Die Schnellkasse
In fast jedem größeren Supermarkt gibt es sogenannte Schnellkassen. Das sind Kassen, an denen man sich nur anstellen und bezahlen darf, wenn man nicht mehr als eine bestimmte Anzahl von Teilen hat (in der Regel 8 oder 10).
Jetzt ist es mir in letzter Zeit immer häufiger passiert, dass ich mich Freitagabend mit meinem vollen Einkaufswagen ganz hinten, noch hinter den Getränken, in eine der wirklich übervollen Kassen anstelle, während an der sogenannten Schnellkasse kein Arsch ansteht.
Es ist also so: 10 Kassen, alle Besetzt, an 9 von den 10 Kassen steht eine Schlange bis nach Jerusalem, und an der 10. Kasse, der Schnellkasse, sitzt die Kassiererin und feilt sich die Fingernägel. Kein Scheiß – Sie saß wirklich da und feilte sich die Nägel.
Das sich mir bei so was die Fußnägel aufstellen ist klar.
Jetzt hatte ich zuletzt nur wenig einzukaufen, wirklich wenig. Um genau zu sein: Ein paar TK-Pizzen, eine Flasche Shampoo, eine Flasche Wein, Zahncreme... eben ein paar Sachen des alltäglichen Lebens.
Jetzt habe ich vor der Kasse noch eine Flasche Cola und ein Raider genommen (ich sage immer noch Raider, auch wenn das Ding schon seit Jahren Twix heißt – interessiert mich nicht), und stellte mich an die Schnellkasse.
Unglücklicherweise hatte ich mit dem Raider insgesamt 11 Teile, aber hey... wird ja wohl egal sein, oder?
Nein – war es nicht. Die Kassiererin warf einen kurzen Blick auf das Band, zählte rasch durch und sagte dann: Das hier ist die Schnellkasse.
Ich weiß, sagte ich.
Sie sagte: Hier dürfen sie nur 10 Teile haben.
Hatte ich ja, sagte ich, das elfte habe ich gerade erst aus dem Regal genommen.
Egal, sagte sie mir. Hier dürfte sie nur 10 Teile abrechnen.
Ich hätte ja jetzt das Raider zurücklegen können, aber das wollte ich nicht.
Ich war mit einem Kumpel da. Also habe ich nach 5 Teilen einen Warentrenner auf das Band gelegt.
Das geht so aber nicht, sagte die Kassiererin.
Doch, sagte ich, das geht. Weil diese 5 Teile sind mir, und die nächsten 6 Teile sind meinem Kumpel. Keiner hat hier mehr als 10 Teile, sie brauchte also keine Angst zu haben entlassen zu werden, sagte ich ihr.
Sie weigerte sich, die Waren abzurechnen.
Also habe ich meine Sachen genommen und mich in eine andere Schlange eingereiht. Es war zum Glück nicht so voll wie sonst.
Vor mir stand eine Oma, die das ganze Theater mitbekommen hatte.
Und schon fing sie an, mit sich selbst zu zetern.
„Nein, diese Jungen Leute heutzutage. Können nicht mal bis 10 zählen.“
Jetzt bin ich ein ruhiger und friedliebender Mensch, aber manchmal...
„Haben einfach keine Zeit mehr, diese jungen Leute...“, sagte die Oma weiter. Sie hatte übrigens einen Wagen, der mehr Konserven enthielt, als sie in dem kurzen Rest ihres Lebens brauchen würde.
„Verzeihung“, sagte ich zur Oma, „würde es ihnen etwas ausmachen, mich vorzulassen. Ich habe nur wenig mehr als 10 Teile.“
Die Oma ignorierte mich. Sie drehte sich nicht einmal um.
„Es ist nur so“, sagte ich, „dass ich bald wieder zurück in meiner Anstalt sein muß. Das ist so eine Art offener Vollzug.“ Die Oma wurde merklich nervöser. Mein Kumpel legte schon einen Arm um mich. „Nicht aufregen, nicht aufregen. Wir wollen doch nicht, dass ich dich ruhigstellen muß, oder? Hast du eigentlich deine Tabletten genommen?“
Die Oma drehte jetzt bereits nervös den Kopf hin und her.
„Ich weiß es ja nicht“, sagte ich, und begann mit dem Kopf zu zucken.
„Sie können auch bei mir auflegen“, tönte es von der übernächsten Kasse, die gerade aufmachte. Ich brauche nicht rüberzugehen, weil die Oma es gemacht hat. Warum auch nicht, vor ihr stand schließlich noch eine Mutter mit Kinderwagen und paar Jugendliche mit Red-Bull-Dosen (warum standen die eingentlich nicht an der Schnellkasse?).
Nein, nein, diese Rentner von heute – haben einfach keine Zeit mehr.
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Kommentare
Wäre interessant gewesen zu wissen wie das Gespräch mit ihm verlaufen wäre.
Wobei die Nummer mit der Anstalt auch nicht Schlecht war XD.