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BD-Review #4: Caché (Hidden)

14. November 2009
Und wieder wurde neulich ein UK-Import bei mir blau abgelasert, diesmal der französischsprachige Film Caché des deutsch-österreichischen Regisseurs Michael Haneke, der eine wichtige Rolle im zeitgenössischen europäischen Autorenkino spielt. 1974 hatte er mit Fernsehfilmen begonnen, wechselte 1989 zum ersten Mal zum Kinofilm und ist mittlerweile mit seiner Art des Filmemachens stilbildend geworden. Kennzeichnend für seine Filme sind das oft offene Ende, der überaus spärliche Einsatz von Musik (nur dann, wenn sie in der Geschichte funktional ist), und die konsequente Ablehnung aller Kennzeichen eines "Industriefilms", der nur um der Unterhaltung willen gemacht wird.
 
"Alle Filme, die mich in meinem Leben betroffen haben und die mir wirklich etwas bedeutet haben, waren Autorenfilme. [...] Die sind nicht unter der Voraussetzung angetreten, Geld einzuspielen."
Michael Haneke, 1994
 


Details:
 
Sprachen Französisch (DTS HD MA, Dolby Digital 5.1)
Untertitel Englisch
Bildformat 1080p HD Widescreen 1.78:1
Altersfreigabe ab 12
Länge 109 Minuten (der FSK-Eintrag spricht von 119 Minuten!?)
Extramaterial
  • Making Of
  • Interview
  • Trailer


Film (5/5):

Georges, bravourös gespielt von Daniel Auteuil, moderiert eine Literatursendung im Fernsehen, seine Frau Anne (Juliette Binoche) ist in der Verlagsbranche tätig. Ein erfolgreiches, gut situiertes Intellektuellenpaar, das mit seinem zwöfjährigen Sohn Pierrot mitten in Paris lebt. Das Ehepaar erhält Videobänder, die ihr Haus zwei Stunden lang von außen zeigt, gefilmt irgendwo von der gegenüberliegenden Straßenseite. Das zweite Band zusammen mit einer kindlich gehaltenen Zeichnung, die ein Kind zeigt, aus dessen Mund Blut fließt. Weitere Bänder tauchen auf, es gibt anonyme Anrufe, Georges wird zunehmend gereizter, es wird ein Zusammenhang mit einer Episode aus seiner Kindheit erkennbar, in der seine Eltern in der Zeit des Algerienkriegs den Jungen Majid eigentlich adoptieren wollten. Dessen Eltern, algerische Immigranten, waren für Georges Eltern tätig und sind vermutlich bei dem Pariser Massaker 1961 umgebracht worden.
Georges ist auf der Suche nach dem Absender der Videobänder, während seine Ehe gleichzeitig in die Brüche zu gehen droht. Er macht Majid ausfindig, der aber jede Schuld ruhig und sachlich von sich weist, als ihn der hektische Georges mit diesen Vorwürfen konfrontiert. Es ist die Schuld, die Georges sich als Kind aufgeladen hat und dafür damals sorgte, daß seine Eltern Majid doch nicht adoptierten. Von dieser Schuld erlöst ihn Majid nach all den Jahren aber nicht, ganz im Gegenteil...

Dieser Thriller funktioniert ganz anders als herkömmliche Vertreter des Genres: je weiter er andauert, desto mehr wird das Tempo zurückgenommen. Der vermeintliche Bösewicht ist ruhig, gelassen, ganz im Gegenteil zu demjenigen, der doch anfangs so subtil und unheimlich bedroht wird, Der Film findet keine Auflösung, nie wird klar, wer die Videobänder wirklich geschickt hat. Ganz am Ende eine Einstellung, mit der man als Zuschauer eher vor neue Rätsel gestellt wird, unabhängig davon, ob man zwei Protagonisten des Films dort entdeckt oder nicht. Aber der Film funktioniert hervorragend, jede Szene ist sorgsam durchdacht, die Handschrift Hanekes ist überall sichtbar, und der Zuschauer wird mit in diesen unheimlichen beklemmenden Sog gezogen, nur um hinterher alleingelassen zu werden, gezwungen, sich selber ein Urteil zu bilden.

