Das große Italowestern Special: Bud Spencer und Terence Hill - Teil 2

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21. Juni 2014

Fortsetzung vom ersten Teil:


Onkel Hill

 

Während Bud sich in immer schwächere Rollen stürzte und dann Ende der Achtziger kaum noch in der Lage war rein körperlich (sowohl vom Alter, als auch dem Gewicht) seine Genrefilme zu drehen, war Terence zum kuschelweichen Familientypen mutiert.

 

Die erste Anwallung dieses neuen Mario Girotti sah man 1983 in seiner Adaption eines italienischen Klassikers: "Keiner haut wie Don Camillo", an dem seine ganze Familie mitwirkte. Der Film war weder Fleisch noch Fisch, ihm fehlte die Lässigkeit eines richtigen Terence Hill Filmes aber auch der Charme des Originals, auch die Zeit um den Kommunisten Peppone glaubwürdig darzustellen war Mitte der 80er schon längst vorbei. Es wurden viele sinnfreie Kleinigkeiten, wie eine Heirat beim Fallschirmspringen, eingebaut, die den Film nicht gerade sehenswerter, sondern flacher gestalteten.

 

In "Renegade", der nächsten Familienangelegenheit Hills mit seinem Stiefsohn Ross in der anderen Hauptrolle, versuchte er sich dann noch einmal statt mit Bud Spencer, mit der eigenen Sippe. Dass der Film nicht wieder so eine Pleite wurde, wie letzt genannter, liegt hauptsächlich daran, dass er den Regiestuhl an den Altmeister abgetreten hatte, E.B. Clucher, alias Enzo Barboni, der Regisseur der Halleluja Streifen schuf einen ganz netten Film, dem allerdings erneut der richtige Pfiff fehlte.

 

Dann folgte für den Italiener wohl die Zäsur in seinem Leben, die alles verändern sollte, der Unfalltod des Stiefsohnes († 1990) mit dem er nun eigentlich gemeinsam so richtig durchstarten wollte. So sollte Ross in seiner "Lucky Luke" Adaption eigentlich Billy the Kid spielen.

 

Nichtsdestotrotz produzierte Hill mit dem Rest seiner Familie den Film und die dazugehörige Serie, die wieder weder besonders nah am Original war, noch an Hills Blütezeit als Nobody anknüpfen konnte. Zuviel kindlicher Humor und unglaubwürdige Albernheiten bzw. Hexereien, zu wenige Prügeleien und Szenen in denen er seinen Charme richtig ausspielen konnte. So zog sich der weichgespülte Terence Hill weiter durch seine Karriere, jedoch manifestierte sich eine Eigenart Hills, die ihn für meinen Geschmack nicht besser machte: sein Hang zur katholischen Religiosität.

 

Eine letzte Prügelei...

 

Doch bevor sich Hill endgültig dem Glauben verschrieb, konnte der Dicke ihn noch einmal zu einem gemeinsamen Abenteuer überreden: "Die Troublemaker" war also das nächste Projekt im Kreise nicht nur einer Familie, sondern der gemeinsame Streifen der Sippen von Pedersoli und Girotti. Auf den ersten Blick hört sich das ganze viel versprechend an, Hill und Spencer wieder als Brüder unterwegs, es schien wieder ein klassischer Film nach Halleluja-Art zu werden!

 

Doch auf den zweiten Blick offenbarte der Film eine Abnormalität, er spielte nicht in Almeria, sondern direkt in den Staaten, im Cast war keiner der alten Haudegen, kein Riccardo Pizzuti, einfach niemand von der alten Garde. Auch im weiteren Produktionsteam fanden sich keine alten Gesichter, Morricone, die De Angelis Brüder, E.B. Clucher, sie alle waren einfach nicht dabei (nur Casaro, er schuf wieder das Plakat).

 

Stattdessen wurde der Film von einem gewissen Matthias Wendlandt produziert... Moment mal, Wendtland, da klingelt doch was... und in einer Nebenrolle Eva Hassmann... Hassmann... Wendtland... da fehlt noch ein Puzzleteil. Plötzlich jodelt es in einen Ohren: "Jodelahiti!!!" Otto Waalkes, das war das fehlende Teil, zufälligerweise produzierte Horst (der Vater von Matthias) Wendtland alle seine Filme. Böse Zungen würden jetzt behaupten, die völlig Talentbefreite Gattin vom Ostfriesen (Hassmann) hätte diese Rolle durch Beziehungen bekommen, aber auf so eine Idee käme ich doch nie.

