Wie weit sind Menschen bereit zu gehen, wenn es darum geht, Erfolg zu haben? Das war bereits die zentrale Fragestellung von Aronofskys auf den ersten Blick unscheinbaren, aber wahnsinnig intensiven Sportler-Drama The Wrestler, und genau darum geht es auch in seinem neuen Pyscho-Thriller Black Swan. Weitere Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Filmen gefällig? Aronofsky gibt sich bei beiden Filmen mit einem winzigen Budget zufrieden (13 Millionen bei Black Swan, 6 Millionen bei The Wrestler) und er treibt in beiden Filmen seine beiden Stars zu Höchstleistungen: Mickey Rourke wurde für seine bewegende Darstellung für den Oscar nominiert, Natalie Portman durfte dieses Jahr sogar den verdienten Goldjungen für die Darstellung der Tänzerin Nina in Empfang nehmen.
Story
Für die ehrgeizige Ballet-Tänzerin Nina (N. Portman) geht ein Traum in Erfüllung: In einer Aufführung von „Schwanensee“ erhält sie die doppelte Hauptrolle der Schwanenkönigin. Angetrieben von ihrer übertrieben fürsorglichen Mutter (B. Hershey) setzt sie alles daran, auch den „dunklen Schwan“ perfekt verkörpern zu können. Je mehr sie sich in die schwierige Rolle versetzt, desto mehr verliert sie die Kontrolle über sich selbst. Als dann auch noch ihre schärfste Konkurrentin Lilly (M. Kunis) für die Zweitbesetzung nominiert wird, fühlt sich Nina mehr und mehr von ihr verfolgt…
Während in The Wrestler der selbstzerstörerische körperliche Einsatz des Protagonisten im Fokus steht, ist es bei Black Swan die komplette psychische Selbstaufopferung Ninas, die für sie ebenso dramatische Konsequenzen hat. Dass am Ende trotz der ähnlichen Thematik ein komplett anderer Film herauskommt, liegt in erster Linie daran, dass Aronofsky sich bei Black Swan wieder auf seine visuellen Stärken besinnt, die er bei seinen bisherigen Filmen „Pi“, „Requiem for a Dream“ und „The Fountain“ bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, bei The Wrestler allerdings zu Gunsten der ruhigen Geschichte deutlich zurückgefahren hatte.
Black Swan hingegen ist ein visuell überragender Film, der – obgleich er enorm viele dunkle Szenen hat – brillant gefilmt und geschnitten ist. Die Kombination aus 16mm-Film und digitalen Hand-Kameras gibt dem Film einen stellenweise dokumentarisch anmuteten Look, welcher die besondere Schönheit der Tanz-Sequenzen ebenso zielführend unterstützt wie die enorm düsteren Momente, die vor allem gegen Ende an Szenen aus klassischen Horrorfilmen erinnern.
Durch die zunehmende Verschmelzung von Realität und Fantasie (ein Element, das Aronofsky bereits bei PI und Requiem for a Dream sehr effektiv einsetzte) ziehen Spannung und Tempo des Films kontinuierlich an, während Black Swan (getrieben von dem wunderbaren Soundtrack von Clint Mansell) konsequent auf sein unvermeidliches Finale zusteuert. Neben deutlichen sexuellen Anspielungen dominieren dabei gegen Ende die Thriller- und Horrorelemente, wobei der Regisseur sogar den einen oder anderen fiesen Schocker für das Publikum bereithält. Hier liegt leider die einzige wirkliche Schwachstelle des Films: Das Gezeigte ist nicht sonderlich subtil, Aronofsky trägt gegen Ende (unter gelegentlicher Verwendung von CGI-Effekten) doch sehr dick auf. In diesem Zusammenhang wäre weniger mehr gewesen.
Dass Black Swan dennoch im Endeffekt als Film hervorragend funktioniert, verdankt er neben der starken Inszenierung vor allem der großartig aufspielenden Natalie Portman, in der Rolle ihres Lebens. Was Portman hier in jeder einzelnen Szene abliefert, ist schlichtweg phänomenal und rechtfertig allein den Kauf des Films. Sie IST die Schwanenkönigin. Portmans Leinwandpräsenz ist unfassbar und ihre nuancierte Darstellung gehört zu besten Schauspieler-Leistungen der letzten Jahre. Auch wenn der Rest des Cast (besonders Mila Cunis) ebenfalls einen hervorragenden Job macht, lebt und atmet der Film mit Natalie Portman.
