph Waltz eine geniale Leistung als SS Offizier Hans Landa abgeliefert und dafür zurecht den Oscar erhalten hat. Ansonsten war der Film neben AVATAR (welcher zumindest zwei technische plus den Kamera Oscar bekam) bei der Verleihung vor einer Woche der Verlierer des Abends.
INGLOURIOUS BASTERDS ist Tarantinos Spaghetti-Western. Damit hat er sich einen langjährigen Traum erfüllt. Viele Elemente konnte er bereits in KILL BILL verarbeiten, aber diesmal füllt die Western Anmutung beinahe den ganzen Film.
Killing Nazis
Die Handlung: eine amerikanische Spezialeinheit von Juden treibt im von Nazis besetzten Frankreich, verkleidet in zivil, ihr Unheil, indem sie deutsche Soldaten töten und Angst und Schrecken verbreiten. 100 Nazi-Skalps schuldet jeder einzelne Basterd dem Anführer Lt. Aldo Raine (Brad Pitt), und bald schon erreicht die Kunde vom Nazi-Schrecken den Führer selbst. Der Plot der Basterd-Einheit, eindeutige Anspielung auf die Apachentaktik, ist nur ein Teil eines ganzen Plot-Mosaiks, der zusammen mit der Geschichte von Shosanna, einer überlebenden französischen Jüdin und Kinobesitzerin und schließlich der „Arbeit“ von Landa in mehreren Kapiteln zum Gesamtwerk verwoben wird. Dabei ist INGLOURIOUS BASTERDS eine Aneinanderreihung von Szenen, die jeweils ihren eigene Besonderheit haben. Die Introsequenz ist direkt ein Geniestreich, der an Spannung und aufgebauter Dramatik kaum zu überbieten ist. Hier wird mit Landa der Antagonist eingeführt und Waltz zeigt gleich zu Beginn, dass seine Figur ein extremes Gewicht im Film haben wird. Die verschiedenen Einstellungen, das Framing und die Farben eröffnen den Western, und man spürt die Bewunderung für Sergio Leone. In seinem ganzen Aufbau erinnert das Intro gewissermaßen an den Anfang von KILL BILL. Auch dort wird der Gegenspieler langsam, dramatisch, bedrohlich eingeführt, mit Betonung auf seinen Sinn für Etikette. Hans Landa ist ein Mastermind, welches uns von Anfang an fasziniert und anwidert, zugleich aber auch zum Lachen bringt.
Das Nazi Oberkommando inklusive Hitler selbst sind herrliche Karikaturen, und man denkt bei sich, dass es wirklich an der Zeit war für so einen Film.
Die große Stärke von INGLOURIOUS BASTERDS, und was ich Tarantino hoch anrechne, ist die Verwendung von Muttersprachlern für die entsprechenden Rollen und die damit einhergehende Sprachvielfalt. Im Film wird auf Englisch, Französisch, Deutsch und Italienisch gesprochen – und dem interessierten Zuschauer sei dringend empfohlen, die untertitelte Originalversion zu schauen und keine Synchronfassung! Dies macht den Film (in seiner Tarantino-Parallelwelt) authentisch und seine Figuren anziehend. Es ist eine Freude, deutsche Schauspieler in den deutschen Rollen zu sehen, französische in den französischen, britische in den britischen usw.
Außerdem ist es interessant zu sehen, wie deutsche Schauspieler unter der Regie von Tarantino aufzublühen scheinen! Interessant ist übrigens, dass Tom Tykwer die deutschen Dialoge übersetzt hat. Tarantino beweist, dass ein mehrsprachiger Film funktionieren kann und man wünscht sich mehr davon.
Eine persönliche Lieblingsszene kann ich bis zum heutigen Zeitpunkt nicht nennen – zu viele begeistern mich noch immer beim wiederholten Betrachten. Sehr weit vorne in meinem Ranking befinden sich aber sicherlich das Intro in der französischen Hütte, die Begegnung der deutschen Einheit mit den Basterds und dem „Bear Jew“ sowie die zum Brüllen komische Szene in La Louisiana (August Diehl ist neben Landa einer meiner Favoriten des Films).
Die Kamera von Robert Richardson ist grandios und hätte ebenfalls die Oscarauszeichnung verdient (na gut, er hat schon zwei).
Eine kleine Anmerkung zur deutschen Blu-Ray Version: diese ist im Gegensatz zur Kinoversion und der amerikanischen Blu-Ray ein wenig länger. Die zusätzlichen Einstellungen sind in der Kneipenszene und verlängern das „Wer bin ich?“-Spiel ein wenig.
