Story: 7/10
Bild: 9/10
Audio: 8/10
Extras: 2/10
Found Footage-Filme sind schon seit einiger Zeit voll in Mode. Da
die Charaktere vorgeblich selbst filmen, entsteht für den Zuschauer
die Illusion, noch näher am Geschehen beteiligt zu sein. Mittendrin
statt nur dabei lautet die Devise.
Cloverfield,
Diary of the Dead,
[REC]²,
Paranormal Activity oder
Trollhunter sind nur wenige
Beispiele, die für den Erfolg von Found Footage sprechen. Mit
Chronicle-Wozu bist du fähig? schickt Regisseur
Josh Trank einen neuen Film in Egoperspektive ins Rennen.
Story
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Das Leben kann ganz schön ätzend sein. Das muss Außenseiter Andrew
(D. DeHaan) jeden Tag aufs Neue erfahren. In der Schule wird er
gemobbt und Freunde hat er erst gar nicht. Zuhause muss der
Teenager in ständiger Angst vor seinem gewalttätigen Vater leben,
während die Mutter todkrank im Bett dahinvegetiert. Grund genug für
Andrew sein trauriges Leben auf Video aufzunehmen. Als er eines
Nachts mit seinem Cousin Matt (A. Russell) und dessen Kumpel Steve
(M. B. Jordan) eine mystische Entdeckung macht, ändert sich sein
Alltag von Grund auf. Von nun an verfügen die drei Teenager über
telekinetische Kräfte, mit denen sie Gegenstände aller Art im Raum
bewegen können. Ohne sie dabei zu berühren. Ihre Fähigkeiten
entwickeln sich jedoch stetig weiter und werden langsam aber sicher
zur Gefahr.
Chronicle lässt sich am ehesten als
Anti-Superheldenfilm beschreiben. Drei Teenager besitzen
übermenschliche Fähigkeiten und treiben damit allerhand
Schabernack. Gutes bewirken sie allerdings nicht. Der Clou an der
ganzen Sache liegt im Wackelkamera-Stil, auch „shaky cam“ genannt.
Dadurch wirkt der Film gleich viel authentischer. Eben wie ein
normales Homevideo. Umso amüsanter und vor allem realer, erlebt der
Zuschauer deshalb die telekinetischen Kräfte, auch wenn diese noch
so absurd sein mögen. Dass es sich hierbei um einen Film handelt,
gerät manchmal sogar kurz aus dem Sinn.
Die neu erworbenen Fähigkeiten der Jungs sind dem Zuschauer
zunächst ebenso unbekannt, wie den Protagonisten selbst. So macht
es dann auch einen Heidenspaß, die Superkräfte langsam zu
erforschen und immer wieder Neues zu entdecken. An dieser Stelle
fragt sich nun jeder selbst: Was würde ich mit diesen
psychokinetischen Gaben machen? Die Antwort liefert Regisseur Josh
Trank sofort. Andrew, Matt und Steve geben sich nicht nur mit
fliegenden LEGO-Steinen zufrieden oder wollen die Welt verbessern.
Ganz typisch für Jungs in ihrem Alter nutzen sie ihre
Übermenschlichkeit lediglich, um Mädchen unter den Rock zu schauen,
Kinder zu erschrecken oder andere Dummheiten zu begehen. Der Spaß
steht an erster Stelle. So entpuppt sich die erste Hälfte des Films
als leicht und amüsant. In der zweiten Hälfte ändert sich die
gesamte Atmosphäre dagegen von locker flockig zu bitter ernst. Hier
werden die Teenager von der harten Realität eingeholt, die sich
immer bedrohlicher um sie schlingt. Einerseits trägt Regisseur
Trank ganz schön dick auf, andererseits scheinen die Folgen
nachvollziehbar. Das bleibt dann jedoch der individuellen Meinung
des Zuschauers überlassen.
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Die Handkameraperspektive zieht der Film nur zum Teil konsequent
durch. Gerne wird auch auf Kameras von anderen Personen oder
öffentlichen Einrichtungen umgeschaltet. Die Angst vor unruhigen
Aufnahmen bleibt außerdem unbegründet. Ein toller Nebeneffekt von
telekinetischen Kräften sind nämlich wackelfreie und
abwechslungsreiche Kamerafahrten. Trank verleiht seinen drei
Hauptakteuren ganz typische, geradezu altbackene
Charaktereigenschaften. So fällt es dann auch leicht, sich in die
Situation der Jungs hineinzuversetzen. Dreh- und Angelpunkt stellt
Andrew (D. DeHaan) dar, ein introvertierter Außenseiter, der am
meisten von den übermenschlichen Kräften profitiert. Matt (A.