Dies gilt nicht nur für das große Thema von Moral und Schuld, sondern auch in kleinen Details, etwa die Szene, in der Anne ihren Sohn zur Rede stellen will, als der unerlaubt bei einem Freund übernachtet hatte und dessen Mutter ihn am nächsten Tag wieder zu Hause abliefert. Pierrot macht eine Andeutung über die Art der Beziehung, die seine Mutter zum gemeinsamen Freund der Eltern, Pierre hat. Daß Pierrot mit Pierre mehr als nur phonetisch verwandt ist, wird einfach dem Zuschauer hingeworfen, ohne je aufgeklärt zu werden. Aber es funktioniert natürlich auch prächtig, um das schon rissig gewordene Bild vom Zusammenhalt zwischen den Eheleuten weiter zu untergraben. 
 
Wirklich großes Kino, zurecht mehrfach ausgezeichnet, ein Film, der aufwühlt, und den Zuschauer noch länger nach dem Abspann beschäftigt, ganz im Gegensatz zu Thrillern aus dem Reich des "Industriefilms". Trotzdem wirkt er nicht intellektuell überladen, sondern er nimmt einen sehr schnell gefangen und läßt ihn bis zum merkwürdigen Ende nicht mehr los.
 
Ich muß an dieser Stelle allerdings wieder vor dem diesbezüglichen Wikipedia-Artikel warnen, der eindeutig zuviel vorweg nimmt.
 

Bild (4/5):

Das Bild ist nicht auf Referenzniveau, aber es ist immer genau durchkomponiert, jede Szene ist hervorragend photographiert und läßt ein scharfes, detailreiches Bild immer dann zu, wenn es auch paßt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn aus recht großer Entfernung stehend eine Szene gefilmt wird, bei der der Zuschauer aufgrund der Entfernung gar nicht alles genau mitbekommt, was dort passiert. Aber es ist detailreich und brennt sich dadurch genauso dem Zuschauer ein, wie es das beim Protagonisten getan hat.
Verwirrung schafft der Regisseur aber auch durch andere Mittel: in der allerersten Einstellung des Films etwa sieht man eine Straße mitten im Pariser Wohnviertel, bevor nach einiger Zeit das typische Bildrollen beim Zurückspulen in VHS-Rekordern sichtbar wird.

 
Ton (3/5):

Der Ton kommt sauber, präzise herüber, funktioniert aber eher als Kammerspiel und verteilt nicht soviel etwa explizit auf den hinteren Bereich. Insofern genauso unauffällig wie passend.


Extras (4/5):

Die jeweils etwa halbstündigen Extras liefern manchem verwirrten Zuschauer etwas mehr Erklärung: das Making Of beleuchtet sehr schön die kompromißlose Arbeitsweise von Haneke, der "seinen" Film zielstrebig umgesetzt sehen möchte und von Schauspielern, Technikern und anderen Beteiligten einiges bei der Arbeit abverlangt. Eingebettete kleine Interviews etwa mit den Hauptdarstellern Auteuil und Binoche, aber auch Akteuren jenseits der Kamera geben manchen Aufschluß über die Art von Haneke und die Motivation und Wirkung seiner Filme.
Im Einzelinterview mit Haneke wird der Film genauer besprochen, auch, was Haneke beim Filmemachen antreibt und warum er gerade solche Filme inszeniert, die absichtlich eher mehr Fragen offenlassen als lösen. Witzig ist dabei sein stark wienerisch gefärbtes Französisch, das er aber wirklich sehr passabel spricht.
 

