Nach dem enormen Erfolg von „Tom Clancy's Ghost Recon: Wildlands“, das sich bis heute einer großen und weiterhin begeisterten Fangemeinde erfreuen kann, hat Ubisoft im Oktober 2019 nachgelegt und mit „Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint“ die erfolgreiche Reihe fortgesetzt. Doch konnte man wirklich an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen? Erste Spielermeinungen gingen weit auseinander, weshalb wir uns selbst ein Bild von „Breakpoint“ machen wollten und Ihnen unsere Ergebnisse im folgenden Review zusammenfassen.
Story
In „Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint“ schlüpfen Sie einmal mehr in die Haut eines Ghosts, eines Elitesoldaten des US-Sondereinsatzkommandos. Sie stranden in dem Militär-Shooter hinter den feindlichen Linien, sind verletzt, verirrt und werden gejagt. Mit der Landung beginnt sofort ein erbitterter Kampf ums Überleben, wobei Sie die Wahl haben, ob Sie sich alleine durchschlagen oder wahlweise dank Allianzen im Team im Vier-Spieler-Koop-Modus. Ihr Schlachtfeld ist die gigantische Welt von Aurora, wo hinter jedem Busch, Baum oder Felsen Gefahren lauern. Wählen Sie zwischen verschiedenen Klassensystemen und experimentieren bzw. modifizieren Sie an allen Ecken und Enden, um sich Vorteile zu verschaffen und immer härteren Gegenern gegenübertreten zu können. Die gesamte Handlung läuft letztlich auf ein großes Finale zwischen den Ghosts und der paramilitärischen Gruppe „Wolves“ hinaus.
Grafik
Optisch kann sich „Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint“ zumindest auf den ersten Blick wirklich sehen lassen. Satte und reale Farben lassen die weitestgehend wilde Natur der Insel Aurora in voller Pracht erstrahlen. Die offene Welt des Spiels ermöglicht ganz unterschiedliche Regionen der Insel zu erkunden. Dank zahlreicher Fahrzeuge kann man binnen weniger Minuten vom Sonnenuntergang am Strand in die Berge zum Schnee reisen. Neben den unterschiedlichen Wetterverhältnissen und dem überaus realistisch gelungenen Wechsel von Tag und Nacht punktet das Spiel vor allem bei seiner abwechslungsreichen Vegetation. Doch genau da stößt man dann auch schon an die Grenzen, denn nicht selten bewegen sich ganze Haufen von Gräsern oder Büschen mechanisch im Rhythmus unerklärlicher Windbewegungen. Weite Teile der Insel sind zudem zwar dicht befüllt, wirken aber insgesamt leblos. Hinzu kommen die ebenfalls leblosen Gesichter der Charaktere, die zudem mit einer Weichzeichnung fast wie aus dem Bilderbuch wirken. Weiterhin gibt es trotz Patches mit Fehlerbehebungen diverse grafische Bugs, die aber immerhin das Spielgefühl nicht mindern.
Sound
Klanglich spielt „Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint“ auf hohem Niveau. Ein solider Surround-Sound gibt dem Spieler das Gefühl in die Welt von Aurora einzutauchen und im Mittelpunkt des Überlebenskampfes zu stehen. Bleibt man gelegentlich stehen und lauscht nur der Stille, dann kann selbst diese wahlweise eine friedliche und entspannte Atmosphäre oder eine unheimliche, bedrohliche Stimmung auslösen. Der Soundtrack verblasst ein wenig, was allerdings auch eine erfreuliche Seite hat, denn permanente Hintergrundmusik gehört einfach nicht in ein Spiel dieser Art. Oder stellt man sich wirklich vor, in Situationen, in denen man dem Vorgehen des Gegners lauschen will, gleichzeitig Musik zu hören? Die Dialoge sind gut verständlich, hinterlassen aber nur in der englischen Sprachfassung einen zufriedenstellenden Eindruck. Alternativ kann man sich auch ein deutsches Sprachpaket herunterladen und installieren – die deutsche Version kommt aber nicht an die Englische heran. Hinzu kommt, dass es in der deutschen Version mehrere Male Tonaussetzer gibt, die besonders ärgerlich sind, wenn man gespannt der Handlung folgen will.