Russell) übernimmt als Cousin die Rolle des Aufpassers von Andrew.
Steve (M. B. Jordan) ist der einzige Charmebolzen der Runde und
genießt ein hohes Ansehen auf seiner Schule. Die entstehende
Freundschaft zwischen den dreien stellt sich als nette aber
oberflächlich gehaltene Nebenhandlung des Films heraus.
Bildqualität
MPEG-4/AVC, 1920x1080p (1.85:1) Zu Beginn sieht
Chronicle einem durchschnittlichen Homevideo zum
Verwechseln ähnlich. Weiche Einstellungen dominieren und Texturen
sehen verwaschen aus. Das soll auch so sein, schließlich beginnt
Hauptcharakter Andrew seine Aufzeichnungen mit einer SD-Kamera.
Nach 15 Minuten Laufzeit wechselt er dann zu einem HD-Gerät. Bei
der Kamera am Set handelte es sich übrigens um eine 50.000 € teure
Arri Alexa. Und plötzlich sieht alles ganz anders aus. Das Gezeigte
ist sehr viel lebendiger, geradezu plastisch. Sowohl Farben, als
auch Kontraste sehen satt und frisch aus. Das Grün von Wiesen und
Bäumen zeigt sich sogar einen Tick zu übersättigt. In Sachen
Detailgenauigkeit erreicht die Videospur Bestwerte. Einzelne
Grashalme lassen sich schon aus der Entfernung einzeln zählen. Der
Nahbereich erhält die maximale Schärfe. Dunkle Szenen zeigen sich
im tiefsten Schwarz. Das Bild weist zudem eine kaum sichtbare, nur
sehr feine Körnung auf. Diese hohe Qualität hält der Film bis zum
Ende.
Tonqualität
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Deutsch DTS 5.1, Englisch DTS-HD MA 5.1 Hinter den Tonspuren steckt
vor allem ordentlich Druck. Für den Subwoofer bleibt kaum Zeit zum
Verschnaufen. Immer wieder wird er mal mehr, mal weniger gefordert.
Ansonsten bleibt der Film zu oft frontlastig. Zwar werden gröbere
Geräusche, wie das Stimmengewirr auf Partys oder in der Schule im
hinteren Bereich ausgegeben, dies geschieht jedoch zaghaft.
Soundeffekte erklingen dafür dominant. Auch aus den hinteren
Lautsprechern. Das akustische Schmankerl erwartet den Zuschauer
jedoch am Ende des Films, wenn es richtig zur Sache geht. Wie es
sich für einen Found Footage-Film gehört, gibt es bis auf kleinere
Einspielungen keinen Soundtrack. Dialoge erklingen dafür gut
verständlich in angenehmer Lautstärke. Auch sonst punktet die gute
Qualität durch absolute Klarheit.
Ausstattung
Die Extras können getrost ignoriert werden. Neben einer unwichtigen
entfallenen Szene, stehen sehr simpel gehaltene Computeranimationen
zur Sichtung bereit. Hinter dem Punkt „Kameratest“ versteckt sich
lediglich eine aus dem Film bekannte HD-Aufnahme, die besonders
viel Animationstechnik enthält.
Fazit
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Wer hätte das gedacht? Die kleine 12 Millionen Dollar Produktion
zeigt sich in Referenzqualität. Zumindest was das Bild angeht.
Lediglich die sichtbaren Computereffekte und eine teilweise
hektische Kameraführung ziehen den Transfer stellenweise in
Mitleidenschaft. Der Sound hinterlässt einen insgesamt ordentlichen
Eindruck. Abstriche müssen bei Detailgenauigkeit und Räumlichkeit
gemacht werden, wobei das nicht für den Schluss zutrifft. Die
Extras entpuppen sich als wahrer Flop.
Wozu die Welt mit seinen übermenschlichen Fähigkeiten retten, wenn
man damit auch seinen Spaß haben kann? Die Mischung aus
Dokumentarfilm und Science Fiction entpuppt sich als erfrischend
neue Idee im Superhelden Universum.
Chronicle ist
dabei ein Widerspruch in sich. Einerseits will er durch die
dokumentarische Inszenierung so real wie möglichen erscheinen.
Andererseits setzt er ganze Naturgesetze außer Kraft und verkauft
dem Zuschauer die wildesten Fantasien als Wahrheit. Josh Trunk
beweist damit jedoch, dass absurde Science Fiction und Realität
erstaunlich gut zusammenpassen.
TV: Philips 37 PFL 8404
H
Player: Philips BDP
7300
AV-Receiver: Onkyo
TX-SR508
Lautsprecher: Teufel Concept
R2
EllHomer
Filmreview