BD-Kaufbewertung: (***/***)

Für mich eine klare Kaufempfehlung, da man den Film auch mehrmals sehen kann und immer wieder was Neues entdeckt. Der Transfer nach HD ist aufgrund der Art des Films aber nicht überragend, so daß der Streifen auf Blu-ray sicher nicht zur Demoscheibe wird. Das hat Caché aber auch gar nicht nötig, er wirkt allein schon durch die Handschrift seines Regisseurs. Er ist aber auch ganz klar kein Kandidat für Unterhaltungskino, man will danach einfach diskutieren...


Trailer:

 
Ungewohnterweise hatte mich in der vergangenen Woche ein Virus niedergestreckt, was aber die Chance bot, den einen oder anderen Film endlich mal zu gucken. Unter anderem wollte ich nach einigen verpaßten Gelegenheiten Frankreichs erfolgreichste Komödie selbst in Augenschein nehmen. Bei solchen Erfolgen, wie etwa auch damals bei „Der Schuh des Manitu“ bin ich doch immer erst recht skeptisch, aber ich bin wirklich aufs Angenehmste unterhalten worden...

„Wer zu uns kommt, der weint zweimal: wenn er ankommt und wenn er geht.“
Sprichwort im Norden Frankreichs
 
 



Details:
 
Sprachen Französisch (DTS-HD MA 5.1), Deutsch (DTS-HD MA 5.1)
Untertitel Deutsch, Schwitzerhochdütsch
Bildformat 1080p HD-Widescreen, 2.35:1
Altersfreigabe ab 0
Länge 106 Minuten
Extramaterial
  • Making of (77 Minuten)
  • Interview mit Dany Boon (38 Minuten)
  • Interview mit Chr. M. Herbst (12 Minuten)
  • Reportage: "Bergues - eine Stadt im Ausnahmezustand" (5 Minuten)
Beiheft Das kleine Sch'ti-Wörterbuch (20 Seiten)



Film (5/5):

Für den südfranzösischen Postbeamten Philippe Abrams (Kad Merad) ist die Zeit gekommen, um durch eine Versetzung an die Côte d'Azur endgültig auf die Sonnenseite des Lebens zu gelangen. Zur Beschleunigung des Verfahrens verfällt er auf die Idee, den Antrag als Behinderter einzureichen, da diese bei den besonders begehrten Plätzen bevorzugt werden. Der Plan mißlingt und ihn erwartet eine schlimmere Bestrafung als die Entlassung: die Versetzung für zwei Jahre in den Norden, das kleine Städtchen Bergues im Nord-Pas-de-Calais. Grauenhaftes wird ihm vorab berichtet, und er beschließt, sein Martyrium in der Hölle des Nordens zunächst alleine zu durchleiden und seine eher depressiv veranlagte Frau plus Sohn im warmen Süden zu belassen.
Philippe taucht notgedrungen ein in diese völlig fremde Welt, in der die Eingeborenen zudem noch das Ch'ti sprechen, was mit dem normalen Französisch erstmal nicht viel zu tun zu haben scheint. Er akklimatisiert sich aber erstaunlich schnell und freundet sich bald mit dem Postboten Antoine (Dany Boon) an. Das birgt Konfliktstoff für die Fernbeziehung mit seiner Frau, die sich irgendwann entschließt, ihrem Mann beizustehen und mit Sack und Pack in den Norden nachzukommen...
 
Ich habe den Film nicht nur in die Kategorie Komödie einsortiert, sondern auch bei den Autorenfilmen. Denn der im Norden aufgewachsene Dany Boon spielt nicht nur hinreißend eine der Hauptrollen, sondern schrieb auch das Drehbuch und führte die Regie. Tatsächlich ist "Willkommen bei den Sch'tis" seine ganz persönliche Liebeserklärung an die Region Nord-Pas-de-Calais und überzeichnet dabei in schönster Manier die Vorurteile und Klischees über Land und Leute. Im Mittelpunkt steht dabei das Ch'ti, eine Variante des in der Region verbreiteten Dialekts Picard, das im Film stark stilisiert ist. Zentral sind neben dialekteigenen Wörtern die Lautverschiebungen gerade bei den Zischlauten, was zu haarsträubenden Dialogen führt, die man beim ersten Mal eigentlich kaum verstehen kann, selbst wenn man sich gerade nicht vor Lachen kugelt. In der deutschen Fassung ist dies künstlich mit ähnlichen Mechanismen nachgestellt worden, was aber vorzüglich gelungen ist (Beispiele: sicher → tschisser, regnen → pischen).

