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Gerade gesehen: Melancholia
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Dass die Welt dem Untergang geweiht ist, das macht Lars von Trier in seinem neuen Film Melancholia direkt in der ersten Einstellung unmissverständlich klar. In von Triers Welt ist dies jedoch noch lange kein Grund, auf ein rauschendes fest zu verzichten. Achtung, dieser Beitrag enthält Spoiler!
Zunächst Bombast. Musik von Wagner, dazu schier überwältigende Bilder eines kosmischen Zusammenpralls zweier Planeten, immer wieder unterbrochen von Zeitlupenaufnahmen eines zusammenbrechenden Pferdes, einer durch Spinnweben watenden Braut, einer Sonnenuhr, die zwei Schatten wirft. Der Untergang ist nah, so viel steht fest. Schnitt. Es bedarf schon besonderer Chuzpe darauf eine Slapstickszene folgen zu lassen, in der sich eine Stretchlimo eine enge Serpentine hinauf quält, immer wieder stoppt, zurück setzt, einlenkt, weiterfährt, stoppt, ...
Protagonistin des ersten Teils von Melancholia ist die unter Depressionen leidende Braut Justine (Kirsten Dunst). Von ihrer Krankheit merkt man zu diesem Zeitpunkt noch nichts, sie wirkt ausgelassen, als sie mit ihrem Mann Michael (Alexander Skarsgard) auf dem Rücksitz der viel zu langen Limousine turtelt. Auf dem Empfang ihrer Hochzeit angekommen, verdüstert sich ihre Stimmung jedoch zusehends. Es ist ihre Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) die sie aufzubauen versucht, die die Party in Gang hält, die die Spannungen in der Familie schlichtet. Nach Justines Zusammenbruch am nächsten Morgen ist sie es, die sie pflegt, sie in ihre kleine Familie aufnimmt. Vom Weltuntergang ist noch nicht viel zu spüren. Die Hochzeitsgäste feiern ausgelassen, auf die drohende Katastrophe deutet lediglich ein roter Punkt am Nachthimmel hin. Und Justines eigenartiges Verhalten. Die bislang erfolgreiche Werberin schafft es in dieser Nacht, ihren Job zu verlieren, ihre Familie gegen sich aufzubringen, ihren frisch gebackenen Ehemann zu vergraulen und als Wrack zurück zubleiben.
Und so ist es auch Claire, die zur Protagonistin des zweiten Teils wird und die Katastrophe in die Handlung zieht. Ob er sich sicher sei, dass der Planet die Erde verfehlt, fragt sie ihren Mann John (Kiefer Sutherland). Natürlich, die Wissenschaftler hätten das doch eindeutig berechnet, beruhigt dieser. Im Internet liest sie jedoch von gegenteiligen Theorien: nachdem der gewaltige Planet Melancholia die erde einmal knapp verfehlt, werden beide durch ihre Anziehungskraft im zweiten Anlauf doch auf einander prallen. Hat Claire gerade noch ihre kranke Schwester gepflegt, so kann man nun förmlich dabei zusehen, wie sie angesichts der Angst vor dem Tod altert und schwächer wird. Es sind die Tiere, die rumorenden Pferde im Stall, sowie die unruhigen Vögel am Himmel, die andeuten, dass es zu Ende geht. Und es ist Justine deren Fatalismus im Angesicht des Untergangs sie immer mehr vom Leben entfremdet, dabei aber immer stärker und souveräner macht. Sie ist es auch, die ihrem Neffen kurz vor dem Ende eine Zauberhöhle baut um darin ihn und ihre Schwester an die Hand zu nehmen, zu beruhigen und dem Tod entgegen zu gehen. Sie, die durch die Depression vermutlich ihr Leben lang den Tod vor Augen hatte, scheint hier plötzlich die Einzige zu sein, die einen kühlen Kopf behält.
Es ist gerade dieser zweite Teil, der Melancholia zum Erlebnis macht. Während der Film im ersten Teil durchaus mit einigen Längen zu kämpfen hat, entwickelt er sich hier zum Kammerspiel das seinen Fokus auf die gegensätzliche Entwicklung der Schwestern richtet. Beide Darstellerinnen spielen hier brillant auf, den Preis für die beste Schauspielerin in Cannes hätte Gainsbourg sicher genauso zugestanden wie Dunst. Von Trier entwickelt die Katastrophe in einer bedrückenden Stille, die lediglich von einem latent ansteigenden grollen gestört wird. Natürlich ist sich der Zuschauer von Anfang an der Unausweichlichkeit der Katastrophe bewusst. Doch ist es erst Wagners Musik, die sich in das immer lauter werdende Grollen mischt und endgültige Gewissheit schafft. Nie hat das Kino den Weltuntergang gleichzeitig so grausam direkt und subtil verspielt dargestellt. Am Ende ist dann absolute Stille.
