So, heute habe ich es auch ins Kino geschafft und bin begeistert.
Bin ich ein Marvel-Fanboy? Jein, denke ich. Weder habe ich je ein
Marvel-Comic gelesen, noch bin ich altersmässig Zielgruppe und auch
sonst bin ich keiner, der für einen guten Kinoabend immer nur
hirnfreie Action braucht. Trotzdem schaue ich mir gerne Blockbuster
an, wenn sie gut gemacht sind, halte Mainstream nicht für ein
Qualitätsmerkmal (weder im positiven, noch im negativen Sinne) und
habe einen breiten Geschmack. Also schaue ich mir je nach Laune die
Filme an, auf die ich gerade Lust habe und Marvel hat es geschafft
sehr vielseitige Filme zu machen, die sie gelungen miteinander
verknüpfen, zu einen großen Ganzen. Das fasziniert mich natürlich
und so habe ich dem zweiten Avenger-Film entgegengefiebert.
Nachdem Phase 1 groß, bunt und voll Witz war, ist Phase 2 noch
größer, düsterer und mit zurückgefahrenem, aber immer noch gut
vorhandenem Humorfaktor. Einzig richtiger Durchhänger war für mich
bisher Iron Man 3 (Feuerspucken? "Porzelan"-Anzüge? Ernst/Humor
nicht ausbalanciert), auch wenn er mir inzwischen nach vierter
Sichtung immer besser gefällt.
Jetzt aber zum Film:
Neben dem zweiten Cap-Film ist Avengers 2 für mich der beste
Marvel-Film bisher, GotG mal außer Konkurenz gesehen. Endlich ein
düsterer Grundton, der Bedrohung angemessen und die Avengers sind
Menschen mit Stärken und Schwächen, keine strahlend weißen Helden,
sondern kantige Charaktere mit auch einer dunklen Seite. Das wird
für jeden der Charaktere sehr gut herausgearbeitet und jeder
bekommt seine Momente, der eine etwas mehr und der andere etwas
weniger.
Der Gegner, Ultron, ist, neben Loki, imho der Beste der Filmreihe.
Er ist anders als alle anderen Bösewichter bisher und verfolgt
seine Ziele mit einer sehr nachvollziehbaren Logik. Andere
Rezensionen nennen ihn schwach und dumm, was ich für mich nicht
bestätigen kann. Er mag etwas verschwatzt sein, was ich aber ob
seiner Umstände verstehen kann, aber eigentlich ist er sehr
zielstrebig und verfolgt mit kalter Logik und programmierter
Präzession seine Ziele. Das bedingt aber auch, das er völlig andere
Prioritäten setzt als jeder andere Bösewicht bisher. Daher
vernachlässigt er auch, imho absichtlich, Dinge, die für seine
Ziele nicht wichtig sind, jedoch für den normalen, bisher gewohnten
Marvel-Bösewicht von hoher Priorität wären.
Es ist alles ziemlich schlüssig, mit für meine Begriffe nicht mehr
oder größeren Logiklöchern als vergleichbare Filme. Es ist keine
Minute langweilig und auch Szenen wie Hulk vs. HulkBuster haben
ihre logische Berechtigung innerhalb der Filmlogik, genauso wie
Hawkeyes Geheimnis. Vieles soll etwas verdeutlichen und endlich
habe ich neben Cap2 einen Marvel-Film mit einer tieferen Aussage
und ja, fast sowas wie Tiefgang.
So gesehen gehen Marvel und DC aufeinander zu, auch wenn Marvel
immer noch die eindeutig witzigeren Filme macht. Der Humor ist
angemessen und gut dosiert. Er unterstreicht, dass Marvel hier
quasi die eigene Mythologie schreibt, indem er sich des dafür
traditionellen Humors bedient, genauso wie Tolkien das bei
Legolas/Gimli im "Herr der Ringe" tat. Dieser Buddy-Humor ist
geradezu klassisch und steckt voller Anspielungen, die auch Kenner
des MCU mit dem einen oder anderen Insider versorgen.
Ist der Film perfekt? Nein, das leider lange noch nicht. 3D ist
ordentlich und durchaus angemessen, da habe ich schon andere Filme
mit schlechterem 3D gesehen (auch bei Marvel), da verstehe ich so
manche Kritik diesbezüglich nicht. Am Anfang ist die CGI an manchen
Stellen etwas sehr Computerspielartig, das stört dann doch ein
wenig. Und auch ich habe mich dabei ertappt an zwei oder drei
Stellen etwas zu stutzen. Man merkt einfach, dass an diesen Stellen
anscheinend etwas fehlt. Eine viertel Stunde mehr an den richtigen
Stellen und der Film würde nochmal um einiges gewinnen.
Ansonsten habe ich nicht viel zu mäckern. Der Film funktioniert
erstaunlich gut, hat einen sehr logisch nachvollziehbaren Gegner
und zeigt unsere Helden in einem "realistischeren" Licht, soweit
man das bei einer Comic-Verfilmung von Superhelden überhaupt sagen
kann. Und er wirft so ganz nebenbei jede menge Fragen über die
Nebeneffekte des Superheldenlebens auf und zeigt den Gegenentwurf
zum Superman von MoS, was mir ausnehmend gut gefallen hat.
Quecksilver fand ich im Vergleich zur selben Figur bei den X-Men
wesentlich besser und cooler. Seine Szenen waren vielleicht nicht
so prominent hervorgehoben wie beim X-Men-Film, aber dafür etwas
häufiger und wenn man ehrlich ist genauso cool gemacht, nur eben
nebensächlicher im Gesamtkontext, was sie nicht so derart
heraushebt. Das ist aber für mich OK so.
Ich weiß, dass hier so einige Dinge anders gesehen werden und bin
gerne bereit, so ich Zeit und Möglichkeiten dafür habe, darüber zu
diskutieren. Persönlich vergebe ich für den Film
9 von 10 Punkten
PS: Meine Frau war mit im Kino, was mich gewundert hat, da sie
sonst auf Comic-Verfilmungen nicht so steht. Ich hatte mit ihr
daher vor ein paar Tagen (sozusagen als Geschmackstest) den ersten
Avengers-Film angeschaut, der ihr als reiner Unterhaltungsfilm auch
gefallen hat. Sie kam mit Avengers 2 sehr gut zurecht, kam gut mit
und fand ihn weder verwirrend noch überfrachtet, ein Eindruck, den
ich selbst auch bestätigen kann.
Herzliche Grüße
Arieve
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