Ja, diese Komödie ist tatsächlich eine besondere ihrer Art und hat es sogar geschafft, in Frankreich das ramponierte Ansehen des Nordens gehörig aufzumöbeln. Dies liegt zum großen Teil an Dany Boon, der die Eigenheiten so liebenswürdig aufs Korn nimmt, daß auch die echten Bewohner nicht der Lächerlichkeit preisgegeben werden, sondern eben vielmehr Protagonisten einer Region sind, mit all ihren typischen Besonderheiten, vom garstigen Wetter über den Maroilles, den Käse, der so stinkt, daß man ihn besser auf Brot in den Kaffee tunkt, bis hin eben zum Ch'ti.


Bild (3/5):

Bei einer Produktion dieser Art erwartet man jetzt nicht gerade ein Bild von Blockbuster-Qualität, und das ist auch hier der Fall. Das Bild ist sauber, ohne durch Tiefenschärfe groß glänzen zu können. 
 


Ton (3,5/5):

Ähnliches gilt auch für den Ton. Eine nennenswerte Ausnutzung des Surround-Formats ist mir während des Films nicht aufgefallen. In gewisser Weise ist es aber auch hilfreich, bei den im Original extrem schwer verständlichen Dialogen gleichmäßig beschallt zu werden und nicht aus einer einzelnen Ecke mit einem Wortschwall Ch'ti konfrontiert zu werden.

Nach dem Interview mit Christoph Maria Herbst habe ich ausnahmsweise auch in die deutsche Fassung reingehört. Die Umsetzung ist sehr gut gelungen und sogar ich kann mir vorstellen, daß diese Synchronisation nichts von dem Reiz des Originals nimmt. 
 
Extras (4,5/5):

Das Bonusmaterial ist sehr reichhaltig und ergänzt den Film hervorragend.
Das Interview mit Dany Boon ist sehr aufschlußreich und man erfährt viel über seinen persönlichen Hintergrund und die Motivation, diesen Film zu machen. Seit 17 Jahren lebt er mittlerweile in Paris, aber dieser Film bot ihm auch die Gelegenheit, für circa ein Jahr wieder in seine alte Heimat zurückzukehren, in der als Sohn einer Arbeiterfamilie großgeworden ist. Auch nach diesem Wahnsinnerfolg ist er, das spürt man doch deutlich, nicht abgehoben und kann die Situation auch hinsichtlich seiner weiteren Arbeit gut einschätzen.
Das lange Making Of unterstreicht auch, was man schon im Interview merkt. Seine Art kommt auch bei der Arbeit am Set bei allen Kollegen und Mitarbeitern sehr gut an. Er ist unheimlich locker, fühlt sich wohl und macht jede Menge Späße am Rande, was einfach zu seinem Naturell gehört, ist aber auf den Punkt konzentriert, wenn es gilt, eine Szene zu drehen und gut umzusetzen. Zudem kommt man nebenbei in den Genuß einiger Szenen, die es nicht in den Film geschafft haben.
Das Interview mit Christoph Maria Herbst, der seine Stimme gerade dem durch Dany Boon verkörperten Briefträger Antoine leiht, ist weniger interessant wegen Herbsts Problemen, den Fünf-Tage-Synchronmarathon durchzustehen, sondern vielmehr hinsichtlich der Eigenheiten der deutschen Umsetzung.
Eine kurze Reportage über das Städtchen Bergues und den Hype, der dort nach dem Film eingesetzt hat, rundet dieses vielfältige Extraangebot ab. Nur die Tatsache, daß es wie oft üblich nur in SD-Qualität vorliegt, verhindert hier die volle Punktzahl.

