Ein schwer zu bewertender Film.
Vorweg macht der Film sehr viel richtig. Die versprochene trostlose
und hoffnungslose, depressive Grundstimmung wurde definitiv
gehalten. Der Charaktere Logan und Charles Xavier sind richtig
abgewrackt und fertig. "Logan" ist ziemlich schwer verdaulich und
echt schwer zu gucken. Der Gewaltgrad ist unfassbar hoch und hat
sogar mich überrascht, dass Fox das alles so abgesegnet hat. Ein
anderes Studio hätte wohl den Schwanz eingezogen und höchstens hier
und da ein paar Blutspritzer genehmigt. Hier fetzen Logan und die
Kleine scharenweise Leute nieder und durch die ernste und düstere
Stimmung wirkt das alles noch eindrucksvoller. Das R-Rating wurde
definitiv genutzt und es hätte mich nicht gewundert, wenn der Film
in Deutschland erst ab 18 freigegeben worden wäre. Ein hartes
R-Rating wie es im Buche steht. Sehr stark.
Zu den Schauspielern lässt sich auch nur Positives berichten: Hugh
Jackman hat phänomenal im Film gespielt und Logan richtig
Emotionalität und Mitgefühl verliehen. Man spürt und sieht, wie
Logan über die Jahre hinweg alles Negative um sich rum aufgesaugt
hat und schlussendlich daran auch zerbricht. Zudem hat es mir
gefallen, wie durch und durch zynisch er rüber kam. Logans
Befürchtungen und Ängste treten allesamt mehr oder weniger ein und
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sein Tod am Ende des Filmes samt letzter Worte
war sehr bewegend.
Patrick Stewart fällt in die gleiche Kategorie in puncto
mitgenommener Charakter. Seine Leistung war wirklich gelungen und
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die Arte und Weise, wie er getötet wurde,
wirkte überraschend und hat mich tatsächlich überrascht, da ich
eher vermutet habe, dass er einen Heldentod stirbt.
Boyd Holbrooks Performance als Bösewicht war besser als ich dachte
und Stephen Merchant - der eher aus dem Comedybereich kommt - war
die beste neue Castingwahl seit geraumer Zeit. Er hatte zwar nicht
all zu viel Screentime, aber positiv überrascht hat er mich
definitiv. Dafne Keen war in ihrer Rolle überzeugend.
Nachdem nun der Cast, die Stimmung und der Gewaltgrad allesamt
überzeugen, muss ich noch kurz auf die kleinen Anspielungen
eingehen, die im Film vorkamen. Wie bereits aus dem Trailer zu
sehen, gibt es im Film X-Men Comics.
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Wenn Logan davon erfährt, gibt es eine Stelle,
an der extrem über das Gummikostüm von Wolverine herzieht und zudem
etwas schlecht von den Comics im Film spricht. Wahrscheinlich ein
kleiner Seitenhieb an die ewigen Nörgler, die die X-Men Filme jedes
mal wegen der kleinsten Sachen kritisieren. Weiterhin flucht Logan
darüber, dass man Leute abmetzeln darf, aber wehe es kommt ein
Schimpfwort. Definitiv eine kleine Anspielung auf den heutigen
Filmmarkt, wo z.B. Filme wie "Taken" mit PG-13 freigeben werden, wo
massenhaft Leute umkommen, aber nicht ein böses Wort gesagt werden
darf.
Diese kleinen Anspielungen wirkten zwar etwas aggressiv formuliert,
da im gesamten Film über sehr rau und rustikal gesprochen wird,
aber waren witzig anzusehen und definitiv mutig von den Machern, es
in dieser Art & Weise einzubringen.
Der Gewaltheitsgrad war wie gesagt sehr hoch und die Action sehr
gut gefilmt. Es war sehr erfrischend mal keine
Superzerstörungswaffe zu sehen, die einen blauen Laser in den
Himmel schießt und nebenbei amerikanische Großstädte zu Schutt und
Asche legt. Generell ist der Film sehr persönlich und fokussiert
sich auf die Charaktere. Die Action ist dabei nicht im Vordergrund,
obwohl es viel davon gibt. Der Grad der Zerstörung ist minimal
(Autos, ein paar Bäume...) und fühlt sich bodenständiger an. Keine
explodierende Hubschrauber und Hochhäuser. Wenn ich mich sogar noch
richtig erinnere, gibt es im Film auch nur eine Explosion
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Nämlich bei dem "Suizid" von Caliban
Es gibt einige Autoverfolgungsjagden, Schussszenen und
Nahkampf-Action. Erfrischend.
