Mein allerersterstes Review für bluray-disc.de; lang ist es her. Es
entspricht in Form (Struktur, Länge) zwar nicht den aktuellen
Anforderungen und ist mehr eine Lobpreisung statt eine kritische
Besprechung, aber schon aus sentimentalen Gründen wollte ich es
noch einmal veröffentlchen. Vielleicht fühlt sich ja der ein oder
andere animiert diesem Klassiker trotz meiner (zu unkritischen)
Liebe für den Film der Blu-ray eine Chance zu geben.
Der Schwarze Falke
Das epische Meisterwerk von John Ford, sein 115. Film und die 12.
Zusammenarbeit mit John Wayne, dient als Technikdemonstration
dafür, was Blu-ray wirklich kann. Nie zuvor ist so deutlich
geworden was es bedeutet, einen Klassiker zu restaurieren. In
Vistavision gedreht, dem aufwändigsten Verfahren der
Filmgeschichte, ist die Bildqualität atemberaubend gut - vor allem
wenn man bedenkt, dass dieser Film über 50 Jahre alt ist, ergo von
1956 stammt. Das VistaVision Format (breiter und höher als normales
Widescreen), das unglaubliche Landschaftsaufnahmen mit
fantastischer Tiefenschärfe ermöglicht - ohne dabei die notwendige
Detailfülle und Schärfe für Close-Ups und Aufnahmen aus mittlerer
Distanz zu opfern - ist bislang nie für Filmfans diesseits des
Rentenalters zu erleben gewesen. Niemand, der den Film nicht im
Originalkinoformat oder auf Blu-ray gesehen hat, kann wirklich
behaupten, den Film gesehen zu haben.
Anlässlich eines Warner Jubiläums Anfang der 90er Jahre wurde
dieser Film aufwändig restauriert und zum Teil neu koloriert. Da
die Farben des Masters praktisch komplett zerstört waren, gilt "The
Searchers - Der Schwarze Falke" als eines der Vorzeigeprojekte von
Warner und das mit Recht:
Das AFI (American Film Institute) wählte den Film 2007 auf Platz 12
der besten Filme aller Zeiten. Bei seiner Premiere war der Film
kein großer Publikumshit, spielte aber sein Geld wieder ein. Die
begeisterte Rezeption des Films beschränkte sich zunächst auf
Europa, bis ihn auch die Amerikaner Anfang der 70er Jahre neu
entdeckten. Der Status und die Fangemeinde wuchsen stetig.
Eigentlich keine Überraschung in den konservativ geprägten USA, da
der Film dem Kino der 50er Jahre praktisch in allen Bereichen - sei
es Schnitt, Kamera, Regie, Beleuchtung, Story oder Drehbuch -
mindestens ein Jahrzehnt voraus war.
Story
Ethan Edwards kehrt mit dreijähriger Verspätung nach Beendigung des
Bürgerkriegs heim zu der Ranch seiner Familie in Texas. Ethan gibt
keine Erklärung für seine Abwesenheit, doch ist es offensichtlich,
dass er ein harter Mann von zweifelhafter Moral ist.
Bald nach seiner Rückkehr wird die Ranch seines Bruders überfallen
und die ganze Familie bis auf Ethans junge Nichte Debbie von
Indianern getötet. Von seiner Nichte fehlt jede Spur, zusammen mit
dem von der Familie adoptierten Waisen Martin Pawley (Jeffrey
Hunter) macht er sich auf die Verfolgung. Doch es dauert mehrere
Jahre, bis die Beiden auf die richtige Spur geraten. Debbie lebt
inzwischen als Indianerin, diese Erniedrigung ist für den
rassistischen Ethan kaum zu ertragen. Nun geht es ihm nicht mehr
darum seine Nichte zu retten, da sie für ihn eine Indianerin ist,
will er sie töten...
The Searchers ist kein typischer Western mit schablonenhaften
Gut-Böse Auseinandersetzungen. Die Charaktere sind komplex,
glaubhaft und werden durch die tolle Besetzung zu Personen aus
Fleisch und Blut. John Ford erzählt das menschliche Drama, das sich
vor der grandiosen Kulisse des Monuments Valley abspielt, mit
Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit. Das Monument Valley, der wahre
Hauptdarsteller des Films und Schauplatz unzähliger Filme, ist nie
schöner fotografiert worden als von John Ford. Winton C.Hoch,
legendärer Kameramann und Partner von Ford und Wayne in etlichen
Filmen, komponiert wundervolle Einstellungen von ungeheurer
visueller Kraft und Tiefe, die perfekt auf die emotionale, komplexe
und epische Geschichte abgestimmt sind und einen bleibenden
Eindruck hinterlassen.