Besonders erwähnenswert ist das 20-seitige Beiheft. Wenn überhaupt eins beigelegt wird, dann beschränkt es sich eher auf Werbung oder bestenfalls eine Kapitelübersicht. Aber nein, hier wird erstaunlich detailliert auf das Ch'ti eingegangen und wie es im Deutschen umgesetzt wurde. Absolut empfehlenswert, könnte den Synchronguckern die Motivation geben, es beim zweiten Mal auch mit dem Original zu probieren. Außerdem gibt es noch weitere Informationen zu Land und Leute. Großes Lob, sowas würde ich gerne auch woanders sehen!

BD-Kaufbewertung: (***/***)

Unter den französischen Komödien hat diese das Zeug, Kultcharakter zu entwickeln. Auch bei wiederholtem Gucken wird man sich nicht langweilen, sondern eher versuchen, nach und nach das Ch'ti noch besser zu verstehen, ganz ohne Schmerzen im Kiefer. Keine alberne Pierre-Richard-Klamotte, sondern erfrischend sympathisch, liebenswert und authentisch-komisch.


Trailer (deutsch):




...und hier liegt Bergues:
 
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// FCK googlemapsEnd v1.97 function AddMarkers( map, aPoints ) { for (var i=0; i
Dieser Text ist eine leicht überarbeitete Fassung meines Beitrags zum Review Contest 2010.


“Death is a disease” – “Death is the road to awe”

Wer will schon gerne sterben? In “The Fountain” zeigt Regisseur Darren Aronofsky erstaunlich unterschiedliche Ansätze, wie man sich dieser Frage stellen kann, obwohl doch alle auf der gleichen mythischen Grundlage beruhen.


Details:

Sprachen Englisch (DTS HD MA 5.1), Deutsch (DTS HD MA 5.1)
Untertitel Deutsch
Bildformat 1080p HD-Widescreen, 1.85:1
Altersfreigabe ab 12 Jahren
Länge 97 Minuten
Extramaterial
  • Making of The Fountain: Tod und Wiedergeburt (64 Min., SD)
  • Behind The Story (Interview von H. Jackman durch R. Weisz, 13 Min., SD)
  • Interviews mit H. Jackman, R. Weisz, E. Burstyn und D. Aronofsky (10 Min., SD)
  • Storyboard-Film-Vergleich (15 Min., SD)
  • Special Effects (8 Min., SD)
  • Life in Space (5 Min., SD)
  • Filmmusik (10 Tracks, unterlegt mit originalem Bildmaterial in HD)
  • Kinotrailer (in HD)
  • TV-Spots (in SD)
  • Bildschirmschoner Makrophotographie
  • Fotogalerie
  • Trailershow (u.a. für die Aronofsky-Filme "Pi" und "The Wrestler")



Film (5/5):

16. Jahrhundert: Der Konquistador Tomas sucht im Auftrag seiner Königin bei den Maya nach dem Elixier der Unsterblichkeit vom Baum des Lebens.

21. Jahrhundert: Der Neurowissenschaftler Tommy Creo kämpft um das Leben seiner an einem Hirntumor erkrankten Frau Izzi. Er forscht fieberhaft an einem Heilmittel, um den Krebs zu besiegen.

26. Jahrhundert: Tom befindet sich in einer transzendenten Sphäre zwischen Raum und Zeit, auf der Suche nach Antworten auf die letzten Fragen.

