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Über kaum einen Film wird derzeit so viel geredet, wie über Darren Aronofskys Psychothriller „Black Swan“. Daran, dass der Oskar für die weibliche Hauptrolle in diesem Jahr an Natalie Portman gehen muss, kann kaum jemand zweifeln, der diesen Film gesehen hat. Das Drehbuch macht dabei Anleihen einen Roman aus den 80er Jahren – ein Vergleich.


Über die Handlung von „Black Swan“ muss kaum noch ein Wort verloren werden: Die talentierte Ballerina Nina Sayers erhält unerwartet, wenn auch erhofft, ihre erste große Hauptrolle und droht an dieser sowohl physisch, als auch psychisch zu zerbrechen.


In der Charakterzeichnung macht Aronofsky deutliche Anleihen an Elfriede Jelineks Romanfigur der „Klavierspielerin“ (1983; verfilmt durch Michael Haneke 2001): Beide Protagonistinnen widmen ihr Leben voll und ganz der Kunst, sehen sich dabei jedoch auf unterschiedliche Art und Weise mit der Option des Scheiterns konfrontiert. Während die Zeit für Ballerina Nina langsam knapp zu werden scheint, endlich eine Hauptrolle zu tanzen, ist die etwa zehn Jahre ältere Klavierspielerin Erika bereits gescheitert, ist keine berühmte Musikerin geworden, muss statt dessen am Wiener Konservatorium unterrichten. Beide Frauen werden als ausgesprochen frigide dargestellt. Ein Leben außerhalb der Kunst scheint für sie bisher nicht existiert zu haben. Gerade die Konfrontation mit dem hereinbrechenden Leben in den bisher geordneten Alltag führt nun zu Eskalation. Erika beginnt eine Affäre mit ihrem wesentlich jüngeren Schüler Klemmer, Nina lässt sich durch ihre Kollegin und Kontrahentin Lily aus der Umklammerung durch ihre Mutter heraus reissen.


Interessant sind die Disziplinierungsinstanzen, die die Protagonistinnen zu dem machen, was sie sind. Da wäre in beiden Geschichten zunächst die Figur der Mutter, die ihre Tochter unter Druck setzt, die Karriere zu machen, die ihnen selbst vorenthalten blieb. Im Falle der Ballerina wird die Tochter gar für das Scheitern ihrer Mutter verantwortlich gemacht. Zum zweiten ist da das selbstverleugnende Wesen der Frauen selbst. Um ihr Ziel zu erreichen, werden Grenzen ausgelotet die schließlich gar zu patholgischen Störungen führen. Nina wird so immer häufiger von Halluzinationen geplagt, Erika flüchtet sich in Voyeurismus und unerfüllbare sexuelle Phantasien.


Der dritten Disziplinierungsinstanz schließlich bedient sich nur Aronofsky und übt damit nicht gerade leise Kritik an der neoliberalen Leistungsgesellschaft unserer Tage: Es ist die der Konkurrenz im Nacken. Wenn kleinste Schwächen dazu führen, dass die eigene Position von anderen ausgefüllt werden, wird Perfektion zum Maßstab. Nina erlebt diesen Prozess im Zeitraffer: Zu Beginn sieht sie sich in der Postion, die gealterte Ballerina Beth zu ersetzen, am Ende droht Lily sie selbst zu verdrängen. Es ist wohl diese extreme Form der Beschleunigung, die Aronofskys Film diese Drastik verleiht.

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