Interview mit Thure Riefenstein

Passend zum Heimkino-Start des Kriegsfilm-Abenteuers „U-235 - Abtauchen, um zu überleben“ (Belgien 2019; OT: „Torpedo“), zunächst ab 08. Oktober 2020 digital und ab 22. Oktober 2020 auf Blu-ray und DVD, hatten wir die Gelegenheit, ein kurzes Interview mit Hauptdarsteller Thure Riefenstein zu führen, der in dem Spielfilm von Sven Huybrechts Kapitänleutnant Franz Jäger verkörpert.
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Zum Inhalt: Im Zweiten Weltkrieg werden ein Kommandant und seine Einheit von Widerstandskämpfern mit einer Selbstmordmission beauftragt. Sie sollen ein gestohlenes Nazi-U-Boot mit atomarem Uran an Bord vom Kongo in die USA bringen. Hilfe erhalten sie dabei von einem gefangenen, deutschen Kommandanten. Die Mission scheint schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt zu sein, denn die Truppe ist bunt zusammengewürfelt und Hitlers Armee eine Übermacht. Diese machen sofort Jagd auf die Entführer und versuchen das U-Boot mit allen Mitteln zu zerstören. Wird den Belgiern das Unmögliche gelingen oder sind ihre Tage bereits gezählt? Herr Riefenstein, Sie haben Ihre schauspielerische Karriere am Theater begonnen, bevor Sie schließlich auch vor die Kamera getreten sind. Ziehen Sie inzwischen Filme und Fernsehserien dem Theater vor oder schlägt Ihr Herz weiterhin insgeheim mehr für die Showbühne?
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Stimmt, mein Auftakt ins "große Theater" war bei Peter Zadeks "Blauer Engel" und anschließendem Berliner Ensemble bei Peter Palitzsch, Heiner Mueller, etc. eine sehr spannende Zeit, die ich schon irgendwie misse. Film, mittlerweile auch TV bietet ganz andere Möglichkeiten des Geschichtenerzählens und man kommt mitunter direkt ins Wohnzimmer des Publikums. Film und Theater unterscheidet sich sehr. Auf der Bühne fällt es leichter zu schummeln, mit Geste und Stimme zu täuschen, aber das gemeinsame Erleben, der Atem des Publikums ist unbezahlbar. Film hingegen fordert äußerst präzisen Minimalismus und Authentizität, die Kamera entlarvt jede kleine Lüge und man muss eher aktiv Denken als Spielen. Bei beidem jedoch, Film und Theater, entstehen die berührendsten Momente wenn man sich in die Seele schauen lässt, deswegen liebe ich beides. In Ihrer neusten Rolle des Kapitänleutnant Franz Jäger im Thriller „U-235 – Abtauchen, um zu überleben“ hat es Sie nun in die Tiefen des Ozeans verschlagen. Was war hier für Sie speziell die größte Herausforderung?
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Es gab einige Herausforderungen, Körperlich waren fast drei Monate Dreharbeiten in dem 52 Meter langen stählernen U-Boot Nachbau mit bis zu 50 Grad Celsius manchmal die regelrechte Hölle. Hitze, Schweiß, Öl, wenig Sauerstoff und klaustrophobisch eng, bis zu 40 Mann Cast und Crew in einer Riesen Sardinendose, da war man schnell authentisch. Eine zusätzliche Klimaanlage brachte gelegentlich Linderung, sonst hätten wir es nicht geschafft. Höhepunkt allerdings waren die Unterwasserszenen im gefluteten U-Boot: Trotz der beiden Rettungstaucher, sobald die Schotten dicht waren war es real: Kein Ausgang, kein kurz mal Auftauchen, da lagen beim ein oder anderen schnell mal die Nerven blank. Zudem das schmutzige Wasser, ohne Taucherbrille war es ein Blindflug, wir mussten uns jeden Handgriff einprägen, die Luft einteilen und aufpassen, dass die Kulisse nicht zu einem Stahlsarg wird, die Realität die Fiktion einholt. Glücklicherweise ist nichts Ernstes passiert. Eine gute Inszenierung ist in der Lage, den Zuschauer die Erlebnisse der Charaktere nachempfinden zu lassen. Gilt das auch für Sie als Schauspieler? Konnte Sie Ihre Rolle in „U-235“ auch für dieses Himmelfahrtskommando sensibilisieren? Wenn ja, wie fühlte es sich an, "ein Teil dieses Kapitels des Zweiten Weltkrieges" zu sein?
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Am meisten faszinierte mich das Abtauchen in die Geschichte der deutschen U-Boot Flotte, das Leben und Alltag an Bord, die Recherche wie ein Kapitän geschult ist. Jede noch so kleine Fehlentscheidung kann den Tod der gesamten Mannschaft bedeuten, rationales, überlegtes und schnelles Handeln ist lebensnotwendig, dazu die ganzen technischen Details, und wie funktioniert so ein U-Boot überhaupt? Bewegend war für mich durch die Rolle in die Vergangenheit meiner Familie einzutauchen. Meine beiden Großväter kamen gegen Ende des Krieges ums Leben, einer hat sich 1944 freiwillig an die Front gemeldet im Austausch für seine drei Neffen, Burschen noch, nicht ganz volljährig. Mein Großvater ist in der Einheit ums Leben gekommen, seine Neffen kamen zurück. Für mich ist die Geschichte emotional sehr tief und real geworden. "Ein Soldat wählt nicht das Team für das er spielt", im Krieg gibt es keine Gewinner, nur Profiteure, so sinniert meine Figur Kaleu Franz Jäger in einem ruhigen Moment. In „U-235“ ist an Ihrer Seite auch „Das Boot“-Urgestein Martin Semmelrogge als Alter Hase dieses Genres zu sehen. Konnten Sie von seinen Erfahrungen aus dem Meisterwerk von Wolfgang Petersen profitieren oder hat sich in den fast 40 Jahren seit Entstehung des Klassikers inzwischen so viel verändert, dass dies gar nicht notwendig oder vielleicht gar nicht möglich war?
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Jede Geschichte, jeder Film muss für sich stehen. Klar, wer einen historischen U-Boot Film dreht, kommt an Wolfgang Petersens Meisterwerk "Das Boot" vermutlich nicht vorbei und darf vor allem auch keine Angst haben damit verglichen zu werden. Ich habe ihn mir noch mehrmals angesehen, vor allem im Hinblick auf technische Recherche und deutsche Befehlsketten. Daraufhin musste ich das englische Drehbuch naturgemäß nochmals durchgehen. Neben dutzender Berichte und Bücher war das brillante Spiel von Jürgen Prochnow eine willkommene Bereicherung in den Alltag und das Denken eines U-Boot Kapitäns dieser Zeit. Ich musste jedoch meinen eigenen Weg gehen, meinen "Kaleu" Franz Jäger finden. Für mich hat Regisseur Sven Huybrechts in "U-235" eine ganz eigene Geschichte erzählt, seinen Film verwirklicht. Es hat sich in 40 Jahren sicher sehr viel verändert in Technik, Spiel und auch Sehgewohnheiten. Aber egal wieviel Action oder Special Effects eingebaut werden, im Zentrum stehen immer menschliche Schicksale. Es liegt an uns sie in spannenden Charaktere zu packen und in in originellen, guten Geschichten zu erzählen. Die Redaktion von bluray-disc.de bedankt sich vielmals für dieses überaus interessante Interview. Hier können Sie noch einen Blick ins U-Boot werfen (360 Grad View). (pf)
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