Drei Zeitalter, miteinander verwoben, erzählt aus der Perspektive eines Mannes, Tomas/Tommy/Tom (gespielt von Hugh Jackman). Vielschichtig, sich überlagernd, mit ständigen Zeitwechseln - keine leichte Kost, die uns Aronofsky da zumutet, auch wenn sie in wunderschönen Bildern verpackt ist. Vordergründig die ergreifende Geschichte einer großen Liebe in der Gegenwart, die zwischen Tommy und seiner krebskranken Frau Izzi (Rachel Weisz). In der Überzeugung, daß der Tod letztlich auch nur eine Krankheit sei, forscht Tommy fieberhaft nach Mitteln, um seine Frau vom Tumor zu befreien und darüber hinaus auch den Tod zu besiegen. Izzi begegnet ihrem Schicksal anders: Durch ihre Beschäftigung mit der Maya-Kultur weiß sie, daß der Tod dort als Schöpfungsmythos begriffen wird: der Urvater hat sich geopfert, um die Welt zu erschaffen und aus ihm sprießt der Baum des Lebens – „Der Tod ist der Weg zur Ehrfurcht“ heißt es bei den Maya.

Genau diesen Baum sucht Konquistador Thomas fünf Jahrhunderte früher und begegnet auf seiner Suche dem Bewahrer eines großen Geheimnisses. Antworten auf die Fragen, die sich um dieses Geheimnis ranken, sucht auch der zukünftige Tom, der sich in einem durchsichtigen, "ökosphärischen" Raumschiff auf der Reise nach Xibalba befindet, ein Nebel um einen sterbenden Stern. Xibalba, so nannten die Maya ihre Unterwelt, der Ort, an dem ihre Seelen wiedergeboren werden. In dieser lichtduchfluteten Sphäre verschwimmen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Aronofsky läßt uns im Unklaren, ob es wirklich ein Zeitreisender ist, dem wir in gleicher körperlicher Gestalt über 1000 Jahre hinweg begegnen oder aber drei verschiedene Teile der gleichen Person. Etwas Konquistadorenhaftes findet sich in jeder Personifizierung, wie auch deren Streben nach Unsterblichkeit. Aber ob dies dann ein ewiges Leben im Diesseits ist oder die Unsterblichkeit sich erst im Tod offenbart, wird naturgemäß nicht beantwortet.

Sich grundlegenden Fragen des Menschseins auf filmische Weise so nähern zu können, ohne auf die Ebene des Kitsch abzugleiten, ist eine der großen Leistungen von "The Fountain". Er ist nicht zu Unrecht schon mit Kubricks 2001 verglichen worden, denn neben der philosophischen Themenstellung erinnert auch die Bildsprache an den Altmeister. Auf dieser Reise von der Dunkelheit zum Licht (analog: von der Sterblichkeit zum ewigen Leben) begleitet Aronofsky uns mit durchkomponierten Bildern von großer Kraft und Schönheit. In der Art und Weise, wie Erzählebenen in Wort und Bild zusammenfließen und sich überlagern, ist es aber doch ein typisches Stilmittel dieses Regisseurs.

Die schauspielerischen Leistungen sind zudem exzellent: Hugh Jackman und Rachel Weisz verkörpern je drei Charaktere, die doch letztendlich Facetten jeweils einer Persönlichkeit sind. Eine schwierige Gratwanderung, die aber sehr gut gelungen ist.


Bild (3,5/5):

Ein knackscharfes Bild zu erzeugen war offensichtlich weder bei der Regie noch beim Transfer auf Blu-ray höchstes Ziel. Leichte Körnung zieht sich durch den ganzen Film und manche Stellen wirken aufgrund der weichen Ausleuchtung geradezu verwaschen – was aber beabsichtigt ist und gut zum traumartigen Charakter mancher Szenen paßt. Das wird deutlich etwa in den Einstellungen, in denen Konquistador Tomas sich aus dem dunkleren Säulengang des Palastes heraus auf seine Königin zubewegt, die in hellem Licht und glänzender Kleidung erscheint. Auch in vielen Szenen aus der Zukunft läßt sich dies beobachten, wenn Toms Raumschiff dem Nebel entgegenstrebt. Nur in den dunkleren Passagen des Films, so zu Beginn beim Kampf der Konquistadoren gegen die Mayas, vermißt man wirklich ein schärferes Bild, hier gehen Details wie etwa das Gehölz am Boden verloren, was auch den eher schlechten Schwarzwert illustriert. Hier ein entsprechender nicht-skalierter Bildausschnitt:




