Tatortbegehung
Keine Zeit mehr für unnütze Gedanken. McWalsh war als Mann der Tat bekannt. Er wandte den Blick ab vom Krankenwagen, der in der Dunkelheit der Nacht langsam verschwand und kehrte seinen großen, wuchtigen Körper in Richtung des Hauseingangs. "Bloom, ich schaue mir die Sache mal etwas genauer an."
Bloom hatte Mühe, mit McWalsh Schritt zu halten und schaffte es trotzdem im letzten Moment noch, die Hand in die Haustür zu bekommen, um zu verhindern, dass diese komplett schließt und die beiden vorerst ausgesperrt gewesen wären. McWalsh betrat das Haus zuerst, gefolgt von seinem Kollegen. Der Weg führte sie geradewegs auf die Kellertreppe, von wo aus sie den großzügigen, offenen Kellerbereich betraten. Neben den Kollegen der Spurensicherung stand dort eine Waschmaschine, ein Wäschetrockner und eine Werkbank aus Holz. 'Musste wohl eine Art Hobbykeller gewesen sein' dachte McWalsch bei sich, nachdem er auf dem Boden neben der Werkbank noch das ein oder andere unfertige Holzgewerk stehen sah.
Der Kellerraum wäre insoweit ganz gewöhnlich gewesen, wären neben den Gewerken nicht noch zahlreiche Glassplitter und halb angetrocknetes Blut zu finden gewesen, ebenso wie auf der Werkbank, wo das Blut bereits teilweise in den Tisch eingezogen war. Hier musste es also passiert sein. Und bei der abgebrochenen Flasche, die die Werkbank zudem zierte, musste es sich wohl um die Tatwaffe handeln. Walsh trat an die Werkbank und nahm die Flasche in die Hand, als kurze Zeit später ein verzweifelter Schrei eines Mitarbeiters der Spurensicherung ertönte: "Nein, bitte nicht schon wieder... Die Flasche hatten wir eben präpariert, um die Fingerabdrücke sicherstellen zu können. Hoffentlich haben Sie..."
Natürlich hatte McWalsh den Hals der Flasche mit der ganzen Hand umfasst und merkte nun, wie sich die aufgebrachte Flüssigkeit der Spurensicherung seifig anfühlte. "Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass der Täter nicht so schlau war und wenigstens Handschuhe getragen hat", entgegnete er dem Kollegen, der sich die Hände über dem Kopf zusammenschlug. Ja, McWalsh konnte man nicht mehr verbiegen.
Bloom, der im Gegensatz zu seinem Chef bereits die Handschuhe übergestreift hatte, nahm ihm die abgebrochene Flasche wieder aus der Hand und legte sie zurück. "Wenn meine erste Vermutung stimmen sollte und es sich um den gleichen Täter handelt, dann hätten wir darauf tatsächlich Fingerabdrücke finden können, Boss. So werden es - wieder einmal - nur Ihre sein", versuchte er ein wenig kleinlaut anzumerken. "Sie werden hier nicht für Vermutungen bezahlt, Bloom! Haben Sie nichts anderes mehr zu tun, als hier den Klugscheißer zu geben?" Trotz seinem aufbrandendem Ärger ging McWalsh die Tat gedanklich noch einmal durch: Der Täter verschafft sich nachts unbemerkt Zugang zum Haus, erregt jedoch irgendwie die Aufmerksamkeit des Opfers, das sich dann von selbst in den Keller begibt, um sich dann scheinbar wehrlos seinem Schicksal zu ergeben. Macht so ein Tathergang wirklich Sinn? Und dass es schon zum wiederholten Mal genau in der gleichen Art und Weise funktioniert? Und was soll das Tatmotiv sein, bei derart verschiedenen Opfern?
McWalsh wollte jedoch nicht den gleichen Fehler machen wie sein Kollege und sich in Vermutungen verstricken und kehrte daher schnell zum Tagesgeschäft zurück. Abgesehen von einem kleinen Kellerfenster, durch das höchstens ein Kind passen würde, bestand die einzige Möglichkeit, in den Keller zu kommen ohne Zweifel über die Kellertreppe. Sollte der Tat also ein Einbruch vorausgegangen sein, dann müssen an anderer Stelle im Haus Spuren existieren, die darauf hinweisen. "Bloom, folgen Sie mir!"
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