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BD-Review #13: Troja (Director's Cut)
23. April 2010„Du fragst, ob du mir meine Bücher schicken sollst? - Lieber, ich bitte dich um Gottes willen, laß sie mir vom Halse! Ich will nicht mehr geleitet, ermuntert, angefeuert sein, braust dieses Herz doch genug aus sich selbst; ich brauche Wiegengesang und den habe ich in seiner Fülle gefunden in meinem Homer.“
Johann Wolfgang Goethe, „Die Leiden des jungen Werther“
Johann Wolfgang Goethe, „Die Leiden des jungen Werther“
So läßt unser Dichterfürst seinen jugendlichen Helden von der Sprachgewandtheit des Homer schwärmen. Ob dieser genauso von der Verfilmung à la Hollywood angetan wäre und alle anderen blau zu lasernden Scheiben zurückweisen würde? Lang genug ist der Film ja und könnte irgendwie sicher alle 24 Gesänge der Ilias abdecken. Nun, wir werden es niemals erfahren. Aber als Spätgeborener und mit den neuen Medien innigst Verbundener kann ich im Gegensatz zum verehrten Helden der teutonischen Sprache den Vergleich anstellen und sehen, was mindestens zweieinhalbtausend Jahre der Rezeption bei dem in Hollywood werkelnden Deutschen Wolfgang Petersen angestellt haben. Immerhin hatte er anders als ich Homer auch im Original gelesen und sollte daher mit der Materie bestens vertraut sein.
Details:
Sprachen | Englisch (Dolby TrueHD 5.1 sowie Dolby Digital 5.1), Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch (alle Dolby Digital 5.1) |
Untertitel | Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Norwegisch, Dänisch, Schwedisch, Finnisch, Niederländisch, Polnisch sowie Deutsch und Italienisch jeweils für Hörgeschädigte |
Bildformat | 1080p HD Widescreen 2.40:1 |
Altersfreigabe | freigegeben ab 16 |
Länge | 196 Minuten (Director's Cut) |
Extramaterial |
|
Film (3,5/5):
Nun, den Handlungsgegenstand der Ilias der Leserschaft zu erzählen, hieße ja, Eulen nach Athen zu tragen. Aber, um sich nicht wie die Hexameterflut der Vorlage einzig und allein auf die Belagerung Trojas zu beschränken, schließt der Film eben die Vorgeschichte mit ein (wie der trojanische Prinz Paris die überaus hübsche Helena, ihres Zeichens zugleich Tochter des spartanischen Königs Menelaos, raubt und somit den Anlaß zum zehnjährigen Gemetzel gibt) wie auch die Schilderung des Odysseus' List, mittels eines großen und bauchigen Pferdes einigen nichtklaustrophobischen Kriegern unerlaubten Zutritt zur trefflich gesicherten Stadt zu verschaffen. Beide Ereignisse werden also im Film geschildert und runden so das Schlachtenepos vorne und hinten ab. Ich erwähnte ja schon, der Film ist lang genug...
Aber o, Ihr Götter! In den vielen vergangenen Jahrhunderten muß Euer Einfluß doch wirklich geschwunden sein! Denn was müssen meine entzündeten Augen (der Film ist wirklich lang) da sehen? Außer der rituellen Pfütze Wein, mit der sich die Beteiligten beim Trinkspruch routinemäßig Eures Wohlwollens versichern (es wird nicht nur viel gekämpft, auch viel getrunken...), ist Euer Wirken kaum noch sichtbar. Natürlich findet dies nur hinter den Kulissen statt, aber im homerischen Original sind die von Euch Göttern geleiteten Aktionen wenigstens noch klar zu erkennen! Bei Petersens Troja darf nur der alte Priamos wirklich seinen Glauben an die göttliche Vorsehung zeigen und wirkt dadurch so isoliert und altmodisch wie heutzutage nur noch ein älteres Kirchenoberhaupt deutscher Provenienz.
In der Aufbereitung nach Hollywood-Manier allerdings sind die kleineren und größeren Helden schließlich Männer der Tat, und zwar der ganz und gar eigenen. Das gilt auch für die beiden wichtigsten Antagonisten, Hektor auf trojanischer Seite, sowie der Halbgott Achille(u)s auf der Seite der Achäer (also der Griechen). Gerade Achilles ist ja der personifizierte Held schlechthin, der, zwar eigenwillig und durchaus nicht immer dem kommandierenden König Agamemnon wohlgesonnen, den Achäern immer wieder durch schier übermenschliche Taten Mut und Kraft gibt. Brad Pitt spielt ihn, und wenn man ihn wie ich gerade erst in "Burn After Reading" als unterbelichteten Fitnesstrainer erlebt (und genossen) hat, dann fällt es einem doch schwer, ihn als antiken Superheld schlechthin zu sehen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Achilles in seiner strahlenden Rüstung dümmliche Bewegungen zu imaginärer dümmlicher Stampfmusik machen. Aber nein, das ist nicht fair, nein, das nehme ich zurück... nur, es steht hier schon... na ja, kann man nichts machen.
Aber im Ernst, diese von Petersen inszenierten Helden wirken manchmal so gewollt heroisch, daß sie schon etwas gestelzt ihre Taten vollbringen. Nun gut, der Reigen der Handlungen ist einigermaßen vollständig nach Vorlage umgesetzt, zumindest was die Aktionen und Geschehnisse um die Menschen (und Halbgötter) angeht. Was alles Apollon und Athene, Zeus, der donnernde Wolkenversammler und Blitzeschleuderer, Eris, die Göttin der Zwietracht, und Achilles' Mutter Thetis auf Götterseite getrieben haben, das hat der Drehbuchschreiber (David Benioff) geflissentlich unter den Tisch fallen lassen. Es sollte ein weltlicher Film werden, in dem weltliche Dollar eingespielt werden, da kann man die nach Schlachtenblut lechzenden Zuschauer nicht zu sehr mit einem Pantheon von Göttern und Halbgöttern verwirren, kommen die monotheistisch geprägten Zuschauer ja gar nicht mehr zurecht.