John Fords Einsatz filmischer Mittel, um seine Geschichte zu
erzählen, unterstreicht dies eindrucksvoll und ist ohne Frage die
Handschrift eines Meisters. So wird z.B. das Vorlesen eines Briefes
zu einem zentralen Punkt der Handlung, die ungewöhnliche
Inszenierung erlaubt dem Filmemacher die Haupt- und Nebenhandlung
emotional zu verknüpfen und dient gleichzeitig als Rückblick und
Einblick in die Strapazen der jahrelangen Suche von Ethan und
Martin. Allein diese kleine, aber zentrale Szene des Films hat
unzählige Filmemacher beeinflusst und diese Art von Kunstgriffen
findet man während des ganzen Films. Besonders beeindruckend ist
Fords Filmsprache, wenn er Gewalt und Brutalität schildert. Gerade
durch die Art und Weise wie er uns etwas nicht zeigt, sondern den
Horror in unseren Köpfen stattfinden lässt, zeigt sich seine Klasse
- niemals wird zu einem billigen, dummen oder plakativen
Schockeffekt gegriffen, wenn das Kino so viele andere, intelligente
und emotional ergreifendere Ausdrucksmöglichkeiten bietet.
The Searchers endet mit einem der berühmtesten Bilder des Kinos
überhaupt und das John Ford auch am Ende nicht nachgibt, sondern
vielmehr seiner Geschichte treu bleibt, lässt seine Charaktere nur
noch wirklicher und wahrer erscheinen. John Ford (u.a. 4facher
Oscargewinner) ist DER amerikanische Geschichtenerzähler und dies
ist sein Meisterwerk.
Bildqualität
Atemberaubend. Referenz: Eine Offenbarung.
Das Bild präsentiert sich bildschirmfüllend in 1080p und
AspectRatio 1,85:1 (ursprünglich 1,75:1). Warners neues digitales
Remastering der 1991 restaurierten VistaVision Fassung, sorgt für
ein gänzlich neues Erleben des Klassikers. Der verwendete Codec
VC-1 liefert im Schnitt Bildraten von mehr als 20MB/s und ein
detailreiches, frisches und lebendiges Bild. Da die Farben des
ursprünglichen Masters bereits 1991 fast komplett verblichen waren,
wurde der Film mit erheblichem Aufwand teilweise neukoloriert und
restauriert. Das Ergebnis ist schlichtweg verblüffend:
Kaum wahrnehmbares Graining, die Gesichter wirken lebensecht und
natürlich, die Farben sind klar und bis auf wenige Ausnahmen exakt,
Schwarz ist deckend und kraftvoll. Kontraste und eine wunderbare
Tiefenschärfe sorgen für ein fast dreidimensionales
Landschaftserlebnis - das Ergebnis ist auf einem Qualitätsniveau
das auch mit modernen, aktuellen Filmproduktionen mithalten
kann.
Einige perspektivische Fernaufnahmen gehören zum Schönsten was man
bisher überhaupt im Heimkino sehen konnte. Das Bild ist so
lebensecht, natürlich und detailreich wie man es einem über 50
Jahre alten Film niemals zugetraut hätte.
Der schwarze Falke sieht auf Blu-ray einfach fantastisches aus und
besitzt eindeutig Referenzqualität. An diesem Standard werden sich
künftig Klassiker Releases messen lassen müssen.
Tonqualität
Die Blu-ray hat sowohl den deutschen, als auch den amerikanischen
Original Kino Audiotrack in Dolby Digital Mono. Dieser ist nicht
"verschlimmbessert" durch ein neues Remixing, sondern Warner hat
sich entschieden, möglichst nah am Original zu bleiben. Der Ton
wirkt vor allem kraftvoll und natürlich, ist in 48KHz und 192kbs.
Natürlich leidet der Sound unter dem eindimensionalen Mono.
Im Original ist John Wayne authentischer und passt besser zu dem
von ihm gespielten Charakter als die Stimme des deutschen
Synchronsprechers. Aber die Dialoge sind gut verständlich, obwohl
bei der Synchronisation ein paar kleinere Patzer dabei sind - aber
insgesamt sehr passend und mit Liebe gemacht.