Singleplayer
Die Handlung des Spiels ist schnell erzählt und bietet keine überraschenden oder innovativen Wendungen. Die größte Abwechslung findet man eher in Nebenmissionen, von denen es auf Aurora eine Vielzahl gibt. Folgt man hingegen dem Handlungstrang, durch den man sich wahlweise helfend führen lassen oder spannenderweise auch auf eigene Faust erkunden kann, dann erwarten einen zwar viele Stunden spannender Gefechte, Einsatzplanungen, Erkundungen uvm., doch hat man von der ersten bis zur letzten Minute immer nur das Gefühl einer geraden Handlungslinie zu folgen.
Dafür bekommt man Abwechslung in ganz anderen Formen geboten. „Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint“ bietet so viele Möglichkeiten wie noch nie, das eigene Spielgeschehen interessanter und realistischer zu gestalten. Konzentriert man sich auf das Wesentliche wie z.B. die Waffen und die Angriffe auf Basen, dann kann das Spiel enorm begeistern. Es war noch nie realistischer eine Insel zu durchforsten, seinen Charakter aufzuwerten, Basen zu erkunden und vor allem die spannenden Missionen als echter Elitesoldat zu begehen.
Weil das Spiel aber so viel mehr sein will, darf man diese Tatsache nicht unberücksichtigt lassen und genau das führt dazu, dass viele Spieler zu Recht unzufrieden sind. Die Liste der Probleme ist dabei sehr lang. Diese reichen von den Drohnen am Himmel, die extrem lästig werden können, über völlig unrealistisch und lieblos zu steuernde Fahrzeuge, eine weitestgehend seelenlos Umgebung, die lediglich aus an jeder Ecke lauernden Patrouillen von Gegenern zu bestehen scheint, bis hin zum letztlich doch völlig überladenen Menü, das nur noch Hardcore-Fans der Reihe genügend Motivation entlocken kann, die vielen Möglichkeiten des Spiels zu erkunden. Und selbst wenn man sich die Mühe macht, Beute sammelt, die Ausrüstung verbessert etc. kommt am Ende die Ernüchterung, wenn man merkt, dass das Meiste keinerlei Einfluss auf den Spielfortschritt hat.
Nicht unerwähnt darf die Tatsache bleiben, dass es beim Spiel durchweg einen Onlinezwang gibt. Das ist insofern ungünstig, weil die Verbindung zu den Servern notwendig sind, um den Spielfortschritt zu speichern. Geht diese Verbindung einmal verloren, dann kann man sich denken, was einen erwartet...
Steuerung
Die Steuerung des Spiels ist extrem anspruchsvoll. Für Gelegenheitsspieler ist es fast schon unmöglich bei den unzähligen Tastenbelegungen auf dem Controller durchzusteigen und in den nicht selten spontanen Gefechten die richtigen Knöpfe zu drücken und einem schnellen Tod zu entgehen. Wenn man sich aber ein bisschen mit der Steuerung befasst und eine Weile spielt, dann erschließen sich zumindest die gängigen Tastenkombinationen. Erfahrene Gamer werden wiederum weniger Probleme haben, denn die Steuerung ist intuitiv und sinnvoll gestaltet. Und trotzdem muss man zugeben das man vor allem beim überladenen Menü extrem an seine Grenzen stößt. Manchmal ist weniger dann doch mehr. Vielleicht hat man es hier ein wenig zu gut gemeint.
Fazit
Insgesamt schafft es „Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint“ zu begeistern. Ubisoft hat hier einiges richtig gemacht und vor allem im Shooter-Bereich neue Maßstäbe gesetzt. Wer schon immer einmal zum Team einer Spezialeinheit gehören wollte, ohne sich wirklich die Hände schmutzig machen zu müssen, der ist hier genau an der richtigen Adresse.
Andererseits bietet das Spiel aber auch jede Menge Schwächen, die das Gesamterlebnis deutlich trüben können. Es gibt einfach viel zu viel Drumherum, das aber an keiner Stelle ausgereift ist. Die gigantische Welt des Spiels konnte so viel bieten, verblasst aber schnell und wirkt insgesamt leblos. Das Loot-System ist völlig unnötig, die Handlung ist sehr geradlinig und bietet kaum Spannung. Hinzu kommen zahlreiche Frustmomente im Spiel, wo man über die Mechanik nur den Kopf schütteln kann. Bugs sind auch weit verstreut und dämpfen ebenfalls den Gesamteindruck. Damit ist „Tom Clancy's Ghost Recon: Breakpoint“ zwar für Fans der Rehe und Liebhaber des Genres definitiv ein Kann, aber bei weitem kein Muss.
(Peter Frukacz) (weitere Reviews anzeigen)