Fazit
INGLOURIOUS BASTERDS ist ein echter Tarantino. In diesem Jahrzehnt für mich knapp hinter KILL BILL, aber wirklich nur knapp. Meiner Ansicht nach der beste Film des letzten Jahres und bei den Oscars deutlich ungerecht behandelt. Tarantino ist längst überfällig für den Oscar, sei es für die Regie oder das Drehbuch.
Wer einen historischen Weltkriegsfilm sehen möchte, der ist bei Tarantino falsch. INGLOURIOUS BASTERDS ist Unterhaltungskino auf höchsten Niveau, in allen Belangen, und deshalb für mich besser als AVATAR, und auch ein wenig besser als THE HURT LOCKER.
Ich bin gespannt, wie Tarantino sein Gesamtwerk fortführen wird – die Messlatte ist weiterhin ganz oben.
INGLOURIOUS BASTERDS (2009, Quentin Tarantino), 154 min
10/10"
Review: The Hurt Locker
27. Februar 2010"[...]THE HURT LOCKER, nominiert für neun Oscars und damit schärfster Konkurrent von AVATAR, wurde von Kathryn Bigelow (Ex-Frau von AVATAR-Macher James Cameron) in Jordanien gedreht.
Gleich zu Beginn des Films wird die Spezialeinheit in Aktion gezeigt – und diesmal geht es schief: der Bombenentschärfer wird getötet und muss für die verbleibenden 38 Tage bis zur Ablösung der Einheit ersetzt werden. Gleich im Intro wirkt sich einer der Clous von THE HURT LOCKER aus: der Zuschauer kann sich nie sicher sein, er wird gezwungen, mit der Unsicherheit der Protagonisten zu leben und sie auf deren schmalen Grat zwischen Leben und Tod begleiten. Dies wurde u. a. dadurch gelöst, dass selbst die Teilnahme großer Stars kein Zeichen für deren lange Leinwandpräsenz ist. Guy Pierce (MEMENTO) spielt den ursprünglichen Bombenspezialisten, welcher zu Beginn ums Leben kommt, und ist somit nach keinen zehn Minuten wieder raus aus der Geschichte. Diese Taktik wiederholt sich im Verlaufe des Films in anderen Varianten.
William James (Jeremy Renner, 28 WEEKS LATER) ersetzt also für die restlichen 38 Tage den Verstorbenen und schockiert seine beiden Teammitglieder Sanborn (Anthony Mackie, NOTORIOUS) und Eldridge (Brian Geraghty, JARHEAD, BOBBY), indem er sich nicht an das Protokoll hält, Sicherheitsrisiken eingeht und sein Leben scheinbar ohne zu zögern aufs Spiel setzt.
Was folgt ist eine Aneinanderreihung von Szenen und Situationen, mit denen das neu zusammengesetzte Team konfrontiert wird, und die den alltäglichen Wahnsinn in einem vom Krieg gezeichneten Land schildern. Paranoia, Sprachbarrieren, Misstrauen und die hässliche Fratze des Krieges, die vor keinen noch so grausamen Methoden zurückschreckt. THE HURT LOCKER bietet einerseits hochgradig spannende Szenen, die akribisch genau recherchiert wirken. Mein Highlight ist der Scharfschützen-Schusswechsel in der Wüste, der sich ewig hinzieht und überwiegend aus Abwarten und Lauern besteht. Gleichzeitig wird die Psyche der Soldaten im Einsatzgebiet gut beleuchtet und zeigt einerseits die junge Generation von Soldaten, welche zunehmend desillusioniert und verzweifelnd ihren Dienst tut, aber auch die völlig abgestumpfte Variante des Adrenalinjunkies, der außerhalb eines Gefahrenfelds gar nicht mehr zurecht kommt und dort ständig zur Flasche greift und seinem Privatleben aus dem Wege geht.
So könnte man THE HURT LOCKER als Film der Generation Zweiter Irakkrieg sehen und in eine lange Reihe bedeutender Filme wie JARHEAD, PLATOON, THE DEER HUNTER… stellen.[...]"
Die ganze und weitere Reviews gibts auf meinem Blog. THE HURT LOCKER ist auf jeden Fall eine Top-Empfehlung! ;)
Review: The Lovely Bones
24. Februar 2010Peter Jackson hatte sich nach der Lektüre des Buches die Rechte an der Verfilmung gesichert und brachte THE LOVELY BONES Ende letzten Jahres in die Kinos. Seine Filmumsetzung hält sich in weiten Teilen an die Originalvorlage, allerdings gibt es einige größere Abweichungen im genauen Ablauf der Geschehnisse. Außerdem wurden Elemente, wie beispielsweise eine Affäre der Mutter mit dem ermittelnden Polizisten, im Film ausgelassen.