 

Im Klartext, der viel zu dicke Bud, der nun Kutsche fahren musste, weil er nicht mehr auf ein Pferd passte und der Softie Terence lieferten einen weichgespülten Kleinkind-Western ab, ohne jeden Pfiff, gute Musik oder sonst irgendwas im Sinne der guten alten Italowestern. Traurigerweise mussten E.B. Clucher, Pizzuti und co., mit denen die beiden nun anscheinend nichts mehr zu tun haben wollten, einen eigenen Film drehen: "Sons of Trinity" oder auch "Trinity & Babyface" war der Versuch der alten Bande mit neuen Darstellern den Mythos weiter leben zu lassen, natürlich verfehlten sie ihr Ziel um Längen, da niemand neue Doppelgänger wollte, die gab es schließlich schon in den 70ern. Hätten sie alle wieder zusammengearbeitet, wäre sicherlich ein deutlich besseres Ergebnis herausgekommen.

 

Übrigens: Kalauermeister Rainer Brandt, der die Synchronfassungen all dieser letzten Filme erstellte, bekam seit 1986 mit "Die Miami Cops" keine deutsche Fassung mehr zustande, die auch nur im Ansatz an alte Knaller heranreichte, ob dies an ihm oder den Vorgaben der Produktion bei Rialto oder wo auch immer lag, kann ich nicht einschätzen.

 

 

Vier weiche Fäuste in der Gegenwart

 

Nach dieser Riesenpleite gingen beide wohl endgültig wieder getrennte Wege. Terence Hill fand seine neue Heimat als "Don Matteo", Pfarrer, der Kriminalfälle, in dieser bereits seit 1999 in Italien laufenden Serie, löst. Seine beste Rolle seit "Renegade", da er hier ein gutes Maß gefunden hat und endlich nicht mehr alte Figuren ausgräbt und schändet, sondern sich selbst versucht an einer neuen sympathischen Figur. 2010 wurde ich richtig aufgeregt, als ich hörte, Hill habe einen neuen Western gedreht, anscheinend eine Fortsetzung zu Nobody... Das Ergebnis war "Doc West", nur der deutsche Titel wandelte ihn so um (wie in der guten alten Zeit mit den betrügerischen Titeln). Wieder führte Hill Regie und wieder war es ein familienfreundliches Fest der Langeweile. Den zweiten Teil habe ich bis heute nicht gesehen und das wird wohl auch so bleiben.

 

Bud schlug sich nach zwei Serien mit dem "Miami Vice" Star Philip Michael Thomas (die sogar ganz amüsant waren) nur noch mit kleinen Rollen so durch. 2005 übernahm er dann noch mal eine Hauptrolle in einem Fernsehfilm, der es sogar zu uns schaffte. Bud (sogar von Wolfgang Hess synchronisiert) war in "Padre Speranza" ein Priester, der einen Mafia-Kriminalfall löst. Dass er damit an den Erfolg seines ehemaligen Partners in dessen neuen Paraderolle als Don Matteo anknüpfen will, ist wohl nicht von der Hand zu weisen.

 

Epilog

 

Was bleibt, ist entweder ein realistisches Bild der beiden, oder man schaut nur auf gute Zeiten, blendet alles andere aus und erhält so den Mythos am Leben. Der private Fernsehsender Kabel Eins tut mit seiner Ausstrahlungspolitik seit nunmehr 15 Jahren alles dafür, dass das Bild der beiden als perfektes Duo erhalten bleibt, indem man nur die Evergreens der 70er und 80er sendet, und zwar in Dauerschleife. Viele wissen sicherlich nicht einmal von "Gott vergibt, Django nie" oder dem genialen "Vier für ein Ave Maria", weil diese für Kabel 1 anscheinend schon nicht ins Schema passen. Die Öffentlich-Rechtlichen verbannen diese alten Filme hingegen jenseits der 23 Uhr Marke, wo man sie erst einmal finden muss...

 

Schlussendlich bleibt es jedem selbst überlassen, sich ein Bild zu machen und sich Erinnerungen oder auch neue filmische Erfahrungen so aufzubereiten, wie man es gern hätte.