Nun, Schlachtenblut sieht man, und zwar nicht zu knapp; das steht schließlich im Einklang mit der überaus bildreichen Sprache des Originals (wenn das Buch heute erscheinen würde, gäbe es sicher einen Skandal und es würde als Killer-Buch neben Killer-Spielen auf dem Index landen, weil es angeblich gewaltverherrlichend sei und die Leser zu Mord und Totschlag anstiften würde... - hat eigentlich irgendeiner der verwirrten Amokschützen unserer Gegenwart Homer gelesen...?)
Meine Skepsis gegenüber diesem Film hatte sich somit durchaus bis zu gewissem Grad bestätigt, aber andererseits geht das Ganze doch recht flott vonstatten, man erkennt immer wieder Handlungsstränge aus der Vorlage, und fiebert irgendwie dann doch der finalen Eroberung Trojas durch die Griechen, Verzeihung Achäer, entgegen. Auch bei über drei Stunden Laufzeit bestand nie wirklich die Gefahr, in einen Privatsender zu zappen oder hinwegzudämmern.
Bild (4/5):
Im Gegensatz zur Handlung ist das Bild durchaus nicht antik. Schlachtenszenen mit den in gleißendem Sonnenlicht scheinenden Rüstungen und ihren entschlossen dreinblickenden Trägern sind wunderbar detailreich und schärfer als manches Schwert, das dort geschwungen wird. Das gilt gerade für die Massenszenen, wenn etwa Tausende und Abertausende sich auf den Weg zur Stadt machen. Doch nachts sind alle Katzen grau und in der Dunkelheit geht leider manches Detail verloren. Der nächtliche Angriff auf die am Ufer lagernden Achäer ist dank mangelndem Kontrast alles andere als eine Augenweide und weckt ungute Assoziationen an Dunkelfilme wie "Berlin Alexanderplatz". Da das Getümmel normalerweise aber tagsüber stattfindet, fällt das letztendlich nicht so sehr ins Gewicht und man kann sicher sein, daß Troja noch nie so lebensecht und scharf inszeniert wurde. Heinrich Schliemann hätte sich seine Augen gerieben vor Verwunderung.
Ton (4/5):
Dazu paßt der Ton: das Kampfgetümmel einer Schlacht lädt ja geradezu ein, die Möglichkeiten der Mehrkanalwiedergabe auszureizen. Entsprechend brachial donnert der Schlachten Lärm aus den Lautsprechern. Etwas überbetont wirkt es in diesen Szenen, aber paßt damit ganz gut zum Duktus des gesamten Films. Dialoge kommen klar und sauber, wiewohl das flüssige Parlieren der Akteure im damals nicht sonderlich verbreiteten Englisch gerade bei solchen Filmen immer ein wenig verwirrt, aber nicht jeder hat nun mal die Passion eines Mel Gibson, gnadenlose Authentizität umzusetzen.
Insgesamt eine prima Soundkulisse, die zu gefallen weiß, zumindest in der englischen TrueHD-Fassung. Wie immer beziehe ich mich auf die Originaltonspur, denn der deutsche Ton, so hört man, fällt gegenüber dem Original etwas ab, was wohl auch dem einfachen Dolby Digital 5.1 geschuldet ist. Positiv aber die lange Liste der Sprachfassungen und Untertitel, hier hat man auch schon weit weniger Auswahl gehabt.
Extras (4/5):
Man muß sich ja vor Augen halten, daß auch bei sehr langen Filmen trotzdem immer noch genügend Platz auf einer Blu-ray bleibt, so daß ein Hersteller eigentlich keine Ausrede hat, wenn er bei Werken wie Troja (oder auch Avatar...) auf Extras verzichtet oder nur eine Alibibeigabe liefert. Deswegen ist es doch erfreulich und bemerkenswert, daß man hier einiges investiert hat und jede Menge Wissens- und Sehenswertes auf die Scheibe gepackt hat. Besonders interessant etwa die Geschichte von Brad Pitt, der in einer der ersten Zweikampfszenen als Achilles sich gleich beim Sprung am Fuß verletzt und längere Zeit ausfiel. Es wird aber nicht erwähnt, ob es die Ferse war, die in Mitleidenschaft gezogen wurde. Jedenfalls muß man das Bemühen von Herrn Pitt, sich so authentisch in die Rolle einzufinden, doch anerkennen.
Auch eine Reihe Interviews gibt es, die ich diesmal ausgelassen habe und einiges von dem Material ist sogar unüblicherweise in HD dabei. Damit darf ich hier auch vier von fünf Punkten vergeben.
BD-Kaufbewertung: (**/***)
Für drei Sterne reicht es bei mir trotzdem nicht ganz, denn zu den wirklich guten und großen Filmen kann man Troja einfach nicht zählen. Und als Literaturverfilmung laß ich Petersens Werk auch nicht durchgehen. Das Angebot dieser Blu-ray ist aber gut; eine ordentliche Ausgabe. Zwar erscheint Ende Mai eine "Premium Collection", aber die scheint bis auf ein reichlich bebildertes Beiheft keine weiteren Extras zu beinhalten (vom Preis natürlich abgesehen). Wer wie ich Troja für unter acht Euro ergattert hat, kann nun gar nichts dabei falsch machen und holt sich das antike Drama auch ohne Götterwirken in die gute Stube.
Trailer (1080p HD, englisch):
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