Bilder. (c) http://www.melancholia-derfilm.de
Zunächst Bombast. Musik von Wagner, dazu schier überwältigende Bilder eines kosmischen Zusammenpralls zweier Planeten, immer wieder unterbrochen von Zeitlupenaufnahmen eines zusammenbrechenden Pferdes, einer durch Spinnweben watenden Braut, einer Sonnenuhr, die zwei Schatten wirft. Der Untergang ist nah, so viel steht fest. Schnitt. Es bedarf schon besonderer Chuzpe darauf eine Slapstickszene folgen zu lassen, in der sich eine Stretchlimo eine enge Serpentine hinauf quält, immer wieder stoppt, zurück setzt, einlenkt, weiterfährt, stoppt, ...
Protagonistin des ersten Teils von Melancholia ist die unter Depressionen leidende Braut Justine (Kirsten Dunst). Von ihrer Krankheit merkt man zu diesem Zeitpunkt noch nichts, sie wirkt ausgelassen, als sie mit ihrem Mann Michael (Alexander Skarsgard) auf dem Rücksitz der viel zu langen Limousine turtelt. Auf dem Empfang ihrer Hochzeit angekommen, verdüstert sich ihre Stimmung jedoch zusehends. Es ist ihre Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) die sie aufzubauen versucht, die die Party in Gang hält, die die Spannungen in der Familie schlichtet. Nach Justines Zusammenbruch am nächsten Morgen ist sie es, die sie pflegt, sie in ihre kleine Familie aufnimmt. Vom Weltuntergang ist noch nicht viel zu spüren. Die Hochzeitsgäste feiern ausgelassen, auf die drohende Katastrophe deutet lediglich ein roter Punkt am Nachthimmel hin. Und Justines eigenartiges Verhalten. Die bislang erfolgreiche Werberin schafft es in dieser Nacht, ihren Job zu verlieren, ihre Familie gegen sich aufzubringen, ihren frisch gebackenen Ehemann zu vergraulen und als Wrack zurück zubleiben.
Und so ist es auch Claire, die zur Protagonistin des zweiten Teils wird und die Katastrophe in die Handlung zieht. Ob er sich sicher sei, dass der Planet die Erde verfehlt, fragt sie ihren Mann John (Kiefer Sutherland). Natürlich, die Wissenschaftler hätten das doch eindeutig berechnet, beruhigt dieser. Im Internet liest sie jedoch von gegenteiligen Theorien: nachdem der gewaltige Planet Melancholia die erde einmal knapp verfehlt, werden beide durch ihre Anziehungskraft im zweiten Anlauf doch auf einander prallen. Hat Claire gerade noch ihre kranke Schwester gepflegt, so kann man nun förmlich dabei zusehen, wie sie angesichts der Angst vor dem Tod altert und schwächer wird. Es sind die Tiere, die rumorenden Pferde im Stall, sowie die unruhigen Vögel am Himmel, die andeuten, dass es zu Ende geht. Und es ist Justine deren Fatalismus im Angesicht des Untergangs sie immer mehr vom Leben entfremdet, dabei aber immer stärker und souveräner macht. Sie ist es auch, die ihrem Neffen kurz vor dem Ende eine Zauberhöhle baut um darin ihn und ihre Schwester an die Hand zu nehmen, zu beruhigen und dem Tod entgegen zu gehen. Sie, die durch die Depression vermutlich ihr Leben lang den Tod vor Augen hatte, scheint hier plötzlich die Einzige zu sein, die einen kühlen Kopf behält.
Es ist gerade dieser zweite Teil, der Melancholia zum Erlebnis macht. Während der Film im ersten Teil durchaus mit einigen Längen zu kämpfen hat, entwickelt er sich hier zum Kammerspiel das seinen Fokus auf die gegensätzliche Entwicklung der Schwestern richtet. Beide Darstellerinnen spielen hier brillant auf, den Preis für die beste Schauspielerin in Cannes hätte Gainsbourg sicher genauso zugestanden wie Dunst. Von Trier entwickelt die Katastrophe in einer bedrückenden Stille, die lediglich von einem latent ansteigenden grollen gestört wird. Natürlich ist sich der Zuschauer von Anfang an der Unausweichlichkeit der Katastrophe bewusst. Doch ist es erst Wagners Musik, die sich in das immer lauter werdende Grollen mischt und endgültige Gewissheit schafft. Nie hat das Kino den Weltuntergang gleichzeitig so grausam direkt und subtil verspielt dargestellt. Am Ende ist dann absolute Stille.
Bilder. (c) http://www.melancholia-derfilm.de
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Kommentare
Von Trier ist sicherlich nicht jedermanns Fall, aber die Geschichte und die Darsteller zusammen mit Triers spezieller Art seine Geschichten in Szene zu setzen machen den Film für mich höchst interessant.
Vielen Dank für deinen hervorragend recherchierten Blog, zu °Melancholia". Dein Blog hilft mir für einee weitere, endgültige Entscheidung, den Film zu gegebener Zeit, in meine kleine Sammlung zu stellen. Gerne hätte ich den Streifen in einer Kino Atmosphäre gesehen. Aber wegen meiner Erkrankung, ist es leider nicht möglich. Der Harry.
und danke für das Lob ;-)
Toller Beitrag - danke für den Tipp!