Mir muss jemand mal erklären, wie man
Three Billboards in
die Arthouse-Ecke stecken kann. Ich meine mehr Mainstream-Drama
geht doch gar nicht: Man bekommt durchgehend auflockernden Humor
geboten, ein präsenter Soundtrack diktiert einem durchgehend was
man fühlen soll und die Charaktere schielen oft mehr in Richtung
Überzeichnung als Understatement. Er greift auch regelmäßig auf
kitschige Erzähl-Mechaniken zurück, die in einem Arthouse-Produkt
nur ausnahmsweise vorkommen: Es gibt allein drei Szenen, wo eine
Person einen Brief liest und man den Voiceover des verstorbenen
Verfassers hört. Darunter werden das obligatorische Pianogeklimper
und die Bilder von traurigen Personen gelegt. Das passiert drei mal
im Film, DREI MAL!! Des Weiteren bedient er sich einfachen Finten,
wie dass z.B. Charaktere als böse eingeführt werden und am Ende
dann doch wieder vermenschlicht werden. Das ist der allseits
beliebte Zeigefinger, der Zuschauer solle nicht zu früh
urteilen.
Das soll keine Kritik am Film sein, der ist trotz Mängel toll, aber
wenn das hier schon als verkopftes Artsy-Fartsy Kino durchgeht, was
sind dann die Filme von P.T. Anderson, Terrence Malick oder Wong
Kar-Wai?
Wie auch immer, der Film unterhält ganz prächtig. Er ist in meiner
Welt nur mehr großartiges Handwerk als große Kunst. Es gibt
toll-geschriebene Charaktere en masse, gespielt von Schauspielern,
die alle
on top of their game sind. McDonagh wandelt
zwischen Humor & Ernst, ohne sich dabei selber in den Schwanz
zu beißen. Das ist vielleicht auch der Punkt, wo
Three
Billboards am meisten brilliert: Die lustigen Momente sitzen
genauso wie die emotionalen. Man weiß auf den ersten Blick nicht
mal, ob man ihn als Komödie oder als Drama weiterempfehlen möchte.
Die Balance klappt super und dann weiß man plötzlich nicht mal ob
man lachen oder schluchzen will. Das hält dem Film frisch und vor
allem sehr kurzweilig. Längen ergeben sie hier gar keine.
Wo es etwas hakelig wird, sind seine Themen, die er adressiert.
Oder vielmehr: Die er adressieren möchte, weil mehr als der
klägliche Versuch etwas gesellschaftliche Relevanz in das
Figurenkonstrukt zu hieven, passiert hier nicht. Rassismus,
Unterdrückung der Frau, Kritik an Medien & Kriminalapparat
sowie Polizeigewalt kommen zwar nominell vor, werden aber
kommentarlos nicht weiterverfolgt und damit fallen gelassen. Man
könnte zynisch behaupten, dass die Themen noch mit ins Script
gequetscht wurden, damit man seine Chancen in der Awardseason
erhöht. Über mehr als eine Dramedy kommt hier nie hinaus.
Three Billboards ist der Coen-Brothers Film, den Ethan
& Joel seit geraumer Zeit versuchen selber hinzubekommen (die
gerade mit
Suburbicon einen ihrer schlechtesten Filme
überhaupt abgeliefert haben). Das einzig Meisterhafte an dem Film
ist, wie treffsicher er die Schnittmenge aus Mainstream und
Cineasten trifft. Der Unterhaltungswert ist dermaßen hoch, nur
leider sind die Mittel, die er sich hierfür bedient, etwas zu
bekannt.
(8/10)