Asienwochen 3. Kyoto
Der zweite Teil handelt heute von meinem Besuch in Kyoto, einer sehr traditionsbewussten Großstadt im Herzen Japans. Kyoto ist historisch von großer Bedeutung dieses Landes, da sie früher eine Kaiserresidenz war. Die Stadt liegt südlich der gleichnamigen Präfektur auf der Insel Honshu.
Osaka in blau, Kyoto in Rot/Grün
Meine Reise begann am internationalen Flughafen von Osaka. Mit einem Shuttlebus fuhr ich quer durch das gigantische Ballungsgebiet. Egal wohin der Blick fiel, überall war der Horizont von Stadt bedeckt, in der Ferne waren die Berge zu sehen und man kann bei der Fahrt mehr Golfabschlagplätze zählen, als jeder Finger hat. Wie es aussieht haben die Japaner ein großes Faible für Golf. Ich kam am Mittag an und als ob nicht der Flug schon ermüdend genug war, ratterte mein Kopf ununterbrochen aufgrund der ganzen japanischen Schriftzeichen. Ich habe etwas Mandarin gelernt und kann einige Kanji Zeichen daher ableiten, mal mehr mühsam, mal weniger. Je länger ich unterwegs war, desto größer schien mir die Stadt zu werden und dann waren wir schlagartig in Kyoto. Ein Blick auf die Satellitenkarte verrät, dass jene 100 Kilometer Strecke die Städte nahtlos miteinander verbindet – das gleich über zwei Präfekturen verteilt!
Kaum angekommen ließ ich meinen Krempel bei einer Freundin liegen und schon machten wir uns auf den Weg in die Stadtmitte. Trotz dieser großen Stadt, hab ich bis dato noch nie ein einfacheres U-Bahn Netz gesehen wie in Kyoto. Um es mal klar zu stellen, es gibt nur zwei Linien und diese kreuzen sich sprichwörtlich in der Mitte – eine Ost-West und Nord-Süd Linie. Im Zentrum angekommen spazierten wir in der Teramachi Street, einst mal eine offene Passage, nun komplett überdacht mit unzähligen Läden und Restaurants links und rechts so weit das Auge reicht und für alles was das Herz begehrt.
Kyoto bietet eine gigantische Auswahl der klassischen Sehenswürdigkeiten, aber nicht unbedingt wie wir uns diese vorstellen. Abwechslung wie Grotten, Burgen, Schlösser, Kirchen oder Wolkenkratzer stehen hier nicht im Fokus aber wofür Kyoto bekannt ist, sind dessen Tempel und Schreine. Der vermutlich berühmteste Tempel ist Kyomizu-dera. Dem Brauch nach sollten den Menschen, die von der Terasse sprangen(!) alle Wünsche erfüllt werden. Aufgrund der Vegetation darunter gab es tatsächlich eine recht hohe Überlebenschance aber selbstverständlich bezieht sich dieser Brauch auf historische Aufzeichnungen. Das gesamte Areal trotzt nur von architektonischen Schönheit und verdient das UNESCO-Weltkulturerbe zurecht.
Ein weiteres sehr bekanntes Bild ist der Shinto-Schrein Fushimi Inari-Taisha. Ein beliebtes Fotomotiv ist einer der vielen Torii-Passagen. Torii sind japanische rote Tore, ein klassisches Stück Architektur, dass man mit diesem Land in Verbindung bringt. Einzeln dienen sie meist als Eingang für einen heiligen Ort. Die Tore in diesen Passagen gleichen einem dem anderen mit dem Unterschied ihrer Gravur. Leider fallen einige der Witterung zum Opfer aufgrund ihrer Holzkonstruktion. Dieses Photo, dass ihr hier seht ist nicht einfach zu machen, da so viele Touristen vor Ort sind und man viel Glück benötigt. Wer zögert oder einen Schuss verbockt darf sich bald über den nächsten ins Bild rumpelnde Besucher freuen.
Arashiyama ist ein Berg etwas westlich gelegen und berühmt für dessen wild lebenden Affen. Man riet mir dazu, diese zu meiden, da sie manchmal eine Neigung zeigen, Besucher zu attackieren und darauf war ich nicht gerade scharf drauf. Stattdessen liefen wir über die uralte Holzbrücke Togetsukyo. Ein paar Fußminuten in der Nähe ging es dann zu Tenryuji, einem buddhistischen Tempel aus dem mittleren 14. Jahrhundert. Ein traumhafter Garten ziert den Außenbereich des Gebäudekomplexes. Was für den Europäer der schön gepflegte Rasen ist, ist in den japanischen Gärten der Tempel das Moos und es mag wirklich merkwürdig klingen aber selten hab ich so schönes Moos gesehen. Gleich um die Ecke des Tempels kommt das nächste optische Schmankerl, der Sagano Bambuswald und ich meine nicht einfach ein paar niedliche Sträucher wie man sie im Baumarkt kauft sondern ein dichter Wald voller Bambus mit Rohren im Umfang größer als mein Kopf (hat nicht gleich zu bedeuten, dass meine Birne klein ist!). Nach einem langen Marsch kam zu Mittag gerade eine Schüssel Udon-Nudeln recht, vor allem die kalte, dazu noch eine Tempura-Garnele mit drauf, einfach nur lecker, erfrischend und stärkend.