THE LOVELY BONES ist ein sehr ambitionierter Film, und das ist auch sein größtes Problem. Man spürt förmlich in jeder Minute den Drang des Filmemachers, ein Kunstwerk zu schaffen und sich selbst zu übertreffen. Dadurch zerläuft das Gesamtwerk für meinen Geschmack zu sehr und weiß nie so ganz recht, in welche Richtung es gehen soll.
Was mir an THE LOVELY BONES gefällt
Technisch ist Peter Jacksons zehnter Spielfilm einwandfrei, und die visuellen Effekte von Weta sind natürlich auf höchstem Niveau. Die Hauptdarstellerin Saoirse Ronan (CITY OF EMBER) hat eine zauberhafte Leinwandpräsenz mit unglaublichen Augen. Sie schafft es trotz ihres noch jungen Alters, diesen Film überzeugend zu tragen, und selbst in der vielleicht schwierigsten Szene eine beeindruckende Leistung abzuliefern. Damit komme ich auch zu Stanley Tucci. Seine Darstellung des Kindsmörders ist phänomenal; die besagte Szene, in welcher er Susie in ihr Verderben lockt, ist die beste des ganzen Films. Tucci ist für seine Rolle für den Oscar nominiert worden – allemal verdient.
Was mir an THE LOVELY BONES nicht gefällt
Die visuellen Effekte sind wie bereits erwähnt allererste Sahne, allerdings zu viel. Oft wird die Grenze zur Effektorgie überschritten, und manchmal werden Erinnerungen an THE CELL wach. Sicherlich sollte versucht werden, ein völlig fremdartiges Fantasiereich darzustellen – aber in meinen Augen wurde zu dick aufgetragen. Die Musik (Brian Eno) ist an vielen Stellen interessant und atmosphärisch schön – aber oft merkwürdig und anstregend. Wie der ganze Film mutet die Musik oft Kopflosigkeit an.
Ich bin leider enttäuscht von THE LOVELY BONES. Er scheitert an seinen überstrapazierten Ansprüchen und hat keine klare Linie. Was will der Film vermitteln? Dass Kindsmord eine schreckliche Sache ist? Dass Susie etwas Schlimmes widerfahren ist? Dass sie etwas Schönes und Gutes erlebt in ihrem Himmel? Will der Film uns ein gutes Gefühl hinterlassen, weil es am Ende in den Himmel geht und alles gut ist? Oder will er uns traurig und bedrückt nach Hause schicken, weil wir den Verlust der Tochter zusammen mit der Familie empfinden? Ich finde, THE LOVELY BONES gibt hierzu keine guten Antworten und bleibt zu diffus. Gleichzeitig ist er nicht ambivalent genug, sondern strebt mehr oder weniger determiniert auf den Himmel und Happy End (?) zu.
Fazit
Insgesamt funktioniert THE LOVELY BONES einfach nicht so, wie er sollte. Ohne das Buch gelesen zu haben, werde ich mit dem Film nicht warm. Er hat ungemein gute und auch ein paar extrem spannende Szenen, die meisterlich inszeniert sind, aber auf der Metaebene berührt mich THE LOVELY BONES nicht und nimmt mich leider nicht wirklich mit auf Susies Reise."
THE LOVELY BONES (2009, Peter Jackson), 135 min.
Außerdem habe ich kürzlich eine Review zu THIRST sowie SNATCH. veröffentlicht. Wenn ihr Lust habt, schaut vorbei - über Kommentare freue ich mich natürlich auch! ;)
Review: A Serious Man
11. Februar 2010[...] A SERIOUS MAN ist der neueste Film der Coen Brüder, welche nach ihrem großartigen NO COUNTRY FOR OLD MEN sowie nach dem für Coen-Verhältnisse eher schwachen BURN AFTER READING wieder eine weitere Kuriosität in ihr Universum gesetzt haben. Die Handlung ist eine Anspielung auf die Geschichte von Ijob (Hiob), nach welchem auch die bekannte Hiobsbotschaft benannt wurde. Ijob wird von Satan ins Unglück gebracht, weil jener mit Gott gewettet hat, dass Ijob nur gut und fromm sei, solange es ihm gut gehe. Also lässt Gott zu, dass Satan wütet und Ijob die Kinder und sein Hab und Gut nimmt und ihn sogar erkranken lässt. Doch Ijob hält Gott die Treue und wird von diesem belohnt.