Neben der fehlenden Räumlichkeit fällt ein kraftloser Effektsound
auf - Schüsse und Gewitter sind also recht harmlos. Das ist aber
bei beiden Abmischungen der Fall. Ebenfalls bemerkt man bei manchen
Freiluftszenen, dass die Dialoge im Studio aufgenommen wurden; in
anderen Fällen fehlt dann schon mal ein wenig Hall.
Nichtsdestotrotz hat man sich bei der Vertonung wirklich Mühe
gegeben, in sehr vielen Szenen ist der Sound realistischer und
nicht so überladen als bei modernen Produktionen. Heute würde man
mit diesem Sound lächerlich wirken ... aber die Entscheidung zur
authentischen Vertonung macht doppelt Sinn: der Charakter des Films
wird unterstützt und es ist ein Dokument der damaligen Zeit - in
fantastischen Bildern und passendem Sound.
Ausstattung
Die beigefügten Extras werden dieser Blu-ray nur teilweise gerecht.
So enthält die Disk mehrere Originaldokumentationen und Making-Ofs
(herrlich altmodisch und unfreiwillig komisch), außerdem eine
längere, fast 30minütige Würdigung des Films und seines Regisseurs
durch einige Größen des Filmgeschäfts. Peter Bogdanovich, John
Milius und Martin Scorsese schildern den Einfluss des Films auf
sich und ihre Filme; beschreiben Besonderheiten der Filmkunst John
Fords und geben einen wirklich tiefen, kenntnisreichen Einblick in
eines der Meisterwerke des amerikanischen Films.
Vervollständigt werden die Extras durch eine Einleitung von Patrick
Wayne (John Waynes Sohn und Mitwirkender an The Searchers) und den
sehr unterhaltsamen Audiokommentar von Peter Bogdanovich.
Schließlich enthält die Blu-ray noch das Feature "Turning of the
Earth", in dem Details zur Produktion und zur Person John Fords von
Originalaufnahmen vermittelt werden. Abgerundet wird das Ganze
durch die USA Kinotrailer zu "The Searchers" und "The Assassination
of Jesse James by the Coward Robert Ford".
Einziges Manko: Die Extras sind gänzlich in SD (Standard
Definition). Sie entsprechen bis auf einen der Trailer den Extras
der DVD, daher leichter Abzug in der B-Note. Der Informations- und
Unterhaltungswert ist hoch, dennoch hätte man sich für das
ultimative Blu-ray Erlebnis etwas mehr gewünscht, vor allem da von
Warner soviel Aufwand in die technische Restauration des Films
gesteckt worden ist.
Fazit
Der Schwarze Falke ist nicht weniger als eine Offenbarung auf
Blu-ray. In dieser Form gehört der Film in das Regal eines jeden
Filmfans. Es stimmt einfach alles:
Die einfallsreiche und visuell beeindruckende Cinematografie; die
lebendigen, glaubhaften Dialoge und ein John Wayne, der nie besser
und überzeugender war. Seine Darstellung des entwurzelten
Kriegsheimkehrers, der alles verliert; sich in Obsession,
Rassismus, Rache und Hass verliert und am Ende aber doch seine
Humanität (wieder-)gewinnt, ist von berührender Intensität, Kraft
und Glaubwürdigkeit.
Aus heutiger Sicht überraschend ist, dass der Film zwar über 50
Jahre alt ist, aber sowohl die inneren, als auch die äußeren Werte
jung geblieben sind. Die visuelle Kraft und Schönheit des Westerns
beeindruckt auch heute noch. Die phantastische Tiefenschärfe und
der dreidimensionale Eindruck der Landschaftsaufnahmen begeistern
und lassen das Alter des Films vergessen.
Das Urteil: Pflichtkauf für jeden Filmfan, der sich auf eine
Geschichte epischen Ausmaßes einlassen kann, die wunderschön
gespielt, fotografiert und inszeniert worden ist. Der Schwarze
Falke ist weder schlicht, noch eindimensional. Subtext und Details
entdeckt man erst beim wiederholten anschauen. Definitiv ein Film
den man nicht nur einmal schaut. (fb)
Bewertung:
Story - 9P
Bild - 10P
Audio - 5P
Extras - 7P
Gesamtwertung: 8P
"America is the only country that went from
barberism to capitalism without civilization in between." - Oscar
Wilde