Ton (3,5/5):

In diesem nicht gerade actionlastigen Film wird an Surroundeffekten gespart, alle Dialoge sind allerdings sehr gut aufgelöst und verständlich. Zudem fügt sich die Musik wunderbar ein, der Soundtrack (wieder von Clint Mansell komponiert) ist eine eigene Rezension wert. Wie schon bei beim Vorgänger „Requiem for a Dream“ setzt hier das weltbekannte Kronos Quartet Akzente, diesmal in Zusammenarbeit mit der schottischen Band Mogwai.

Die deutsche Synchronisation klingt etwas flacher, aber akzeptabel. Nicht hinnehmbar ist ein peinlicher Patzer, denn eine Stelle ist falsch synchronisiert: Statt „Baum des Lebens“ wird „Baum der Erkenntnis“ verwendet (43. Minute). Mit den Sprachspuren Deutsch und Englisch sowie deutschen Untertiteln beschränkt sich diese Ausgabe aufs Allernötigste. Auch die sonst allgegenwärtige Kommentierung des Films fehlt. Schade, denn bei diesem eher kryptischen Machwerk hätte man den Beteiligten gerne zugehört.


Extras (4/5):

Umfangreiches Material erwartet alle Neugierigen. In mehreren Interviews und dem Making of erfährt man etwa mehr darüber, warum es den Film beinahe nicht gegeben hätte oder daß Hugh Jackman für diese Rolle auch wochenlang vor Aronofskys Haus campiert hätte. Spezielle Erwähnung findet auch das Wie und Warum der verwendeten Lichttechnik. Ein viertelstündiger Storyboard-Film-Vergleich bezieht nicht nur Skizzen mit ein, sondern interessanterweise auch texturlose CG-Animationen. Außerdem lassen sich größere Teile der Filmmusik konzentriert genießen, unterlegt mit dem passenden Bildmaterial in HD-Auflösung. Ansonsten beschränkt sich das Bonusmaterial mit Ausnahme des Kinotrailers wieder mal auf die Standardauflösung. Aber selbst mit den zahlreichen Extras werden die offenen Fragen des Zuschauers nicht gelöst. Das lag jedoch auch wohl kaum in der Absicht Aronofskys.
Eigentlich keine Erwähnung finden sollte das "Angebot" von Kinowelt via BD-Live. Das ist nicht wirklich deren Ernst, oder? Siehe hier:




BD-Kaufbewertung (***/***):

Eigentlich ein eher "europäischer" Film, mit dem sicher nicht alle zurechtkommen werden. Thematik, Komplexität sowie ständiges Vor- und Zurückblenden fordern den Zuschauer heraus und laden gleichzeitig zum mehrmaligen Sehen ein. Belohnt wird man mit einem stimmigen Werk, voll visionärer Kraft und tiefgründigen Betrachtungen. Die Altersfreigabe ist hingegen Augenwischerei: Selbst mit 16 Jahren ist nicht jeder soweit, diesen Film erfassen zu können.
Diese Ausgabe auf Blu-ray ist insgesamt ein gutes reichhaltiges Paket, auch wenn man bei Sprachen und Untertitel eher geknausert hat. Bild- und Tonqualität gehen in Ordnung, denn dies ist kein Blockbuster und viele visuelle Effekte sind gewollt.


Trailer (HD):





Therefore, the Lord God banished Adam and Eve from the Garden of Eden and placed a flaming sword to protect the tree of life.

Genesis 3,24

 

Woran Aronofskys Weltbild mich erinnerte...

 

 

 

 

 

 

 

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