Ich gebe zu, dass ich die Geschichte Hiobs nachschlagen musste, da der Religionsunterricht doch eine Weile her ist – aber selbst ohne die Kenntnis dieser Erzählung ist die Handlung des Films einleuchtend:
Larry Gopnik (Michael Stuhlbarg) ist ein Mathematik/Physik-Professor an der Universität. Das macht ihn gewissermaßen zu einem weltfremden Kauz, und dennoch versucht er, ein aufrichtiger Jude zu sein und sein Leben anständig zu führen. Doch scheinbar spielt ihm eine höhere Macht einen Streich, denn Larry widerfahren eine Katastrophe nach der anderen: seine Frau will ihn verlassen und einen Freund der Familie heiraten, er ist fast pleite, an der Universität wird er erpresst, seine Kinder haben ihr eigenes Leben – der Sohn kifft und muss sich auf seine Bar Mitzwa vorbereiten; die Tochter bestiehlt ihn und möchte ihre Nase operieren lassen. Larry hat einen fast autistischen Bruder, der ständig in Schwierigkeiten steckt und auch welche macht. Schließlich ist der Punkt erreicht, an dem Larry nicht mehr weiter weiß, und er nimmt den Ratschlag an, zum Rabbi zu gehen – es sollen schließlich drei Rabbis werden. Die Rabbi-Besuche sind Highlights des Films.
A SERIOUS MAN ist eine skurrile Komödie, mit einem Protagonisten, den man nur bemitleiden kann. Es steckt unglaublich viel Witz in diesem Film, Anspielungen auf religiösen Glauben, Sinnfragen – überhaupt die Frage nach Antworten. Ist es nicht herrlich, wenn Larry an der Universität in nicht endenden Formeln den Studenten völlig sicher und fachmännisch erklärt, ob Schrödingers Katze tot ist oder nicht, während um ihn herum gleichzeitig die Welt zusammenbricht, und ihm keiner eine Antwort auf die Frage nach dem Warum geben kann? [...]
Diese Besprechung und auch weitere Reviews könnt ihr gerne in meinem Blog einsehen - Link über mein Profil! ;)
Review: The Departed
28. Januar 2010Hier ein Auszug aus der THE DEPARTED Review:
Interessant an THE DEPARTED ist, dass er vom Aufbau nahezu identisch ist wie INFERNAL AFFAIRS. Ganze Szenen laufen gleich ab, sogar vereinzelte Dialoge ähneln sich, einige Szenen sind gar fast gleich inszeniert. Und dennoch trägt THE DEPARTED den Scorsese-Stempel – nach den eher schweren THE AVIATOR und GANGS OF NEW YORK hat Scorseses Signatur diesmal auch wieder eine gewisse Leichtigkeit vorzuweisen; vielleicht ein wenig „back to the roots“. Kamera führte mal wieder Scorseses Weggefährte Michael Ballhaus – den Schnitt übernahm wie üblich Thelma Schoonmaker.
Das Setting ist Boston und damit dessen Bewohner, was für Außenstehende schwierig zu beurteilen ist. Tatsächlich scheint hier ein ganz eigener Menschenschlag zu agieren, und es ist fast eine Milieustudie, Alec Baldwin und Mark Wahlberg beim gegenseitigen Beschimpfen zuzusehen.
Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich die gleiche Geschichte abläuft, wenn nur die Umgebung eine andere ist. Scorsese hat also wieder einen Gangsterfilm gedreht, durch das Setting aber diesmal nicht über italoamerikanische (GOODFELLAS) oder jüdische (CASINO) Gangster, sondern diesmal irische.
Do you want to be a cop, or do you want to appear to be a cop?
Die Story ist wie erwähnt die gleiche wie in INFERNAL AFFAIRS: der Kopf der irischen Mafia, Frank Costello (Jack Nicholson), schleust schon von dessen Jugend an seinen Schützling Colin Sullivan (Matt Damon) bei der Polizei ein, um dadurch einen perfekten Spitzel zu haben. Die Polizei wiederum setzt Billy Costigan (Leonardo DiCaprio) als Undercover Cop ein, der sich bei Costello einschleusen und genug Material liefern soll, damit ihm der Prozess gemacht werden kann. Nur der Polizeichef (Martin Sheen) sowie sein Assistent (Mark Wahlberg) kennen die Identität ihres Spitzels, genauso wie nur Costello die Identität von Sullivan kennt. Beide Lager erfahren jedoch, dass sie einen Spion in ihren Reihen haben und versuchen diesen ausfindig zu machen. Wer findet den Maulwurf (oder engl.: die Ratte) zuerst? [...]"
Wer weiterlesen möchte, ist herzlich eingeladen, mal auf meinem Blog vorbeizuschauen! Sobald ich ein wenig mehr Zeit habe, werde ich auch die Blu-Ray selbst bewerten.
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