Das Marvel Cinematic Universe ist nicht mehr das, was es vor „Avengers: Endgame“ war. Zahlreiche Flops, sowohl im Film als auch im Serienbereich, durchwachsene Kritiken, unüberschaubare Handlungskonstrukte und kein roter Faden, dazu noch ein fehlendes „Anker-Wesen“, wie Tony Stark eines war, all das hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die ganz großen Erfolge ausgeblieben sind. Doch das könnte sich nun ändern, denn mit dem Kauf von 20th Century Studios gehört nun auch das ehemals unter der Federführung von Fox agierende Heldenteam der X-Men, sowie die kultigen Figuren Logan aka Wolverine und natürlich auch der allseits beliebte Söldner mit der großen Klappe, besser bekannt als Deadpool, zum Disney Konzern, welcher auch die Rechte am MCU hält. Nun wird der feuchte Traum manches Comic-Nerds wahr, und die beiden Figuren erhalten ihren ersten gemeinsamen Film (wenn man die mehr als peinliche Darstellung Deadpools in „X-Men Origins: Wolverine“ aus dem Jahr 2009 mal außen vor lässt). Kurz bevor der Titel in den Stream bei Disney+ ging, bescherte uns Walt Disney Studios Home Entertainment unter dem Label von 20th Century Studios den Film auf UHD und Blu-ray Disc in zwei limitierte Steelbooks und einer Keep Case Variante, welche den Film ausschließlich auf Blu-ray Disc enthält, die im Vertrieb von LEONINE auf den Markt geworfen wurden. Was der Film zu bieten hat und wie sich die technische Seite der Scheibe ausnimmt, klärt die nun folgende Rezension.
Story
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Deadpool (R. Reynolds), der Söldner mit der Großen Klappe, hat zwar in seinem letzten Abenteuer fast alles wieder ins Lot gebracht, allerdings leidet er sehr darunter, nicht wirklich relevant zu sein. Dies ändert sich jedoch, als er von den Agenten der TVA in Gewahrsam genommen wird und zu einem Mitglied der Avengers gemacht werden soll – allerdings in einer anderen Realität. Und da Deadpools eigene Realität durch den Verlust des Anker-Wesens Wolverine (H. Jackman), der in „Logan“ sein Ende fand, ohnehin in sich zusammenbricht, plant Agent Paradox (M. Mcfadyen) den Vorgang durch den Einsatz eines Zeitrippers zu beschleunigen. Das passt Deadpool allerdings überhaupt nicht, und so macht er sich auf die Suche nach einem neuen Wolverine, mit dessen Hilfe er die TVA stoppen und seine Welt vor dem sicheren Untergang bewahren kann. Unglücklicherweise ist der Wolverine, den Deadpool dafür auserkoren hat, alles andere als der Heldentyp, den man aus den früheren Filmen kennt …
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Der Charakter „Deadpool“ und die dazugehörigen beiden Filme waren bereits von Anfang an erfrischend anders, als man es von den üblichen Marvel-Geschichten her gewohnt war. So war sich Deadpool stets dessen bewusst, dass er eine Comic- beziehungsweise Filmfigur ist, und durchbrach permanent die dritte Wand, um mit den Lesern, respektive Zuschauern, in Kontakt zu treten. Der Einsatz von schwarzem, politisch unkorrektem Humor und der hohe Gewaltgrat taten ihr Übriges, um die Figur zu einem absoluten Highlight zu machen. Teilweise traf das auch auf den Charakter Wolverine zu, der als übellauniger Anti-Held die X-Men-Filme dominierte und darüber hinaus seine eigenen Ablegerfilme spendiert bekam. Nun also agieren die beiden Figuren, die in den Comics schon vorher zahlreiche Male zusammen und gegeneinander kämpften, ihren ersten gemeinsamen Film – und rocken damit zusammen das Marvel Cinematic Unvierse. Und „Rocken“ trifft es ziemlich gut, denn bereits die Anfangsszene, in der Deadpool im Alleingang und mehr oder weniger mit Hilfe des Leichnams von Logan eine ganze Einheit der TVA-Soldaten zerlegt, während er zu den Tönen einer bekannten Boyband tanzt, stimmt den Zuschauer schon auf die nächsten rund zwei Stunden ein, in denen es blutig, witzig und völlig respektlos weitergeht, während das Marvel Universum durch den Kakao gezogen wird und gleichzeitig seinen „gefallenen Helden“ Tribut zollt.
Deadpool und (ein) Wolverine geraten dabei in eine Zwischenwelt, die von einem neuen Schurken beherrscht wird, der dem Widerstand von bekannten Helden der unterschiedlichen Marvel-Welten gegenübersteht. Dabei bekommen die beiden Anti-Helden Hilfe von längst vergessenen Figuren vorheriger Comicverfilmungen, und mancher Charakter bekommt noch ein Ende, welches ihm oder ihr im eigenen Franchise verwehrt blieb. Für Fans von Marvel-Verfilmungen, nicht nur denen des MCU, ist der Film daher die reinste Freude, die mit haufenweise Gewalt, jeder Menge schräger Ideen und einem perfekt harmonierenden Protagonisten-Gespann aufwartet, dem man ansieht, dass sie auch privat befreundet sind. Die Story rückt dabei ein wenig in den Hintergrund, was auch in gewisser Weise gut ist, da sie zum einen voller Logiklöcher steckt (was bei Filmen dieser Art allerdings ohnehin eher die Regel als die Ausnahme ist) und zum anderen sehr banal und irrelevant erscheint, denn ehrlich gesagt haben weder der Verlauf noch der Ausgang des Films irgendwelche Relevanz für die Fortführung der jeweiligen Franchises. Aber das macht wie gesagt überhaupt nichts, denn der Film ist Spaß pur und man kann ihn selbst dann genießen, wenn man nicht sämtliche Filme und Serien des ausufernden Universums kennt oder gesehen hat – wobei es natürlich deutlich mehr Spaß macht, wenn man all die Anspielungen versteht.