Leider gibt es im Film auch negative Aspekte. So hat der Film
leider gegen Ende ein paar Längen. Generell waren manche Szenen
etwas überflüssig. Das letzte Drittel wurde dadurch leider etwas
zäh.
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Gegen Ende das Versteck der entflohenen
Mutantenkinder und die anschließenden Szenen hätte man besser
kürzen und auf das Nötigste beschränken sollen.
Gut 15-20 Minuten weniger hätten den Pacing-Problemen gut getan.
Die knapp zweieinhalb Stunden vergehen dennoch schnell, auch wenn
man gegen Ende hier und da mal auf die Uhr schaut.
Der Plot ist nichts Neues und wurde bereits in verschiedenen Formen
in anderen Filmen genutzt. Logan schafft es aber, diese
Grundhandlung dezent zu platzieren, ohne all zu klischeehaft zu
wirken.
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Die Handyaufnahmen der gefangenen Kinder im
Labor waren z.B. interessant umgesetzt.
Im Laufe des Filmes aber gab es hier und da ein paar Szenen, die
mir nicht gefallen haben und zu konstruiert gewirkt haben, um
entweder die Handlung voranzubringen und/oder einfach nur einen
Konflikt auszulösen. Packe die besagten Szenen mal in einem Spoiler
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Zu Anfang kommt Boyd Holbrook ins Versteck von
Logan und wird von Laura k.O. geschlagen. Anstatt ihn einfach zu
töten, da sein Gefolge sowieso schon unterwegs ist, soll Caliban
ihn irgendwo in der Wüste absetzen und wegfahren. Natürlich wacht
Boyd Holbrook auf und nimmt somit Caliban gefangen. Dadurch
entsteht dann erst der Nebenplot um Caliban, was man anders hätten
lösen sollen. Zudem gibt es noch einen typischen bösen "Forscher",
der aber zum Glück wenig Screentime bekommt. Später im Film taucht
dann ein Klon Wolverines auf. Zwar ist es cool anzusehen, wenn Hugh
Jackman gegen Hugh Jackman kämpft, aber alleine die Tatsache, dass
ein Klon aufgetaucht ist und somit die Möglichkeit besteht,
dutzende andere Klone herzustellen, wirkte einfach unpassend und zu
sehr wie Comicbook-Ramsch. Gegen Ende wurde es sogar teilweise noch
unfreiwillig komisch, als ein schwarzes Mutantenkind ziemlich dick
war und versucht hat, vor den Soldaten wegzulaufen. Es sah leider
lustig aus, wie er versucht hat zu fliehen und hat damit die
Dramatik des Moments etwas geschadet. Die letzte Szene mit Laura
und Logan war emotional. Als Laura zu Logan "Daddy" gesagt hat, hat
mir das nicht so zugesagt. Die Dynamik des Duos hat sich zwar im
Laufe des Filmes verbessert, aber eine richtige Beziehung haben sie
dennoch nicht aufgebaut und ich weiß, dass sie Daddy gesagt hat, um
sich von ihm zu verabschieden, aber dass sie sich dazu durchringen
konnte, wurde nicht gut genug im Film etabliert und ich hätte es
passender gefunden, wenn sie - wie in dem ersten Drittel des Filmes
- nichts gesagt hätte und einfach nur ein paar Tränen vergossen
hätte. Hätte die letzte Szene umso emotionaler gemacht.
Die deutsche Synchro war manchmal ganz gut (Patrick Stewart und
Hugh Jackman hatten eine gute Synchro), aber Dafne Keens
Synchronsprecherin hat mir nicht gefallen und wie gesagt die
letzten Szenen nicht so emotional übermittelt. Eine erneute
Sichtung auf englisch ist daher Pflicht, wenn auch erst auf
Blu-Ray.
Auch wenn der Film seine Schwächen hat, so kann ich hier und da mal
ein Auge zudrücken, da sich der Film wirklich aus dem Fenster
gelehnt hat und mal was Neues, was Frisches, riskiert hat und nicht
den üblichen Weg eines Superheldenfilmes gegangen ist. Die
positiven Aspekte überwiegen und obwohl ich nicht ganz das bekommen
habe, was ich erwartet habe, so ist der Film dennoch nicht viel
schlechter. Schwere Kost.