 

Post-Epilog für Terence

 

Eigentlich wäre dies der letzte Satz meiner Ausführungen gewesen, jedoch würde dieser Satz die beiden wieder nur auf die beiden naiven Prügelbarden reduzieren, die die Medien heute gern immer noch genauso hätten, wie in den 70ern. Auf Bud Spencer mag dies zwar zutreffen, er war - und das betont er immer besonders - kein Schauspieler, verprasste sein Geld und musste alles einmal ausprobieren (z.B. machte er den Pilotenschein und war "Erfinder").

 

Die viel interessantere Persönlichkeit ist Terence Hill, ein Mann, der jeglichen Medienrummel meidet und deshalb für jene Medienschakale auch längst nicht so interessant ist, wie sein dicker Ex-Partner, dessen Deutschlandreise für dieses Frühjahr merkwürdigerweise abgesagt wurde, aus gesundheitlichen Problemen (man munkelte schon, dass es mit ihm zu Ende gehen könnte), und plötzlich sei er wieder gesund und hat ein neues Buch, und zwar ein Kochbuch... zurück zu Hill:

Wie wurde er zu diesem anscheinend streng gläubigen und introvertierten Familienmenschen, der Ende der 60er noch als Django dutzende Leute im Film niedermähte? Ansetzen würde ich Mitte der 1970er Jahre: Terence auf dem Hoch seiner Karriere, als Nobody hatte er einen waschechten A-Film Erfolg, der sogar fast so gut war, wie ein echter Leone-Streifen, so konnte er zwei große Rollen in Hollywood an Land ziehen, in denen er nicht den Fäusteschwinger vom Dienst mimen musste. Jedoch floppten sowohl "Mister Billion", als auch "Marschier oder Stirb", was ihn dann wieder in die Arme des italienischen Kinos manövrierte, zurück zu Bud und  den "Vier Fäusten". Wahrscheinlich mischte nun Anfang der 80er die große Enttäuschung mit, dass man, obwohl man im Gegensatz zu Spencer perfekt englisch spricht und deutlich fleißiger ist, ihn nie so wirklich überholt hat, im Gegenteil, heute ist Hill der weniger populäre - zumindest in der Bundesrepublik.

 

Zu der Sackgassenkarriere kam dann der Tod des Stiefsohns und der endgültige Abstieg zur C-Garde unter den Schauspielern, dies alles führte wahrscheinlich dazu, dass sich Hill alias Mario Girotti so stark zur Kirche hingezogen fühlt und Erfüllung im Glauben zu finden scheint. Zu sehen ist dies im besonderen Maß an Don Matteo, anders als Don Camillo, oder Cowboy Doc West braucht er hier keine halbgare Figur zwischen alten Erwartungen und neuem Sein zu spielen, sondern einfach einen Menschen, wie er selbst. Und der Erfolg in Italien gibt ihm Recht.

 

Nun also der echte Abschlusssatz: Auf den ersten Blick sehen wir in den "Vier Fäusten" ein belanglos-locker-flockiges Abenteuerfilm-Duo, naiv und geerdet, was wir aber nicht sehen, sind die Menschen und komplexen Charaktere die sie wirklich sind (vor allem trifft dies auf Hill zu), sondern lediglich Filmfiguren, die schon lange nicht mehr existieren, sonst würden die beiden wie all die anderen Sequel-Eunuchen versuchen, uns mit wie auch immer gearteten neuen Abenteuern zu quälen.

 

Nun noch eine Filmempfehlung:

 

Ein Schinken von dem ich vor Jahren gehört hatte, heißt "Zwei tolle Hunde in Hongkong", zufälligerweise lief er letztens auf dem MGM-Sender von Sky. Ein klassischer Streifen mit zwei Spencer/Hill Lookalikes, im Gegensatz zu "Butch und Toby" (siehe Italowestern Blog Nr. 2) jedoch mit einer der genialsten Vertonungen aus dem Hause Brandt, die ich je hören durfte. Eine Geisha, die wegen ihrer starken Schminkung als Mehlklafte bezeichnet wurde, und Dutzende andere Anzüglichkeiten, bis hin zu einem Sachsen mit Monokel (Vorgänger von Oberst Klink?) machen diesen Film zu einer von Brandts Top 5 Arbeiten! Viel Spaß beim Angucken.