Auf dem Weg durch die Stadt, kam ich bei weiteren schönen Tempeln und Schreinen vorbei, darunter auch die Festung Nijojo. Am Ende ist es gleich egal, wo man hingeht, denn diese schönen historischen Bauten gibt es überall mit ihren ganz eigenen Charakteristika. Eines musste ich aber im Laufe der Woche feststellen. Kyoto hatte ein gewaltiges Problem mit Bränden in der Vergangenheit gehabt, sei es aufgrund der Hitze in Kombination mit dem Holz oder durch Brandschatzungen während der Kriege. Daher fällt dem Touristen gleich auf, dass an vielen Stellen der Stadt kleine gefüllte Wasserflaschen für Löschzwecke herumstehen. Ich ließ mir sagen, dass dies ein alter Brauch ist und zum Trinken sind diese selbstverständlich nicht gedacht. Wenn ich aber schon gleich dabei bin, eine Sache, die mich total begeistert hat waren die unzähligen, überall in der Stadt verteilten Getränkeautomaten. Überkommt einen der plötzliche Durst bei 33°C springt man nur kurz über die Straße und hat ausgesorgt. Selbst wenige Minuten später findet man einen weiteren Automaten mit großer Auswahl diverser Getränke zum guten Preis. Da fiel mir gleich eine weitere positive Eigenheit auf – die Stadt ist total sauber. Man findet so gut wie keine öffentlichen Mülleimer. Diese ziehen wegen dem Klima und den verderbenden Lebensmittelresten sonst Ungeziefer an und Dank der Disziplin der Bürger, wird der Müll selbst nach dem öffentlichen Verzehr der Leckerrein mit Nachhause genommen oder im nächsten Konbini (jap. Einzelhandel z.B. wie 7-Eleven)entsorgt. Klasse!!
Gion liegt direkt neben dem Kamo-Gawa, der flache Fluss, der sich durch die Stadt zieht. Das Viertel ist Japans berühmtestes Geisha-Viertel. Dort trifft man sich in traditionellen Teehäusern aber auch moderne Establishments wie Glückspielschuppen, Bars und Clubs sind hier zu finden. Wer die Ästhetik und Eleganz einer Geiko (wie Geishas dort genannt werden) bewundern möchte, kommt nicht um dieses Viertel herum.
Wer aber denkt, dass Kyoto nur Tradition bedeutet, der liegt falsch. Ein Bild, das sich mir bot, ließ mich total staunen und ein bisschen in Neid verblassen. Da saß eines Nachmittags im Starbucks, trank meinen leckeren Macha Latte (Kyoto ist Matcha-Crazy, die haben sogar Matcha Baumkuchen – Baumkuchen(sogar in Deutsch beschildert!!) ) und am anderen Tisch saßen zwei junge Frauen in ihren Sommerkimonos – den Yukata. Paare, einzelne Bewohner oder auch Reisende in dieser traditionellen Kluft sieht man recht oft und ich finde das total schön. Lustig fand ich es dann, wenn diese einen genialen Gegensatz darstellten, indem sie eine Yukata trugen und eine Hi-Tech Kamera um den Hals baumeln ließen. Sowas sieht man halt nur in Japan dachte ich mir und bedauerte es sehr, dass wir in Deutschland den Bräuchen immer mehr den Rücken kehren. Mal ehrlich, wer trägt hier noch seine Trachten in der Öffentlichkeit außer zu Festen, dem Wasen oder den stolzen Bayern? Trüge ich hier einen Yukata oder Tracht im Alltag, durchbohren mich bereits die Blicke der Mitmenschen allein nur in meiner Vorstellung.
Neben den alten historischen Bauten boten sich mir auch einige moderne, darunter auch der wahnsinnig hohe Hauptbahnhof. Eine Fusion von Glas und Metall zieht sich wie ein Skelett durch den Komplex, die Menschen wirken winzig und man fühlt sich wie an einen anderen Ort versetzt. Im Untergrund gibt es Shoppingmöglichkeiten von Souvenirs bis hin zu wunderschönem Teezubehör oder Süßigkeiten aller Art und Preisklassen. Wie schon erwähnt, ist in Kyoto der Matcha sehr stark präsent. Matcha ist ein grüner Tee, der aber nicht wie herkömmlicher Tee bei uns zubereitet und getrunken wird. Ich hatte die Chance, eine Zubereitung nach traditioneller Schule der Omotesenke zu bewundern und zu genießen. Allerdings musste mir eine Freundin auch nebenher etwas übersetzen und erklären, wie die Etikette zu handhaben ist- einfach unvergesslich und wunderschön.
Die Woche war schnell vorbei und hat mir einiges über die Kultur und das Leben dort vor Augen geführt sowie dass ich Japan gegenüber doch zu voreingenommen war und mich letztendlich irrte. Ich bin davon überzeugt, dass ich irgendwann wieder Kyoto besuchen werde. Bis dahin schwelge ich in den Erinnerung dieser schönen Woche.
Ich hoffe euch hat der kleine Einblick zu Kyoto gefallen. Ich bin kein Japanologe und habe mich neben der Reise nie mit Japan befasst, bitte daher bei etwaige Fehler um Entschuldigung und freue mich um Korrektur und Feeback. Leider war ich nur dort und kann keine Vergleiche zu anderen japanischen Städten schildern aber allein Kyoto ist es Wert, besucht zu werden (klar, sonst würde ich nicht darüber schreiben ;) . Die Menschen sind sehr liebenswürdig, die Stadt zieht jeden in seinen Bann und am Ende denke ich, geht jeder Besucher mit einem fröhlichen Lächeln wieder.
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Kommentare
und Danke für dein Lob!
Wenn du rechts die abgeschnittenen Buchstaben noch einsortierst, würde ich ihn sogar nochmals lesen ;)
Das mit den Traditionen hast cool gesagt, dann schmeiß ich mich mal in die Lederhosen! :D Ne, finde das auch toll, weil es eben soviele Stile und Kulturen gibt, man aber oft wo reingepresst ist, selbst wenn man sich dagegen wehren sollte ... hat man immer noch nichts bei anderen zu gucken!
Vielen DANK für den schönen Blog!!!