Das phänomenal gefilmte Finale ist zwar schlussendlich nicht sonderlich überraschend, aber emotional ungeheuer dicht inszeniert. Aronofsky packt in den letzten Minuten die pointierte, ziemlich tragische Charakterentwicklung Ninas in wunderschöne und erstaunliche Bilder, so dass der Film an dieser Stelle eine enorme emotionale Wucht generiert. Wenn Nina am Ende die Tragik ihrer Geschichte in einem einzigen, zutreffenden Satz zusammenfasst, ist man als Zuschauer geneigt, diesem ohne weitere Vorbehalte zuzustimmen: „Es war perfekt!“.
Bildqualität
- AVC-kodiertes Bild mit einem Ansichtsverhältnis von 2,40:1, Full-HD Auflösung
- sehr gute Schärfe und hoher Detailgrad in den meisten Nahaufnahmen und ordentliche Schärfe in Panorama-Szenen, insgesamt dennoch vergleichsweise softes Bild
- meistens deutlich sichtbares Filmkorn (Stilmittel, welches klar dem Film-Look geschuldet ist)
- sehr gute Tiefenwirkung des Bildes und überdurchschnittliche Plastizität
- perfekter Kontrast, der den Unterschied zwischen hellen und dunklen Flächen optimal herausarbeitet
- perfekter Schwarzwert und ausgesprochen natürliche, wenngleich düstere Farbgebung
- keinerlei Artefaktbildung oder sonstige Bildfehler erkennbar
Tonqualität
- deutsche Tonspur liegt im verlustbehafteten DTS 5.1 Format, englische Tonspur im DTS-HD MA 5.1 Format vor
- kaum ein hörbarer qualitativer Unterschied zwischen deutscher und englischer Tonspur
- gezielter und extrem präziser Einsatz der Surround-Lautsprecher sowohl für den Soundtrack als auch für die Umgebungsgeräusche (beispielsweise verändert sich bei einer Kameradrehung auch hörbar die Position des Piano-Spielers)
- perfekt verständliche Stimmwiedergabe, auch aus den Surround-Boxen
- insgesamt sehr breites Klangfeld und hohe Räumlichkeit
- intensiver Bass-Einsatz bei einer Szene in der Disco; ansonsten hält sich der Subwoofer meist zurück
- toll ausbalancierte Dynamik und hervorragender Musikeinsatz
Ausstattung
- ausführliches und sehenswertes Making-Of mit dem Titel „Die Entstehung von Black Swan(48 Minuten, HD), das einen hervorragenden Einblick in den Produktionsprozess gibt
- drei zusätzliche Features über die Balletszenen, das Produktionsdesign und die Kostüme (10 Minuten, HD), die leider kaum zusätzliche, relevante Informationen bringen
- jeweils ein kurzes und durchschnittlich interessantes Interview mit Natalie Portman und Darren Aronofsky (zusammen 6 Minuten, HD).
- zwei Gespräche zwischen Aronofsky und Portman (6 Minuten, HD), die leider sehr kurz ausgefallen sind - dennoch sehenswert
- fünf kurze, recht nette Features des „Fox Channels“ , die jeweils einen Beteiligten (Darren Aronofsky, Natalie Portman, Winona Ryder, Barbara Hershly und Vincent Cassel) zu Wort kommen lassen, Gesamtlänge ca. 22 Minuten, diese Features liegen nur SD vor
- der Kinotrailer ist ebenfalls vorhanden
Fazit
Auch wenn sich Black Swan produktionsbedingt nicht in Reihe der glasklaren Referenz-Blu-rays einreihen kann, gibt es nicht viel zu kritisieren. Das gute Bild nutzt die Möglichkeiten des Filmmaterials voll aus und wird den Intentionen des Regisseurs gerecht. Noch überzeugender ist die räumliche und detaillierte Tonspur, der man nicht anmerkt, dass es sich „nur“ um eine verlustbehaftete DTS-Tonspur handelt. Die überwiegend in HD vorliegenden Extras gehen in Ordnung und bieten einen guten Einblick in die Entstehung des Films, so dass die Blu-ray technisch insgesamt gelungen ist.
Black Swan ist im Grunde die logische und konsequente Weiterentwicklung von Aronofskys filmischen Schaffen. Der Grundthematik von The Wrestler hat er die psychologisch verstörenden Komponenten seines Debüt-Films PI und die visuelle Brillanz des Drogendramas Requiem for a Dream hinzugefügt. Heraus gekommen ist am Ende ein spannendes Psycho-Thriller-Drama mit deutlich sexuellem Einschlag und einer mehr als überragend aufspielender Natalie Portman, die einen sowieso schon sehenswerten Film zu einem beeindruckenden Erlebnis macht. Bravo! (jos)
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Kaufempfehlung
Testgeräte
TV: Epson EMP¬TW 2000
Blu¬ray Player: Sony Playstation 3
AV¬Receiver: Onkyo 608
Boxensystem: Teufel System 5 THX Select