Die Quellen der Bilder sind die jeweiligen DVD/Blu-Ray/VHS-Veröffentlichungen oder TV-Mitschnitte, sowie Kinoaushänge aus meiner Sammlung
 


Kommentare

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Dein Doppel-Blog ist schon ein Kracher!

Gut recherchiert, interessant geschrieben, voller Infos und Hintergrundwissen...

Hut ab, das haste gut gemacht!!! ;-)

Natürlich bin auch ich mit den beiden Haudegen groß geworden, obgleich ich hier zugeben muß, daß sie ihre Zeit bei mir hinter sich haben. Früher paßten viele der Filme gut, aber heute ist das einfach nicht mehr mein Ding: hab mich weiter entwickelt und mein Geschmack hat sich geändert.

Nichtsdestotrotz (da ist es wieder, dieses Wort!) haben die beiden, obwohl es mit ihrer Schauspielkunst nicht weit her ist, einen festen Platz in der Filmgeschichte und in den Herzen vieler Filmfans!

So soll das und so ist das auch gut! :-)
NX-01
25.06.2014 um 18:23
von NX-01
#7
Auch wieder sehr schön geschrieben.
Habe sowohl die beiden Spencer bios gelesen (wobei die zweite besser als die erste war. Die erste war dann irgendwann langweilig, weil er ständig von den Regisseuren usw gefaselt hat und das war nich das was ich lesen wollt),
als auch die inoffizielle von Hill. Die von Hill fand ich um längen besser, auch wenn er sie nicht selber geschrieben hat. Bei der wurde mir mehr zur Person selber als über belangloses geboten.

Ich will auf jeden Fall nach und nach alles Filme der beiden anschauen, da ich einige noch nicht kenne. Leider gibts ja auch noch nicht alle auf BD, daher wird sich das wohl noch ein paar jahre ins Land ziehen :)
gelöscht
23.06.2014 um 19:09
#6
Wieder top geschrieben.

Doc West war für mich eine Mega enttäuschung. die filme gingen gar nicht
Sawasdee1983
23.06.2014 um 07:56
#5
Ein grandioses Double-Feature zu zwei europäischen Legenden. Vielen Dank!
cpu lord
22.06.2014 um 14:42
#4
Exzellente Fortsetzung, die wieder enorm viel Wissenswertes unterbringt - Danke!
Persönlich sehe ich Spencer/Hill in filmischer Hinsicht immer als Personalunion, denn die jeweiligen Solopfade vermochten mich kaum zu überzeugen. Dennoch die interessantere Persönlichkeit, da bin ich ganz bei Dir, ist auch für mich Hill.
Danke für den einfach meisterlichen Blog!
Cineast aka Filmnerd
22.06.2014 um 14:38
#3
Was man von Dir alles erfährt, is echt genial!! Gemütlich zu lesender Ausflug mit dem bekanntesten "Italo-Buddy Duo Ever" ... und das irgendwie auch persönlich aus dem Nähkästchen von Bollwerk!

Die beiden haben wohl einfach schon soviel geleistet, dass sie sich später schon darauf ausrasten konnten, oder hätten können! Was dann nach ihrer Blütezeit (harter Italo oben eben amüsante Buddycomedy) noch so kam war dann wohl nur mehr das Ausschwingen. Scheinbar haben sich die beiden auch persönlich stark verändert und sind deshalb nicht mehr in verwurzelte Fusspuren zurückgekehrt?
Was spannend wäre, ob mal wieder ein Duo auftauchen könnte, dass hier ähnliches fabriziert. Also nicht diese Unikate ersetzt oder in deren Fußspuren tritt, aber im entferntesten mal mit ihnen verglichen wird? Wohl nicht!? Ansonst kann man nur sagen, alles findet mal ein Ende ...

Wunderbar zu lesen und besonders hier gegen Schluss immer interessanter was du hier selbst eruiert und auf einen Nenner gebracht hast.

Ich kenn zwar hier einiges aber hab auch noch vieles zum Nachholen, zumindest in deren Westernbereich ... DANKE auch für die TIPPS!!! :)
und DANKE für diesen wunderbaren Doppelblog!!
MoeMents
21.06.2014 um 21:02
#2
Also ich fand Terence Hill immer sympathischer als Bud Spencer. :) Diese blauen Augen... ;)
Vielen Dank für diesen tollen Doppel-Beitrag.
tantron
21.06.2014 um 19:03
#1

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