Bildqualität
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Das makellose, messerscharfe Bild liegt im Ansichtsverhältnis von 2,39:1 auf der Disc vor und lässt die meisten anderen Titel wirklich sehr alt aussehen. Die Schärfe bewegt sich durchgängig auf einem Top-Niveau und lässt auch kleinste Details messerscharf erscheinen. Seien es die Struktur von Deadpools Anzug oder winzige Artefakte in der Luft – hier ist alles zu sehen, was zu sehen sein soll. Dabei ist die Farbgebung ebenfalls hervorragend gut und die Brillanz und Strahlkraft nutzt die Möglichkeiten des Mediums voll aus. Der Kontrast ist ebenfalls perfekt angepasst und lässt das Bild zuweilen schon fast dreidimensional erscheinen. Schwarzflächen wirken richtig schön knackig und dunkel, ohne dass dabei Details verloren gehen. Besser kann eine Blu-ray Disc kaum aussehen.
Bild 4k UHD
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Die 4k-UHD Scheibe verfügt über natives 4k, Dolby Vision und HDR10 und legt im Gegensatz zur bereits hervorragenden Blu-ray Umsetzung noch eine kleine Schippe drauf. Während die Schärfe bereits auf der Blu-ray Disc nahezu am Anschlag war, ist in diesem Punkt kaum ein Unterschied zu sehen, es sei denn, man vergleicht die jeweiligen Bilder miteinander. Um hier eine Verbesserung festzustellen, benötigt man sowohl gute Augen, als auch eine entsprechend große Wiedergabefläche. Anders schaut es beim Kontrast aus, denn das Bild der UHD ist etwas dunkler als beim HD-Pendant. Dies macht sich insbesondere bei den extrem hellen Szenen in der „Vorhölle“ bemerkbar, allerdings passt das Ganze hier und lässt das Bild nicht „zu“ dunkel erscheinen. Die Farben bleiben ebenfalls weitestgehend gleich, und auch hier benötigt man wohl gute Augen, um einen Unterschied zu erkennen. Das soll allerdings nicht heißen, dass die UHD im Vergleich nicht besser abschneiden würde, denn alles in allem wirkt das Bild hier etwas filmischer und dynamischer.
Tonqualität
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Während der Originalton auf der UHD in Dolby Atmos (mit Dolby TrueHD 7.1 Kern) vorliegt, bekommt das deutschsprachige Publikum „nur“ eine Dolby Digital Plus 7.1 Tonspur – und das sowohl auf der Blu-ray Disc, also auch auf der 4k-UHD Disc. Darüber hinaus finden sich noch weitere Tonspuren und zahlreiche Untertitel auf den Scheiben, welche sich der Datenbank, beziehungsweise der Übersichtsseite dieses Titels entnehmen lassen. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn auch die deutsche Tonspur in Dolby Atmos vorliegen würde, aber es wäre unsinnig, die vorhandene Tonspur deshalb zu verteufeln. Nimmt man sie nämlich für sich, ist sie mehr als nur überzeugend und punktet nahezu in allem Bereichen. Die Dialogverständlichkeit ist nahezu in jeder Szene hervorragend, die zahlreichen Surroundeffekte lassen sich jederzeit gut verorten und die Dynamik spielt auf einem sehr hohen Niveau. Dazu kommen satte Basseinsätze und insbesondere der Soundtrack und die ausgewählten Musikstücke klingen grandios und zaubern dem Zuschauer immer wieder mal ein fettes Grinsen ins Gesicht. Neben Musikstücken von Madonna, *NSYNC und Huey Lewis & The News gibt es noch perfekt eingesetzte Stücke aus dem Musical Grease und auch der Score von Rob Simonsen, der unter anderem Erinnerungen an die X-Men weckt, ist einfach nur perfekt.
Ausstattung
- Audiokommentar
- Die Madonna-Idee: Die Entstehung des Shots (6:23 Min)
- Der praktische Ansatz: Das Zelebrieren der Kunst von Ray Chan (9:44 Min)
- Offene Enden: Die Legacy-Helden (10:11)
- Wolverine (6:09 Min)
- Deadpools Fun Sack 3 (3:22 Min.)
- Pannen vom Dreh (4:39 Min)
- 3 Zusätzliche Szenen (2:17 Min.)
Fazit
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Yeah! Deadpool ist da und hat Wolverine im Gepäck – kann dass Duo das angeschlagene Marvel Cinematic Universe retten? Nun, das vielleicht nicht, aber der Film ist für sich genommen ein echtes Highlight des Genres und ist vollgestopft mit witzigen Einfällen, zahlreichen Cameos, einer halbwegs brauchbaren, wenn auch im Großen und Ganzen unerheblichen Story, und auch die Action kommt nicht zu kurz – wobei in dieser Hinsicht auch ordentlich auf die Kacke gehauen wird was den Gewaltgrat angeht. Der Film ist zwar kein Meilenstein, aber er macht mehr Spaß als die meisten vorherigen Filme der Reihe und ist genau das, was sich Fans von Comicverfilmungen seit Jahren wünschen. Technisch spielt die Veröffentlichung ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau und kann sowohl auf Blu-ray Disc als auch auf UHD fast vollends überzeugen und besticht mit einem herrlichen Bild und einem sehr guten Ton – trotz „minderwertiger“ Tonspur. Auch das Bonusmaterial gefällt und bietet ein buntes Potpourri aus witzigen Kurzfilmchen und einem sehr unterhaltsamen Audiokommentar.
(Michael Speier)
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